Herr Langspecht, Sie zitieren Herrn Michel von der Strahlenschutzkommission. Gucken Sie sich einmal die Cardis-Studie von 2007 an. Darin sind Vergleiche von 15 Ländern angestellt worden. Man hat untersucht, wie sich das Krebsrisiko bei Beschäftigten von kerntechnischen Anlagen unter Einhaltung der Grenzwerte, also im rechtlich zulässigen Bereich, darstellt. Herr Langspecht, es wurde festgestellt, dass das Krebsrisiko bei den Beschäftigten genauso hoch ist wie bei den Überlebenden des Atombombenabwurfs von Hiroshima. Das ist Fakt. Diese Studie ist durch andere Studien bestätigt worden. Ausgangspunkt war dabei die bestimmungsgemäße Einhaltung der Grenzwerte.
darin festgelegt worden sind. Wir müssen diesen Vorgang deshalb, wie ich glaube, sehr, sehr ernsthaft prüfen.
Ich will noch einen letzten Punkt ansprechen, weil meine Redezeit leider nicht mehr zulässt. Am 16. Januar haben wir die Landesregierung gefragt, ob der Berufsgenossenschaft Meldungen von Beschäftigten vorliegen, die beklagen, dass ihre Erkrankungen mit der Beschäftigung in der Asse im Zusammenhang stehen. Der Umweltminister hat uns geantwortet: Nein, der Atomaufsicht seien solche Dinge nicht bekannt. - Ich stelle hier fest: Seit dem 23. September 2008 ist die Berufsgenossenschaft informiert gewesen. Offensichtlich hat Herr Sander uns auch bei diesem Punkt falsch informiert, Herr Dürr. Über diesen wichtigen Vorgang hätte ich gern sehr genau Bescheid gewusst.
Die falsche Information bestärkt mich in dem Misstrauen, das sich bei mir in den letzten Monaten leider entwickeln musste.
Als bisher letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich nun der niedersächsische Umweltminister Herr Sander gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Umweltministerium beschäftigt sich insbesondere seit dem Juni 2008 intensiv mit den Vorkommnissen in der Schachtanlage Asse II. Wir haben den TÜV NORD beauftragt, eine Stellungnahme zu erarbeiten, in der der Istzustand des Betriebes beschrieben wird, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der strahlenschutzrelevanten Aspekte. Dieser Statusbericht mit seinem Ergebnis ist dem Umweltausschuss und dem Parlament zur Verfügung gestellt worden.
Meine Damen und Herren, an diesem Beispiel können Sie erkennen, dass meine Mitarbeiter und ich stets darum bemüht waren und auch weiterhin darum bemüht sein werden, alles offenzulegen, was nur offenzulegen ist. Darauf müssen insbesondere diejenigen bestehen, die unter Umständen Schaden genommen haben könnten.
Herr Kollege Wenzel, Sie haben dem Wirtschaftsministerium vorgeworfen, dass es Akten vorenthalte. Dem ist aber nicht so; denn alle Akten befinden sich inzwischen im Umweltministerium. Das ist ein rein formaler Akt. Deshalb brauchen Sie den neuen Wirtschaftsminister gar nicht aufzufordern. Darüber hinaus sollten Sie sich zunächst einmal darüber klar werden, was Sie im Umweltausschuss beantragen. Bisher haben Sie nur Informationen über die Laugenzutritte beantragt. Die Landesregierung hat die betreffenden Akten inzwischen freigegeben. Wenn Sie den Auftrag jetzt auf die Freigabe anderer Akten erweitern, dann wird das sofort geschehen. Stattdessen aber versuchen Sie immer wieder, dem Parlament vorzugaukeln, dass wir nicht bereit seien, alles offenzulegen.
Ich selbst und meine Mitarbeiter - das kann ich Ihnen hier sagen - haben an der Offenlegung ein großes Interesse.
Das Gleiche gilt für den Vorwurf, den Sie eben wieder in Richtung Berufsgenossenschaft erhoben haben. Es ist richtig, die Berufsgenossenschaft hätte uns diesen Fall sofort melden müssen. Das ist aber nicht geschehen, Herr Wenzel. Das müssen Sie doch zumindest akzeptieren. Aber auch dann, wenn andere Organisationen irgendwelche Fehler machen, beschuldigen Sie gleich wieder uns in Bausch und Bogen.
Meine Damen und Herren, wir werden auch weiterhin das in der Asse tätige Personal auf Strahlenbelastungen hin untersuchen. Diese Untersuchungen erfolgen ja schon seit 1967. Wir haben auch darauf geachtet, dass der TÜV das entsprechend dokumentiert. Das ist überprüft worden. Wir können es nur so hinnehmen, auch mit Blick auf die technischen Möglichkeiten, die damals vorhanden waren.
