Protokoll der Sitzung vom 27.08.2009

Frau Ministerin, bitte!

Es ist nicht so, dass die Anträge in der Anzahl, die Sie gerade erwähnt haben, nicht bearbeitet werden, sondern alle Anträge sind in Bearbeitung. Sie werden kontinuierlich und zunehmend schneller bearbeitet, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile eine stärkere Routine haben und sich das Verfahren zwischen Land und Kommunen bzw. Landesschulbehörde eingespielt hat.

(Claus Peter Poppe [SPD]: Bis wann?)

Die Kommunen stellen schon jetzt Anträge für 2010. Ich habe Ihnen eben gesagt: Wir haben das Kontingent für 2008 schon ausgeschöpft. Wir werden das Kontingent auch für 2009 in diesem Jahr

ausschöpfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass keine Mittel verfallen werden. 40 Millionen Euro sind bereits gebunden.

Sie haben in Ihrer Eingangsbemerkung gesagt, dass noch nicht einmal die Hälfte der Anträge bearbeitet wird. Aber seien Sie sehr zuversichtlich: Wir schaffen das mit der frühkindlichen Bildung genauso, wie wir das mit der Unterrichtsversorgung geschafft haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Claus Peter Poppe [SPD]: Das ist ei- ne Drohung!)

Herr Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE hat eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, da wir jetzt gehört haben, dass im Wesentlichen dank Ihnen und dank des Kollegen Althusmann in Niedersachsen alles richtig super geworden ist, frage ich Sie, wie Sie die Kritik des Städte- und Gemeindebundes bewerten, dass die Anträge mangelhaft bearbeitet würden, und welche Konsequenzen Sie gegebenenfalls daraus ziehen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Ministerin, bitte!

Die Anträge werden definitiv nicht mangelhaft bearbeitet. Ich hatte Ihnen eingangs gesagt, dass wir mit den Kommunen gemeinsam Wege gefunden und Absprachen getroffen haben, wie man das Antragsverfahren noch verschlanken kann. Es zeigt sich, dass das erfolgreich ist.

Weiter dürfen Sie auch nicht vergessen: Die Bewilligung der Anträge ist das eine, das andere ist der Abruf der Mittel für die bewilligten Anträge. Das setzt schlicht und ergreifend voraus, dass die Kommunen mit den Bauarbeiten beginnen und die Mittel zeitnah abrufen. Sie sehen das ja bei den bewilligten Dingen. Wir liegen jetzt bei 40 Millionen Euro; tatsächlich abgerufen wurden Mittel in Höhe von 13 Millionen Euro. Das ist allerdings auch schon eine gewaltige Steigerung vom Juni bis jetzt von 5 Millionen Euro auf 13 Millionen Euro. Daran können Sie sehen, dass das zwei verschiedene

Paar Schuhe sind. Dabei müssen die Kommunen auch mitwirken.

(Beifall bei der CDU)

Die Kollegin Frau Meyer zu Strohen von der CDUFaktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben vorhin ausgeführt, dass auch Anträge zurückgestellt und insbesondere einige abgelehnt wurden. Was waren die Gründe für die Ablehnung?

Frau Ministerin, bitte!

Es sind sehr wenige Anträge tatsächlich abgelehnt worden; das waren nur fünf. Das alles sind Anträge gewesen, die sich auf einen Zeitraum bezogen haben, der vor dem Stichtag zur Vereinbarung des Krippengipfels lag. Das heißt, sie konnten von dieser Regelung gar nicht erfasst werden.

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass, denke ich, die gesamte Opposition Ihre Aussage „wir schaffen das so gut wie mit der Unterrichtsversorgung“ als Drohung empfindet,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Na, na, na! bei der CDU)

möchte ich Sie noch einmal fragen, ob wir über dieselben Zahlenwerte reden. Ich habe ja vorhin schon einmal bezüglich des 13. Platzes nachgehakt. Wie hoch ist unsere Versorgungsquote derzeit? Es kann nicht sein, dass wir mit 9,2 % nicht auf dem letzten Platz liegen. Sie behaupten nun, 13. Platz, aber es werden keine konkreten Zahlen genannt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, bitte!

Frau Staudte, erst zum Ende des Jahres gibt es vergleichbare Daten und Statistiken im Bundesvergleich.

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

- Das kann ich jetzt noch nicht sagen. - Frau Staudte, das eine ist das, was die Statistik Ihnen sagt, das andere, wie Sie die Platzentwicklung sehen. Deshalb sind wir nicht Schlusslicht, ganz im Gegenteil.

Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 12 c liegen mir nicht vor. - Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 12 d auf:

Warum kommt die Polizei, wenn der Muezzin ruft? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1539

Dazu erteile ich dem Kollegen Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Erneut hat der niedersächsische Innenminister abstrakte Generalkontrollen vor niedersächsischen Moscheen angeordnet. Die Gläubigen werden beim Freitagsgebet ohne konkreten Tatverdacht kontrolliert und zum Vorzeigen des Ausweises gezwungen. Viele Muslime empfinden dies als schikanös und diskriminierend, weil damit aus ihrer Sicht ein Generalverdacht gegen ihre Religion untermauert wird.

