Protokoll der Sitzung vom 20.02.2009

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Coenen von der CDU-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Minister, Sie haben in Ihren Ausführungen auf den Erfolg des Integrationslotsenprojektes hingewiesen. Ich frage Sie: Gibt es auch einen ehrenamtlichen „Lotsendienst“ im Bereich der Hochschulen, um den Übergang von der Hochschule ins Berufsleben zu ermöglichen?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass das Integrationslotsenmodell wirklich ein Erfolgsmodell ist, bei dem sich mehr als 1 000 Ehrenamtliche zur Verfügung gestellt haben. Gerade Migrantinnen und Migranten, die es selbst geschafft haben, sich in der Gesellschaft zu integrieren, stellen sich für andere zur Verfügung.

Wir haben nach einem Basismodul viele Spezialisierungen vorgenommen, u. a. im Bereich des Sports, übrigens auch - dies ist ganz wichtig - im Bereich der Elternlotsen. Es ist wichtig, dass wir

die Eltern in den Schulunterricht mit einbinden und an die Schule anbinden können.

Genauso gibt es eine Spezialisierung im Bereich der Hochschulen, die sogenannten Hochschullotsen. An der Universität Oldenburg sind, ich glaube, 76 Lotsen ausgebildet worden. Sie kümmern sich ganz individuell um die Studentinnen und Studenten mit Migrationshintergrund. Wir können schon jetzt sagen, dass das ein Erfolgsmodell ist. Ich würde mir wünschen, dass auch an anderen Universitätsstandorten solch eine Spezialisierung in der Zukunft möglich ist. Geld für Weiterqualifizierung steht zur Verfügung. Das gute Programm wird auch in der Zukunft fortgesetzt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer weiteren Zusatzfrage erteile ich der Kollegin Twesten von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, teilt die Landesregierung die Auffassung der Studie, dass das weltanschauliche Wertesystem der türkischstämmigen Migrantinnen und Migranten die freie Entwicklung von Männern und Frauen einschränkt, und was gedenkt sie dagegen zu unternehmen?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hausfrauenquote, von der ich schon gesprochen habe, ist ja ein Hinweis darauf, dass das sehr traditionelle Bild von Mann und Frau dort eine besondere Rolle spielt. Das hat natürlich auch etwas mit den vielen türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Niedersachsen zu tun. Für mich ist es wichtig, dass wir z. B. die Integrationslotsen einsetzen. Wir haben oftmals erlebt, dass gerade die Mütter in ihrem häuslichen Umfeld nicht so integriert sind, wie es normalerweise notwendig ist, und dass sie den Kindern kaum eine Möglichkeit bieten können, die Hausaufgaben mit ihnen gemeinsam zu machen. Das ist ganz schwierig. Wenn wir Integrationslotsen mit Migrationshintergrund in die Familien selber hineinbringen, dann können wir sehr viel erreichen.

Noch besser war eigentlich das Programm, das wir im Jahr 2005 mit dem Zuwanderungsgesetz verabschiedet haben, wonach alle einen Anspruch auf Integrationskurse haben. Allerdings besteht zugleich die Verpflichtung, an Integrationskursen teilzunehmen. Wer nicht daran teilnimmt, muss damit rechnen, dass staatliche Leistungen für ihn gekürzt werden. Das hat dazu geführt, dass gerade auch die Frauen an diesen Integrationskursen an den Volkshochschulen und anderen Erwachsenenbildungseinrichtungen teilgenommen haben. Denn nur wenn sie an Integrationskursen teilgenommen haben und die deutsche Sprache sprechen, können sie sich in der Gesellschaft selber mit einbringen. Dann kommen sie aus ihrem Hause heraus und können sich in Vereinen und Verbänden mehr entwickeln.

Wir beschreiten also den Weg der direkten Ansprache über Integrationslotsen. Das Konzept der Integrationsmaßnahmen einschließlich der Integrationskurse ist etwas, was uns in Niedersachsen in diesem Zusammenhang schon einen großen Schritt nach vorn gebracht hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, Sie haben gerade auf den Erfolg der Sprachförderung vor der Einschulung und im Kindergarten hingewiesen. Vor dem Hintergrund, dass wir immer wieder darauf hinweisen, dass die Sprachförderung besser funktionieren würde, wenn man die Kinder dabei nicht aus den Kindergärten herausnehmen würde, sondern sie in den Kindergärten gemeinsam mit anderen Kindern, die gut Deutsch sprechen, fördert, und vor dem Hintergrund, dass in der Süddeutschen Zeitung vom 19. Januar 2009 über eine auf mehrere Jahre angelegte Studie zur Sprachförderung und zu ihrer Effizienz berichtet wird und dort die Wirkung dieser Förderung als sehr gering dargestellt wird, frage ich die Landesregierung, mit welchem Ergebnis sie aktuell die flächendeckende Sprachförderung in den Kindergärten untersucht hat.

(Unruhe)

Ich bitte darum, dass diesem wichtigen Thema mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird und die Gespräche in den Fraktionen deutlich reduziert werden.

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Sprachstandstests seit 2003 durchgeführt werden und dass die daran anschließenden Fördermaßnahmen sofort greifen. Der beste Indikator für den Erfolg ist, wie viele Rückstellungen es gibt, seitdem wir dieses Konzept umgesetzt haben. Ich kann Ihnen hierzu folgende Daten nennen: Im Schuljahr 2003/2004 beliefen sich die Rückstellungen vom Schulbesuch auf 8,1 %. Im Schuljahr 2006/2007 waren es 6,5 % und im Schuljahr 2008/2009 5,5 %. Ich bin ganz sicher, dass sich dieser positive Trend weiter fortsetzen wird. Einen besseren Beweis kann man eigentlich nicht liefern.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Herr Minister, die Studie des Berlin-Instituts stellt fest, dass Niedersachsen im Ländervergleich bei der Qualität der Integration Platz 10 und damit den vorletzten Platz einnimmt. Wie verträgt sich dieses desaströse Ergebnis mit der blendenden Selbstdarstellung, die Sie gerade gegeben haben?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, hier keine Schärfe hereinzubringen. Ich muss Ihnen aber sagen, dass diese Ergebnisse aus dem Jahre 2005 sind. Das heißt, sie geben die Beurteilung der SPD-Landesregierung wieder.

