Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

(Abg. Berg (SPD) )

fehlen daher die Zustimmung zur Überweisung an den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Für die CDU-Fraktion hat nun die Kollegin Dagmar Heib das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute hier in Erster Lesung den Gesetzentwurf zum Landesgesetz zur Selbstverwaltung der Justiz, eingebracht durch die Fraktion DIE LINKE. Frau Huonker hat zum Entwurf entsprechend vorgetragen. Den Ausführungen, die die Kollegin Petra Berg zum Gesetzentwurf und zu den vorgesehenen Änderungen gemacht hat, kann ich mich inhaltlich voll anschließen. Ich muss daher, so denke ich, nicht noch einmal auf jedes einzelne Argument eingehen. Ich möchte gleichwohl einige Punkte festhalten.

Ihr Gesetzentwurf, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, ist meines Erachtens insbesondere auch in der Begründung davon geprägt, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land verunsichern wollen. Ihre Drucksache ist in keiner Weise geeignet, die Arbeit der saarländischen Justiz zu würdigen. Im Gegenteil, meine Damen und Herren, sie setzt diese Arbeit sogar herab, so lese ich Ihren Entwurf.

Die Eigenständigkeit der Judikative im Saarland ist gesichert und ist praktische Übung. Wir haben hier die Struktur eines modernen und effizienten Rechtsstaats. Wir haben eine funktionierende Justiz, die die Kriminalität erfolgreich bekämpft und die Bürgerrechte schützt. Wir haben eine Justiz, die das Recht in der Gesellschaft durchsetzt. Dafür gerade auch von dieser Stelle einmal meinen Dank und sicherlich auch den Dank zumindest der Koalitionsfraktionen an die saarländische Justiz, unseren Dank für das hervorragende Meistern der ihr gestellten Aufgabe!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben, Kollege Hilberer, natürlich die Aufgabe, in der konkreten Situation, in der wir uns befinden, ständig daran zu arbeiten, dass die saarländische Justiz auch weiterhin die Möglichkeit hat, ihre Aufgaben so gut zu bewältigen. Diesbezüglich sind wir wohl beieinander, dafür müssen wir aber nicht den Gesetzentwurf in den Ausschuss verweisen, um ihn dort zu diskutieren.

In Ihrer Drucksache wird auch der europäische Vergleich bemüht. Es gibt eine Studie des Weltwirtschaftsforums, die jährlich fortgeschrieben wird, die jährlich angesetzt wird. In dieser Studie geht es dar

um, die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften zu vergleichen.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Das ist jetzt aber ein interessanter Ansatz.)

Dazu gehört unter anderem der Abgleich von Rahmenbedingungen, etwa auch zur Frage, wie die Gewalten aufgestellt sind. Wie sieht die Judikative in den einzelnen Ländern aus? Diese Rahmenbedingung wird dort mit abgeprüft, die Studie wird, wie gesagt, jährlich fortgeschrieben. In der aktuellen Studie 2014-2015 wird konstatiert, dass die deutsche Judikative mit dazu beiträgt, dass Deutschland weltweit auf Platz 5 des Rankings steht. Und die von Ihnen angesprochenen „europäischen Musterstaaten“ einer selbstverwalteten Justiz? Frankreich belegt zum Beispiel den 23. Platz, Spanien den 35., Italien den 49. Die Frage, wie die Judikative in einem Staat aussieht, wird bei uns so gut gewertet, dass wir in einem Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft weit oben platziert sind, unter den ersten zehn.

