Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Die nächste Frage ist: Würde denn wenigstens der Erlös erzielt, der an Investitionsmitteln in den letzten Jahren hineingeflossen ist? Wir kennen Beispiele in der sächsischen Krankenhauslandschaft, da sind Krankenhäuser veräußert und privatisiert worden, ohne dass wenigstens die hineingeflossenen Fördersummen erzielt worden sind. Ich ahne, dass ganz offensichtlich diesem Konzern, wenn er denn tatsächlich den Zuschlag erhält, ein Geschenk gemacht werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann und will ich nicht mitmachen. Es stellt sich auch die Frage: Brauchen wir überhaupt in der Region Leipzig ein zusätzliches Krankenhaus der Regelversorgung, was ja dann möglicherweise einen anderen Stellenwert im Krankenhausbettenplan haben müsste? Ich denke nicht. Insgesamt – auch in Sachsen – haben wir in den letzten Jahren Planbetten in Krankenhäusern reduziert und dieser Prozess wird sich möglicherweise fortsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren – das ist jetzt nicht mit meiner Fraktion abgesprochen, das sage ich ganz persönlich –: Ich bin für den Erhalt des Standortes Leipzig-Wiederitzsch als Bundeswehrkrankenhaus insgesamt und will auch nicht, dass es an irgendwelche dubiosen oder weniger dubiosen Privatklinikkonzerne veräußert wird.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen dazu? – Bitte schön, die FDP-Fraktion; Herr Morlok.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Offensichtlich haben Sie von der CDU-Fraktion überhaupt nicht verstanden, was ich gesagt habe, oder nicht verstehen wollen.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der PDS)

Ich habe schlicht und ergreifend gesagt, dass wir eine Friedensdividende haben, über die wir uns freuen sollten, und ich füge hinzu: Wenn Sie sich die Bundeswehrentwicklung anschauen: In der Zukunft werden wir einen Weg haben von der Wehrpflichtarmee zur Berufsarmee. Wir werden weitere Standortschließungen haben. Wir werden weitere Reduzierungen haben. Wer sich an alte Standorte klammert, macht eine rückwärts gerichtete Politik.

Wir sagen, wir wollen, anstatt an den Standorten krampfhaft festzuhalten, vom Bund eine Unterstützung einfordern – es natürlich nicht selbst bezahlen, sondern vom Bund diese Unterstützung einfordern. Sie machen die rückwärts gerichtete Politik. Wir – die Profis im Landtag – schauen in die Zukunft.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU – Zurufe)

Möchte die Staatsregierung noch das Wort ergreifen? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die CDU-Fraktion als Einreicherin, das Schlusswort zu halten; Herr Colditz.

(Zurufe: Jetzt kommt der Profi!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Ein Profi bin ich nicht, aber ein regionaler Verantwortungsträger; deshalb muss ich noch ein paar Worte sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will dieses Schlusswort nutzen, um insbesondere noch einmal deutlich zu machen, worum es uns geht – insbesondere an Sie, Herr Morlok: Wir führen hier keine Debatte über eine Bundeswehrreform. Die können Sie anderswo führen; dann müssen Sie für den Bundestag kandidieren, da können Sie das tun.

(Lachen und Beifall der Abg. Rita Henke, CDU)

Hier geht es um regionale und landesseitige Interessen, die es zu wahren gilt. Dabei spielen zwei Dinge eine besondere Rolle, für die ich im Sinne des Landes und der Regionen auch Ihre Unterstützung erwarte: Es geht zum Ersten darum, Gerechtigkeit herzustellen, was die Bundeswehrstandortdichte anbelangt. Selbst wenn dieser Prozess fortschreitet, muss er doch proportional so gestaltet werden, dass nicht eine einseitige Benachteiligung von Regionen geschieht, denn dies ist zurzeit der Fall.

Das Zweite, Herr Morlok – möglicherweise kommen Sie ja aus einer Gegend, in der Sie diese Probleme nicht kennen, deshalb lade ich Sie nach Schneeberg ein, schauen Sie es sich einmal vor Ort an –, ist die Rücksichtnahme

auf strukturelle Gegebenheiten vor Ort. Da sind diese Entscheidungen, wie sie zurzeit im Raum stehen, nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU)

Da hilft uns Ihr Änderungsantrag überhaupt nicht, weil er die Waffen vorzeitig strecken lässt.

