Frau Heiligenstadt, Modellversuche werden immer in jedem Einzelfall geprüft. Die IGS GöttingenGeismar ist bereits Modellversuch. In jedem Fall wird es einen integrierten Unterricht für alle Fächer bis einschließlich Jahrgang 9 geben.
- Deshalb wird gerade jetzt mit der IGS GöttingenGeismar das pädagogische Konzept zur Umsetzung dieser Möglichkeit erörtert. Ich bin ganz sicher, dass wir gemeinsam zu einer guten Lösung kommen werden.
Eben haben Sie mich hier falsch dargestellt. Ich habe gesagt: Es ist auch jetzt schon möglich, Herr Poppe, vom Jahrgang 9 in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe zu kommen. Das gilt nicht für die IGSen. Denen eröffnen wir die Möglichkeit. Wir haben ja auch andere Schulformen, bei denen dieser Wechsel stattfindet, und da ist es möglich. Insofern ist es kein Widerspruch, sondern wir - das sage ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit - ermöglichen den IGSen in Zukunft weitere Optionen, als es bisher der Fall gewesen ist, und wir ermöglichen den Schülerinnen und Schülern mit Gymnasialempfehlung an den IGSen, auch dort das Abitur nach zwölf Jahren zu machen, wenn sie es wollen und können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung - das ist noch einmal eine Fachfrage, Frau Ministerin -: Welche Bedingungen müssen die Schulen erfüllen und muss das pädagogische Konzept einer Schule erfüllen, damit die Fachleistungsdifferenzierung bis Klasse 9 auch in den Fächern Deutsch und Mathematik aufgeschoben werden kann?
Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, dass dies bei dem Schulmodell IGS Göttingen-Geismar derzeit mit der Schule erörtert wird. Dem will ich vom Ergebnis her nicht vorgreifen. Im Übrigen habe ich darauf hingewiesen, dass wir eine Arbeitsgruppe mit den Schulleiterinnen und Schulleitern der Gesamtschulen, den Stufenleitungen, mit der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule und mit den Fachdezernenten eingerichtet haben, die die Einzelheiten jetzt genau miteinander besprechen
und das Ganze auf den Weg bringen werden. Wir werden dann die Entwürfe in die Anhörung bringen. Dann können Sie sich damit noch ausgiebig beschäftigen. Dann erfolgt diese Diskussion vor dem Hintergrund der Gesamtschulerfahrung und -praxis. Das wird dann auch genauso praxistauglich sein. Da bin ich sehr zuversichtlich.
Frau Ministerin, habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie kritisiert haben, dass in Berlin Gymnasialplätze zugelost werden, es aber offensichtlich für in Ordnung halten, dass in Niedersachsen die Plätze für IGSen zugelost werden?
Wir haben in Niedersachsen die Grundentscheidung dafür getroffen, dass wir das gegliederte Schulsystem als Regelschulsystem beibehalten wollen und zusätzlich Angebote für die Interessenten in Bezug auf Gesamtschulen machen. Dies haben wir getan. Entsprechende Anträge sind von uns zwischenzeitlich genehmigt worden, andere sind noch in Bearbeitung. Vor diesem Hintergrund haben wir hier in Niedersachsen Möglichkeiten geschaffen, die Angebotspalette sehr zu erweitern und viele Angebote vorzuhalten.
Ich sage Ihnen dazu aber noch einmal, dass wir aus der Elternabfrage und den tatsächlichen Anmeldungen an den Schulen mittlerweile das Ergebnis haben, dass die tatsächlichen Anmeldungen der Elternbefragung entsprechen. Zwar wird hin und wieder gesagt, dass es jetzt sehr viel mehr Anmeldungen gebe, als bei den Elternbefragungen herausgekommen sei. Das ist aber nicht der Fall.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie lo- sen aus, und das finden Sie okay! - Gegenruf von Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber nicht um die Plätze, sondern um die Bandbreite der Begabungen zu kriegen! - Weitere Zurufe - Unruhe)
Ich beende diesen Dialog und die weiteren Gespräche im Plenarsaal, damit Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen seine weitere Zusatzfrage stellen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zu Ihren Ausführungen, Frau Ministerin, zu der Vielzahl der Elternbefragungen, die in Niedersachsen stattgefunden haben - wobei Sie sich in Ihrer Antwort auf merkwürdige Umfrageergebnisse bezogen haben -, die Nachfrage, wie Sie bewerten, dass bei diesen Elternbefragungen ganz oft sehr große Mehrheiten für Integrative Gesamtschulen herauskommen. In einem ländlichen Raum wie dem Landkreis Holzminden waren es 84 %, und nur 16 % waren für das gegliederte Schulsystem. Trotz dieser hohen Zustimmung von 84 % kann wegen Ihrer hohen Hürden keine Gesamtschule eingerichtet werden. Wie bewerten Sie diese hohe Zustimmung für Integrative Gesamtschulen bei den Elternbefragungen?
