Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben all diesen Einzelheiten will ich deutlich sagen: Brandund Katastrophenschutz geht alle an. Unabhängig von all diesen Dingen muss der Erhalt eines flächendeckenden Feuerwehrwesens unser Ziel bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Da sind alle gefordert. Da sind die Bürgermeister gefordert, und zwar auch persönlich, nicht nur die Feuerwehr. Da müssen wir auch über Fragestellungen reden, die es Frauen mehr als bisher ermöglichen, in den Feuerwehren tätig zu werden. Da muss vielleicht das eine oder andere ein bisschen anders ausgedrückt werden. Da müssen wir uns auch an diejenigen wenden, die aus dem Bereich derer kommen, die nicht in Deutschland geboren sind, und vieles andere mehr. Denn eines ist richtig: Mit rund 60.000 Mitgliedern ist die Feuerwehr die größte und leistungsfähigste Hilfsorganisation im Lande überhaupt,

(Beifall bei SPD und FDP)

nachts, im Winter, innerhalb einiger Minuten einsatzbereit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich das an der Stelle auch sagen, weil ich in den letzten Tagen viel Törichtes in der Presse zu dem Einsatz in Heiligendamm gelesen habe. Auch dort sind mehrere Hundert Vertreter des ehrenamtlichen Katastrophenschutzes und der Feuerwehren in Schleswig-Holstein im Einsatz. Die verdienen unsere Unterstützung und nicht törichte Vorschläge.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die arbeiten wirklich für dieses Gemeinwesen. Sie sind eigentlich die größte Bürgerinitiative, die wir haben. Wir sähen ganz alt aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sich dies ändern würde.

Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, wenn die Bundesregierung darüber nachdenkt, das Ehrenamt ein Stück stärker zu fördern in dem Sinne, dass man da nicht auch noch sein Geld mitbringen muss.

Lassen Sie mich als Letztes sagen, weil wir oft über Entwicklungen in unserer Marktwirtschaft reden: Auch an Unternehmen muss appelliert werden, dass sie den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren ihre Arbeit ermöglichen. Sie müssten es sonst viel teurer bezahlen, müssten mehr Steuern für eine wahrscheinlich schlechtere Feuerwehr zahlen als die, die wir haben. Auch dies will ich anlässlich der Beratung des Gesetzes hier deutlich sagen.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Minister und erteile das Wort für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Peter Lehnert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Brand- und Katastrophenschutz in Schleswig-Holstein basiert zu einem ganz überwiegenden Teil auf ehrenamtlichem Engagement. Seit über 130 Jahren sind die Freiwilligen Feuerwehren in SchleswigHolstein flächendeckend Garant für die Sicherheit und den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger. Dabei nehmen Menschen Gefahren in Kauf und opfern große Teile ihrer Freizeit bis hin zum nächtlichen Schlaf. Ohne das Ehrenamt müsste der Staat diese Leistungen mit Hilfe hauptamtlicher Kräfte erbringen. Ein Blick in die kreisfreien Städte lässt erahnen, welche Ausgaben auf uns zukämen, wenn wir überall im Lande Berufsfeuerwehren unterhal

(Minister Dr. Ralf Stegner)

ten müssten. Spätestens bei Naturkatastrophen wie starkem Sturm und Sturmfluten stoßen schon jetzt die hauptamtlichen Einsatzkräfte an ihre Grenzen und sind auf den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer angewiesen.

Ich habe großen Respekt vor diesen Männern und Frauen, die uns vorleben, wie eine Gesellschaft als Gemeinschaft funktionieren kann.

(Beifall bei der CDU)

Aber das erfordert nicht nur unsere Anerkennung, sondern auch unsere nachhaltige Unterschützung. Gerade bei dem Stichwort Klimawandel wird uns immer vor Augen geführt, wie groß die Bedeutung eines wirksamen Katastrophenschutzes ist. Deshalb müssen wir alles tun, um unseren Feuerwehrleuten die richtigen Rahmenbedingungen für ihre wichtige und auch gefährliche Arbeit zur Verfügung zu stellen.

In den vergangenen zehn Jahren sank die Zahl der Feuerwehrleute von rund 56.000 auf weniger als 49.000. Es muss uns daher ernsthaft Sorge machen, wenn inzwischen auch bei den Jugendfeuerwehren ein Mitgliederrückgang zu verzeichnen ist. Gerade deshalb schulden wir allen Jugendlichen in den Wehren und vor allen Dingen ihren Betreuerinnen und Betreuern für ihr vorbildliches Engagement Dank.