Die Gewaltenteilung des Grundgesetzes will eine effektive Erfüllung staatlicher Aufgaben durch ein Zusammenwirken der Teilgewalten. Das heißt auch, dass die staatliche Macht auf verschiedene sich begrenzende, sich ergänzende und sich kontrollierende staatliche Organe verteilt werden muss und dass sich die Machtausübung nirgends ungeteilt zentralisieren darf. Frau Berg hat dazu ebenfalls schon Stellung genommen und die verfassungsrechtliche Seite beleuchtet. Lassen Sie mich hier aber noch einmal den Schluss ziehen, dass das von mir zur Gewaltenteilung Gesagte geradezu gebietet, keine Selbstverwaltung der Justiz vorzusehen. Richterliche Unabhängigkeit und die verfassungsrechtlich gebotene Gewaltenteilung werden ja auch in Verfahren, die gesetzlich normiert sind und die sich zum Beispiel auch mit der Berufung von Richtern oder mit der Lebenszeiternennung der Richterinnen und Richter befassen, gewährleistet. Wir haben im Saarland, auch das ist schon ausgeführt worden, umfassende Beteiligungsrechte der Personal- und Interessenvertretungen der Justiz. Ich weiß nicht, ob die entsprechenden Paragrafen schon zitiert wurden. Im Richtergesetz ist das aber entsprechend geregelt, wie Präsidialräte beteiligt werden. Das Mitbestimmungsrecht der Staatsanwaltschaft erfolgt natürlich, nach dem Personalvertretungsrecht, über den Personalrat der Staatsanwaltschaft.

Vielleicht nun auch ganz kurz noch zum Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft. Dazu hat die Kollegin Berg ausgeführt, zur Staatsanwaltschaft als Organ der Strafrechtspflege und zum Aspekt, dass es auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Abschaffung des gegenüber der Staatsanwaltschaft bestehenden Weisungsrechts gibt. Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal betonen,

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

dass die Staatsanwaltschaft trotz des Weisungsrechts dazu verpflichtet ist, den Rechtswillen des Staates zu vertreten. Und das tut sie. Das tut die saarländische Staatsanwaltschaft. Auch dafür von dieser Stelle meinen herzlichen Dank!

Frau Kollegin Berg hat auch darauf hingewiesen, dass die aktuellen Forderungen des Deutschen Richterbundes bereits modifiziert wurden gegenüber dem, was Sie hier eingebracht haben. Auch vom Verfahren her, das hier als Gesetzentwurf einzubringen, ist Entsprechendes in vielen Bundesländern passiert. Sie haben ja Brandenburg angesprochen, in Berlin laufen aktuell Diskussionen. Die Diskussion an sich ist ja schon sehr alt, sie wird immer wieder einmal geführt. Dass aber 14 Bundesländer das nicht umgesetzt haben, spricht, so denke ich, seine eigene Sprache.

Auf das Argument betreffend die haushalterische Seite, das angeführt wurde, hat Frau Kollegin Berg mit konkreten Beispielen geantwortet. Ich möchte hier noch einmal den Vorteil zu bedenken geben, den die Wahrnehmung der Haushaltsverantwortung durch einen Vertreter mit Kabinettsrang, sprich durch einen eigenen Justizminister und nicht durch einen Minister, dessen Ressort vielleicht noch der Rest, ein Rumpf der Justiz, als ein kleiner Geschäftsbereich angegliedert wird, mit sich bringt. Dadurch, dass es einen Justizminister im Kabinett gibt, der auf Augenhöhe mit den Kollegen, insbesondere auch auf Augenhöhe mit dem Finanzminister, diskutieren kann, wird die Justiz doch gerade gestärkt, in den einzelnen Ländern, auch bei uns im Saarland. Das hat auch zu guten Ergebnissen geführt; auf sie wurde hingewiesen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend bleibt mir nur die Feststellung, dass wir auf Grundlage des Grundgesetzes eine unabhängige Justiz im Saarland haben. Weder Ihr Gesetzentwurf noch die bisher hier getätigten mündlichen Ausführungen haben überzeugende Argumente geliefert, die eine Änderung dieser Strukturen angezeigt erschienen ließen. Die Änderungen, die Sie andenken und die Sie eingebracht haben, sind weder geeignet, die Interessen und Bedürfnisse der saarländischen Bürgerinnen und Bürger zu sichern, noch dienen sie dazu, die Judikative als dritte Gewalt zu stärken. Die unabhängige Justiz ist bei uns im Saarland garantiert, sie wird auch entsprechend ausgeübt. Meine Damen und Herren, wir sind hier ein Teil der Bundesrepublik, und ich bin froh, dass dies seit 25 Jahren in der gesamten Republik so möglich ist. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Abgeordnete Klaus Kessler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE legt heute eine Adaption eines Musterentwurfs des Deutschen Richterbundes betreffend ein Landesgesetz zur Selbstverwaltung der Justiz vor. Der Entwurf stammt aus dem Jahre 2010. Dieser Entwurf des Deutschen Richterbundes und ein weiter gehender Entwurf der Neuen Richtervereinigung sind Resultat einer im Grunde schon seit Jahren geführten Diskussion, die spätestens in diesem Jahrtausend wieder ein wenig an Fahrt aufgenommen hat. Kollegin Heib hat ja eben bestätigt, dass das Thema wieder diskutiert wird. Die Richtervereinigungen in Deutschland fordern eine grundlegende Reform der Justiz in Richtung zu mehr Autonomie und Selbstverwaltung. Ich denke, das sollte ein Signal an die Politik sein, dies einmal ernsthaft zu diskutieren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das gehört auch in dieses Parlament. Insofern sind wir dafür, dass es hier zu einer Überweisung in den zuständigen Ausschuss kommen sollte.