Wir sind nicht so ideologisch, wie Sie es zu sein scheinen. Wir ermöglichen bei einer stabilen Zügigkeit bei der Neueinrichtung einer Schule auch die Gründung von Gesamtschulen. Wenn Sie den demografischen Wandel in unserem Land betrachten und feststellen, wie viel weniger Schülerinnen und Schüler wir höchstwahrscheinlich im Jahre 2020 in Niedersachsen haben werden, dann ist es für die Verlässlichkeit eines Schulangebots wichtig, den dauerhaften Bestand einer Schule mit in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund brauchen wir eine gesicherte Zügigkeit über viele Jahre, um dort nicht nur einen Namen zu haben, son
dern die Schule auch inhaltlich mit dem auszustatten, was sie braucht, um das entsprechende differenzierte Angebot für alle Schülerinnen und Schüler auch vorhalten zu können. Deshalb an dieser Stelle noch einmal: Es hängt davon ab, ob die erforderliche Zügigkeit erreicht wird. Dann steht der Genehmigung auch nichts im Wege.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie erklären Sie den Schülerinnen und Schülern, die nach Klasse 9 die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe besuchen können und damit auch die Berechtigung erhalten, die Klasse 10 des Fachgymnasiums oder des Gymnasiums zu besuchen, die Tatsache, dass sie diese Schule ohne Abschluss verlassen, wenn sie z. B. an ein Fachgymnasium gehen, und überhaupt nichts vorweisen können, wenn sie sich um einen Ausbildungsplatz bewerben? Wie gehen Sie damit um, und wie sollen die Schülerinnen und Schüler ihre bisherige Qualifikation nachweisen können?
Herr Lies, Sie wissen, dass das eine Vorgabe der Kultusministerkonferenz ist. Ich halte sie allerdings für überholt. Nach meiner persönlichen Einschätzung sollten wir sie verändern.
Herr Präsident! Frau Ministerin, Sie haben die Frage von Herrn Lies leider nicht beantwortet. Ich stelle eine andere Frage. Vorhin ist schon danach gefragt worden. Was ist los, wenn sich eine IGS entscheidet, die Fachleistungsdifferenzierung auf den 9. Schuljahrgang zu verschieben? Was passiert dann in den Klassen bis zur 10. bzw. 12. Jahr
Eine Abweichung wird dann ermöglicht, wenn das entsprechende pädagogische Konzept vorgelegt worden ist. Das pädagogische Konzept ist von der Schule vorzulegen. Wir werden dieses pädagogische Konzept prüfen. Wenn das aufgrund des Konzepts möglich ist, werden wir eine Genehmigung erteilen, ansonsten nicht.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was muss dann erfüllt sein? - Gegenruf von Björn Försterling [FDP]: Wahr- scheinlich die KMK-Vorgaben!)
Herr Präsident! Frau Ministerin, Sie hatten gerade bei der Beantwortung der vorletzten Frage noch einmal betont, dass unsere Debatte hier und die Fragestellungen ideologisch geprägt seien. Ich frage mich in diesem Zusammenhang und richte diese Frage auch an die Landesregierung, wie es denn, wenn überall in Europa das gegliederte Schulsystem abgeschafft und ein gemeinsames Lernen zumindest bis zur Klasse 10 ermöglicht wird, sein kann, dass Ihre Position nicht ideologisch geprägt ist.
Das gegliederte Schulsystem ist nach meiner festen Überzeugung über die Jahrzehnte ein erfolgreiches System in Deutschland gewesen und wird dies auch bleiben.
Uns ist es wichtig - ich habe Ihnen eben noch einmal die Ergebnisse der Umfrage von forsa vorgetragen -, den Eltern in unserem Land Wahlfreiheit einzuräumen, die Schule zu wählen, die sie für ihr
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Gesamtschulen fehlen, kriegen sie keine!)