(Beifall bei der FDP)

Denn die bis zum Jahre 2003 getroffenen Maßnahmen waren ganz klar Maßnahmen, die wir nicht beeinflussen konnten. Es ist völlig klar, das die Maßnahmen, die wir dann im Jahr 2005 eingeleitet haben, ihren Niederschlag erst in den Ergebnissen der Folgezeit finden können. Sie werden das Ergebnis unserer Anstrengungen der Studie über das Jahr 2009 entnehmen können. Dann werden Sie sehen, welchen enormen Sprung wir im Bereich der Integration gemacht haben. Es tut mir leid, dass ich diese Frage nicht anders beantworten kann. Die erwähnten Zahlen sind nicht unsere Zahlen, sondern die Zahlen der seinerzeitigen Landesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Biallas von der CDU-Fraktion stellt eine Zusatzfrage.

Herr Präsident! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass vielerorts darüber gesprochen wird, dass wir gerade auch im Bereich der Hochschulen Integrationsfördermaßnahmen brauchen, nicht zuletzt deshalb, weil wir einen hohen Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften haben, frage ich Sie: Gibt es solche Maßnahmen an den Hochschulen, um gerade auch den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an den Hochqualifizierten zu erhöhen?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz wichtig, dass wir die Potenziale nutzen, die wir auch bei den Zugewanderten haben. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die in ihrem Herkunftsland sogar schon einen Hochschulabschluss erworben haben, anschließend als Taxifahrer eingesetzt werden. Wir haben hier einen Facharbeitermangel. Wir haben aber auch gerade bei den Hochqualifizierten einen Mangel. Deshalb haben wir genau an dieser Stelle angesetzt. Es gibt im Bereich der sozialen Bildung einen Ergänzungsstudiengang an der Universität Oldenburg, der sehr erfolgreich angelaufen ist. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen haben wir jetzt weitere Ergänzungsstudiengänge eingerichtet, und zwar einmal im Bereich Informatik, aber auch im Bereich

der Ingenieurwissenschaften. Wir werden diese Angebote auf jeden Fall weiter ausbauen, und zwar nicht nur an der Universität Oldenburg, sondern auch im Bereich der bisherigen Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven. Dieses Konzept wird also auch in anderen Hochschulen umgesetzt, weil es ganz wichtig ist, dass wir diese Potenziale für die Zukunft nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Riese von der FDP-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der öffentlichen Aufnahme dieser Studie in der deutschen Presselandschaft wurde im Wesentlichen auf den Aspekt abgestellt, dass die Integration je nach Zuwanderungsgruppen unterschiedlich verlaufen ist. Die Schlagzeilen lauteten: Die Türken sind besonders schlecht integriert. Angesichts dessen frage ich die Landesregierung, ob sie der Schlussfolgerung in der Studie zustimmt, dass die Integrationspolitik zukünftig viel stärker nach dem geografischen Zuwanderungshintergrund zu gestalten sei.

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich müssen wir uns den Sachverhalt genau anschauen, wenn wir Hinweise darauf haben, dass eine Zuwanderungsgruppe besondere Probleme hat. Dass es besondere Probleme gibt, ist im Falle der türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger allerdings auch keine besondere Überraschung, weil sie in den 60er- und 70er-Jahren als Gastarbeiter hierher gekommen sind, anschließend keine Integrationsmaßnahmen angeboten bekommen haben und jetzt, daraus folgend, auch in der zweiten und dritten Generation noch Probleme haben. Deshalb möchte ich nicht sagen, dass wir Probleme deshalb haben, weil sie aus der Türkei kommen, sondern wir haben die Probleme deshalb, weil wir diejenigen, die damals nach Deutschland gekommen sind, noch nicht gleich mit Integrationsmaßnahmen unterstützt haben. Alle, die jetzt zu uns kommen, sind nunmehr aber verpflichtet, Integrationskurse zu belegen. Wenn wir

alle Maßnahmen, die wir jetzt gerade auch im schulischen Bereich neu aufgelegt haben, umsetzen, wird es sicherlich nicht notwendig sein, zu sagen: Wir müssen uns angucken, wo sie herkommen. - Wichtiger ist, dass alle, die zu uns kommen, in gleicher Weise unterstützt werden. Jeder muss die gleichen Startchancen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Götz von der CDU-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Herr Minister, in Friedland werden Integrationskurse für Spätaussiedler und jüdische Migranten durchgeführt. Es finden auch besondere Maßnahmen der schulischen Bildung für Kinder und Jugendliche statt. Gibt es Erkenntnisse darüber, inwieweit sich diese Maßnahmen bisher bewährt haben?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Götz, es ist ein Erfolgsmodell, dass diejenigen Spätaussiedler, die in Niedersachsen bleiben, in Friedland zunächst einmal sechs Monate lang fortgebildet werden und an entsprechenden Integrationskursen teilnehmen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Dage- gen haben wir auch nichts!)

- Genau. Ich weiß, dass Herr Bachmann auch mit den Sprechern der SPD-Arbeitskreise aus der gesamten Bundesrepublik in Friedland war

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wir werben überall dafür!)

und das dortige Modell als sehr sinnvoll angesehen hat.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das will ja was heißen!)