Frau Ministerin, ich stimme Ihnen zu, dass es für die Betroffenen und die Behörden oftmals schwer durchschaubare Zusammenhänge gab, vor allen Dingen weil der Mangelfacherlass immer wieder aktualisiert worden ist und es unterschiedliche Einstiegszeitpunkte bei den Mangelfächern gegeben hat. Häufig ging das nicht mit den Berufsbiografien zusammen.
Welche Instrumente entwickelt die Landesregierung jetzt, um auf dem Lehrerarbeitsmarkt, der immer enger werden wird und in dem das Land Nordrhein-Westfalen in Konkurrenz zu den anderen Bundesländern steht, zu bestehen, wenn es den Mangelfacherlass nicht mehr gibt?
Frau Beer, wir haben Ihnen vor einigen Monaten unser – in Anführungsstrichen – „Lehrergewinnungsprogramm“ vorgestellt. Eines davon ist möglicherweise gleich noch Thema dieser Fragestunde. Ich glaube, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben – unser Sechs-PunkteProgramm – ausreichen werden, Lehrerinnen und Lehrer für unser Land zu rekrutieren. Vergessen Sie bitte eines nicht: Wir haben den Beamtenstatus für unser Land erhalten. Das könnte dazu führen, dass Nordrhein-Westfalen in anderen Ländern als attraktives Land für den Lehrerberuf gesehen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere einmal an das, was die frühere Landesregierung – Stichwort: Bull-Kommission – vorhatte. Vor dem Hintergrund ist das, was diese Landesregierung tut, aus Sicht des Beamtenstatus sicherlich etwas Hervorragendes.
Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Grenze von 35 Jahren für die Verbeamtung nicht aus heiterem Himmel gekommen ist. Sie gilt für alle Landesbeamten und deshalb, wenn Mangelfächer wegfallen, natürlich auch für die Lehrer.
Das Fragebedürfnis ist ungebrochen. Nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Gödecke, SPD-Fraktion.
Frau Ministerin Sommer, unabhängig davon, wie Sie und wir als Politik eine Entscheidung, die Menschen getroffen haben, bewerten, müssen wir doch feststellen, dass der Mangelfacherlass für Menschen eine Entscheidungshilfe oder eine Entscheidungsgrundlage geboten hat, sich für den Lehrerberuf zu entscheiden, und zwar zu einem Zeitpunkt, als sie eben nicht gerade das Abitur gemacht haben, sondern später in ihrem Berufsleben. Deshalb wäre es doch sicherlich – die Frage haben wir ja auch schon im Schulausschuss erörtert – fair gewesen, denjenigen, die aufgrund des Mangelfacherlasses gegenwärtig in der Ausbildung sind, eine Art Bestandsschutz zu gewähren. Ich frage noch einmal, warum Sie das nicht getan haben.
Frau Gödecke, die Kolleginnen und Kollegen haben ein Anrecht nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ins Referendariat gehen. Das heißt, sie müssen immer damit rechnen, dass, gerade wenn es sich um einen Erlass handelt, dieser Erlass geändert wird. Das betrifft viele andere Sachverhalte auch. Man kann in dem Fall auf einen Bestandsschutz nicht Rücksicht nehmen.
Die letzte Aussage, Frau Ministerin Sommer, kann allerdings viele Menschen im Land besorgt machen. Denn darin wird eine
Nicht-Verlässlichkeit deutlich: Das, was heute gilt, ist morgen vielleicht nicht mehr für alle gültig. – Ich schicke das einfach einmal voraus.
Ich möchte der Deutlichkeit halber auch sagen, dass die rot-grüne Landesregierung den Bestandsschutz für alle verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer gesichert hatte, dass wir aber die Befristung bis 2007 deswegen hineingeschrieben haben, weil wir nicht sicher waren, wie sich die Debatte um die Föderalismusreform entwickeln würde. Die Befristung war hineingenommen worden, weil wir dann neu diskutieren wollten.
Ich habe eine Frage, die sich auf Aussagen des Ministerpräsidenten zu seinen Oppositionszeiten konzentriert. Als er Fraktionsvorsitzender der CDU war, hat er bessere Einstellungsbedingungen für Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen und die Anhebung der Altersgrenze bei der Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer gefordert. Sie machen jetzt genau das Gegenteil – ich denke, auch mit gravierenden Konsequenzen für die Lehrerversorgung in Nordrhein-Westfalen.
Warum stehen Sie nicht zu dem Wort, das der Ministerpräsident vor der Landtagswahl den Menschen im Lande gegeben hat?
Sehr geehrte Frau Schäfer, ich kann diesen Kontext nicht herstellen; ich kenne den Zusammenhang nicht. Ich will das aber gerne aufgreifen und es Ihnen schriftlich beantworten, wenn ich weiß, worauf Sie sich konkret beziehen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben eingangs darauf hingewiesen, dass es möglicherweise Einzelfalllösungen geben könnte. Ich kenne den Fall eines jungen Mannes, der in den großen Ferien 35 Jahre alt geworden ist, Quereinsteiger in Mathematik und Physik, der kleine Kinder hat. Gäbe es für ihn eine Einzelfalllösung? Könnten wir uns darüber unterhalten?
