Protokoll der Sitzung vom 19.06.2015

Herr Kollege, ich habe heute schon das „Hamburger Abendblatt“ gelesen, und ich empfehle dem Kollegen Klug, nicht nur die Überschrift, sondern auch den ganzen Artikel zu lesen. Dann relativiert sich die Überschrift sehr deutlich. Es steht dort nichts davon, dass die Grünen zustimmen. Manchmal schreibt auch einer den Artikel und ein anderer macht die Überschrift, ohne gelesen zu haben, was in dem Artikel steht. - Danke schön.

(Zuruf FDP: Das glaube ich aber nicht! - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Der grüne Um- weltminister hat zugestimmt!)

Bevor wir jetzt alle weiterhin das „Hamburger Abendblatt“ analysieren, würde ich meinen, wir lassen den Kollegen Voß weiterreden.

Vielleicht einen letzten Satz. Es geht bei diesen Abkommen auch um Dinge wie regulatorische Kooperation, dass wir also nicht mehr den demokratischen Entscheidungsprozess haben bei neuen Vorhaben, wie wir sie jetzt innerhalb eines demokratischen Gebildes wie der Kommune oder Europas haben. Deswegen sage ich ganz bewusst: Ich baue mir meine Welt nicht mit Investoren - Staatsschiedsgerichten, wie sie im Moment geplant sind, sondern man kann Alternativvorschläge machen. Entscheidend wird am Schluss für uns bei der Zustimmung oder der Ablehnung sein, was wirklich darin steht. Wir werden keinem Staatsstreich durch die Hintertür - der deutet sich hier an - zustimmen. Da können Sie sicher sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort zu einem letzten Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch an meinem Redebeitrag ist der Kollege Dr. Klug schuld. Nichtsdestotrotz geht es um das Thema TTIP. Fakt ist, Herr Kollege Voß, dass sich die Wirtschaftsminister einschließlich des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministers einstimmig für Freihandelsabkommen wie TTIP ausgesprochen haben.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Darüber kommen Sie nicht hinweg. Das ist eine Katastrophe.

Ich will Ihnen auch erklären, warum, Herr Dr. Klug. Es geht gar nicht darum, ob das Schutzniveau höher oder tiefer ist. Die Frage ist: Wer entscheidet eigentlich über das Schutzniveau? Kann es sein, dass wir über Verbraucherschutz, über Gesundheitsschutz, über Datenschutz nicht mehr hier im Parlament entscheiden, sondern das in irgendwelchen Geheimverhandlungen ausgehandelt wird? Da sagen wir PIRATEN ganz klar: Nein, das kann nicht richtig sein.

(Beifall PIRATEN)

In einer Demokratie sind diese Fragen so wichtig und entscheidend, dass sie transparent und im Parlament von gewählten Volksvertretern ausgehandelt werden müssen und nicht in Hinterzimmern unter Beteiligung von Lobbyisten in intransparenten Verhandlungen.

(Beifall PIRATEN)

Deswegen ist es völlig egal, welcher Schutzstandard dort drinsteht. Das Verfahren ist überhaupt ungeeignet. TTIP ist auch kein Freihandelsabkommen im herkömmlichen Sinn, sondern darin stehen ganz andere Dinge, die mit freiem Handel gar nichts zu tun haben. Ich sage, es ist keine Einschränkung des Handels, wenn ich die Gesundheit schütze, wenn ich die Verbraucher schütze. Auch der Datenschutz und all das dürfen nicht als Einschränkung des freien Handels diffamiert werden. Hier geht es um den Schutz von Menschen, der Gesundheit und unserer Umwelt. Darüber müssen auch künftig die Parlamente und unsere Gerichte entscheiden und nicht irgendwelche internationalen Geheimgremien. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2976 federführend dem Europaausschuss, mitberatend allen anderen Ausschüssen zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Energiewende und Klimaschutz in SchleswigHolstein - Ziele, Maßnahmen und Monitoring 2015

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3074

Ich erteile dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Dr. Robert Habeck, das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die meisten von uns werden mitbe

kommen haben, dass die führenden Industrienationen auf dem G-7-Gipfel in Elmau der Ausstieg aus der fossilen Energienutzung noch einmal bekräftigt haben. Dies ist begrüßenswert. Ob dies auch eingelöst wird, werden wir in Deutschland, vermutlich in diesem Jahr, beobachten können. Vor allem werden wir im Herbst dieses Jahres in Paris sehen können, ob die Industrienationen tatsächlich ihren Beitrag dazu leisten, um dies in internationale Vereinbarungen zu überführen.

Wenn Deutschland das nicht leistet, kann man das in unserem Klima- und Energiewendebericht nachlesen. Ein Blick auf Deutschland zeigt, dass die Bundesregierung derzeit nicht im Begriff ist, das einzulösen, was Frau Merkel vereinbart hat.

(Unruhe)

- Ich weiß nicht, wen es interessiert. Mich interessiert es. - Das war einmal ein wichtiger Bericht. Wir waren einmal Vorreiterland für die Energiewende. - Ich rede einfach weiter.

Herr Minister, einen Moment, bitte! - Ich kann verstehen, dass, je weiter wir in der Zeit voranschreiten, das Bedürfnis, miteinander zu reden, größer wird. Aber wenn der Minister einen Bericht abgibt, sollten wir die gemeinsamen Gespräche ein wenig zurückschrauben. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Deutschland verfehlt die Klimaschutzziele nach den derzeit vorliegenden Daten um 5 bis 8 Prozentpunkte. 40 % bis 2020 sollten es sein. 5 bis 8 Prozentpunkte sind eine Menge Holz. Bedauerlicherweise ist SchleswigHolstein aber auch nicht wirklich besser. Sie können das in dem Bericht auf Seite 74 fortfolgende nachlesen.

