Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

Welche Gründe, Herr Minister, liegen vor, dass die Staatsregierung von ihrem Ziel, alle zwei Jahre so einen Bericht vorzulegen, abweicht?

Weil der Umfang der Privatisierung nicht das Ausmaß angenommen hat, das man sich zunächst vorgenommen hatte.

Ich bitte jetzt, dass Herr Petzold von der Fraktion der NPD seine Frage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 1.

Herr Präsident! Von der Arbeitslosigkeit sind auch in Sachsen ganze Familien betroffen. Wo beide Elternteile seit Jahren arbeitslos sind, sinkt für die Kinder jede Chance auf ein soziales Fortkommen. Es ist eine bittere Tatsache, dass sich auch im Freistaat Arbeitslosigkeit mittlerweile auf die Kinder von Langzeitarbeitslosen zu „vererben“ droht.

Meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie viele Kinder von Beziehern des ALG II im Freistaat Sachsen sind derzeit selbst von Arbeitslosigkeit betroffen?

2. Wo sind die regionalen Schwerpunkte für Arbeitslosigkeit in der zweiten Generation in Sachsen?

Es antwortet Frau Staatsministerin Orosz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren

Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Petzold, ich bitte um Verständnis, dass ich beide Fragen zusammenfasse. Zum einen lässt sich dezidiert, wie Sie gleich feststellen werden, hier nicht hundertprozentig mit Zahlenwerk arbeiten, aber ich werde das begründen.

Die uns vorliegende und zugängliche amtliche Statistik der Bundesagentur für Arbeit lässt lediglich Aussagen zur Anzahl der arbeitslosen Jugendlichen und zur Anzahl der Familien, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeit Suchende erhalten, zu. Bezogen auf den letzten Stichtag, von dem uns Ergebnisse vorliegen – das ist der 17. August dieses Jahres –, erhielten in Sachsen 71 194 Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 15 Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeit Suchende. Davon hatten 45 197 Bedarfsgemeinschaften ein Kind, 19 478 Bedarfsgemeinschaften zwei Kinder, 4 826 Bedarfsgemeinschaften drei Kinder und 1 693 Bedarfsgemeinschaften vier und mehr Kinder. Insgesamt wurde an 106 043 Kinder unter 15 Jahren Sozialgeld in Höhe von 265 Euro gezahlt. Zum gleichen Zeitpunkt wurde 87 551 Jugendlichen im Alter von 15 bis 25 Jahren Arbeitslosengeld II gewährt.

Dabei – nun komme ich auf Ihre Frage nach den regionalen Schwerpunkten – weisen die Städte Leipzig und Dresden mit 12 683 bzw. 8 788 hilfebedürftigen Jugendlichen zurzeit die höchsten Zahlen aus. Die Datenstruktur der Statistik lässt, wie mir von der Regionaldirektion Sachsen mitgeteilt wurde, eine Aussage über die Anzahl der arbeitslosen Jugendlichen, deren Eltern Bezieher von Arbeitslosengeld II sind, im Moment so nicht zu.

Danke schön.

Ich bitte jetzt Herrn Abg. Dr. Martens, FDP, dass er seine Frage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 9.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Frage an die Staatsregierung betrifft Zahlungen der Stadt Oberwiesenthal an den Tourismusverein.

Aufgrund eines Treffens im LRA Annaberg, an dem unter anderem Herr Winkler, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Herr Wehner, Vizepräsident des RP Chemnitz, und Herr Förster, Landrat, teilnahmen, wurde die Stadt Kurort Oberwiesenthal angewiesen, einen Betrag von 24 000 Euro an den Tourismusverein Kurort Oberwiesenthal e. V. zu zahlen, obwohl laut einem vom Landratsamt Annaberg selbst in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten der Vertrag zwischen der Stadt Kurort Oberwiesenthal und dem Tourismusverein wegen einer fehlenden Genehmigung durch das Landratsamt schwebend unwirksam ist und gegen Kommunalabgabenrecht verstößt.

Meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Was sind die Gründe für die neuerliche Zahlung des Geldes, insbesondere auf welcher Rechtsgrundlage basiert die Zahlung?

2. Da ein Stadtratsbeschluss zur Zahlung nicht vorliegt, wie rechtfertigt die Staatsregierung den Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung der Stadt Kurort Oberwiesenthal, insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzierung der Zahlung über den Kontokorrentkredit der Stadt mangels vorhandener Gelder im städtischen Haushalt?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister de Maizière.

