Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Vergleich zum vorletzten Plenumsabschnitt, bei dem wir das Thema das erste Mal behandelt haben, hat sich eine Sache geändert. Wir hatten einen Haushaltsausschuss des Bundestages, und der Haushaltsausschuss des Bundestages hat zu dem Gesetzentwurf, der den Artikel 104 c verändern sollte, einen entscheidenden Passus hinzugefügt, nämlich dass die Länder künftig 50 % der Fördermittel selber bezahlen sollen.
Ich sage Ihnen ganz offen: Diesen Passus, der so vorher nicht zu erwarten war, lehnen wir ab, den finden wir schlecht.
Deswegen ist es gut und richtig, dass der Ministerpräsident bereits deutlich gemacht hat, dass diese Gesetzesänderung so den Bundesrat nicht überstehen wird.
Aber, meine Damen und Herren, bei einer Sache sind wir uns vollkommen einig: Die ursprüngliche Intention der Änderung, nämlich dass wir den Digitalpakt umsetzen können, und zwar - das hat weiterhin Gültigkeit - mit einer 90:10-Förderkulisse des Bundes - die 50:50-Regelung soll erst ab 2020 gelten -, finden wir richtig. Wir finden es richtig, dass der Bund Geld in unsere Schulen investiert, damit wir aus der „Kreidezeit“ in das digitale Zeitalter kommen. Dabei unterstützen wir den Bund auch weiterhin.
Wir lehnen eine 50:50-Regelung ab. Aber der Weg, dass wir mehr Geld für unsere Schulen kriegen, damit die Schülerinnen und Schüler von heute im digitalen Zeitalter von morgen fit sind, ist richtig. Deswegen werden wir Ihren Antrag so, wie er ist, weiterhin ablehnen, Herr Rykena.
Ich sage Ihnen auch, was zu einer konservativen Politik gehört: sich auf die heutige Zeit einzustellen, um die Herausforderungen von morgen lösen zu können. Das geht nur mit uns, nicht mit Ihnen. Das ist nun mal so. Deswegen sind wir die konservative Partei in diesem Parlament.
Schönen Dank, Kollege Weritz. - Für die SPDFraktion hat sich nun der Kollege Philipp Raulfs gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Rykena, seit der ersten Beratung im Parlament hat sich unsere Meinung - das wird Sie kaum überraschen - nicht verändert, auch nicht durch die Argumente, die Sie heute vorgetragen haben. Aus unserer Sicht war die Kultushoheit der Länder niemals in Gefahr, und sie wird auch nicht in Gefahr geraten. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb weiterhin ab.
Meine Damen und Herren, die Digitalisierung unserer Gesellschaft und damit auch unseres alltäglichen Lebens schreitet mit großen Schritten voran. Während sich besonders die Arbeitswelt grundlegend und deutlich spürbar verändert, steckt diese Entwicklung an unseren Schulen teilweise noch in den Kinderschuhen. Dabei sind das Wissen über die zunehmend digitalisierte und globalisierte Welt und das Verständnis dieser Welt unser wichtigstes Kapital. Das heißt konkret: Die Zukunft wird an unseren Schulen geschaffen. Dafür müssen unsere Schulen bereit sein.
Um das zu erreichen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Beteiligten, allen voran von Bund und Ländern. Eine nationale Allianz kann mehr investieren und sorgt für mehr Chancengerechtigkeit. Wir wollen die treibende Kraft dieser Allianz sein.
Mein Vorredner, Lasse Weritz, hat es gerade schon gesagt - Sie alle haben es vernommen -: Der Digitalpakt wurde vom Bundesrat noch nicht verabschiedet. An dieser Tatsache gibt es nichts zu beschönigen. Ich hätte mir definitiv gewünscht - wie ganz viele in diesem Hause -, dass wir heute an dieser Stelle ein anderes Vorzeichen gehabt hätten. Dass wir bei diesem Thema nicht weiterge
kommen sind und die Umsetzung stockt, ist aber einzig und allein der Tatsache geschuldet, dass der Bundestag kurzfristig und unabgestimmt Veränderungen vorgenommen hat. Es ist und war daher unverzichtbar, dass der Vermittlungsausschuss des Bundestages und des Bundesrates mit der Angelegenheit befasst wird. Ich hoffe, dass es jetzt schnellstmöglich zu einer konstruktiven Lösung kommt.