Wir sind gut darin, die CO2-Emissionen zu senken, und zwar besser als der Bund. Wir haben den CO2Ausstoß schon um 25 % gesenkt. Wir sind schlecht in den Bereichen Stickstoff und Methan. Das ist neu dargestellt worden. Die Gesamtsumme zeigt eben, dass wir hier im Korridor der Bundesrepublik liegen. Das ist erklärbar, wenngleich sich damit erneut eine Aufgabe für die Landesregierung und für uns alle stellt. Der Stickstoffdioxidausstoß ist in den Bereichen Verkehr, Industrie und Feuerungsanlagen reduziert worden, aber er ist im Bereich der

(Dr. Patrick Breyer)

Landwirtschaft, vor allem durch die Düngemittelproduktion, angestiegen. Wir sind ein hoch agrarintensives Land. Diese Debatte haben wir ja heute Morgen geführt. Die Konsequenz im Klimaschutzbereich ist, dass uns die Landwirtschaft nicht hilft, unsere Kennzahlen einzuhalten. Entweder müssen wir im CO2-Bereich besser werden, oder - das wäre meine Forderung - wir müssen auch verstärkte Anstrengungen zum Klimaschutz im Bereich der Landwirtschaft unternehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Gleiche gilt auch für die Bereiche Wärme und Verkehr. Interessant ist, dass der Methanausstoß in Schleswig-Holstein zugenommen hat. Das liegt vor allem an der Ausweitung der Ölförderung. Von 2000 bis 2014 hat sich die Ölförderung - das ist die Mittelplate - verdoppelt. Entsprechend sind zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre gelangt.

Der Energiewendebericht ist ein interessantes Kompendium für alle, die sich mit diesen relevanten Fragen beschäftigen wollen, er zeigt allerdings auch den Fortschritt im Netzausbau auf. Wissen Sie, dass wir inzwischen in die Umsetzungsphase eingetreten sind? An der Westküste wird gebaut, und auch die Dialogveranstaltungen in Ostholstein gingen gut voran und zeigten, dass wir hier in einer anderen politischen Kultur miteinander umgehen können und arbeiten, mit einer kritischen, gleichwohl konstruktiveren als in anderen Teilen der Republik. Die Energiewende hat beim Ausbau der erneuerbaren Energien - das ist auch schon besprochen worden - einen Zuwachs von 1,1 GW allein im Bereich Wind Onshore, also quasi ein Atomkraftwerk durch erneuerbare Energien, gebracht. Das sind durchaus beachtliche Zahlen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW und vereinzelt SPD)

So wird es weitergehen.

Wenn ich sage, es werde so weitergehen, dann möchte ich darauf hinweisen, dass es exakt so gar nicht weitergehen sollte; denn der rasante Zubau hat die Verwaltung, die Bürger, die Betreiberfirmen, die Logistik durchaus vor große Herausforderungen gestellt. Es ist nicht klug, immer Zielmargen zu setzen. Dann gibt es den schnellen Ausbau, dann bricht das wieder ab, und drei Jahre später beschließt die Politik neue Kennzahlen. Vielmehr stehen wir vor der Aufgabe - ich werde mich ihr vollumfänglich stellen -, einen kontinuierlichen, stetigen Zubau in Schleswig-Holstein zu organisieren.

Das ist die Aufgabe, die nach Klageverfahren, Gesetzentwurf und Erlass vor uns liegt. Wir werden uns dem stellen. Der Energiewendebericht wird dies fortschreiben.

Die zweite große Aufgabe ist die Überführung der Energiewende in den Industrie-, Verkehrs- und den Wärmesektor. Über Wärme habe ich das letzte Mal umfänglich berichtet. Ich weise darauf hin, dass im Zusammenspiel mit dem Wirtschaftsministerium der Stadt Hamburg und Wirtschaftsunternehmen das Projekt „New 4.0“ als Förderkulisse für den Bund aufgestellt wurde. Dabei geht es darum, 40 Millionen € Bundesgelder für den Unterelberaum als Clusterregion Energiewende und das Eindringen der Energiewende in die Industrie und in die Wärmeversorgung bereitzustellen. Dies ist ein gigantisches Projekt. Ich hoffe sehr, dass es erfolgreich sein wird. Dann könnte Schleswig-Holstein seine Vorreiterrolle als Energiewendeland auch in den neuen Sektoren voranbringen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Olaf Schulze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland hat sich das Klimaschutzziel gesetzt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 40 % zu senken, und vertritt dieses Ziel auch weiterhin. Das Jahr 2020 rückt näher, und es wird langsam klar: Dieses Ziel ist bundesweit nur noch zu erreichen, wenn wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen.

In Schleswig-Holstein stehen wir zwar aufgrund unserer engagierten Umsetzung der Energiewende besser da, müssen uns aber auch noch anstrengen, um das Klimaschutzziel zu erreichen. Dies zeigen die aktuellen Daten des Energiewende- und Klimaschutzberichts. Der Herr Minister hat dies gerade ausgeführt.

Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung für die Erarbeitung des Berichts herzlich bedanken.

(Beifall SPD und Oliver Kumbartzky [FDP])

Der Bericht zeigt auch, dass wir in Schleswig-Holstein in den Bereichen Wärme, Verkehr und vor al

(Minister Dr. Robert Habeck)

lem auch der Entwicklung von Speichern noch Potenzial haben.

Das Ziel, bis 2025 einen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in Schleswig-Holstein von mindestens 300 % zu erreichen, wird aufrechterhalten. Hierbei wird die Windkraft einen großen Anteil abdecken. Eine rechnerische Vollversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien werden wir bereits sehr viel früher erreichen. Das ist eine gute Nachricht!

(Beifall Sandra Redmann [SPD])