(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von der LINKEN: Das sind doch keine Antworten!)
Ich möchte jetzt doch noch einmal kurz das Verfahren erläutern. Es wird hier die neue Geschäftsordnung angewendet. Wir hier oben haben quasi
Buchführung zu machen. Zudem gibt es eine Vielzahl von neuen Kolleginnen und Kollegen im Landtag. Angesichts dessen kann es schnell etwas unübersichtlich werden, wenn ein bloßes Handheben als Wortmeldung gelten soll. Daher schlage ich vor, dass mindestens übergangsweise bei den Dringlichen Anfragen wie sonst Wortmeldungen schriftlich vorgelegt werden. Wenn die Zahl vier überschritten wird, können wir die Wortmeldungen nicht mehr annehmen. Daher muss das Handling so sein, dass es praktikabel ist. In einer Mischung aus Zetteln und Handhochheben ist das für uns hier oben nicht machbar. Ich bitte mit allem Nachdruck darum, dass das korrekt gehandhabt wird: Bitte mit schriftlicher Wortmeldung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, Sie haben festgestellt, dass die Wege der Informationen am Landtag vorbei unerklärlich seien. Ich frage Sie: Was tut die Landesregierung, um diese Informationswege erklärlich und transparent zu machen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin, mit der Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung ist unser Zuständigkeitsbereich verlassen. Es steht der Landesregierung nicht zu, in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments einzugreifen. Das werden Sie im Parlament, gegebenenfalls mit mir als parlamentarischem Kollegen - aber da muss ich mich zu Ihnen ins Parlament setzen -, aufklären können. Die Landesregierung ist da außen vor. Wir haben keine Möglichkeiten und keine Mittel und werden auch keinen Versuch unternehmen, die Arbeitsabläufe im Landtag zu beeinflussen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Wulff, mir ist immer noch nicht ganz klar geworden, was eigentlich das Besondere an diesem Fall war, was die Kriterien dafür waren, dass der Fall wichtig genug war, um bei Ihnen als Vermerk zu landen, was ja - so habe ich Sie verstanden - nicht die Regel ist, aber zu unwichtig war, um den Landtag und die Öffentlichkeit umgehend zu informieren. Die genauen Kriterien für diese Feindifferenzierung sind mir nicht ganz klar. Die Zusatzfrage wäre, ob das mit dem Zeitpunkt des Vorfalls, also fünf Tage vor der Landtagswahl, irgendwie in Zusammenhang steht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Abschluss der Sachverhaltsaufklärung und Beendigung der Ermittlungen war er wichtig genug, um das Parlament zu informieren. Das konnte man aber erst Tage später sehen. Unabhängig davon glaube ich tatsächlich, dass ich davon nicht unterrichtet worden wäre, wenn es nicht eine Debatte um das Gesetz gegeben hätte und wenn es nicht Wahlkampf gewesen wäre. Wenn es also nicht eine Zuspitzung gegeben hätte, wäre ich darüber nicht informiert worden. So war es rein vorsorglich im Hinblick darauf, dass auch in den Wochen vorher bestimmte Vorgänge skandalisiert worden sind, die einer Skandalisierung nicht zugänglich waren. Es gab solche Behauptungen wie die, man hätte das Landeswappen im Wahlkampf verwandt, mit Riesenaufmachern, und am Ende stellte sich heraus, dass derjenige, der das behauptet hatte, nicht einmal das Landeswappen kannte. Es gab also Vorgänge, die sofort skandalisiert wurden. Da gab es dann die Situation, lieber einmal mehr zu schreiben. Herr Bartling hat eben eingeworfen: „Wer schreibt, der bleibt.“ - „Wer sendet, verendet“, lautet wohl das gesamte Zitat.
Es ist bekannt - das können Ihnen viele Ministerinnen und Minister bestätigen -, dass ich viele Vermerke lese und generell sehr viel lese, weil ich über sehr viel informiert sein möchte. Man
möchte eben auf bestimmte Situationen nicht unvorbereitet sein, wenn irgendetwas skandalisiert wird. Ich glaube, es war die Sorge, dass irgendjemand dazu irgendwie etwas Falsches herausgeben könnte und dass dann wenigstens ich das Richtige dazu beitragen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Landesregierung sehr, sehr ausführlich im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen geantwortet hat
- Sie müssen das noch lernen! -, dass die Opposition diese Antworten wahrscheinlich nicht zur Kenntnis nehmen will, weil sie ihr nicht passen,
frage ich die Landesregierung: Gibt es seit der Unterrichtung im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen neue Erkenntnisse, über die wir heute sprechen müssten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Biester, noch einmal: Die Vorfälle datieren vom 19./20. Januar mit Meldung Justizministerium am 23. Januar bei einem sehr unklaren Sachverhalt, bei dem man vor allem entschieden hat, aufgrund medizinischer Untersuchungen zu klären, was - im Komplex Körperverletzung, vielleicht im
Komplex Sexualdelikt - wirklich passiert ist. Das ist am 6. Februar dem zuständigen Ausschuss gemeldet worden. Wie wir wissen, ist es aus Gründen, die nicht die Regierung zu vertreten hat, am 20. März den Ausschussmitgliedern gemeldet worden. Wir haben in der letzten Woche - danke für den Hinweis, weil ich von dort anderes höre - in großer Ausführlichkeit aufgeklärt - auf viele, viele Fragen mit entsprechenden Antworten, was sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen zugetragen hat und welche Abläufe gegeben sind. Ich darf Ihnen ansonsten sagen: Seit Mittwoch letzter Woche gibt es keine neuen Sachstände.