Für mich sind die Aufgabe und das Ziel dabei klar: Wir müssen unsere Schulen zukunftsfit machen, fit für eine digitalisierte Welt. Es darf keine Verzögerungen mehr geben. Wir brauchen den Digitalpakt jetzt.
Ich habe es eingangs gesagt: Wir lehnen den Antrag weiterhin ab. Wir wollen den Digitalpakt durchsetzen, zum Wohle unserer Kinder, unserer Schulen und der Zukunft des Landes Niedersachsen.
Danke sehr, Kollege Raulfs. - Für die FDP-Fraktion hat sich der Kollege Björn Försterling zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kultushoheit in Niedersachsen ist nicht in Gefahr. Das Land Niedersachsen wird weiterhin für die Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften zuständig sein. Das Land Niedersachsen wird weiter für die Erarbeitung der Kerncurricula zuständig sein. Es wird weiter für die Ausgestaltung der Stundentafeln im Rahmen des Konsenses der Länder im Rahmen der Kultusministerkonferenz zuständig sein.
Zu keinem Zeitpunkt ist also die Kultushoheit des Landes Niedersachsen in irgendeiner Art und Weise in Gefahr, auch nicht durch die jetzt angestrebte Änderung der Artikel 104 b und 104 c des Grundgesetzes.
In Artikel 104 c des Grundgesetzes soll - ich glaube, das ist auch in diesem Hause unstrittig - ermöglicht werden, dass der Bund „Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen“ geben kann - den Ländern direkt und nicht nur, wie bisher, finanzschwachen Kommunen. Das ist ein wichtiges Signal.
Ergänzt wurde das in den Beratungen des Bundestages noch um die Formulierung, dass auch Kosten, die unmittelbar damit zusammenhängen, mitfinanziert werden können. Beim Digitalpakt heißt das, dass beispielsweise auch Lehrerfortbildungen aus diesen Mitteln finanziert werden können. Auch das halte ich nicht für ein Problem, weil die Ausgestaltung der Lehrerfortbildung dann immer noch in der Hand des Landes Niedersachsen bleibt; wir können nur Mittel des Bundes dafür nutzen.
Der aktuelle Streit betrifft den Artikel 104 b und die Frage der Finanzierung. Es ist schon relativ absurd, dass wir hier eine Diskussion um den Digitalpakt erleben, die mit der Neuregelung des Artikels 104 b eigentlich überhaupt nichts zu tun hat, weil die neue Fassung des Artikels 104 b erst ab 2020 gelten soll und mit der jetzigen Vereinbarung zum Digitalpakt rein gar nichts zu tun hat.
Das Ziel muss jetzt sein, den Knoten durchzuschlagen und den Digitalpakt auf den Weg zu bringen, weil wir die Digitalisierung in den Schulen brauchen, und alles andere losgelöst von der Frage des Digitalpaktes zwischen den Ländern und dem Bund zu verhandeln.
Wichtig ist, hier festzuhalten: Die Kultushoheit ist nicht Gefahr. Sie wird auch durch die Grundgesetzänderung nicht in Gefahr geraten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich meinen Vorrednern von CDU, SPD und FDP an dieser Stelle anschließen. Herr Försterling hat gerade sehr anschaulich ausgeführt, warum es sinnvoll ist, das Kooperationsverbot an dieser Stelle abzuschaffen und dem Bund zu ermöglichen, in wichtige bildungspolitische Projekte, aber auch z. B. in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Wir haben sehr begrüßt, dass die Bundestagsfraktionen von Grünen und FDP diesen Schritt offensiv in den Bundestag eingebracht haben.
