Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zuständigkeit für die Zulassung von Transportbehältern für abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken und hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung hat das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung überprüft auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften die Bauart von Behältern und stellt ein Prüfungszeugnis aus. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz übt die atomrechtliche Aufsicht über das Transportbehälterlager Gorleben und die Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken aus. Wir sind nicht in das Zulassungsverfahren von Transportbehältern eingebunden.
Das Ministerium für Umwelt und Klimaschutz hat durch Pressemeldungen am 29. April 2008 und nachfolgende Pressemitteilungen der genannten Bundesbehörden am 30. April davon erfahren, dass es bei der Bauartprüfung des neuen Behältertyps Castor HAW28M der Gesellschaft für Nuk
lear-Service zu Verzögerungen gekommen ist, nachdem die erforderlichen Sicherheitsnachweise nicht zeitgerecht erstellt werden konnten.
Zu 1: Der Landesregierung ist nicht bekannt, welche Sicherheitsnachweise die Bundesanstalt gegenüber der Gesellschaft für Nuklear-Service noch fordert.
Zu 2: Die Planung ging bislang von drei Transporten mit jeweils elf Behältern mit Glaskokillen in den Jahren 2008, 2009 und 2010 aus. Gegenwärtig kann lediglich der erste Transport im zweiten Halbjahr dieses Jahres auf der Grundlage der am 30. April 2008 vom Bundesamt für Strahlenschutz erteilten Transportgenehmigung mit Behältern der Bauart TN85 stattfinden.
Der Transport im Jahr 2009 war bisher mit elf Behältern der neuen Bauart Castor HAW28M vorgesehen. Dieser kann erst erfolgen, wenn die verkehrsrechtliche Prüfung abgeschlossen ist und die Aufbewahrungsgenehmigung für das Transportbehälterlager Gorleben vorliegt. Nach Mitteilung des hierfür zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz wird dies voraussichtlich nicht vor Anfang 2009 möglich sein. Erst danach kann mit der Beladung von Behältern der Bauart Castor HAW28M in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage begonnen werden. Dort sollen von November 2008 bis Mai 2009 Umbauarbeiten erfolgen, sodass in diesem Zeitraum keine Beladung stattfinden kann. Es ist daher zu vermuten, dass die für den Transport im zweiten Halbjahr 2009 erforderlichen elf Castorbehälter nicht mehr rechtzeitig bereitgestellt werden können. Der für das Jahr 2009 geplante Transport wird voraussichtlich erst im Jahre 2010 durchgeführt werden können, der letzte Transport dementsprechend im Jahr 2011.
Die Transporte von insgesamt 21 Behältern aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage werden nach heutigem Kenntnisstand nicht vor 2013 beginnen.
Zu 3: Fallversuche sind im Rahmen der verkehrsrechtlichen Zulassung neuartiger Transportbehälter durchzuführen. Nach Auffassung der Landesregierung kann eine Forderung nach praktischen Tests im Maßstab 1 : 1 nicht erhoben werden. Nach Ansicht vieler Experten sind rechnerische Sicherheitsnachweise und Analogiebetrachtungen grundsätzlich ausreichend. Dennoch würde das Ministe
rium für Umwelt und Klimaschutz Fallversuche im Originalmaßstab für sinnvoll erachten, um einen zusätzlichen praktischen Beweis für die Sicherheitsreserven eines solchen Behälters zu bekommen.
Zu einer ersten Zusatzfrage erteile ich dem Abgeordneten Herzog von der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezüglich der Genehmigungslage der beladenen Transportbehälter TN85 für das Jahr 2008 stelle ich folgende erste Zusatzfrage: Anders als bei den neuen HAW-Behältern sind beim TN85 die abschirmenden Moderatorstäbe für die Neutronenstrahlung außen angebracht. Ist das Störfallszenario „Flugzeugabsturz mit Kerosinbrand“ unter Einbeziehung der Moderatorstäbe mit betrachtet worden?
Zweite Frage. Der TN85 hat zwischen den Tragzapfen und dem Deckel eine abschirmungsoffene Stelle, die seit Langem ein Streitpunkt ist. Welche Dosisleistungen - Gamma- und Neutronenstrahlung - werden Ihrer Erkenntnis nach dort gemessen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur ersten Frage kann ich sagen: Ja. Allerdings muss ich darauf verweisen - auch das ist Ihnen, Herr Kollege Herzog, bekannt -, dass die Bundesanstalt für Materialprüfung keinerlei Auskünfte erteilt, solange die Prüfung nicht abgeschlossen ist. Sie kennen die Pressemitteilungen vom 29. und 30. April. Auch wir sind gänzlich auf die Pressemitteilungen angewiesen, die wir von dort bekommen. Sie müssten diese Fragen schon konkret an das Bundesamt für Strahlenschutz oder an die BAM stellen, aber das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz wird mit dieser Frage nicht befasst
Auch ich habe eine Frage zum Transportbehälter TN85, Herr Sander. Sind in Deutschland oder Frankreich oder irgendwo anders auf der Welt schon jemals realistische Versuche zur Fall- und Feuersicherheit dieser Behälter vorgenommen worden, die ja in diesem Jahr aushilfsweise für den Transport nach Gorleben eingesetzt werden? Waren das Tests, die einem Aufprall mit 60 bis 100 km/h, einem Tunnelbrand oder einem terroristischen Anschlag mit einer Panzerfaust entsprechen? Und wenn Sie meinen, dass Tests im Maßstab 1 : 1 sinnvoll wären: Haben Sie schon jemals bei der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde des Bundes in diese Richtung interveniert?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Herzog, noch einmal zur Frage nach den jetzigen Transportbehältern. Das Prüfungsverfahren ist in dieser Frage abgeschlossen. Deswegen hatte ich mit Ja geantwortet.