Herr Präsident! Herr Abg. Martens, bevor ich Ihre konkreten Fragen beantworte, gestatten Sie mir einen kurzen Blick auf die aktuelle Situation in Oberwiesenthal, weil man es vielleicht sonst nicht versteht und nicht so ganz gut erklären kann.

Es ist kein Geheimnis, dass sich Oberwiesenthal seit einigen Jahren in einer kritischen Haushaltslage befindet und zur Haushaltskonsolidierung verpflichtet ist. Es wurde festgelegt, dass Zahlungen über 1 000 Euro durch die Kommunalaufsicht zu bestätigen sind. Diese Festlegung erfolgte mit Bescheid vom 17.12.2003. Bürgermeister und Stadtrat haben im Zusammenhang mit dem Vollzug des von Ihnen nachgefragten Dienstleistungsvertrages zwischen der Stadt und dem Tourismusverein keine übereinstimmende Betrachtungs- und Vorgehensweise erzielen können. Vornehm ausgedrückt, auf Deutsch: Sie sind zerstritten. Das Landratsamt ist deshalb vermittelnd tätig geworden. Fest steht danach, dass der Vertrag inhaltlich nachzubessern ist. Darüber haben die Beteiligten bereits verhandelt.

Nun zu Ihren Fragen, die ich gerne im Zusammenhang beantworten möchte. Der Stadtrat von Oberwiesenthal hatte in der Tat beschlossen, bis zur Nachbesserung des Dienstleistungsvertrages alle Zahlungen an den Tourismusverein auf dessen Grundlage auszusetzen. Da der Vertrag Hauptgeschäftsgrundlage des Tourismusvereins war, drohten diesem aufgrund der ausbleibenden Zahlungen finanziell erhebliche Schwierigkeiten. Der Bürgermeister sah sich veranlasst, dies abzuwenden, und stellte beim Landratsamt den Antrag, die Zahlung von 24 824 Euro für die Personalkosten des Vereins für den Monat Juli ausnahmsweise zuzulassen.

Grundlage der Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde war das bereits erzielte Verhandlungsergebnis zwischen der Stadt und dem Tourismusverein. Danach ist der Dienstleistungsvertrag so nachzubessern, dass er am Ende rechtlich mängelfrei ist. Das Landratsamt hat der Zahlung an den Tourismusverein zugestimmt, um unverzüglich gegebenenfalls drohende Haftungsansprüche gegen die Stadt Oberwiesenthal und zugleich Zahlungsschwierigkeiten des Vereins abzuwenden, aber auch, um bei beiden Vertragspartnern die erforderliche Verhandlungsbereitschaft herzustellen bzw. zu

erhalten. Das Landratsamt war sich dabei im Klaren darüber, dass eine grundlegende Klärung der Probleme um diesen Vertrag bis zum Beginn der Wintersaison herbeigeführt werden muss.

Herr Staatsminister, dazu habe ich eine Nachfrage, denn dieser Vertrag, den Sie als mangelbehaftet bezeichnet haben und der nachzubessern sein soll, ist bisher nicht wirksam; er ist nach Auffassung der Rechtsaufsicht auch nicht genehmigungsfähig, kann also auch keine Wirksamkeit erlangen. Gleichwohl ist diese Zahlung auf der Grundlage dieses Vertrages angewiesen worden.

Hält es die Staatsregierung für ausgeschlossen, dass diese Anweisung und Zahlung damit rechtswidrig war?

Das kann ich jetzt ohne Einblick in die Akten nicht nachvollziehen. Aber wenn das Landratsamt, das Ausgaben über 1 000 Euro ohnehin bestätigen muss, einen Beitrag dazu leistet, dass der Streit zwischen der Stadt und dem Tourismusverein vor dem Winter geklärt wird, und zugleich einen Beitrag dazu leistet, dass dieser Vertrag mangelfrei herbeigeführt wird, und ein Vorgriff auf einen anschließend mangelfreien Vertrag zu diesem Ergebnis führt, dann ist das sicher im Sinne der Tourismusregion Oberwiesenthal.

Meine Frage bezog sich aber nur auf die Rechtswidrigkeit, nicht auf die Zweckmäßigkeit.

