Protokoll der Sitzung vom 19.06.2015

Das Wort hat der Abgeordneten Uli König.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister: Lehnt die Landesregierung den Gesetzentwurf ab, und wenn ja, aus welchen Gründen?

Ja, die Landesregierung lehnt den Gesetzentwurf ab. Zur Begründung verweise ich auf den Koalitionsvertrag unserer Koalitionsfraktionen. Ich glaube, den Wortlaut brauche ich hier nicht zu wiederholen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten König.

Herr Minister, hat die Landesregierung Ihre Ablehnung öffentlich zum Ausdruck gebracht, als die Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung vorgestellt, der Gesetzentwurf vorgelegt oder in erster Lesung im Bundestag behandelt wurden?

Wir haben unsere Haltung zum Ausdruck gebracht. Wir haben zuletzt im Bundesrat eine Protokollerklärung mit ablehnender Formulierung eingebracht. Die kann ich Ihnen gern vorlesen, wenn Sie Wert darauf legen. Ansonsten verweise ich auf das Protokoll des Bundesrates.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einer weiteren Frage zu diesem Komplex hat der Abgeordnete Dr. Breyer.

Herr Minister, die Protokollerklärung ist natürlich bekannt. Die Frage war, ob Sie die Ablehnung öffentlich zum Ausdruck gebracht haben, als die Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung vorgestellt oder der Gesetzentwurf vorgelegt wurde, das heißt, als eigentlich die öffentliche Debatte darüber lief.

(Zuruf SPD: Was ist denn das?)

Ja.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Fragekomplex sehe ich nicht.

Damit rufe ich auf:

Fragestunde Frage 3

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgang Dudda.

Ich frage: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten geplante Vorratsdatenspeicherung in umfassender Weise alle Personen treffen soll, die elektronische Kommunikationsdienste nutzen, selbst wenn bei ihnen keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, dass ihr Verhalten in einem auch nur mittelbaren oder entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen könnte?

Ja.

Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dudda.

Stimmt es, dass selbst Kontakte von und zu Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälten, Ärzten und

Psychotherapeuten, geistigen Seelsorgern und Abgeordneten erfasst werden?

Nach dem Entwurf ja.

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Danke!)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Fragekomplex sehe ich nicht. Ich rufe jetzt auf:

Fragestunde Frage 4

Das Wort hat die Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Minister, teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf geplante Vorratsdatenspeicherung weder auf die Daten eines bestimmten Zeitraums und/oder eines bestimmten geografischen Gebiets und/oder eines bestimmten Personenkreises, der in irgendeiner Weise in eine schwere Straftat verwickelt sein könnte, noch auf Personen, deren auf Vorrat gespeicherte Daten aus anderen Gründen zur Verhütung, Feststellung oder Verfolgung schwerer Straftaten beitragen könnten, beschränkt ist?

Ja.

Gibt es eine Zusatzfrage? - Das ist der Fall. - Bitte, Frau Abgeordnete.

Trifft es also zu, dass die Vorratsdatenspeicherung fast ausschließlich unbescholtene Bürger betrifft?

Ja.

(Angelika Beer [PIRATEN]: Danke schön!)

Ich sehe, weitere Fragen zu diesem Komplex gibt es nicht. Somit rufe ich auf:

Fragestunde Frage 5

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer.

Herr Minister, nach Artikel 15 der EG-Richtlinie 2002/58, der sogenannten E-Privacy-Richtlinie, dürfen EU-Mitgliedstaaten von der Pflicht zur frühestmöglichen Löschung von Telekommunikationsverbindungsdaten nur abweichen, wenn dies in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig ist. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten geplante anlass- und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung unverhältnismäßig im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und damit europarechtswidrig ist?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, diese Frage stellt sich für die Landesregierung nicht. Unabhängig von dieser Beurteilung lehnt die Landesregierung diesen Gesetzentwurf ab.

Eine Zusatzfrag des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer. - Bitte.

Herr Minister, dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs - wir haben in unseren Fragen Passagen daraus zitiert - wird unterschiedlich gelesen, von den einen so, dass die Bedingungen in diesem Urteil quasi alle erfüllt werden müssen, um ein verhältnismäßiges Gesetz zu machen, von den anderen so, dass es sozusagen ausreicht, eine der Bedingungen zu erfüllen, und dann sei das Urteil quasi nicht mehr anwendbar. Wie ist Ihre Auffassung dazu? Müssen alle Bedingungen erfüllt sein?

Ich kann mich nur wiederholen: Diese Fragen stellen sich für die Landesregierung nicht. Wir lehnen den Gesetzentwurf - unabhängig von der Beantwortung dieser Frage - ab.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich sehe, weitere Fragen zu diesem Komplex gibt es nicht. Ich rufe nun auf:

Fragestunde Frage 6

Herr Abgeordneter Torge Schmidt hat das Wort.

Herr Minister, welche konkreten Schritte beabsichtigt die Landesregierung, um die Einführung einer anlass- und verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene zu verhindern, wie es der Landtag zuletzt mit Beschluss vom 19. März 2015 gefordert hat?

Wie bisher wird sich die Landesregierung im Bundesrat und in den Fachkonferenzen, Innenministerkonferenz, Justizministerkonferenz, gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung wenden. So haben wir dies - das habe ich bereits betont - auch im aktuellen Bundesratsverfahren in einer Protokollerklärung deutlich zum Ausdruck gebracht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Torge Schmidt. - Bitte schön.

Der Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um eine Vorratsdatenspeicherung zu verhindern. Als Ministerpräsident Albig die Eckpunkte der Bundesregierung zur EG-Novelle ablehnte, hat er diese öffentlich als unsinnig kritisiert, ein Positionspapier erarbeitet und später zusammen mit Ministerpräsi

denten aus vier weiteren Bundesländern einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst. Welche dieser Möglichkeiten - öffentliche Kritik, Positionspapier, offener Brief - will die Landesregierung im Fall der Vorratsdatenspeicherung nutzen, um alles in ihrer Macht stehende gegen die Pläne zu unternehmen?