Matthias Möhle

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Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Wahrscheinlich wäre es am sinnvollsten, wenn wir jetzt in einem Sitzkreis versuchen würden, das weitere Vorgehen in einem offenen Gespräch zu klären.
Ich stelle zunächst einmal fest, dass Tarifflucht nun gegendert werden muss. Das ist die Anregung von Herrn Dürr, die ich hier mitgenommen habe.
Zum Zweiten möchte auch ich gerne aus meinem Familienumfeld berichten. Meine Frau arbeitet im Krankenhaus im Schichtdienst, und ich bin von 1983 an bis zu meinem Einzug in den Landtag selbstständiger Facheinzelhändler mit einem inha
bergeführten Betrieb gewesen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass wir es damals nie geschafft haben, genügend Leute zu finden, die wir an unserer Stelle so richtig ausbeuten konnten. Wir mussten das immer selber machen.
Ich komme zur Sonntagsöffnung. Ich habe auch als Einzelhändler nichts gegen die Sonntagsöffnung gehabt. Ein oder zwei Sonntage im Jahr konnte man das ganz gut hinbekommen. Aber wenn es dann vier oder mehr Sonntage wurden, wurde es eng. Und wenn die Frau an dem Sonntag, an dem man gerade frei hatte, arbeiten musste, war es mit dem Familienleben irgendwann vorbei. Ich bin übrigens nie auf die Idee gekommen, dann, wenn ich abends frei hatte, nachdem die Kinder ins Bett gebracht worden sind und man gemeinsam Zeit hat, einkaufen zu gehen.
Hier sind also Interessen gesundheitlicher und sicherheitstechnischer Natur, also die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit der Lebenswirklichkeit im Einzelhandel und dem Verbraucherverhalten abzuwägen. Das unter einen Hut zu bekommen, scheint mir - da gebe ich Frau Helmhold Recht -, zum x-ten Male verhältnismäßig schwierig zu sein.
Aus persönlicher Sicht sehe ich hier drei Themen, die es nacheinander abzuarbeiten gilt.
Das erste Thema ist die Erosion des Sonntagsschutzes, die sich über die letzten Jahre ergeben hat und der wir dringend entgegentreten müssen. Aus meiner Sicht kann es nicht sein, dass am Sonntag jeder das machen kann, was er will. Nach meiner Kenntnis gibt es zurzeit noch keine vernünftigen Daten, die es uns erlauben, wirklich aussagekräftige Rückschlüsse zu ziehen, inwiefern und wie sehr das am Sonntag - über das Maß hinaus, das wir alle vielleicht einmal bei zähneknirschend zustande gekommenen Kompromissen gefunden haben - Auswirkungen hat. Insofern denke ich, dass wir abwarten sollten, bis die Anfrage, die die Kollegin Renate Geuter freundlicherweise an die Landesregierung gestellt hat - dabei geht es um die Frage, wie es denn im Einzelhandel mit Wildwuchs bei Sonntagsöffnungen aussieht -, beantwortet wird. Das kann, Frau Prä
sidentin und meine Damen und Herren, dann in die Beratungen des Sozialausschusses einfließen.
Das zweite Thema sind die Öffnungszeiten an Werktagen, auch an Samstagen. Da kann man sich sicherlich auf eine Kompromissformel einigen. Es ist sicherlich nicht nötig, nach 22 Uhr oder 24 Uhr noch in einen Edeka-Markt fahren zu können. Hier gibt es eine Menge zu bereden, und einiges ist dazu ja auch schon gesagt worden.
Ich komme zu dem letzten Thema, das mich umtreibt. Dabei geht es um die Unterscheidung zwischen Ausflugsorten auf der einen Seite und Kur- und Wallfahrtsorten sowie Erholungsorten auf der anderen Seite. Ich fürchte, wenn wir dieses gesamte Gebilde wieder aufdröseln, wird der Gesetzentwurf der Diskontinuität zum Opfer fallen - aber das wäre vielleicht gar nicht das Schlimmste.
