An Ihre Mitverantwortung dafür, ob Lehrerarbeitszeitkonten jetzt oder in vier Jahren eingelöst werden, können Sie sich dann nicht mehr erinnern. Diese Erfahrung haben wir mit Sozialdemokraten gemacht. Deswegen sehen wir das Problem ganzheitlich und werden diese Politik auch ganzheitlich in Niedersachsen vertreten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt das Versprechen einzulösen, noch etwas zu diesem vermurksten Eilantrag von heute Morgen zu sagen. Herr Stefan Wenzel hatte vorhin gesagt: Das Chaos ist kaum noch zu überbieten. - Ich fürchte, er hat unrecht. Sie müssen sich diesen Antrag auch vor dem Hintergrund der Stimmung auf der gestrigen Demonstration angucken. Da steht unter Punkt 1: Jede Lehrkraft soll auf Antrag unmittelbar in die Ausgleichsphase eintreten können. - Dann steht da unter Punkt 2: Die Ausgleichsphase soll - da ist gedanklich wohl ein „in der Regel“ drin - 2012/2013 anlaufen.
Was aber wird tatsächlich passieren? - Angesichts dieses massiven Glaubwürdigkeitsverlustes, der sich nicht vor irgendwelchen Jahrzehnten oder Jahren, sondern in den letzten fünf Jahren und insbesondere in den letzten fünf Tagen aufgebaut hat, wird der Großteil der Lehrer natürlich diese Variante 1 wählen, wenn Sie nicht noch herumtricksen oder moralischen Druck ausüben werden. Dann ist Ihre Variante 2 im Eimer! Dann geht das überhaupt nicht mehr. Dann kommen Sie noch mehr ins Hudeln.
Die Situation ist, dass gestern - für die, die gestern die ganze Zeit bei der Demonstration da waren - auch die steigende Angst vor einer beamtenrechtlichen Änderung aufkam, dass Sie die Leute bis 67 arbeiten lassen wollen. Die Leute werden von der Stimmung her - das wird jeder von gestern bestätigen können - natürlich versuchen, das jetzt so
schnell wie möglich in die Scheuer zu bringen. Dann haben Sie das nächste Problem und das nächste Chaos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat zwischen 1998 und 2003 über 15 000 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Die Schülerzahlen sind in diesem Zeitraum aber so angestiegen, dass das nicht ausreichte. Deshalb ist das Instrument des verbindlichen Arbeitszeitkontos genutzt worden. Dazu stehen wir. Dafür übernehmen wir die Verantwortung. Die Lehrerverbände können uns dafür kritisieren. Aber das war ein Instrument im Rahmen einer komplizierten Situation.
In der GEW-Zeitung haben beide Regierungsfraktionen deutlich gemacht, dass es ein sinnvolles und kluges Instrument war. Wenn man das aber so sieht, meine Damen und Herren, dann hätte man ab 2003 Voraussetzungen dafür treffen müssen, dass man die eingegangene Verpflichtung 2008 zurückzahlt. Darum geht es!
Herr Wulff, es geht nicht um schöne Sonntagsreden zum Thema „Lehrer machen gute Arbeit“. Immer dann, wenn es konkret wird, tauchen Sie ab. Das ist die Situation, die wir erleben.
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sie haben dagegen gestimmt! - Glocke des Präsidenten)
Da meine Redezeit augenscheinlich abgelaufen ist und ich nur noch die eine Minute habe, aber davon ausgehe, dass sich auch Frau Heister-Neumann zu Wort gemeldet hat, werde ich die weitere Redezeit nach ihrem Beitrag nutzen und dann noch ein paar Dinge zu dem sagen, welche schädlichen Entwicklungen Sie zwischen 2003 und heute eingeleitet haben, die das Problem heute potenzieren. Das ist die Situation.
Meine Damen und Herren, da die Landesregierung ihre Redezeit erheblich überschritten hat, hat Herr Wenzel um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich gebe ihm zwei Minuten.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wulff, Sie reden hier von der Verantwortung der Schule. Sie sagen, die Schule kann nicht die Verantwortung für alles tragen. Sie sprechen von der Verantwortung der Eltern, der Nachbarn und des Umfelds im Dorf, die man dabei nicht aus dem Blick verlieren dürfe.
Das ist alles richtig, Herr Wulff. Da haben Sie recht. Aber einen haben Sie vergessen: Sie dürfen bei Ihrer Aufzählung nicht vergessen, auch die Politik zu nennen. Da haben Sie hier an vorderster Front Verantwortung.
Sie haben mit Ihrem Wortbruch die größte Demonstration seit Jahrzehnten provoziert. Jetzt sind Sie verzweifelt, weil Sie die Büchse der Pandora nicht mehr schließen können.
Und jetzt sprechen Sie hier über Stilfragen. Das ist - da gebe ich Ihnen recht - eine ganz entscheidende Frage, auch für das Selbstverständnis dieses Landtags. Aber, meine Damen und Herren, Anlass, über Stilfragen zu diskutieren, war bestimmt nicht die Rede der Kollegin Heiligenstadt, sondern vielleicht eher die Rede der Kollegin Körtner, die anderen Abgeordneten hier das Recht abspricht, im Parlament zu sitzen, oder die Rede des Kollegen Försterling, der in seiner Verzweiflung die Abgeordneten der Opposition anbrüllt.