Außerdem ist der Anteil an Frauen und Ausländern in den Wehren noch zu gering. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der Landesfeuerwehrverband in diesem Bereich eigene Werbekampagnen anstößt. Seit wenigen Tagen gibt es - der Kollege Kubicki hält das hoch - eine, wie ich finde, sehr gut gemachte Kampagne, um auch Frauen gezielt anzusprechen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich finde das von der Aufmachung her wirklich hervorragend gemacht, und ich glaube, dass es dem Ziel, das wir alle gemeinsam erreichen wollen, dienlich ist.

Die Werbung neuer Mitglieder für die Feuerwehren können wir aber auch selber tatkräftig unterstützen, indem wir unsere Bürgerinnen und Bürger in unseren Wahlkreisen aktiv ansprechen. Wir müssen alles tun, um ein weiteres Absinken der Mitgliederzahlen bei den Wehren zu verhindern; denn weder eine Dienstverpflichtung noch eine berufsmäßige Wahrnehmung des Feuerwehrdienstes bieten einen angemessenen Ausweg. Es ist daher auch Aufgabe der Politik, dieses Ehrenamt zu fördern und aktiv zu gestalten.

Dazu gehört nicht nur eine angemessene Sachausstattung, sondern dazu gehören auch Rahmenbedingungen, damit Beruf und Ehrenamt besser vereinbar werden. Hierbei erfordert auch die jetzt von uns verabschiedete Verwaltungsstrukturreform im kreisangehörigen Bereich schnelles Handeln. Teilweise wird es Gemeindefeuerwehren mit mehr als zehn Ortswehren und 400 Mitgliedern geben und Amtswehren, denen mehr als 30 Feuerwehren angehören. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden deshalb mit dem Gesetz so angepasst, dass ein solches Gebilde überhaupt noch ehrenamtlich geführt werden kann. Daher wird die Zahl der Stellvertreter auf bis zu drei erhöht und die Möglichkeit zu Delegiertenversammlungen geschaffen.

In der Praxis ist gerade für Führungspersonal die Anhebung der Altersgrenze auf bis zu 67 Jahre wichtig. Für jede einzelne Einsatzkraft muss eine hinreichende Absicherung gewährleistet sein. Die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden müssen sicher sein können, dass sie bei Gefährdung ihrer Gesundheit und beim Einsatz von Leib und Leben zugunsten Dritter gut abgesichert sind. Dies erfolgt mit der notwendigen Klarstellung im Landeskatastrophenschutzgesetz.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger Baustein, um den Feuerwehren im Land die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Ich hoffe, dass wir die Ausschussberatungen dazu nutzen können, um in diesem Sinne weitere Fortschritte zu erzielen. Ich beantrage die Überweisung federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Thomas Hölck.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ehrenamtliche Engagement in den Freiwilligen Feuerwehren im Land bedarf einerseits Freiheit, um sich entfalten zu könnten, und andererseits benötigt der Brandschutz klare gesetzliche Grundlagen. Im Ernstfall unterscheidet der Bürger nicht, ob es sich um eine Freiwillige Feuerwehr oder eine Berufsfeuerwehr handelt. Mit dem Auslösen des Notrufs wird von den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr die gleiche Schnelligkeit, die gleiche Kompetenz und die gleiche Einsatzbereitschaft verlangt wie von den Kollegen der Berufsfeuerwehr. Es ist notwendig, mit der Gesetze

(Peter Lehnert)

sanpassung den Rahmen neu zu justieren, damit die Freiwilligen Feuerwehren ihrer Verantwortung auch in Zukunft gerecht werden können.

Ich will für die SPD-Landtagsfraktionen die Gesetzesnovellierung zum Anlass nehmen, den Kameradinnen und Kameraden in den Freiwilligen Feuerwehren und in den Katastrophenschutzorganisationen für ihre Einsatzbereitschaft im Land zu danken.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Freiwilligen Feuerwehren sind mit ihrer täglichen 24-stündigen Einsatzbereitschaft ein Garant für den Schutz und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Mit der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft auf der einen Seite und den Anforderungen an eine flexible Arbeitsbereitschaft mit Arbeitsverdichtung und Angst um den Arbeitsplatz auf der anderen Seite ist das Ehrenamt einem ständigen Interessenskonflikt ausgesetzt. Die Gesetzesänderung reagiert konstruktiv auf diesen Konflikt.

Die durch die Verwaltungsstrukturreform entstandenen, größeren Verwaltungseinheiten mit teilweise mehr als 30 Freiwilligen Feuerwehren in einem Amtsbezirk erhalten eine neue Führungsstruktur, die auf Amts- und Kreisebene zukünftig auch noch von ehrenamtlich Tätigen auszuüben sein wird.