Wir werden darauf achten, mit den einzelnen Punkten im Ausschuss möglichst sinnvoll umzugehen und Kompromissfähigkeit zu zeigen. Wir sind sehr gespannt.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister Sander, woher nehmen Sie Ihre Information, dass man sich nicht um Wirtschaftlichkeit bemüht, wenn Abfallwirtschaft kommunal betrieben wird? Das empfinde ich als Beleidigung jeglicher Kommunalos.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Dr. Sohn, Sie müssen nicht glauben, dass ich über jedes Stöckchen springe, das Sie mir hinhalten. Aber es ist mir schon wichtig, in diesem Raum festzuhalten, dass ich erstens natürlich hinter meinem Landrat stehe und zweitens ohne Dolch. Drittens habe ich als langjähriger Kreistagsabgeordneter natürlich dafür Sorge getragen, dass wir unseren Landrat, Franz Einhaus, bei diesem Gesetzentwurf entsprechend mit einbeziehen. Er ist mit ihm abgestimmt, wenngleich solche Geschichten auch nicht immer ganz ohne Knirschen abgehen. Aber auch der Landrat sieht darin nicht den Zwang zur Fusion mit Braunschweig oder jemand anderem, sondern einfach nur die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit dem ZGB und innerhalb des ZGB zu intensivieren.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Siemer, Sie haben diese vier Projekte angesprochen. Können Sie sagen, wie viele Studierende sich hinter diesen Projekten verbergen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich hätte gerne zwei Fragen gestellt.
Erstens. 2010 ist das europäische Jahr zur Armutsbekämpfung. Ich möchte die Landesregierung fragen, welche konkreten Maßnahmen sie zur Armutsbekämpfung in diesem europäischen Jahr durchgeführt hat.
Meine zweite Frage - wenn ich darf, Frau Präsidentin -: In Anbetracht des immer noch viel zu hohen Niveaus der Armutsquote von 14,5 % möchte ich gerne wissen, welche konkreten Schritte die Landesregierung plant, dieser Armut entgegenzuwirken, welche Ziele sie verfolgt und welche Schritte dazu in nächster Zeit notwendig sind.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe aus den Reihen meiner Fraktion den dezenten Hinweis erhalten, dass ich mich in meinem Redebeitrag auf das Nötigste beschränken sollte.
Insofern will ich auf die durchaus umfassenden Anregungen der Kollegin Mundlos und den sehr interessanten Beitrag des Kollegen Riese, über den ich wohl noch lange nachdenken muss, nicht weiter eingehen, sondern es kurz machen.
Die Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut gehört zweifelsohne zu den dringenden sozialpolitischen Aufgaben. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Bemessung der SGB-IIRegelsätze macht das wieder einmal deutlich. Das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010 soll das Bewusstsein für diese Problematik nicht nur in der breiten Öffentlichkeit schärfen, sondern vor allem auch in den Regierungen. Dazu liegen uns die beiden Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE vor, auf die ich im Folgenden kurz eingehen möchte.
Die Notwendigkeit von qualitativ hochwertiger Berichterstattung als Handlungsgrundlage, wie sie die Fraktion DIE LINKE einfordert, wird auch von der SPD seit Langem erkannt. Dazu gehören im Übrigen aber auch ein Kinderschutzbericht und eine qualifizierte sozialpsychologische Berichterstattung. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Redebeiträge von vergangenem Dienstag.
Genügend alarmierende Daten liegen uns allerdings schon jetzt vor. Frau Helmhold hat es angesprochen: Wie die am Mittwoch erschienene Studie des DIW belegt, lebten im Jahr 2008 11,8 Millionen Deutsche in Armut. Das bedeutet für Niedersachsen fast 15 %. Jedes fünfte Kind ist davon betroffen. Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden mit Kindern unter drei Jahren liegt bei über 50 %, und das in einer der reichsten Industrienationen der Welt.
Die wesentlichen Ursachen für Armut können wir benennen. Allein, zusätzliche Expertengruppen helfen uns in der jetzigen Situation nicht weiter, wir brauchen vielmehr Taten. Eines muss doch klar
sein: Die Bekämpfung von Armut gelingt nur mit einem umfassenden Gesamtkonzept. Eine bedarfsdeckende und gerechte finanzielle Unterstützung von Familien muss mit einer Politik für gute Arbeit und Entlohnung verbunden werden.
Die Schaffung bzw. Erhaltung einer leistungsfähigen Infrastruktur vor Ort und die Verbesserung der Chancengleichheit in der Bildung für alle Kinder sind weitere dringende Aufgaben. Insbesondere die Gruppe der Alleinerziehenden dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.
Der weitergehende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist insofern durchaus zielführender, weil Handlungsfelder klar beschrieben werden: Wo können wir ansetzen? Welche Maßnahmen sind im Kampf gegen die Armut geeignet? Welche Strukturen müssen geändert oder aber gegebenenfalls aufgebaut werden? - Natürlich müssen die Regelsätze für Kinder angepasst werden, und wir müssen den zukünftigen Umgang mit den pauschalierten Sonderbedarfen klären.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine gute Waffe gegen Kinderarmut ist eine gute Arbeit für die Eltern, von der sie sich und ihre Kinder ernähren können. Dafür brauchen Eltern zum einen die Möglichkeit, Berufstätigkeit und Familie unter einen Hut zu bringen, und zum anderen gute Arbeit und Entlohnung. Es darf nicht sein, dass Eltern den ganzen Tag hart arbeiten und dann trotzdem mit ALG II aufstocken müssen, weil ihr Arbeitgeber Hungerlöhne zahlt.
Ich weiß noch nicht, ob die Einsetzung einer Mindestlohnkommission, wie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gefordert, die geeignetste Maßnahme ist. Das Urteil des Verfassungsgerichts macht jedoch klar: Schwarz-Gelb muss die ideologische Blockade aufgeben und einen gesetzlichen Mindestlohn einführen.
Wir brauchen ein Lohnabstandsgebot von oben. Gute Arbeit muss ordentlich bezahlt werden.
Wenn wir von Armut reden, meine Damen und Herren, reden wir zuallererst über Armut von Kindern. Kinderarmut ist meistens mehr als materielle Armut. Sie ist meistens auch Armut an Chancen, vor allem an Bildungschancen. In keinem anderen Industrieland ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen so ausgeprägt wie in Deutschland. Oberstes Ziel muss es daher sein, allen Kindern gleiche Chancen auf beste Bildung zu geben, damit sich Familienarmut nicht vererbt und negativ auf die Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen niederschlägt.
Die schwarz-gelbe Koalition streitet seit Wochen um das geplante Betreuungsgeld. Der schwarzgelbe Koalitionsvertrag sieht vor, 2013 eine Prämie für Eltern einzuführen, deren Kinder nicht in einer Kita betreut werden. Schwarz-Gelb streitet darüber, ob das Betreuungsgeld in bar oder in Form von Gutscheinen ausgegeben werden soll. Aber dieses Koalitionsgezänk geht am Kern des Problems vorbei. Denn unabhängig von der Form hätte ein Betreuungsgeld katastrophale Konsequenzen. Es setzt falsche Anreize vor allem für sozial schwächere Familien, deren Kinder von frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten ferngehalten werden. Damit wird Bildungsarmut verschärft und wird Chancengleichheit verhindert. Das Betreuungsgeld wäre eindeutig eine bildungspolitische Fehlinvestition.
Wir fordern deshalb, auf das Betreuungsgeld zu verzichten und besser in die frühkindliche Bildung zu investieren. Das Geld wäre bei Krippen und Kita-Plätzen sehr viel besser aufgehoben.
Eine gemeinsame Beschulung aller Kinder in Ganztagsschulen mit einem gemeinsamen Mittagessen wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Das kann sich hierzulande allerdings etwas schwierig gestalten, wenn nicht einmal das kostenlose Verteilen von Schulobst möglich sein soll.
Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit und die Einführung von Studiengebühren haben nicht gerade dazu beigetragen, der Chancengleichheit im Bildungsbereich näherzukommen - und das, obwohl wir doch wissen, dass gerade die Bildung eine Schlüsselfunktion im Kampf gegen die Armut hat. Nur genügend Qualifizierte werden in einer technologisch immer komplizierter werdenden Arbeitswelt ihren Weg gehen können.
Frau Helmhold, den Bildungssoli zur Mitfinanzierung bildungspolitischer Aufgaben fordern wir als SPD seit Jahren, wobei ich doch gelegentlich zweifele: Solange die schwarz-gelbe Bundesregierung Steuergeschenke in Milliardenhöhe verteilt, muss eigentlich Kohle genug da sein.
Nichtsdestotrotz sehe ich eine grundsätzliche Übereinstimmung mit vielen Punkten des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen nicht, dass am Ende der Staat die Reparaturkosten für eine verfehlte Politik bezahlen muss. Hilfen für Kinder und Jugendliche können die Ursachen der Armut bekämpfen und kurieren nicht nur deren Symptome.
Insbesondere die Lage betroffener Kinder und ihrer Familien erfordert eine rasche, konzertierte Aktion aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte. Denn jedes Jahr, in dem wir nicht handeln, ist ein verlorenes Jahr.
Vielen Dank.
Herr Kollege Riese, natürlich ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht in dieser Weise auszulegen; das habe ich auch nicht behauptet.
- An dieser Stelle bin ich völlig an Ihrer Seite, an dieser speziellen Stelle schon.
Um ansonsten die ganze Diskussion, die in den letzten Wochen und vor allen Dingen in den letzten Tagen gelaufen ist, auf den Punkt zu bringen: Sprüche wie „Wer arbeitet, soll mehr kriegen als einer, der nicht arbeitet“ sind populistische Ansätze,
die, Herr Kollege Riese, beispielsweise einem Parteifreund von Ihnen in Cuxhaven richtig zu schaffen machen. Ich weiß nicht, ob Sie schon gehört haben, dass der Vorsitzende des Kreisverbandes Cuxhaven von allen Ämtern zurückgetreten ist. Auch sein Schriftführer hat das getan und ist gleichzeitig aus der Partei ausgetreten.
Ich kann Ihnen nur raten, bei dieser Geschichte nicht immer nur auf Simplifizierung zu achten, sondern auch einmal ein bisschen komplizierter zu denken und nicht so schmalspurig.
Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Ministerin, Sie sprachen eben schon die Werbe- und Imagekampagnen für Ausbildungen im Bereich der Altenpflege an. Diese Kampagnen laufen schon seit 2003. Gibt es konkrete Hinweise darauf, dass aufgrund
dieser Imagekampagnen neue Ausbildungsplätze geschaffen worden sind?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland braucht mehr Akademikerinnen und Akademiker. Auch Niedersachsen wird in Zukunft einen größeren Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften haben. Geht es nach dem Willen von Bund und Ländern, dann sollen 40 % der Kinder eines Altersjahrganges zu einem Studium geführt werden.
Wir brauchen mehr Hochqualifizierte.
Das ist im Interesse unser Wirtschafts- und Innovationskraft. Über diese Zielsetzung besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung. Über die Frage, in welcher Art und Weise dieses Ziel sinnvoll verfolgt wird und unter Anwendung welcher Instrumente möglichst effizient mit den vorhandenen Ressourcen umgegangen wird, wird noch zu reden sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, inwieweit bestimmt die soziale Herkunft eines Menschen seine Chancen auf ein Studium? Wie wichtig ist der Bildungsstand der Eltern? Wie gestaltet sich die Verwendung der Studiengebühren? Wie viele Studierende beenden ihr Studium? Was machen sie anschließend? - Das sind die zentralen Fragenkomplexe, die uns bewegen und die im Zusammenhang mit der uns heute vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage behandelt werden sollten.
An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses für die geleistete
Arbeit bei der Beantwortung der zum Teil sehr umfangreichen Fragestellungen danken.
Die Antworten bestätigen unsere Sorgen um die Entwicklung der Zahl der Studierenden in Niedersachsen in vollem Umfang. Im Rahmen des Hochschulpaktes muss Niedersachsen bis zum Jahre 2010 insgesamt 11 210 zusätzliche Studienanfänger gewinnen. Das ist Ihnen, Herr Minister Stratmann, bekannt. Ich habe das Gefühl, Sie verdrängen das gelegentlich. Schon im Jahr 2007 ist das Zwischenziel nicht erreicht worden und, wie wir seit letzter Woche nach einer Meldung des Statistischen Bundesamtes wissen, auch 2008 nicht. Auch 2008 hinkt Niedersachsen weit hinter der im Hochschulpakt vereinbarten Zielmarke von 2003 hinterher. Ein Plus von 3 000 Studierenden wäre 2008 nötig gewesen. Real waren es gerade einmal 1 166. Das, sehr geehrter Herr Minister Stratmann, reicht bei Weitem nicht aus.
Auch wenn Sie den Anstieg der Studienanfängerquote um 4,3 % in einer Presseerklärung als Erfolg feiern, ist dies nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite zeigt nämlich den Bundesdurchschnitt, der immerhin 7 % beträgt. Die Studienanfängerquote, also der Anteil der Studienanfänger an der gleichaltrigen Bevölkerung, beträgt in Niedersachsen lediglich 30,3 %. Zum Vergleich: Die bundesweite Quote beträgt 39,3 %. Wir liegen hier mit neun Prozentpunkten Rückstand deutlich dahinter. Statt angesichts dieses Rückstandes etwas nachdenklich zu werden, feiern Sie Ihre Studiengebühren ab.
Wie Sie diese katastrophale Entwicklung der Studienanfängerquote als das erfolgreiche Resultat der Einführung von Studienbeiträgen erklären wollen, ist mir absolut schleierhaft. Sie haben die Latte nicht einmal gerissen; Sie sind deutlich darunter durchgeflogen.
Sie verweisen auf den doppelten Abiturjahrgang und den damit verbundenen Anstieg der Studierendenquote und der Studienanfängerquote. Dies ist aber nur ein Einmaleffekt. Unter dem Strich beginnen doch nicht mehr junge Menschen eines Altersjahrgangs ein Studium. Es fangen einfach nur zwei Abiturjahrgänge gleichzeitig mit dem Studium an, und auch das nur, wenn es gelingt, für
jede Studierwillige und jeden Studierwilligen einen entsprechenden Studienplatz anzubieten. Das muss gelingen, weil wir genau diese jungen Menschen brauchen.
Nur sehe ich das leider längst noch nicht als gesichert, schon gar nicht in Niedersachsen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zu dem eigentlichen Skandal unseres Bildungssystems.
- Nicht Sie, Herr Nacke. Sie sind kein Skandal.
Die 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zeigt deutlich: Die individuelle Begabung eines Kindes ist nicht entscheidend für die Frage, ob es ein Hochschulstudium aufnimmt. Entscheidend ist der Bildungsstatus der Eltern, und ganz entscheidend ist der Hochschulabschluss der Eltern. Das müssen wir ändern.
Ich möchte einige wichtige Daten nennen. 17,7 % der Eltern der Studierenden in Niedersachsen verfügen über einen Hauptschulabschluss, 30,2 % über die mittlere Reife und 50,1 % über die Hochschulreife. 31,4 % der Eltern der Studierenden in Niedersachsen haben einen Facharbeiterabschluss oder eine abgeschlossene Lehre, 22,3 % haben eine Meisterprüfung absolviert oder einen Fachhochschul- oder Technikerabschluss erworben, 43,5% der Eltern haben einen Hochschulabschluss erreicht.
Was heißt das? - Ganz entscheidend ist der Bildungsabschluss des Vaters. Kinder von Akademikern schaffen zu 83 % den Hochschulzugang, während die Kinder von Nichtakademikern nur zu 23 % dieses Ziel erreichen. Man ist versucht, jedem Kind einen Beamten mit Hochschulabschluss zum Vater zu wünschen. Das lässt die Chancen auf einen Hochschulzugang auf stolze 95 % anwachsen. Das kann doch wirklich nicht sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt ihn leider immer noch, den Bildungstrichter, die mehrfache Selektion, in deren Ergebnis die Chancen der Kinder von Akademikern und der von Nichtakademikern deutlich auseinanderdriften. Es zeigt sich sehr deutlich, dass die Rekrutierungspotenziale bei den Kindern aus bildungsnahen
Schichten nahezu vollständig erschöpft sind. Da ist nicht mehr viel zu holen.
Aber wie kann es gelingen, die zusätzlichen Studierenden, die wir so dringend brauchen - nämlich diejenigen, deren Eltern weder ein Abitur noch ein abgeschlossenes Studium vorweisen können -, für ein Hochschulstudium zu gewinnen? - Die Antwort der Landesregierung: Weiterführung des sogenannten Zukunftsvertrages, Schaffung zusätzlicher Studienmöglichkeiten für die Absolventen des doppelten Abiturjahrgangs und das Hoffen auf zusätzliche Bundesmittel für mehr Personal in der Lehre. - Das hört sich zunächst gut an. Natürlich müssen die Qualität der Ausbildung an den Hochschulen und der Studienerfolg verbessert werden. Aber die Voraussetzungen für mehr Studierende aus den gerade angesprochenen Bereichen verbessern Sie hierdurch natürlich nicht.
Deshalb reicht das so nicht aus, Herr Minister Stratmann. Wenn wir nach der Welle des doppelten Abiturjahrgangs die Studienanfängerquote von 40 % nachhaltig halten wollen, müssen wir doch zunächst einmal die Voraussetzungen für junge Menschen schaffen, ein Studium überhaupt anzustreben. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Dafür brauchen wir mehr Chancengleichheit auf dem Weg zur Hochschulbildung und weniger soziale Selektivität auf dem Weg dahin.
Natürlich fängt das schon in der Schule an. Herr Minister, ich billige Ihnen gerne zu, dass das, was auf dem Weg dahin alles schief läuft, nicht immer in der Verantwortung Ihres Ressorts liegt. Es liegt in der Verantwortung der gesamten Landesregierung, und die sieht tatenlos zu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Voraussetzung für mehr Studierende sind mehr Abiturienten. Dafür müssen wir die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems erhöhen, um noch mehr junge Menschen zum Abitur führen zu können. Genau das passiert zurzeit aber gerade nicht.
Ein weiterer Punkt betrifft die Finanzierbarkeit eines Hochschulstudiums. 40 % der derzeit Studierenden sehen ihre Studienfinanzierung als tendenziell unsicher an. Einen Job neben dem Studium auszuüben, ist im engen Zeitraster der Bachelor- und Masterstudiengänge kaum mehr machbar. Deshalb müssen jetzt die finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen sich
auch Kinder einkommensschwacher Eltern ein Studium ohne Nebenjob leisten können. Die holen wir nur mit einem starken BAföG und einem Verzicht auf die Erhebung von Studienbeiträgen an die Hochschulen.
Meine Damen und Herren, ich möchte dem nächsten Tagesordnungspunkt nicht unnötig vorgreifen. Frau Dr. Andretta wird auf das Thema der offenen Hochschule noch eingehen. Nur der Vollständigkeit halber ein paar Sätze: Es muss doch auch unser Ziel sein, mehr Quereinsteiger für ein Studium zu gewinnen. Gut ausgebildete Techniker, Meister und Kaufleute sind doch ein Potenzial, um das es sich mit kreativen Konzepten zu werben lohnt. Der Anteil der beruflich Qualifizierten unter den Studierenden ist auf 1,65 % gesunken. Warum ist ein Studium für diese Zielgruppe so wenig interessant? - Sicherlich liegt es auch an der mangelnden Durchlässigkeit von der Berufsbildung zur Hochschule. Ich bin überzeugt, dass Niedersachsen es sich im Hinblick auf Innovationskraft, im Hinblick auf Wachstum und die nachhaltige Sicherung des Wohlstands im Land nicht leisten kann, diese Potenziale zu verschenken.
Zusammenfassend möchte ich sagen: super Material, von hervorragenden Mitarbeitern zusammengestellt. Wir warten auf die konzeptionelle Umsetzung.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Mundlos, was die redaktionellen Änderungen angeht, sind wir absolut bei Ihnen. Ansonsten gibt es natürlich auch in dieser Frage unterschiedliche Formen der Wahrnehmung. Ich schildere Ihnen die der SPD.
Eigentlich wäre es ganz einfach gewesen, den Sonntagsschutz zwar nicht vollständig wiederherzustellen, aber sich doch zumindest einigermaßen wieder an ihn zu erinnern, und wie nebenbei eine nicht nur in der Region Braunschweig massiv kritisierte Verwerfung des Wettbewerbs im Einzelhandel zu begradigen. Es wäre eigentlich nicht schwer gewesen, aus den Erfahrungen der vergangenen knapp zwei Jahre seit der Einführung der Sonderregelung für Ausflugsorte und aus den Reaktionen der Verbände, der Kommunalpolitik, der Kirchen und natürlich der Beschäftigten die Konsequenz zu ziehen.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat es gemerkt. Die Bürgermeister der Mittelzentren in der Region Braunschweig hatten eine gemeinsame Resolution verabschiedet - übrigens über Parteigrenzen hinweg - und ihrem Ärger über die wettbewerbsverzerrende Ungleichbehandlung der niedersächsischen Innenstädte Luft gemacht, übrigens mit deutlichen Hinweisen auch auf den nicht zuletzt kirchlich gebotenen Schutz der Sonn- und Feiertage.
- Doch, Herr Rolfes, das stimmt. - Auch die IHK machte noch einmal richtig Druck und forderte in
einer Entschließung des Handelsausschusses die Streichung der Sortimente Bekleidung und Schmuck aus dem Warenkorb. Schon im Juni letzten Jahres - ein gutes Jahr nach Einführung der jetzigen Sonntagsregelung - fing ein vorsichtiges Zurückrudern der Regierung an. In einer Presseerklärung von Frau Ross-Luttmann und Herrn Hirche hieß es:
„Sollte sich im Evaluationszeitraum ergeben, dass die geltende Regelung den Sonn- und Feiertagsschutz gefährdet oder etwa die Ausdehnung des Warenkorbs für Ausflugsorte zu einer ungewollten Beeinträchtigung oder zu größeren Wettbewerbsverzerrungen insbesondere durch großflächige Einkaufsmärkte führt, werden wir nicht zögern, eine Gesetzesänderung einzuleiten.“
Auch Frau Kollegin Mundlos mit der Stadt Braunschweig hinter sich schloss sich umgehend an. Ich zitiere nochmals:
„Bevor hier ein Flächenbrand entsteht, der den Sonntagsschutz restlos unterhöhlt, muss der Gesetzgeber handeln.“
Gut gebrüllt, Löwe! Das ist in der heimischen Löwenstadt sicherlich hervorragend angekommen.
Wohl aufgrund der sich häufenden Kritik sah sich der Ministerpräsident offensichtlich zum Handeln gezwungen und versprach - nicht wirklich in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen und somit eher nach Gutsherrenart -, mit zu vielen Sonntagsöffnungen Schluss zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles war aber nur heiße Luft. Im nahen Wolfsburg sprach der Oberbürgermeister ein Machtwort und brachte allein dadurch die renitente Landesregierung umgehend zur Räson.
Führungsstärke der Regierung, insbesondere des Ministerpräsidenten, sieht anders aus!
- Herr Rolfes, Sie können ja gleich noch reden. - Auch wenn von allen Seiten immer wieder die Um
setzung der angekündigten Gesetzesänderung angemahnt wurde, hat sich die Koalition offensichtlich außerstande gesehen, einen einfachen und vernünftigen, also einen konsequenten Vorschlag zur Umgestaltung des Gesetzes zu machen. Dass bis zum Stichtag, dem 31. März 2010, der Bestandsschutz für die bis jetzt geltende Regelung greift, ist einzusehen. Dass aber danach in Ausflugsorten die doppelte Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage mit vollem Sortiment möglich sein soll, ist überhaupt nicht einzusehen. Ein großer Wurf ist das nicht.
Der jetzt gefundene Kompromiss führt nicht zur Befriedung und wird gleichermaßen von Gegnern wie von Befürwortern der bisherigen Regelung kritisiert. Dieser Kompromiss wird auch die Verwerfungen im Wettbewerb nicht glätten. Die Diskussionen über Ausnahmeregelungen, Sondertatbestände usw. werden sicherlich noch weitergehen. Eine erste Resolution aus Wolfsburg liegt uns ja bereits vor. Der Sonntagsschutz, der eigentlich im Vordergrund stehen sollte, wird weiter ausgedünnt werden.
Sonntagsschutz light - nein, meine Damen und Herren, dem werden wir nicht zustimmen!
Vielen Dank.
Frau Kollegin Jahns, das ist mir natürlich bekannt. Es gibt ja eine ganze Menge Resolutionen; dies war nur ein Beispiel. Ansonsten ist das wieder eine Frage der unterschiedlichen Wahrnehmung. Dass Wolfsburg das etwas anders sieht als die Städte drumherum, verstehen wir alle.
Herr Präsident! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass noch erheblicher Klärungsbedarf besteht, frage ich Sie noch einmal ganz konkret - teilweise haben Sie diese Fragen schon beantwortet -, seit wann, in welchem Umfang und in welcher Form Ihr Ministerium mit den Schwangerschaftsberatungsstellen im Landkreis Osnabrück zusammenarbeitet oder in Verbindung steht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der grundgesetzlich geforderte Schutz der Sonn- und Feiertage findet gerade noch auf dem Papier statt. Das ohnehin von Ausnahmeregelungen völlig durchlöcherte Gesetz über die Ladenöffnungszeiten wird durch die Anerkennung von Ausflugsorten und die damit verbundenen erweiterten Öffnungszeiten zusätzlich torpediert.
Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, dürfen in diesen anerkannten Sonderzonen Sortimente angeboten werden, die mit Tourismus auch im weitesten Sinne nichts zu tun haben. Innenstadtrelevante Sortimente wie Bekleidung und Schmuck haben mit einem typischen, einen Ausflugsort kennzeichnenden Angebot nicht das Geringste zu tun. Frau Meißner, wir unterscheiden schon zwischen Kur- und Bäderorten sowie Ausflugsorten.
Was macht es eigentlich für einen Sinn, wenn ein Designer-Outlet-Center in einer anerkannten Sonderzone an 40 Sonntagen pro Jahr öffnen und sein Angebot an Kleidung und Schmuck anbieten darf und dem Mitbewerber ein paar Meter weiter diese Möglichkeit verwehrt bleibt und er nur noch zuschauen kann? - Die Folge ist eine massive Wettbewerbsverzerrung schon innerhalb eines Ortes, von den Schäden für die Umlandkommunen ganz schweigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in meiner Heimatstadt Peine produzieren wir nicht nur Stahl, Härke-Bier und Schokolade
- sehr lecker! -, wir verfügen derzeit auch noch über eine durchaus funktionierende Einzelhandelsstruktur, gerade in der Innenstadt. Man hat in der Vergangenheit sehr viel Wert darauf gelegt, innenstadtrelevante Sortimente auf der grünen Wiese vor den Toren der Stadt nicht zuzulassen.
Eine vernünftige Kaufkraftbindung, Investitionen im Innenstadtbereich und in der Anzahl noch vertretbare Leerstände in der Fußgängerzone geben dem Einzelhandel noch Entwicklungspotenzial sowie den Einwohnern die Möglichkeit, vor Ort ein vernünftiges Sortiment vorzufinden.
Wenn jetzt nach Wolfsburg, Braunschweig, vielleicht auch Bispingen oder Soltau, wo die potenziellen Betreiber eines FOC davon ausgehen, auch 40 Sonntage im Jahr öffnen zu können, auch noch Celle und Lüneburg anerkannte Ausflugsorte werden sollen, dann gehen in den Innenstädten von Helmstedt, Peine, Gifhorn - um nur einige zu nennen - die Lichter aus.
Meine Damen und Herren, die Leute kaufen nun mal nicht mehr Hosen oder Armbanduhren, weil sie vielleicht am Sonntag zusätzlich die Zeit dazu haben.
Wenn der Bedarf gedeckt ist, meine Damen und Herren, dann ist oftmals auch das Budget aufgebraucht. Und wenn schon Bekleidung und Schmuck angeboten werden dürfen: Wer soll und kann dafür sorgen, dass nicht nach und nach immer mehr Sortimente wie Glas oder Porzellan oder auch Sportartikel angeboten werden?
Meine Damen und Herren, das Angebot von Bekleidung und Schmuck innerhalb des Sonntagsverkaufs hat mit Tourismus nichts zu tun und gehört dementsprechend aus dem Gesetz über die Ladenöffnungszeiten komplett gestrichen.
Wirklich sinnvoll wäre es allerdings, dem DOC in Wolfsburg ausschließlich die ursprünglichen vier verkaufsoffenen Sonntage zu belassen, wie von Kirchen, Einzelhandelsverbänden, Gewerkschaften und der SPD immer gefordert und übrigens von der Stadt Wolfsburg dem Zweckverband Großraum Braunschweig gegenüber auch ausdrücklich zugesagt, damit sich auch im Einzelhandel die Beschäftigten sonntags ausruhen können und damit der Sonntagsschutz mehr ist als eine Worthülse.
Vielen Dank.