Meine Damen und Herren, das Umweltministerium hat ferner dafür Sorge getragen, dass das Personal auch insbesondere auf das von Ihnen angesprochene inkorporierte Tritium hin untersucht wird. In meiner Antwort auf Ihre mündliche Anfrage habe ich hier schon am 16. Januar auch zu möglichen radioaktiven Kontaminationen und möglichen Folgeerkrankungen von Mitarbeitern der Schachtanlage Asse Stellung genommen. Die zwischenzeitlich vorliegenden Informationen bestärken meine damalige Annahme.
nachgewiesen werden, dass es offensichtlich keine Hinweise auf unzulässige Strahlenexpositionen gegeben hat. Das ist das Ergebnis. Dieses Ergebnis müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir müssen dieses Ergebnis, Herr Kollege Bosse, aber insbesondere auch deshalb zur Kenntnis nehmen, weil inzwischen das Bundesumweltministerium mit zuständig ist.
Eine diesbezügliche Frage der grünen Bundestagsabgeordneten Kotting-Uhl hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Frau Astrid Klug, umfänglich beantwortet. In dieser Antwort heißt es z. B.: Jede Diagnose auf Krebs ist nicht auszuschließen. - Sie hat eine ganze Reihe von Antworten gegeben. Wenn Sie diese Antworten mit in Ihre heutige Aktuelle Stunde einbezogen hätten, dann wäre das eine oder andere nicht notwendig gewesen.
Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes anmerken, Herr Kollege Wenzel: Jede Krebserkrankung, aber auch jede andere Erkrankung, die unter Umständen den Tod zur Folge haben kann, ist furchtbar und muss insbesondere dann ernst genommen werden, wenn sie aufgrund menschlicher Fehlentscheidungen entstanden ist. Es ist aber auch verständlich, dass derjenige, der erkrankt ist, ein Recht darauf hat, dass nach den Ursachen geforscht wird. Das hilft ihm und trägt außerdem dazu bei, dass neue Vorgaben erlassen werden, damit nicht noch andere Menschen das gleiche Schicksal erleiden.
Meine Damen und Herren, das Bundesamt für Strahlenschutz hat angekündigt, dass es für die betroffenen 250 Beschäftigten ein Monitoring durchführen wird. Es sind Langzeituntersuchungen notwendig; denn der Zeitpunkt zwischen einer eventuellen Strahlenbelastung und dem Ausbruch einer Krebserkrankung kann, wie Herr Herzog hier schon sachlich richtig dargestellt hat, sehr lang sein. Meine Fachleute und ich bezweifeln, dass eine entsprechende Kausalität in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bis aufs Letzte nachgewiesen werden kann. Das ist mehr als problematisch. Wir werden die Aufgabe weiter ernst nehmen. Wir werden alle Akten und alle Untersuchungsergebnisse vorlegen, die die Landesregierung hat.
Die zweite Hanse - Neue Chance des Nordens (in der Globalisierung) - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/937
Meine Damen und Herren, wir werden sicherlich gleich den letzten Auftritt eines langjährigen niedersächsischen Parlamentariers erleben. Bevor er an der Reihe ist, wird der Antrag zur Aktuellen Stunde zunächst von der FDP-Fraktion eingebracht. Herr Bode, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Globalisierung ist der Prozess zunehmender internationaler Verflechtungen in allen Bereichen, insbesondere aber in der Wirtschaft und auch beim Warenverkehr. Die Globalisierung ist auch kein neues Phänomen; sie hat es in den letzten Jahren und Jahrzehnten schon immer gegeben. Allerdings können wir feststellen, dass sie deutlich an Dynamik gewonnen hat und heutzutage die wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich bestimmt. Wir haben seit 1948 eine Versiebenundzwanzigfachung des statistisch nachweisbaren Warenhandels. Diese Entwicklung bedeutet natürlich, dass die Waren auch transportiert werden müssen. Aus diesem Grunde ist auch der Umfang der zu See transportierten Güter seit 1920 stark gestiegen. Das Seefrachtaufkommen hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten von zunächst einmal 6 000 Milliarden Tonnen-Meilen auf jetzt mehr als 27 500 Milliarden Tonnen-Meilen erhöht.
Man kann sich dieser Entwicklung des freien Handels nicht entziehen; denn alle Länder wollen natürlich die gleichen Chancen auf Wachstum und auch auf Wohlstand haben. Wir müssen uns in Deutschland, insbesondere aber auch in Niedersachsen, dieser Entwicklung stellen; denn wir müssen die Chancen nutzen, die die Globalisierung bietet. Wo nämlich Waren transportiert werden, gibt es Wachstum und Wertschöpfung an den Transportwegen. Das wiederum bedeutet Arbeitsplätze, die entweder hier in Niedersachsen oder in anderen Ländern entstehen, und auch Wohlstand.
Wir haben eine gute Ausgangsposition. Wir haben 39 öffentliche Häfen. Die Bilanz dieser Häfen kann sich sehen lassen. Seit 1995 konnte der Güterverkehr von 48 Millionen t auf 62 Millionen t gesteigert werden. Das konnte im Jahr 2008 sogar trotz der abflachenden Konjunktur im zweiten Halbjahr erreicht werden. Unsere Häfen bieten 75 000 Menschen direkt bzw. indirekt Arbeit.
