Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister: Lehnt die Landesregierung den Gesetzentwurf ab, und wenn ja, aus welchen Gründen?
Ja, die Landesregierung lehnt den Gesetzentwurf ab. Zur Begründung verweise ich auf den Koalitionsvertrag unserer Koalitionsfraktionen. Ich glaube, den Wortlaut brauche ich hier nicht zu wiederholen.
Herr Minister, hat die Landesregierung Ihre Ablehnung öffentlich zum Ausdruck gebracht, als die Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung vorgestellt, der Gesetzentwurf vorgelegt oder in erster Lesung im Bundestag behandelt wurden?
Wir haben unsere Haltung zum Ausdruck gebracht. Wir haben zuletzt im Bundesrat eine Protokollerklärung mit ablehnender Formulierung eingebracht. Die kann ich Ihnen gern vorlesen, wenn Sie Wert darauf legen. Ansonsten verweise ich auf das Protokoll des Bundesrates.
Herr Minister, die Protokollerklärung ist natürlich bekannt. Die Frage war, ob Sie die Ablehnung öffentlich zum Ausdruck gebracht haben, als die Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung vorgestellt oder der Gesetzentwurf vorgelegt wurde, das heißt, als eigentlich die öffentliche Debatte darüber lief.
Ich frage: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten geplante Vorratsdatenspeicherung in umfassender Weise alle Personen treffen soll, die elektronische Kommunikationsdienste nutzen, selbst wenn bei ihnen keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, dass ihr Verhalten in einem auch nur mittelbaren oder entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen könnte?
Herr Minister, teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf geplante Vorratsdatenspeicherung weder auf die Daten eines bestimmten Zeitraums und/oder eines bestimmten geografischen Gebiets und/oder eines bestimmten Personenkreises, der in irgendeiner Weise in eine schwere Straftat verwickelt sein könnte, noch auf Personen, deren auf Vorrat gespeicherte Daten aus anderen Gründen zur Verhütung, Feststellung oder Verfolgung schwerer Straftaten beitragen könnten, beschränkt ist?
Trifft es also zu, dass die Vorratsdatenspeicherung fast ausschließlich unbescholtene Bürger betrifft?
Herr Minister, nach Artikel 15 der EG-Richtlinie 2002/58, der sogenannten E-Privacy-Richtlinie, dürfen EU-Mitgliedstaaten von der Pflicht zur frühestmöglichen Löschung von Telekommunikationsverbindungsdaten nur abweichen, wenn dies in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig ist. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nach dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten geplante anlass- und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung unverhältnismäßig im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und damit europarechtswidrig ist?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, diese Frage stellt sich für die Landesregierung nicht. Unabhängig von dieser Beurteilung lehnt die Landesregierung diesen Gesetzentwurf ab.
Herr Minister, dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs - wir haben in unseren Fragen Passagen daraus zitiert - wird unterschiedlich gelesen, von den einen so, dass die Bedingungen in diesem Urteil quasi alle erfüllt werden müssen, um ein verhältnismäßiges Gesetz zu machen, von den anderen so, dass es sozusagen ausreicht, eine der Bedingungen zu erfüllen, und dann sei das Urteil quasi nicht mehr anwendbar. Wie ist Ihre Auffassung dazu? Müssen alle Bedingungen erfüllt sein?
Ich kann mich nur wiederholen: Diese Fragen stellen sich für die Landesregierung nicht. Wir lehnen den Gesetzentwurf - unabhängig von der Beantwortung dieser Frage - ab.
Herr Minister, welche konkreten Schritte beabsichtigt die Landesregierung, um die Einführung einer anlass- und verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene zu verhindern, wie es der Landtag zuletzt mit Beschluss vom 19. März 2015 gefordert hat?
Wie bisher wird sich die Landesregierung im Bundesrat und in den Fachkonferenzen, Innenministerkonferenz, Justizministerkonferenz, gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung wenden. So haben wir dies - das habe ich bereits betont - auch im aktuellen Bundesratsverfahren in einer Protokollerklärung deutlich zum Ausdruck gebracht.
Der Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um eine Vorratsdatenspeicherung zu verhindern. Als Ministerpräsident Albig die Eckpunkte der Bundesregierung zur EG-Novelle ablehnte, hat er diese öffentlich als unsinnig kritisiert, ein Positionspapier erarbeitet und später zusammen mit Ministerpräsi
denten aus vier weiteren Bundesländern einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst. Welche dieser Möglichkeiten - öffentliche Kritik, Positionspapier, offener Brief - will die Landesregierung im Fall der Vorratsdatenspeicherung nutzen, um alles in ihrer Macht stehende gegen die Pläne zu unternehmen?