Frau Kollegin, zu Ihrer Frage nach den 1-:-1-Fallversuchen. Nach diesem Sachverhalt ist auch in der letzten Wahlperiode gefragt worden, und zwar im Juli vorletzten Jahres und auch im Januar 2004. Ferner hat sogar der Kollege Jüttner noch in seiner Eigenschaft als Umweltminister im Oktober 2002 diese Frage beantwortet; die Antworten waren gleichlautend. Deswegen zitiere ich gerne aus meiner Antwort vom Januar 2004:
„Nach den Vorschriften der internationalen Atomenergiebehörde - IAEA - sind als Sicherheitsnachweis auch Fallversuche vorgeschrieben. Diese sind für die Behälterreihe Castor im
Wesentlichen bereits in den 80er- und 90er-Jahren durchgeführt worden. Der Nachweis der Absturzsicherheit für einzelne Behältertypen der Castorreihe erfolgt seitdem im Wesentlichen durch Analogiebetrachtungen und rechnerische Sicherheitsnachweise, die an den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden. Diese Vorgehensweise ist geeignet und hinreichend, um die in den Fallversuchen experimentell festgelegten Befunde auf den jeweils zu analysierenden Behältertyp zu übertragen.“
werden wir in unserem Hause prüfen, und wir werden sie Ihnen gegebenenfalls, wenn wir dazu in der Lage sind, soweit wir auf das Verfahren einen Einfluss haben, beantworten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle eine Frage zum Castor vom Typ HAW28M. Herr Minister Sander, Sie haben ausgeführt, 2009 würden Sie elf dieser Castoren benötigen, für die das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt Hinweise darauf, dass diese Castoren schon im Bau sind. Deshalb meine Frage an die Landesregierung: Sind vom Hersteller bereits Castorbehälter vom Typ HAW28M gebaut worden und, wenn ja, wie viele?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach unserer Kenntnis sind drei Behälter dieses Typs gebaut worden, wobei dies aber ohne Genehmigung geschah, sodass sie natürlich nicht
zu einer entsprechenden Beladung zur Verfügung stehen. Die Firma hat diese Behälter auf eigene Veranlassung gebaut, aber ohne jegliche Genehmigung. Deswegen werden diese Behälter solange für einen Transport nicht verwendet werden dürfen.
Herr Minister Sander, vor dem Hintergrund, dass das niedersächsische Umweltministerium die atomrechtliche Aufsichtsbehörde für das Transportbehälterlager Gorleben ist, wundert mich Ihr geringes Interesse an dem Prüfverfahren für den jetzt zum Transport offenbar in Aussicht genommenen französischen Behälter.
Deshalb frage ich Sie: Welche Folgen wird dann, wenn dieser Behälter verwendet wird, der erhöhte Abbrand der Brennelemente haben, und zwar auf die Strahlenbelastung, auf die Temperaturentwicklung und auf die Abkling- bzw. auf die Lagerzeit?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, das Verfahren ist gesetzlich vorgeschrieben. Nach diesem Verfahren haben Sie sich genauso wie wir als Aufsichtsbehörde zu richten. Insofern kann ich Ihre Fragestellung bestätigen und sagen: So ist es. - Wenn es so wäre, so hielten sich die Folgen im Rahmen dessen, was genehmigungsfähig ist. Das gilt dann auch für die Wärmeentwicklung, die Sie eben angesprochen haben.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Sicherheit der Bevölkerung muss im Vordergrund stehen. Aus diesem Grunde fragen wir die Landesregierung: Wie will die Landesregierung ihrer Schutzpflicht gegenüber der Bevölkerung bei dem Transport mit dem französischen Castorbehälter
TN85, der nur im Maßstab von 1 : 3 getestet worden ist und zu dem es nur Rechenmodelle gibt, nachkommen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bosse, Sie sind mit dem Verfahren inhaltlich sehr gut vertraut. Sie wissen, dass alle Fragen in dieser Hinsicht vom Bundesamt für Strahlenschutz beantwortet werden können. An dieses Amt müssen Sie sich wenden. Es ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesumweltministeriums. Sie haben im Wahlkreis von Herrn Gabriel ja den besten Zugang zu dieser Behörde.