Die Anforderungen an die technische Ausstattung der Wehren sind in der Vergangenheit stetig gewachsen. Damit verbunden ist gerade bei speziellen Einsatzsituationen die körperliche Belastung der Einsatzkräfte gestiegen. Der Gesetzentwurf reagiert insbesondere auf zunehmende Stresssituationen im Einsatzgeschehen mit einer verbesserten sozialen Absicherung. Künftig bezieht sich der Freistellungsanspruch nicht nur auf den Einsatz, sondern auch auf einen angemessenen Zeitraum danach. Somit werden wichtige und notwendige Erholungszeiten sozial abgesichert.

(Beifall bei der SPD)

Die Freiwilligen Feuerwehren haben seit 1996 15 % ihrer Mitglieder in den Einsatzabteilungen verloren. Die zunehmend einseitige Altersstruktur ist hinsichtlich der Einsatzbereitschaft, insbesondere auch auf dem Land, von wesentlicher Bedeutung. Der Anspruch der Arbeitswelt an Flexibilität und Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - verbunden mit einem häufigeren Arbeitsplatzwechsel - führt viele Wehren gerade in der Fläche am Tag an den Rand ihrer Einsatzbereitschaft.

Auch der Wandel in der Landwirtschaft hat zur Folge, dass immer weniger Menschen in der Freiwilli

gen Feuerwehr mitwirken, die tagsüber der Einsatzbereitschaft zur Verfügung gestanden hätten.

Um eine flächendeckende Präsenz der Freiwilligen Feuerwehr im ganzen Land aufrechtzuerhalten, ist es notwendig, die Jugendfeuerwehren verstärkt in den Mittelpunkt der kommunalen Selbstverwaltung zu stellen. Das neue Brandschutzgesetz leistet seinen Beitrag für die jugendlichen Mitglieder, indem das Jugendarbeitsschutzgesetz als anwendbar erklärt wird. Weiterhin wird die Pflicht zur Teilnahme am Einsatz- und Ausführungsdienst neu geregelt. Gleiches gilt für werdende Mütter, für die die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes Anwendung finden. Damit wird eine wichtige Grundlage geschaffen, damit sich junge Frauen nach der Jugendfeuerwehrzeit beziehungsweise in der Ausbildungszeit in der Feuerwehr nicht aus den Einsatzabteilungen der Wehren zurückziehen. Die Freiwillige Feuerwehr als letzte Männerbastion wird der Vergangenheit angehören.

(Günther Hildebrand [FDP]: Das ist schon Vergangenheit!)

Darüber hinaus kann die verstärkte Aufnahme von Menschen mit Migrationshintergrund in die Freiwilligen Feuerwehren eine sinnvolle Ergänzung der Mitglieder sein und gleichzeitig eine wichtige Integrationsfunktion wahrnehmen.

Hervorheben will ich auch die verbesserte soziale Absicherung der Katastrophenschützer. § 13 des Katastrophenschutzgesetzes regelt eine Angleichung an das Brandschutzgesetz im Hinblick auf die soziale Sicherung der im Katastrophenschutz tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Arbeitgeber. Die Gleichbehandlung ist in der Zukunft eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Vielzahl der in diesem Bereich tätigen Menschen nicht demotiviert wird und die Hilfsorganisation verlassen.

Allerdings ist es für den Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall notwendig, dass der Bund im Rahmen seiner Neuorientierung auf diesem Gebiet keine Absenkung des Schutzniveaus zulässt. Der flächendeckende Bevölkerungsschutz muss wesentlicher Eckpfeiler für den Schutz der Menschen zwischen den Meeren bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Freiwilligen Feuerwehren sind eine der ältesten und erfolgreichsten Bürgerinitiativen in diesem Land. Daher haben sie Anspruch auf eine konstruktive Beratung im Innen- und Rechtsausschuss, auf die ich mich freue und die ich hiermit beantrage.

(Thomas Hölck)

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Tagesordnungspunkt gibt uns die Gelegenheit, etwas Grundsätzliches über die Feuerwehr zu sagen, da die einzelnen Vorschläge, die im Gesetzentwurf stehen, sehr unkritisch sind und möglicherweise nicht so lang und intensiv diskutiert werden müssen; sie sind von sich heraus zu rechtfertigen.

Lassen Sie mich deshalb trotzdem kurz mit einem Dank an die Frauen und Männer beginnen, die sich im Katastrophenschutz und in der Feuerwehr für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen. Sie sind immer da, wenn die Bürger sie rufen, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und sie helfen nahezu aus allen Notsituationen. Da aber insbesondere die Regelungen im Katastrophenschutzgesetz nicht ganz so spektakulär sind, will ich jetzt noch auf einige andere Dinge eingehen.