Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dunckel, Sie haben mich jetzt gerade mit einer Anmerkung dazu gebracht, mich noch einmal zu Wort zu melden.
Bevor ich dem Schleswig-Holsteinischen Landtag, diesem Hohen Haus, angehört habe, habe ich über 20 Jahre im Wesentlichen im Homeoffice als Mobile Worker gearbeitet. Genau das, was Sie gesagt haben, Arbeit am Küchentisch, ist jetzt nicht die richtige Frage. Die Erfahrung zeigt doch, dass jeder seinen individuellen Arbeitsplatz und sich selbst seine Komfortzone geschaffen hat, wie er langfristig im Homeoffice oder in einer mobilen Umgebung arbeiten kann. Das bedeutet also, wir müssen genau das schaffen: Wir müssen eine Individualisierung des Arbeitsschutzrechts hinbekommen und nicht Regelungen aufbauen, die das Homeoffice de facto unmöglich machen.
Ich bin ganz ehrlich: Ich arbeite wahnsinnig gern an meinem Küchentisch. Das macht Spaß, da ist der Platz da, da kann ich vernünftig arbeiten. Andere sagen: Nein, das geht nicht, da laufen die Kinder oder die Katze herum.
Wir sind also in der Phase, dass wir uns darauf einschießen müssen, individuelle Arbeitsplätze, eine individuelle Arbeitsplatzgestaltung und eben nicht nur starre Regelungen zu schaffen. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Das ist übrigens auch eines der ganz entscheidenden Probleme. Deshalb ist es gut, dass wir dieses Thema im Ausschuss weiter behandeln werden.
Das wird im Ausschuss sicherlich sehr spannend werden. Ein Punkt ist mir aber wichtig: Es macht einen Unterschied, ob Sie als Selbstständiger zu Hause arbeiten, oder ob der Arbeitgeber Sie häuslich arbeiten lässt. In dem Fall ist nämlich der Arbeitgeber für den Arbeits- und Gesundheitsschutz auch an diesem Arbeitsplatz zuständig.
- Herr Kollege Dunckel, das macht gar keinen Unterschied, denn ich bin ja als Selbstständiger mein eigener Arbeitgeber. Ich bin auch als Selbstständiger interessiert daran, dass es mir gut geht, dass meine Gesundheit geschützt ist, dass meine Arbeit effektiv und effizient ist. Aus diesem Grund gibt es überhaupt keinen großen Unterschied. Jeder, der zu Hause arbeitet, egal unter welchem rechtlichen Status, hat das Recht darauf und dafür zu sorgen, dass er einen vernünftigen Arbeitsplatz hat, an dem er gesund bleibt.
Deshalb mein Plädoyer: Sorgen wir für eine Individualisierung des Arbeitsrechts und des Arbeitsschutzrechtes. Das wird schwierig, aber jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse, und, Herr Dunckel, genau diese unterschiedlichen Bedürfnisse können Sie nicht in detaillierte Regelungen fassen. Ich freue mich sehr auf den Ausschuss und hoffe, dort ein bisschen mit meinen Erfahrungen zu den Beratungen beitragen zu können. - Danke.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, diese Debatte zum Homeoffice oder zum mobilen Arbeiten hat zwei Aspekte. Deshalb ist unser Antrag gerade jetzt in der Pandemie der richtige Antrag. Ich finde es gut, dass unser Antrag hoffentlich die komplette Zustimmung des Hauses erfährt und dass wir später im Finanzausschuss und im Sozialausschuss über mobiles Arbeiten reden werden. Das ist die Zukunft.
Ich kann von meinem ältesten Sohn berichten. Als die Pandemie ausbrach, nahm er seinen Esszimmertisch, um dort mobiles Arbeiten für sich zu installieren. Er hat zwei kleine Kinder und hat dann erfahren, wie man zu Hause arbeiten kann. Das ging alles online. Lieber Kollege Lars Harms, ich will sagen: Das waren die Helden. Sie haben die Räder am Laufen gehalten, denn ohne dieses mobile Arbeiten würden wir heute ganz anders dastehen.