Wir haben noch die Chance – und wir sollten sie auch gemeinsam wahrnehmen –, dass die Staatsregierung beauftragt wird, noch einmal mit der Bundesregierung weiter zu verhandeln. Wir haben die Unterstützung der Bundestagsabgeordneten und wenn sich dieses Haus deutlich artikuliert, ist es eine entsprechende Unterstützung im Sinne der Region. Ich bitte Sie herzlich darum: Lassen Sie sich jetzt einmal von dieser Vorstellung leiten und ziehen Sie bitte Ihren Änderungsantrag zurück. Hier geht es nicht darum, dass man sich parteipolitisch profilieren muss. Hier geht es um das Land, um spezielle Regionen des Landes.

(Beifall bei der CDU, der NPD und vereinzelt bei der Staatsregierung).

Meine Damen und Herren! Wir kämen zur Abstimmung über die Drucksache 4/0103, aber es gibt dazu Änderungsanträge. Es liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 4/0191 vor, der die Drucksache 4/0103 neu fassen möchte. Des Weiteren gibt es einen Änderungsantrag der FDP-Fraktion, der die Drucksache 4/0103 ergänzen möchte. Ich schlage vor, wir beginnen mit der Einbringung des Änderungsantrages der PDS-Fraktion, der die Drucksache 4/0103 neu fassen möchte. Ich bitte um Einbringung.

Frau Präsidentin! Wir sind der Meinung, dass der Antrag der CDU-Fraktion, der schon zweimal in diesem Parlament gestellt worden ist und nicht zu dem Erfolg geführt hat, wie ihn Herr Colditz will, dass nämlich die Standorte erhalten bleiben, durch unseren Antrag erweitert wird um das, was wir fordern. Herr Colditz, es ist nun wirklich kein Waffenstrecken, sondern es ist ein Aussetzen. Man kann zumindest erst einmal Waffengleichheit herstellen, wenn wir schon in dieser Militärsprache bleiben wollen. Deswegen ist es unser Antrag, dass die Schließungen ausgesetzt und die Verhandlungen aufgenommen werden sollen, um anschließend eine Konzeption für die dann wirklich zu schließenden Standorte vorzulegen, bevor es dazu kommt.

Es kann nicht sein – in der Frage gebe ich Ihnen wirklich Recht –, dass Herr Struck erst verkündet, welche Standorte geschlossen werden sollen, und im Januar werden erst die betroffenen Kommunen nach Berlin eingeladen, um mit ihnen darüber zu reden. Ich denke, darüber werden wir einer Meinung sein.

Wir denken, dass der FDP-Antrag nicht weit genug geht. Sie haben heute schon ein paarmal selbst festgestellt, dass die Staatsregierung ihre Verhandlungsergebnisse nicht erzielen wird. Deswegen sollten wir das Wort

„Verhandeln“ schon nicht hier hineinschreiben und bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der PDS)

Ich bitte die FDPFraktion um Einbringung ihres Änderungsantrages.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Colditz, ich möchte Ihren Faden gern aufnehmen. Uns geht es natürlich um die Zukunftsfähigkeit Sachsens. Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag gestellt.

(Beifall bei der FDP)

Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass sich eine Sächsische Staatsregierung für sächsische Interessen einsetzt, natürlich auch bei einer Bundeswehrstrukturreform. Das muss ich nicht extra zigmal beantragen. Das ist einfach so. Nur ist es eben falsch und nicht zukunftsgerichtet, wenn wir nur darauf setzen, dass dies kurzfristig irgendein Ergebnis haben wird. Es ist völlig blauäugig zu warten, bis die Entscheidung unverrückbar ist, quasi wie die Lemminge über die Klippen geschoben zu werden, dann zu fallen und dann zu überlegen: Was mache ich jetzt?