Natürlich wird man über die Frage der 50-%Finanzierung reden müssen. Ich kann nur begrüßen, dass die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten deutlich gemacht haben, dass das den Bundesrat so nicht passieren wird.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch einmal betonen, dass das mitnichten den Bund aus der Verantwortung entlässt, nach Artikel 106 auch grundständig die Länder angemessen auszustatten. Denn wir alle wissen, dass Länder und Kommunen mittlerweile mit massiven Ausgabenexplosionen in den Bereichen Bildung und Jugendhilfe zu kämpfen haben, dass sie über Gebühr belastet sind. Da wäre eine Anpassung der Grundfinanzierung der Länder durchaus überfällig.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich begrüße ich jeden Einsatz für den Erhalt der Kultushoheit der Länder. Solange aber derselbige überhaupt nicht in Gefahr ist, führen wir hier eine Scheindebatte und ist der vorliegende Antrag schlicht überflüssig.
Ich erlaube mir einmal einen Blick auf die Zahlen: Länder und Gemeinden geben für Bildung etwa 130 Milliarden Euro im Jahr aus. Jetzt hat der Bund angekündigt, im Rahmen des Digitalpaktes Schule - übrigens über diese Wahlperiode hinaus - insgesamt 5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Wer daraus ableitet, damit sei die Kultushoheit der Länder in Gefahr, der müht sich schon sehr, etwas herbeizureden, was in Wirklichkeit gar nicht da ist.
Die zweite klare Aussage: Der Digitalpakt Schule - so, wie er ausgehandelt wurde - ist ein Beleg für das Funktionieren des Bildungsföderalismus. Der Bund hat sich mit allen 16 Ländern auf den Digitalpakt Schule geeinigt. Wir könnten in dieser Woche über einen abgeschlossenen Digitalpakt Schule reden, wenn nicht der Bundestag kurz vor der Beschlussfassung mit einem Vorschlag zur Grundgesetzänderung um die Ecke gebogen wäre, über
den in den vergangenen zwei Jahren an keiner einzigen Stelle verhandelt worden ist. Wenn diese überflüssige Hürde nicht gewesen wäre, hätten wir jetzt einen abgeschlossenen Digitalpakt, bei gleichzeitigem Erhalt der Kultushoheit der Länder. Auch hier wird also einfach nur Nebel gemacht. In Wirklichkeit haben wir da gar kein Problem.
Abschließend sage ich Ihnen: Das Bildungssystem steht vor riesigen Herausforderungen: bei den Ganztagsschulen, bei der frühkindlichen Bildung, bei der inklusiven Bildung, beim Lernen mit digitalen Medien, bei der Schulsozialarbeit und vielem mehr.
Bei all dem ist eines völlig klar: Wenn wir diesen Herausforderungen begegnen wollen, brauchen wir mehr und nicht weniger Zusammenarbeit. Die Lösung wird darin liegen, dass alle Beteiligten im Sinne von gelingender Bildung, von guter Bildung vernünftig zusammenarbeiten.
Nachdem ich die Rede von Herrn Rykena hier gehört habe, kann ich nur feststellen: Die AfD lebt von der Angst, Angst vor Veränderung, Angst vor der Zukunft, Angst, dass irgendetwas heute anders sein könnte, als es gestern und vorgestern war. Ich sage Ihnen: Die Gesellschaft verändert sich permanent, und wir sind gut beraten, uns dieser Veränderung zu stellen, uns darauf einzulassen und nicht zu glauben, dass wir den Herausforderungen von heute und morgen mit den Rezepten von gestern begegnen können. Das wird nicht funktionieren.
Angst war schon immer der schlechteste politische Begleiter. Ich bin sehr dankbar, dass die vier anderen Fraktionen in diesem Landtag deutlich progressiver aufgestellt sind und sagen: Wir stellen uns den Herausforderungen, und das gemeinsam.