Seit zwei Jahren ist mein Mann zu Hause, der dort mobil arbeitet. Stephan Holowaty, es ist richtig, auch der wechselt seinen Arbeitsplatz manchmal und geht an den Küchentisch, um einen Tapetenwechsel zu haben. Ich glaube, es ist unendlich wichtig, dass wir auch über die soziale Situation sprechen, wenn man stets und ständig im Homeoffice ist, denn dann fehlt der Kontakt zu Mitarbeitern und Arbeitskollegen. Deshalb sind Coffee-Points oder auch Town-Hall-Meetings unendlich wichtig, damit man Kontakt hat.
Das heißt, wir müssen klare Regeln mit Arbeitsschutz haben. Wir müssen das auch finanziell abgelten können, denn es kann nicht angehen, dass Arbeitgeber meinen: Die arbeiten jetzt alle zu Hause, ich muss mich nicht darum kümmern. Ich glaube, auch im Arbeitsstättengesetz müsste die Frage geklärt sein: Was passiert eigentlich, wenn ich während meines Homeoffice zur Toilette gehe oder in die Küche, um mir einen Kaffee zu holen, dabei ausrutsche und mir das Bein breche. Ist das dann ein Arbeitsunfall? - Ich glaube, es gibt unendlich viele Dinge, über die wir im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz von morgen diskutieren müssen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich in Malente beim BiZ bin, bei den Steuer- und Finanzamtanwärterinnen und -anwärtern, und ihnen schmackhaft machen will, was in den nächsten Jahren auf sie zukommen wird, dann sage ich immer: Seien Sie sich gewiss, jede gesellschaftliche Debatte kommt irgendwann im Steuerrecht und damit bei Ihnen an.
So ist es auch hier wieder. Alle diskutieren über das Homeoffice. Natürlich diskutieren wir in dem Zusammenhang über die Arbeitsstättenverordnung und über das Steuerrecht. Sie haben ja beschrieben, mit welcher Wucht plötzlich viele Menschen in unserem Land mitten im Homeoffice waren und wie auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber damit konfrontiert waren, mit dieser Situation umzugehen. Einige haben festgestellt: Das Homeoffice ist gar nichts für mich, schnell wieder ins Büro. Andere haben aber festgestellt - und das sind viele -, dass das Homeoffice eine ganz spannende Alternative für sie sein kann, zumindest zeitweise beziehungsweise tageweise. Auch das ist hier heute schon diskutiert worden.
Deshalb sehen wir, dass wir mitten in einem gesellschaftlichen Wandel sind und dass das Thema mit der Frage, wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus, ein Zukunftsthema ist. Deshalb ist es auch richtig, dass wir darüber miteinander diskutieren. Dabei müssen wir natürlich die Gesamtsituation im Arbeitsalltag, am Arbeitsplatz und bei der Definition, was ein Arbeitsplatz ist, betrachten. Wir müssen aber auch die Gesamtsituation im Steuerrecht betrachten. Auf der einen Seite: Ja, wenn ich im Winter zu Hause und nicht im Büro bin, dann habe ich wahrscheinlich meine Wohnung ein bisschen wärmer und höhere Heiz- und Stromkosten. Auf der anderen Seite spare ich dann in der Regel Fahrkosten, und die Fahrkosten sind in der Gesamtheit höher als das, was ich durch die Steuer erstattet bekomme. So muss man sich alles in der Komplexität anschauen.
Herr Plambeck hat sehr deutlich geschildert, wie das mit dem im Steuerrecht beschriebenen Arbeitsplatz ist. Ich will das nicht wiederholen. Ein bisschen verkürzt gesagt: Wer sich für ein Tiny-House entscheidet, wird nie die Möglichkeit haben, ein Arbeitszimmer abzusetzen. Deshalb ist es richtig,
dass wir die Definition und die Regelungen sowohl im Steuerrecht als auch im Bereich der Arbeitsstättenverordnung, des Arbeitsrechts genau anschauen, um zu prüfen: Gibt es eigentlich einen Handlungsbedarf? Wo gibt es Handlungsbedarf? Wie sollte er aussehen?