Auf jeden Fall. Ich habe ja auch schon Frau Schäfer angeboten, den von ihr zitierten Fall zu überprüfen. Das würde ich selbstverständlich bei Ihrem Fall auch tun.
Frau Ministerin, Sie haben eben aus dem Schreiben der Referendarinnen zitiert. Darin wird darauf verwiesen, dass einige der betroffenen Referendare gegen die Aufhebung des Erlasses rechtliche Schritte einleiten wollen. Haben Sie mittlerweile Daten darüber vorliegen, wie viele Verfahren anhängig sind?
Wenn diese Kolleginnen und Kollegen gut beraten sind – ich denke, es gibt in unserem Land gute Rechtsanwälte –, dann werden sie ein solches Verfahren nicht anstreben. Ich habe auch keinerlei Hinweise außer in diesem Brief, dass möglicherweise Kolleginnen und Kollegen das zu tun gedenken.
Frau Ministerin, Sie haben vorhin gesagt, der Erlass sei nicht stiekum als geheime Kommandosache abgeschafft worden, sondern er sei im Juni aufgehoben worden. Das sei anschließend sofort kommuniziert worden. Meinen Sie nicht, gerade weil es de jure keinen Bestandsschutz geben kann, dass es eine gute Geste gewesen wäre, wenn Sie den betroffenen Referendarinnen und Referendaren die Aufhebung des Erlasses mitgeteilt hätten?
Ich bin gerne bereit, mir in Härtefällen – das habe ich gerade schon in zwei Fällen zugesichert – die Unterlagen noch einmal genau anzusehen und gerade auf dem Hintergrund, Härten zu vermeiden, an Einzelfalllösungen zu denken.
Zu ihrer zweiten Zusatzfrage hat jetzt Frau Abgeordnete Beer, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Minister Linssen, Sie haben gerade aus der Sicht des Finanzministers zu der Debatte beigetragen. Die Frage, ob die Verbeamtung aller Aspirantinnen wirklich das Positivere für das Land Nordrhein-Westfalen wäre, ist ja noch eine andere Sache, auch angesichts der Pensionslasten, die im Einzelplan 05 in diesem Jahr ausgewiesen sind. Ich möchte Sie gerade unter diesem Aspekt etwas fragen.
Die Fragestellung hieß: Ist diese Landesregierung ein zuverlässiger Partner für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer? – Wie sieht es denn aus mit den Versprechungen, die ergangen sind, dass man demnächst in den Sommerferien durchbezahlt, dass die Betreffenden keine Auszeiten mehr haben und man sie nicht mehr zum Arbeitsamt schickt? Das betrifft gerade auch die Lehrerinnen und Lehrer, die neu eingestellt worden sind.
Frau Kollegin Beer, wir bleiben ein sehr zuverlässiger Partner. Dass Erlasse schon einmal verändert werden, ist etwas, was Sie auch schon gemacht haben. Ich erinnere mich an die Haushaltsdebatte 2004/2005. Was Sie da alles für obsolet erklärt haben, verbunden mit dem Versprechen, es im Jahr 2006 wieder einzurichten, will ich nicht alles aufrühren. Sie kennen das sicherlich genauso gut wie wir.
Wir bleiben also ein verlässlicher Partner. Mir liegt kein Antrag wegen der Durchbezahlung der Sommerferien vor. Sie wissen, wir haben budgetiert. Offensichtlich kommt das Ministerium mit dem Budget auch hin.
Der Herr Finanzminister würde mich jetzt zu mehreren Nachfragen zu diesem Thema verleiten. Das lassen wir aber.
Ich weiß, leider Gottes. – Mir geht es um den Bestandsschutz. Mir ist schon klar, dass jemand, der ein Studium im Vertrauen darauf aufnimmt, dass der Mangelfacherlass weiterhin gilt, keinen Bestandsschutz genießen kann. So weit reicht mein Verständnis auch.
Aber was ist mit denen, die im Referendariat angelangt und die also schon Beamte auf Widerruf sind – beispielsweise seit diesem Sommer? Was ist mit denen, die sich in einem Vorbeamtenverhältnis befinden und darauf vertraut haben, dass sich danach die Verbeamtung auf Probe bis zum 45. Lebensjahr aufgrund eines Mangelfacherlasses anschließt? Sie haben – zumindest aus meiner Sicht – darauf vertraut, als sie die staatliche Ausbildung begonnen haben. Was ist mit denen?
Es dreht sich im Moment um das Problem: Lehrer zu sein und Beamter zu werden beziehungsweise nicht Beamter zu werden. Ich weiß, dass ich eben sehr deutlich gemacht habe: Es kann doch im Falle der Berufswahl nicht darum gehen, ob ich dadurch Beamter werde. In erster Linie geht es darum: Werde ich Lehrerin und bekomme ich eine Anstellung?
Das ist doch in diesem Falle viel wichtiger. Auch Angestellte haben in unserem Land eine gesicherte Position.