Ja, Sie haben ja gemerkt, dass ich drumherumgeredet habe, und zwar deswegen, weil ich momentan die Aktenlage nicht genau kenne.

Vielen Dank, Herr Minister.

Danke schön. – Ich bitte jetzt, dass die Abg. Günther-Schmidt ihre Frage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 6.

Meine Frage betrifft Schulhof-CDs an den Schulen der Stadt Meerane: Wie viele der so genannten Schulhof-CDs der rechtsextremistischen NPD wurden seit Beginn des Schuljahres 2005/2006 an welchen Schulen der Stadt Meerane an wie viele Schüler von wie vielen Personen verteilt; von wem wurde die Verteilung gestoppt und wie viele der verteilten CDs konnten sichergestellt werden?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Flath.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, in der Vorbereitungswoche zum Schuljahresbeginn wurden auch im Regionalschulamt Chemnitz nochmals alle Schulleiter

über die geplante Aktion der NPD informiert. Das Amt wurde dabei vom Landesamt für Verfassungsschutz unterstützt. Tatsächlich hat dann auch die NPD an beiden Mittelschulen der Stadt Meerane – der HirschGrundschule und der Tännicht-Schule – versucht, ihre so genannte Schulhof-CD zu verteilen.

Allerdings spielten sich diese Aktionen vor dem Schulgebäude ab, also auf dem Schulweg. Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass dieser Vorgang von der Bevölkerung wahrgenommen wurde – was auch einzelne Pressedarstellungen belegen. Über die Anzahl der verteilten CDs liegen mir bzw. unserem Haus keine Erkenntnisse vor. Die zuständigen Polizeidienststellen wurden über diese Vorfälle informiert. Wir können sicherlich davon ausgehen, dass Schulleitungen und Lehrer über diese Problematik umfangreich informiert sind und sensibel in der Schule darauf reagieren. – So weit zur Antwort.

Danke schön.

Bitte schön.

Danke schön. – Ich bitte jetzt, dass die Abg. Frau Kagelmann, Linksfraktion.PDS, ihre Anfrage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 8.

Herr Präsident! Meine Frage betrifft die Abwassergebührensatzungen.

Bis zum 1. Juni 2006 müssen die kommunalen Abwassergebührensatzungen an das geltende Sächsische KAG angepasst werden.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Was bedeutet das konkret für die Gemeinden?

2. Welche Informationen haben die Gemeinden hierzu bis jetzt?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister de Maizière.

Herr Präsident! Frau Abgeordnete, zunächst darf ich darauf hinweisen, dass § 39a des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes die eventuell notwendige Anpassung der Satzung schon bis zum 1. Januar und nicht, wie Sie gefragt haben, bis zum 1. Juni vorsieht.

Zur Frage 1. Die Änderung des Gesetzes vom 5. Mai 2004 soll unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts bisherige Normen des Gesetzes entsprechend ihrer ursprünglichen Zielsetzung klarstellen. Das KAG sah bestimmte Ziele vor; das Oberverwaltungsgericht hat gesagt, dass es so nicht formuliert werden kann. Deswegen hat es viele Satzungen aufgehoben und deshalb wurde durch eine Klarstellung das ursprüngliche Ziel wieder hergestellt.

Dies betrifft insbesondere den so genannten Einrichtungsbegriff und die innerhalb der Einrichtung für die Grundstücke erbrachten Leistungen. Jedes Grundstück soll nur für diejenigen Teilleistungen bezahlen, die in Anspruch genommen werden oder werden können. Daher erfolgt künftig die Differenzierung zwischen Schmutz- und Niederschlagswassergebühren auch bei der zentralen Entsorgung. Das war einer der zentralen Streitpunkte.

Für die Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung, die Gemeinden und Zweckverbände, bedeutet diese Änderung eine Überprüfung ihrer Satzung dahin gehend, ob Anpassungsbedarf an die neue Rechtslage besteht, und wenn dieser festgestellt wird, eine Änderung der Satzung bis zum Ende dieses Jahres vorzunehmen.

Zur zweiten Frage. Dem Aufgabenträger steht natürlich das Gesetz zur Verfügung. Das SMI hat dann die Anwendungshinweise zum Kommunalabgabengesetz überarbeitet und im Sächsischen Amtsblatt Nr. 39 schon im September 2004 bekannt gemacht, also kurz nach der Gesetzesnovelle. Der Text ist auch auf der Internetseite meines Hauses zu finden.