Eine weitere Zusatzfrage stellt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Kollege Wenzel.
Herr Ministerpräsident, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es zwischen dem Landtag und der Landesregierung eine Vereinbarung zur Unterrichtung des Unterausschusses für Justizvollzug über unverzügliche Meldungen über niedrigschwellige besondere Vorkommnisse im Justizbereich gibt, frage ich Sie, ob in jedem dieser 235 Fälle, die in 2007 auftraten, jeweils vorher ein Gutachten der Rechtsmedizin eingeholt wurde, bevor der erste Mann im Staate und der Landtag informiert wurden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich darf für das ganze Haus aufklären, welche Regeln zwischen dem Justizministerium und dem Unterausschuss Strafvollzug bestehen. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, aber es gibt seit 1973 eine Vereinbarung, novelliert von Landtag zu Landtag, von Wahlperiode zu Wahlperiode, die, sozusagen mit dem letzten Stand Mai 2003, jetzt wahrscheinlich so fortzuführen ist und Folgendes besagt: Wann ist der Unterausschuss für Strafvollzug zu unterrichten? a) Vollendete Selbsttötung von Straf- und Untersuchungsgefangenen, Verwahrten und Jugendarrestanten, b) Unfälle von Gefangenen mit tödlichem Ausgang, c) Todesfälle von Gefangenen aus dem Verschulden Dritter,
d) Gefangenenmeutereien, e) Ausbrüche von Gefangenen aus Einrichtungen des geschlossenen Justizvollzuges, f) begründeter Verdacht einer Gefangenenmisshandlung - Ergänzung: wenn es um Misshandlungen durch Bedienstete und nicht um Misshandlungen untereinander geht; das ist unstreitig -, g) Straftaten von Bediensteten, sofern Anklage erhoben wurde, und h) - um diesen Buchstaben geht es - besonders schwerwiegende Vorkommnisse anderer Art. - Herr Wenzel, es ist eine völlig geklärte Rechtslage, dass niedrigschwellige Vorkommnisse, wie Sie sie nennen, dem Landtag bitte sehr nicht zu melden sind. Es gibt Raufereien, es gibt Tätlichkeiten, es gibt Rangeleien, die in den JVAen erfasst werden. Wenn sie an das Justizministerium weitergemeldet werden, wird geguckt, welche Gruppe von Vorfällen unter die „Meldevereinbarung“ fällt. Das sind in den Jahren 2000 bis 2007 pro Jahr zwischen 7 und 25 Fälle gewesen. In diesem Jahr sind es bisher 5 oder 6 Fälle. Meine Damen und Herren, es fallen mit Not mal ein Fall, mal zwei Fälle und mal gar kein Fall unter den Buchstaben h), der besonders schwerwiegende Vorkommnisse betrifft. Genau das war hier der Punkt. Ich habe mir die Akten sehr sorgfältig angelesen. Es war am 23. außerordentlich unklar, was wirklich vorgefallen war: a) von der Intensität und b) von der Glaubwürdigkeitsseite her. Deswegen hat man mit Recht gesagt: Bevor wir unserer Meldevereinbarung Folge leisten, klären wir medizinisch ab, was sich zugetragen hat und was sich nicht zugetragen hat und was vielleicht beweisbar ist. Eine - wenn Sie so wollen - Informationsreife hat es in der Tat am 6. Februar gegeben, aber von der Schwere her eher im Komplex Körperverletzung. Dann ist die Meldung entsprechend an den Landtag erfolgt. Genau so ist die Sach- und Rechtslage, meine Damen und Herren.
frage ich die Landesregierung, ob sie es für vertretbar hält, ungeklärte Sachverhalte und Vermutungen während laufender Ermittlungen der Öffentlichkeit und dem Landtag auch dann vorzulegen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeschlossen ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Konrath, wenn ausgeschlossen ist, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung droht - oder wie auch immer -, ist es umso wichtiger, dass wir diszipliniert Buchstabe a) bis Buchstabe h) zugrunde legen und gucken, mit welchen Vorfällen wir es zu tun haben und wo der Sachverhalt so geklärt ist, damit man subsumieren und entsprechend weitermelden kann. Es ist Sache der Selbstdisziplin und der staatlichen Verantwortlichkeit für den Vollzug und darüber hinaus, jeden Verdachtsfall, der hinterher in sich zusammenfällt und vielleicht für Presseereignisse interessant ist, nicht weiterzumelden. Das, was man in den letzten Wochen hört und liest, wie ein ungeklärter Sachverhalt ausgewuchtet und so oder so verwertet wird, veranlasst mich zu der wirklich dringlichen Bitte und zu dem Appell an alle betroffenen Parlamentarier und an die Medien - wen auch immer -: Geht mit solchen Sachverhalten vorsichtig um!