Nun wird es Sie nicht wundern, wenn ich Ihnen sage, dass wir nicht die Einzigen sind, die in Deutschland festgestellt haben, dass hier eine Debatte läuft. Wir müssen davon ausgehen: Das Jahressteuergesetz ist in Berlin gerade im Kabinett in der Beratung. Einige Bundesländer haben auch schon signalisiert, dass man in diesem Bereich etwas machen wird. Das heißt, wir müssen davon ausgehen, dass dieses Thema noch im September auch im Finanzausschuss des Bundesrates zur Sprache kommt. Da ist es dann noch nicht entschieden. Es kommt dann noch in den Bundesrat. Nach meiner Kenntnis wird der Finanzausschuss des Bundesrates schon am 24. September 2020 darüber reden. Ob er beschließt, wie es weitergeht, weiß ich nicht.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir ein abgestuftes Verfahren wählen, indem wir die Bundesregierung bitten zu prüfen und aufzuzeigen, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt und wie die zukünftige Rechtslage zusammengeführt und definiert werden könnte, sodass wir ein modernes Steuerrecht haben, das sowohl mobiles Arbeiten als auch eine Mischform des mobilen Arbeitens zwischen Homeoffice und Büro miteinander abbildet. Da kommt die Frage auf: Angenommen, es gibt eine steuerfreie Pauschale, die dann durchaus Steuergeld kostet. Irgendjemand muss dies bezahlen. Nun kann es die Situation geben: Montagmorgens mache ich eine halbe Stunde lang eine Telefonkonferenz am Küchentisch, bevor ich in mein Büro gehe. Die übrigen 35 Stunden verbringe ich im Büro. Ist das Homeoffice oder ist es keines? Bekomme ich die Pauschale oder nicht?
Das sind viele Fragen, die miteinander besprochen werden müssen. Wie gesagt, ich kann mir gut vorstellen, dass wir aus Schleswig-Holstein heraus mit so einer Initiative und einer genauen Prüfung von Systematik und Kosten ein abgestuftes Verfahren vorschlagen. Natürlich werde ich mir auch anhören, was die anderen Bundesländer für Vorschläge haben. Ich nehme aus dieser Debatte in jedem Fall mit, dass es eine Offenheit dahin gehend gibt, hier etwas in Richtung mobiles Arbeiten und neue Arbeitswelt zu verändern.
Zum Thema Gesundheitsschutz im Arbeitsrecht und Modernisierung des Arbeitszeitrechts darf ich sagen, dass sich das Sozialministerium in dem Sin
ne, wie er hier diskutiert wird, natürlich auf Bundesebene weiter dafür einsetzen wird, dass das Arbeitsrecht kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls angepasst wird, um diesen neuen und modernen Arbeitsformen gerecht zu werden. Dies gilt auch, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Arbeitsschutz geht. Es ist mir ganz wichtig, dies noch einmal zu sagen: Es geht um den Arbeitsschutz eines jeden einzelnen Mitarbeiters und einer jeden einzelnen Mitarbeiterin, damit Homeoffice ein Vorteil ist und nicht zum Nachteil gerät.
Zuerst stimmen wir ab über die Überweisung des Antrags der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2327, und des Alternativantrags der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2358. Es ist beantragt worden, beide Anträge in den Finanzausschuss, den Wirtschaftsausschuss und den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit sind beide Anträge in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/2328, und den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2360.
Ich lasse zunächst in der Sache über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/2328, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein abgelehnt worden.
Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2360, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion angenommen worden.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 und 48 auf:
a) Für Nachhaltigkeit im öffentlichen Bauwesen - Verwendung von Recyclingbaustoffen im Straßen- und Wegebau stärken
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2343 (neu) - 2. Fassung
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die AfDFraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gute Nachricht in diesen Krisenzeiten: Der Bauwirtschaft geht es gut. Die Bauwirtschaft wächst weiter, der Bedarf ist da und wird auch erfüllt. Die schlechte Nachricht: Sand und Kies werden knapp, sie werden immer teurer und müssen man höre und staune - aus Dänemark, aus Norwegen und aus Schottland in unser Land importiert werden. Das ist teuer und unökologisch.
Obwohl Umweltstaatssekretär Tobias Goldschmidt vor Kurzem noch einmal die Bedeutung von Recycling hervorgehoben hat, hat die Nachfrage nach Recyclingbaustoffen im öffentlichen Straßen- und Wegebau seit 2017 kontinuierlich abgenommen. Auf diese Entwicklung hat die Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein zusammen mit der Entsorgergemeinschaft im März aufmerksam gemacht. In ihrem gemeinsamen Brandbrief hieß es ich zitiere mit Erlaubnis -: