Protokoll der Sitzung vom 05.10.2005

Einflussrechte auf Vergütungen der Geschäftsführer und Vorstände sind dem SMF als Gesellschaftsvertreter bei den Beteiligungsunternehmen des Freistaates grundsätzlich bekannt. Auch der Sächsische Rechnungshof – eine ganz wichtige Aussage – hat als Anwalt der Steuerzahler Prüfungsrechte bei staatlichen Beteiligungen und nimmt sie, wie wir im Zusammenhang mit der Sachsen LB erst vor kurzem festgestellt haben, auch wahr. Sind aber die Ausgangslagen so unterschiedlich, verbietet es sich, Äpfel und Birnen über einen Kamm zu scheren. Für eine generelle Veröffentlichungspflicht und demzufolge für die Zustimmung zu diesem Antrag sehe ich daher keinen Raum.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich erteile der SPDFraktion das Wort. Herr Abg. Pecher.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Fangen wir einmal damit an, was Ziel und Bedeutung dieses Corporate Government Codex, dieser freiwilligen Selbstverpflichtung, bei Aktiengesellschaften ist. Die Bedeutung ist: Er verdeutlicht die Rechte der Aktionäre, die der Gesellschaft das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung stellen und damit das unternehmerische Risiko tragen. Das Ziel dieses Kodex ist es, das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften und damit insbesondere in das duale Führungssystem zu fördern.

Im Punkt 4.2.4 steht: Die Vergütung der Vorstandsmitglieder soll im Anhang des Konzernabschlusses, aufgeteilt nach Fixum usw., veröffentlicht werden. Nun gibt es das Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz. Warum gibt es das? Der Grund ist relativ einfach, und es steht auch so drin: Die bisherige freiwillige Selbstverpflichtung im Rahmen des Kodex reicht nicht aus. Das Ziel, die Lösung besteht in der Einführung einer gesetzlichen Pflicht der Offenlegung individueller Vorstandsvergütungen im Anhang zum Jahres- bzw. Konzernabschluss. Aber: Die Hauptversammlung der börsennotierten Aktiengesellschaften kann mit einer qualifizierten Mehrheit mehr als fünf Jahre von der Offenlegung absehen. Insbesondere ist auf § 286 Abs. 4 HGB zu verweisen, wobei ausdrücklich in nichtbörsennotierten Gesellschaften die Individualisierung unterbleiben kann.

Kommen wir nun zu den Hauptargumenten, warum eine Offenlegung bei börsennotierten Aktiengesellschaften grundsätzlich Sinn macht. Die Verpflichtung zur individuellen Offenlegung dient der Information der Aktionäre und Eigentümer. Grund für die Offenlegung ist die Vergütungs- und Kontrollhierarchie in Aktiengesellschaften. Der Aufsichtsrat setzt die Vergütung für den Vorstand fest. Der Aufsichtsrat wird in dieser Funktion von der Hauptversammlung überwacht. Bei weltweitem Aktienbesitz und in der Regel anonymem Aktienbesitz und bei eventuell nur einer Hauptversammlung im Jahr ist eine Kontrolle des Aufsichtsrates ungleich schwieriger und aufwändiger als in anderen Gesellschaftsformen, zumal sich die Aktionäre weltweit schwer ein Bild machen können, was die zusammengefassten Ergebnisse für das Unternehmen bedeuten.

Die Offenlegung soll demnach ausschließlich zur Disposition der Eigentümer stehen. Ein zweites Argument ist: Tausende weltweit verstreute Eigentümer einer Aktiengesellschaft zu informieren wäre ein nicht zumutbarer Aufwand für die entsprechende Aktiengesellschaft, von der anonymen Struktur abgesehen. Selbst wenn es gelänge, alle individuell über die Vorstandsgehälter zu infor

mieren, wäre es fast von der Publizität her so, als wenn es gleich veröffentlicht werden würde. Dies ist der Grund, warum das Offenlegungsgesetz verabschiedet worden ist für – und nur dafür – börsennotierte Aktiengesellschaften. Wenn man dies akzeptiert, dann sprechen insbesondere bei GmbHs genauso drei Gründe für eine Offenlegung dagegen. Im Übrigen: Wir haben 18 GmbHs mit direkter Mehrheitsbeteiligung im Freistaat Sachsen, bei denen man den § 286 HGB aushebeln und als Freistaat für eine Offenlegung vorangehen könnte: 18, darunter vier Aktiengesellschaften, worunter eine voraussichtlich unter das Offenlegungsgesetz von Haus aus fällt, nämlich die Mitteldeutsche Flughafen AG mit 67 % Beteiligung.

Es gibt also bei einer GmbH meist nur zwei, drei, vier, fünf, sechs Gesellschafter, die in der Regel auch noch regional verbunden sind und wirken, nicht tausend Aktionäre und schon gar nicht anonym. Danach ist die individuelle Information der Eigentümer, der Gesellschafter einer GmbH, kein unzumutbarer Aufwand, und sie können, werden und machen es, darauf bestehen, zumal sie in der GmbH größere Rechte haben, da sie in der Regel selbst über die Geschäftsführung bestimmen. Die Eigentümerversammlung einer GmbH tagt in der Regel öfter. Dementsprechend hat der Aufsichtsrat einer GmbH, zumal er in einer GmbH optional ist, nicht dieses Alleinstellungsmerkmal wie in einer börsennotierten AG.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Danke, Herr Pecher. – Sie haben wunderbar dargelegt, dass die Kontrollrechte eigentlich durch den Eigentümer und durch die Hauptversammlung hergeleitet werden. Ich frage Sie: Wer ist der Eigentümer, oder wer stellt die Hauptversammlung dar, wenn es um das Eigentum des Freistaates geht?

Ich komme darauf zurück.

Gesellschaftsvertreter sind ja zum Beispiel Herr Metz oder Herr Jurk.

Ich komme darauf noch zurück.

Die Frage ist: Wie kommen die Eigentümer zu ihren Rechten, sodass sie die Möglichkeit haben, von diesen Entscheidungen, die Sie auch schon dargestellt haben, informiert zu werden? Denn das ist ja das Recht, was bisher zumindest den Abgeordneten vorenthalten wird.

Die Frage ist, ob die Abgeordneten die Eigentümer sind.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Ja, das sind sie!)

Ich glaube, das sind sie rechtlich nicht.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Wir alle zusammen!)

Ich unterstelle, das Ziel ist eine Diskussion darüber, wer mehr und wer weniger hat, ohne in der Lage zu sein abzuwägen, was der Mensch dafür machen und welche Leistungen er erbringen muss. Das ist frei agiert nach dem Plakatslogan „Luxus für alle“. Wahrscheinlich wird man dann nach der Offenlegung mit der Hartz-IV-Keule kommen und ausrechnen, wie viele Hartz IV-Empfänger für das Gehalt eines Vorstandes bezahlt werden könnten. Das ist Offenlegung auf „Bild“-Zeitungsniveau, und zwar frei nach dem Motto: Gebt allen alles! Dabei vergisst man vollkommen, dass dann in der Regel niemand etwas hat.

Nein. Die Frage ist, ob Abgeordnete Eigentümer einer GmbH sind. Ich glaube, rechtlich sind sie das nicht.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Herr Metz ist gesellschaftlicher Vertreter, aber er ist nicht Gesellschafter!)

Er ist Gesellschafter, Vertreter des Gesellschafters Freistaat Sachsen, nicht die Abgeordneten.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS: Er ist doch nur gewählt worden!)

Ich möchte mich jetzt nicht auf diesen Streit, ob die Abgeordneten Gesellschafter des Freistaates Sachsen sind, einlassen. Ich bin kein Jurist. Ich kann dazu fachlich keine Aussage treffen. Aber ich glaube, rechtlich sind sie es nicht.

Dieser Antrag ist abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteile der NPDFraktion das Wort. Herr Abg. Delle.

Ich möchte gern einmal auf das in Berlin vorgelegte Gesetz zur Offenlegung der Vergütungen eingehen. Dort steht interessanterweise im Absatz 1: „Es sind verbindliche Vereinbarungen über die Unternehmensziele, deren operative Konkretisierung und Umsetzung sowie deren Kontrolle vorzusehen.“ Erst im Absatz 3 steht etwas über die Offenlegung. Das heißt, Berlin geht durchaus einen vernünftigen Weg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. Es bedarf meines Erachtens auch nicht allzu vieler Worte, da das Bestreben nach Transparenz bei staatlichen Unternehmen im wirtschaftlichen Bereich eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Nach diesem Antrag – wenn er denn angenommen würde – bekämen zweifelsohne die Beteiligungsberichte eine neue Qualität, die von allen Akteuren hier in diesem Hause angestrebt werden sollte.

Die Einschätzung, ob Gehälter gerechtfertigt sind oder nicht, bedarf der Einschätzung der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, seines Marktumfeldes, seiner Ausgangslage sowie seiner Unternehmensziele. Erst muss ich einschätzen, was das Unternehmen macht, um beurteilen zu können, ob die Gehälter gerechtfertigt sind – nicht anders herum.

Gerade in Zeiten sinkender Reallöhne, in Zeiten, in denen breite Teile des Volkes zum Verzicht aufgefordert werden und zu immer schlechteren Konditionen und unter Lohnverzicht Zusatzleistungen erbringen müssen, ist es mehr als gerechtfertigt, ich meine sogar ethisch geboten, von staatlicher Seite her der Allgemeinheit einen Einblick zu gewähren, der es ermöglicht, Leistung und Entgelt abzuwägen.

Wir werden – auch aus den Erfahrungen mit der Sächsischen Landesbank heraus – dafür sorgen, dass in den Beteiligungsbericht genau diese Konkretisierungen hineingehören und dort klar das Risikomanagement, die Unternehmensstrategie, die Unternehmensziele und die Sinnhaftigkeit des Unternehmens aufgezeigt werden müssen. Danach können wir darüber reden, ob und in welchem Bereich eine Offenlegung Sinn macht. Dabei sind das angesprochene Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der § 286 HGB zu beachten.

Dies trifft in der Tat umso mehr zu, nachdem im Bundestag ein Gesetzentwurf zur Offenlegung der Vorstandsvergütungen eingebracht wurde, da der Staat natürlich keineswegs hinter die Wirtschaft zurückfallen sollte, allein seiner Glaubwürdigkeit willen.

Vor diesem Hintergrund kann der Sinn oder die Notwendigkeit einer Offenlegung nur im Einzelfall diskutiert werden, wenn man den Landtag letztlich als Weisungsbefugten – Eigentümer – der Regierung in ihrer Gesellschafterfunktion betrachtet. Selbst hier besteht die Möglichkeit, mit Dreiviertelmehrheit von dieser Offenlegung abzusehen.

Gesellschaftliche Selbstregulierung heißt auch Kontrolle und Transparenz. In diesem Sinne sind die Corporate- Governments-Reformbestrebungen umzusetzen. Dort, wo in der freien Wirtschaft Interessen der Aktionäre Platz greifen, sind es bei Unternehmen mit Beteiligung des Staates analog die Interessen des Volkes.

Ich möchte die Mängel des PDS-Antrages zusammenfassen: Punkt 3 ist erledigt. Zu den Punkten 2 und 3 lässt sich sagen: Genau die richtige Einschätzung, ob Gehälter sinnfällig sind oder nicht, welche Leistung dahinter steckt, findet im PDS-Antrag keinerlei Niederschlag.

Darüber hinaus sollte der Freistaat mit diesem Antrag die Chance ergreifen, einen politischen Beitrag zur allgemeinen Akzeptanz der Corporate-Governments-Prozesse zu leisten. Den hier schon mehrfach geäußerten individuellen Befürchtungen hinsichtlich einer damit einhergehenden Beschneidung von Leistungsentgelten sei entgegengehalten, dass diese auch zukünftig nur vom Ergebnis der

Arbeit abhängen werden, und zwar ganz nach dem geflügelten Wort: Exzellenz verträgt auch Transparenz.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort. Herr Abg. Morlok.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, zu Beginn ist es wichtig klarzustellen, dass heute und hier die Sitzung des Sächsischen Landtages stattfindet und nicht irgendeine Gesellschafterversammlung von einer sächsischen Beteiligung.

(Beifall bei der FDP)

Ich denke, das ist für das Grundverständnis sehr wichtig.

Wir haben uns als FDP auf der Bundesebene gegen das Offenlegungsgesetz ausgesprochen, und zwar aus guten Gründen. Ich will die Diskussion dazu in diesem Zusammenhang nicht noch einmal wiederholen.

Ich möchte darauf eingehen, welchen Fehler Sie begehen, wenn Sie diese Diskussion im Zusammenhang mit den Aktiengesellschaften auf die öffentlichen Beteiligungen übertragen. Man muss sich fragen, inwieweit der Freistaat oder auch die Kommunen an Unternehmen beteiligt sein sollten. Das kann man hinterfragen. Man kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass man sie privatisiert.