Nach dem Entwurf soll ja ein Grundsatz sein, dass nicht mehr wie bisher die Richterinnen und Richter sowie die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom Ministerium ernannt und versetzt werden, sondern dass diese Personalentscheidungen von einem sogenannten Justizverwaltungsrat, der mit Richtern und Staatsanwälten besetzt ist, getroffen werden. Die finanzielle Ausstattung der Gerichte soll darüber hinaus von ihnen selbst und nicht von einem übergeordneten Ministerium verwaltet werden.

Wir GRÜNE sprechen uns schon seit Langem für eine Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz aus. Dies halten wir für einen ganz notwendigen Schritt, um die Unabhängigkeit der Justiz als dritte Gewalt in einem demokratischen Rechtsstaat zu garantieren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

In einem Rechtsstaat muss gerade die Justiz frei und unabhängig sein, insbesondere frei von politischer Einflussnahme.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Denn nur so kann sie ihre Aufgaben erfüllen, ohne Ansehen der Person Recht zu sprechen und - in dem Zusammenhang darf man das auch mal sagen - Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben. Es ist uns aber auch wichtig, dass die Judikative auch einmal der Exekutive und der Legislative die Stirn bieten kann.

(Abg. Heib (CDU) )

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich möchte noch einen kritischen Blick auf die Lage unserer saarländischen Justiz insgesamt werfen. Wir wissen doch, dass die Justiz in diesem Land wirklich strukturell überlastet ist. Weitere personelle und sächliche Ausdünnungen werden kommen, gleichzeitig werden der Justiz aber auch weitere Aufgaben übertragen. Hinzu kommt, das wissen wir ja alle, dass das anzuwendende Recht immer umfangreicher und komplexer wird. Insofern sind wir der Auffassung, dass auch im Justizbereich die Belastungen perspektivisch weiter ansteigen werden. Dazu passt der Sparplan der Landesregierung nicht - der Kollege Hilberer hat ja darauf hingewiesen. Bis 2020 sollen immerhin 40 Richterstellen gestrichen werden. Wir GRÜNE haben erhebliche Zweifel daran, dass diese Stellenkürzungen, wie stets von der Landesregierung behauptet, durch die sogenannte demografische Rendite kompensiert werden können.

Vor diesem Hintergrund sehen wir in zwei Grundfragen Reformbedarf. Erstens in der Frage nach der Einstellung und Ernennung von Richterinnen und Richtern, dazu auch natürlich in der Frage nach der Beförderung, nach deren Berufung in herausgehobene Positionen. Unserer Auffassung nach ist dies eine Aufgabe, die nicht mehr vom Ministerium wahrgenommen werden sollte, sondern von einem Justizverwaltungsrat, der mit Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten besetzt ist. So würde die Legitimation der Richterinnen und Richter und ihre Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive unserer Auffassung nach wesentlich verbessert. Ein Alleinentscheidungsrecht der Exekutive ist der Bedeutung und Stellung des Richteramtes einfach nicht angemessen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Der zweite Punkt, in dem wir Reformbedarf sehen, ist die Selbstverwaltung bei den inneren Angelegenheiten der Justiz, ihren Arbeitsabläufen, der Verteilung der Personal- und sächlichen Ressourcen bis hin zu einer eigenständigen Anmeldung eines Justizhaushaltes gegenüber dem Finanzministerium. Auch hier erachten wir eine Reform in Richtung von mehr Autonomie für sinnvoll. Wir wollen natürlich dann auch eine demokratische Kontrolle über die Verwendung der Mittel durch die Justiz. Dies muss gewährleistet sein. Hierzu muss die Justiz sich natürlich gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber, dem Parlament, verantworten.