- Herr Dr. Sohn, diese Erfolgsgeschichte mit den 75 000 Menschen, die dort ihre Arbeit finden, ist das Ergebnis einer vorausschauenden und kontinuierlichen Politik; denn gerade in den letzten Jahren wurden von der Landesregierung die niedersächsischen Häfen in den Fokus genommen. Aus einer alten Seehafenleitlinie wurde nach Durchführung einer umfassenden Bestandsaufnahme das niedersächsische Hafenkonzept. Das war übrigens ein wichtiger Schritt, damit die Häfen ihre jeweiligen Stärken gemeinsam ausbauen und nach vorne stellen können und auch die Investitionen in Zeiten knapper Kassen besser gesteuert werden können.
Das ist aber nur der erste Schritt. Natürlich brauchen wir auch eine länderübergreifende Kooperation. Wir brauchen die Kooperation mit Hamburg, mit Bremen und auch mit Bremerhaven. Der Hamburger Hafen allein ist zu klein, um dem eigentlichen Wettbewerber ARA-Range - also Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen - Konkurrenz machen zu können. Nur wenn wir gemeinsam mit Hamburg und Bremen ein Hafensystem „Deutsche Bucht“ entwickeln, gestalten und leben, werden wir ein echter Wettbewerber sein. Nur dann werden wir von der Bundesliga in die Champions League aufsteigen. Das hat die Landesregierung erkannt. Walter Hirche als Wirtschaftsminister hat bereits vor Langem für die Ausweitung dieser Kooperation geworben. Wir sehen die ersten Schritte. Beim JadeWeserPort übrigens gibt es einen gemeinsamen Auftritt von JadeWeserPort und Bremerhaven, ein gemeinsames Marketing und gemeinsame Broschüren. Das ist der Anfang.
Walter Hirche hat ebenfalls die Initiative zur Kooperation mit Hamburg nach vorne gebracht, und er hat Erfolge beim Wirtschaftssenator Gedaschko erreicht. Gemeinsame Vermarktung im Ausland ist der erste Schritt. Das wollen wir fortsetzen. So wachsen wir zu einem neuen Handelsverbund
Meine Damen und Herren, Handelsverbund bedeutet aber nicht, dass wir uns zurückziehen können. Wir werden weiter investieren. Niedersachsen wird weiterhin einen Beitrag zur Finanzierung leisten. Wir werden bis zum Jahre 2018 über 280 Millionen Euro für den Ausbau unserer Häfen bereitstellen. Das ist nicht nur in die Ferne geschaut, sondern bereits in diesem Jahr stehen bei NPorts 94 Millionen Euro bereit. Bei der Ausgestaltung des Konjunkturprogramms hat die Landesregierung angekündigt, 30 Millionen Euro für den Ausbau der Hafeninfrastruktur und der Hafenhinterlandanbindung zur Verfügung zu stellen. Das ist unser Beitrag zur Stärkung des Hafensystems Deutsche Bucht. Gemeinsam mit Hamburg und Bremen können wir uns in Norddeutschland einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen. Wir wollen daran arbeiten. Wir wollen den Aufstieg in die Champions League vollenden und dann ganz oben stehen, wie es sich für den Norden gehört.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat bieten unsere Küsten eine Menge Chancen für die Wirtschaft allgemein, für die Hafenwirtschaft, aber auch für Tourismus und Umweltschutz. Die Kunst besteht nun darin, Herr Bode, die Bereiche nicht gegeneinander auszuspielen, sondern alle voneinander profitieren zu lassen, so wie es die Hansestädte an Nord- und Ostsee zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert mit ihren verschiedenen Interessen getan haben. Das ist ein historisches Vorbild, von dem Sie nur den Namen übernehmen, aber nicht den Inhalt. Reichlich spät haben CDU und FDP erkannt, dass sie mit Niedersachsens Küste punkten können. Leider gelingt ihnen dabei nicht der nötige Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie,
den schießen würden. Dabei wissen Sie genau, dass Kohlekraftwerke für Tourismus und Natur alles andere als förderlich sind, weil sie mächtig dicke Luft verbreiten.
Oder beim geplanten Raffinerieneubau in Wilhelmshaven: Die jetzt vorgelegten Bauanträge von ConocoPhilipps, die Ministerpräsident Wulff uns gerne als umweltfreundlich verkaufen wollte, haben tatsächlich noch nicht einmal die Grenzwerte der EU von 2003 für giftiges Benzol und Stickoxide eingehalten. Offenbar gehört es zum Selbstverständnis dieser Regierung, dass wirtschaftliche Entwicklung nur Hand in Hand mit Umweltdumping gehen kann - eine reichlich überholte These. Angesichts des Klimawandels brauchen wir ein Miteinander von Wirtschaft und Umwelt. Diesem Winwin-Ziel gehört die Zukunft.