Die Massenkontrollen werden aus integrationspolitischer Perspektive als fragwürdig bis kontraproduktiv angesehen und werden auch aus verfassungsrechtlichen Gründen hinterfragt. Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht Massenkontrollen ohne konkreten Tatverdacht eine Absage erteilt, so z. B. beim Kennzeichenscanning und bei der Rasterfahndung. Das Gericht forderte für Massenkontrollen stets einen konkreten Tatverdacht, um die vielen Kontrollen Unschuldiger zu rechtfertigen.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

An einer konkreten Gefahrenprognose fehlt es aber bei den „Moscheekontrollen“ offenkundig;

denn es wird weder eine konkrete Person oder Gruppe gesucht, noch sind die Generalkontrollen bisher auch nur ansatzweise erfolgreich, da weder Terroristen oder Gefährder noch Sympathisanten ermittelt werden konnten. Die Massenkontrollen werden daher vielfach als Einschüchterungsversuch durch den Staat und seine Behörden erlebt und bewertet.

Wir fragen daher die Landesregierung

1. Welche konkreten Erfolge haben die Massenkontrollen bisher gebracht?

2. Welche Rechtsgrundlage haben unpräzise Massenkontrollen ohne konkreten Tatverdacht vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung?

3. Welches integrationspolitische Signal wird ausgesandt, wenn Gläubige vor oder nach dem Gebet kontrolliert, festgehalten und zum Teil sogar abgestempelt werden?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung nimmt die Sorgen der muslimischen Bevölkerung in Bezug auf die Kontrollmaßnahmen sehr ernst. Aus diesem Grund wurden und werden regelmäßig Gespräche mit Moscheevereinen und Verbänden geführt. Aktuell wird beispielsweise der Präsident des Landespräsidiums für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz unter Beteiligung der Polizeipräsidenten und der Integrationsabteilung die Vorsitzenden von muslimischen Verbänden zeitnah zu einem Gespräch in das Innenministerium einladen, um die aktuellen polizeilichen Maßnahmen im Kontext mit der Sicherheitslage zu erörtern. Darüber hinaus soll der Austausch über die weitere mögliche Zusammenarbeit das gegenseitige Vertrauen im Umgang miteinander weiterentwickeln.

Der Generalsekretär von DITIB und gleichzeitige Vorsitzende des neu gegründeten DITIB-Landesverbandes Niedersachsen/Bremen hat sich in der Hürriyet mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Notwendigkeit sehr differenziert zu den verdachtsunabhängigen Kontrollen vor Moscheen in Nie

dersachsen geäußert. Ich darf aus der Zeitung zitieren:

„Ünlü sagte gegenüber der Hürriyet, dass die andauernden Personenkontrollen für die Sicherheit notwendig seien und zur Abwehr von Extremismus und Terror dienten.“

Zwischen der Landesregierung und den muslimischen Verbänden in Niedersachsen besteht Einigkeit darin, dass im Zusammenhang mit den Kontrollen jedoch nicht der Eindruck eines Generalverdachts gegenüber dem Islam und seinen Glaubensangehörigen entstehen darf. Unsererseits besteht die Zusicherung, dass dies bei der Planung und Durchführung der Kontrollmaßnahmen durch die Polizei berücksichtigt wird.

Gerade im Hinblick auf die ungestörte Ausübung der Religion werden die Kontrollen so gestaltet, dass die Belastungen für die Betroffenen so gering wie möglich gehalten werden. Die einzelnen Moscheen oder Gebetsräume sind nur an wenigen Tagen im Jahr von Kontrollen betroffen. Im Zusammenhang mit dem Freitagsgebet werden die Maßnahmen so durchgeführt, dass der freie Zugang gewährleistet bleibt und es nicht zu unzumutbaren zeitlichen Verzögerungen kommt.

Die seit dem 24. Januar 2003 von der niedersächsischen Polizei durchgeführten Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität gemäß § 12 Abs. 6 des Nds. SOG gehören insbesondere aufgrund ihrer hohen präventiven Wirkung sowie in ihrer Funktion als Erkenntnis- und Verdachtsgewinnungsinstrument zum Kernbereich der polizeilichen Maßnahmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage wie folgt.

Zu Frage 1: Im Zuge der seit dem Jahr 2003 durchgeführten Kontrollmaßnahmen gemäß § 12 Abs. 6 des Nds. SOG sind u. a die folgenden Ergebnisse erzielt worden: 65 Festnahmen basierend auf Delikten der allgemeinen oder organisierten Kriminalität, 129 Treffer aufgrund von behördlichen Aufenthaltsersuchen bzw. Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung, 114 Strafanzeigen aufgrund von Delikten der allgemeinen und organisierten Kriminalität und 519 Ordnungswidrigkeitsanzeigen beispielsweise infolge von Verstößen gegen das Verkehrsrecht, das Waffengesetz und das Aufenthaltsgesetz.