Ich komme zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich räume ein, dass vielleicht die Effizienz der Justiz durch die Selbstverwaltung nicht wesentlich gesteigert wird. Aber dass dieser Entwurf der verfassungsrechtlichen Forderung nach einer unabhängigeren Justiz nachkommt, das sehen wir gleichwohl.

Deshalb stimmen wir dem Antrag zu und wollen die Überweisung in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Kollege Kessler. - Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE die Kollegin Birgit Huonker.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen zunächst einmal für die konstruktive Diskussion. Ich möchte jedoch noch einige Dinge klarstellen. Frau Kollegin Heib, ich habe keine Musterstaaten genannt. Aber außer in Deutschland, Österreich und Tschechnien gibt es in Europa Selbstverwaltungen der Justiz. Natürlich gibt es ohne Zweifel in Europa zahlreiche Beispiele für eine gut funktionierende Justiz. Aber wenn es Defizite gibt, hängt das nicht mit der Selbstverwaltung der Justiz zusammen oder mit Gedanken daran, sondern das hat einfach etwas mit politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten und Rahmenbedingungen in diesen Ländern zu tun. Das muss man auch einfach mal berücksichtigen.

Ich wollte noch anmerken, dass Deutschland heutzutage eventuell ein Problem hätte, in die EU aufgenommen zu werden. Die Empfehlung des Europarates lautet: Die für die Auswahl und Laufbahn der Richter zuständige Stelle sollte von der Exekutive unabhängig sein. - Darüber ließe sich gut im Ausschuss diskutieren.

Ich wollte noch etwas bemerken, was der Kollege Kessler auch schon angesprochen hat. Sie tun jetzt gerade so, als ob wir mit diesem Vorstoß die funktionierende Justiz abschaffen wollten. Das wollen wir nicht! Wir wollen der Justiz mehr Selbstverwaltung geben. Wir möchten den Richtern und Staatsanwälten mehr Möglichkeiten geben, die Dinge zu entscheiden, die sie betreffen. Es stimmt eben nicht, Frau Kollegin Berg, dass die Staatsanwaltschaft solche externen Weisungsbefugnisse haben muss. Dass die Einbeziehung der Staatsanwaltschaft in eine selbstverwaltete Justiz auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt, hatten Sie ja vorgetragen. Aber die Staatsanwaltschaft muss der Judikative zugeordnet werden. Sie ist ein zentrales Organ der Strafrechtspflege, das hatten Sie ja gesagt. Nach der gesetzlichen Aufgabenstellung und nach ihrer Bedeutung ist die Stellung der Staatsanwälte innerhalb der dritten Gewalt als eine dem Richteramt ähnliche anzusehen.

Von daher werbe ich noch mal dafür, dass wir uns dieses Thema im Ausschuss genauer anschauen. Wir hatten gesagt, wir sind bereit, weitere Detailfragen zu diskutieren. Ich finde, die Argumente sind so

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

weit ausgetauscht, es war eine konstruktive Diskussion. Lassen Sie uns doch in dem zuständigen Ausschuss darüber sprechen. Wir bitten Sie noch mal: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu, damit wir im Ausschuss weiter darüber diskutieren können. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Danke, Frau Abgeordnete. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kollegin Petra Berg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sollen wir in den Ausschuss verweisen? Worüber sollen wir diskutieren?

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Die Vorlage des Richterbundes; der Richterbund ist fast so schlau wie wir.)