Da es uns allen wichtig ist, den Stil zu wahren, schlage ich vor: Fassen Sie sich in solchen Situationen auch immer an die eigene Nase!
Es gibt nur eine Option für die heutige Debatte: Stehen Sie zu Ihrem Wort! Stehen Sie zu der Rückgabe der Überstunden ab 2008! Und unterziehen Sie Ihre Bildungspolitik einer Generalrevision! Wir erleben hier ein Detail, das Ihnen völlig aus
dem Ruder gelaufen ist. Turboabitur, Hauptschulen, Versagung der Neugründung von Gesamtschulen - alles Themen, die jetzt anstehen und jetzt einer Entscheidung bedürfen. Darum kommen Sie nicht mehr herum.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen wir doch einmal, meine Damen und Herren von der Opposition, die Aufgeregtheiten ein wenig beiseite. Kommen wir zu dem wirklichen Kern unseres Themas, zu unserem Kernthema, nämlich zu der Sicherung der Unterrichtsversorgung. Für uns hat die sichere Unterrichtsversorgung weiterhin höchste Priorität. Darum geht es, meine Damen und Herren.
Dass wir hier heute Herausforderungen haben, hat natürlich etwas mit dem 1998er-Arbeitszeitkonto zu tun. Das muss man ganz deutlich sagen. Es war ein verpflichtendes Arbeitszeitkonto. Meine Damen und Herren, wir haben dafür eine Antwort, eine Lösung gefunden, die so flexibel ist, wie sie flexibler überhaupt nicht mehr vorstellbar ist. Ich möchte sie Ihnen jetzt einfach noch einmal vorstellen, damit Sie nicht weiterhin irgendwelche Vermutungen äußern und irgendwelche Hypothesen aufstellen, die jeglicher Grundlage entbehren.
Worum geht es bei dem Vorschlag, den ich Ihnen im Übrigen schon am Mittwoch sehr dezidiert vorgestellt habe? - Es geht darum, dass wir zusagen: Alle Stunden werden zurückgezahlt. - Das ist das Erste. Das muss einmal klargestellt werden. Jede zusätzlich erarbeitete Stunde - - -
- Das ist für uns selbstverständlich, Herr Dr. Sohn, aber das war in der Vergangenheit für andere noch lange nicht selbstverständlich!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist ver- traglich geregelt! Das ist hanebü- chen!)
Zweitens. Der Antrag auf sofortige Rückzahlung im Vertrauen auf die bisherige Arbeitszeitverordnung wird von der Landesschulbehörde genehmigt.
Drittens. Der Beginn der Ausgleichsphase soll nach unserer Vorstellung - es wäre sehr schön, wenn viele Lehrerinnen und Lehrer darauf eingehen würden -
um einen Zeitraum von vier Jahren verschoben werden, und zwar auf den Beginn des Schuljahres 2012/2013. Meine Damen und Herren, das ist in dieser Legislaturperiode! Wir machen das nicht wie Sie, dass wir das um zehn Jahre irgendwohin verschieben, sondern wir machen das in dieser Legislaturperiode. Daran kann man uns auch festmachen.
Des Weiteren, meine Damen und Herren, anerkennen wir die Arbeitsleistung der Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen mit großem Respekt wegen der Herausforderungen, die sie dort zu meistern haben. Besser als der Ministerpräsident konnte man das hier überhaupt nicht darstellen. Wir brauchen diese Lehrer. Sie sind wichtig, sie sind wichtig für unsere Kinder. Meine Damen und Herren, deshalb sagen wir: Wir akzeptieren vor dem Hintergrund dieses Appells, dass hier auch noch ein Zuschlag erteilt werden sollte. Deshalb sagen wir: 10 % Aufschlag für die Verschiebung der Ausgleichsphase für die Mehrarbeitsstunden. Das kommt auch noch hinzu.
Nein. - Viertens. Wir geben darüber hinaus weitere sehr flexible Möglichkeiten. Wir ermöglichen den Lehrern auf Antrag auch, wenn sie es wünschen, ein anderes Modell zu wählen, d. h. tatsächlich auch die Verschiebung des Ausgleichs auf das Lebensarbeitszeitende - auf Antrag, meine Damen und Herren. Auch dann gibt es einen zehnprozentigen Aufschlag auf die bereits angesparten Stunden. Darüber hinaus bieten wir allen Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit des sofortigen finanziellen Ausgleichs für alle in den vergangenen zehn Jahren angesparten Mehrarbeitsstunden im Arbeitszeitkontenmodell.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang muss ich wirklich eines sagen: Auch in der Diskussion mit den Lehrerinnen und Lehrern habe ich nicht den Eindruck gehabt, dass dies den Lehrerinnen und Lehrern im Einzelnen schon bekannt geworden ist. Dazu haben Sie Ihren Teil beigetragen.