Sie haben gesagt, dann lassen wir mal, dann schauen wir mal und danach können wir vielleicht verhandeln. Danach ist nichts mehr zu verhandeln. Wenn man jetzt nicht die Chance nutzt, und zwar nach vorn gerichtet, mit der Bundesregierung hart zu verhandeln, weil Sie Recht haben, weil Sachsen überproportional von dieser Truppenreduzierung betroffen ist, wenn wir jetzt nicht nach vorn schauen und unsere Forderung klar gegenüber der Bundesregierung aufmachen, dann wird Sachsen am Ende am meisten von dieser Strukturreform betroffen sein. Es wird genau das Gegenteil von dem herauskommen, was Sie in Ihrem Antrag wollen. Deshalb sind wir für den Änderungsantrag und möchten ihn einbringen.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es zu diesen Änderungsanträgen Wortmeldungen? – Herr Colditz, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Herbst, wenn es für Sie eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Staatsregierung sich für den Erhalt der Standorte einsetzt, dann sollte es eine Selbstverständlichkeit für das Haus, für Sie als Fraktion sein, dieses Anliegen durch das Votum zu unserem Antrag zu unterstützen. So einfach ist das.

(Beifall bei der CDU)

Was Sie hier vertreten haben, ist irgendwie doppelzüngig. Das tut mir Leid.

Meine Damen und Herren von der FDP- und von der PDS-Fraktion! Ich will für beide Anträge wirklich anerkennen und überhaupt nicht infrage stellen, dass sie die regionalen Probleme im Blick haben. Das möchte ich überhaupt nicht kleinreden. Aber bitte akzeptieren Sie doch, dass wir nicht den zweiten Schritt vor dem ersten

tun können. Bitte beachten Sie, was seitens der Bundesregierung schon signalisiert worden ist. Wenn Sie vergangenen Sonntag die Aussage von Struck gehört haben, der sagte, ihm bereite es Kopfzerbrechen, wie zum Beispiel der Standort Schneeberg vermarktet werden soll, dann sind das alles Anzeichen dafür, dass noch etwas verhandelbar ist. Wir sollten – ich muss bei dem Bild bleiben – nicht vorzeitig die Waffen strecken und parlamentarisch eine Vorlage liefern, die diesen Strohhalm gar nicht erst ergreifen lässt.

Das schließt doch im zweiten Schritt nicht aus, wenn es notwendig wird, über alles andere zu verhandeln. Bitte gehen Sie doch ganz einfach mit, dass wir zunächst alle Kraft darauf verwenden, die Standorte zu erhalten.

Herr Gebhardt, ich sage es noch einmal an Ihre Adresse, das wissen Sie eigentlich auch und ich habe es vorhin in meinem Redebeitrag gesagt: Die Aktion von 2000 war keine Sache, die keine Wirkung entfaltet hat. Wir hatten nach 2000 – ich gebe es Ihnen auch schriftlich – die Aussage, dass aufgrund der Argumentation aus Dresden und des Landes Schneeberg erhalten bleibt. So. Das ist doch die beste Grundlage dafür, das erneut in Erinnerung zu rufen. Wir können doch nicht einfach sagen, weil diese Argumente von damals ignoriert wurden, lehnen wir uns jetzt zurück und geben uns geschlagen. Das ist doch, also Entschuldigung, – – Wir müssen die Verantwortung auf Landesseite ganz anders wahrnehmen. Ich bitte Sie noch einmal herzlich: Stimmen Sie dem Antrag unserer Fraktion zu.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe noch einmal der SPD-Fraktion das Wort. Herr Pecher, bitte.

Es macht natürlich keinen Sinn, dem Bundesverteidigungsministerium zu sagen: „Ihr müsst die Standorte erhalten!“ und hinten herum anzufügen: „Na ja, wenn nicht, dann ist es auch gut, aber dann wollen wir ein bisschen Kohle haben.“ Man sollte sich auf das eine Ziel konzentrieren, als Sachse für sächsische Standorte zu kämpfen,

(Beifall bei der SPD und der CDU)

und nicht mit einem Rattenschwanz von Forderungen auftreten.

Die zwei Änderungsanträge werden wir aus einem ganz einfachen Grund ablehnen: Der Antrag der CDU-Fraktion kämpft – jetzt will ich das Bild wechseln – um einen Patienten, der noch am Leben ist. Diese Änderungsanträge sind Leichenfledderei, und das können wir nicht machen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/0191 auf. Ich frage Sie, wer diesem Antrag seine Zustimmung geben kann. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dieser Antrag doch mehrheitlich abgelehnt worden.