Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat das Risiko, dass die für die Anbindung des Flughafens an den Hauptbahnhof notwendige Dresdener Bahn aufgrund von Anwohnerklagen – die durch haltlose Versprechungen des Regierenden Bürgermeisters hinsichtlich eines Bahntunnels in Lichtenrade maßgeblich befördert wurden – nicht termingerecht gebaut werden kann?

2. Welche Vorsorge trifft der Senat für den sehr wahrscheinlichen Fall, dass zur Inbetriebnahme von BBI kein Bahnverkehr zwischen Flughafen und Hauptbahnhof über die Dresdener Bahn möglich ist?

[Unruhe]

Es ist sehr schwierig, die Leute zu überschreien, Herr Präsident!

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Das sind die Grünen! – Uwe Doering (Linksfraktion): Das ist Ihre eigene Fraktion!]

Danke schön, Frau Kollegin Hämmerling! – Wir haben die Frage gut verstanden. Für den Senat antwortet die

Stadtentwicklungssenatorin. – Bitte schön, Frau JungeReyer, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hämmerling! Für beiden Abschnitte der Dresdener Bahn liegen – wie Sie wissen – die Entwurfsplanungen und die notwendigen Planfeststellungsverfahren vor. Die Planfeststellungsverfahren sind eingeleitet.

Zum derzeitigen Sachstand: Für den Abschnitt von der Attilastraße bis zum Schichauweg fand die Erörterung der erhobenen Einwendungen im März 2007 statt – d. h. die Anhörung der Behörden, der sonstigen Träger der öffentlichen Belange, der anerkannten Naturschutzverbände und selbstverständlich auch der privaten Einwender. Die Schwerpunkte betrafen insbesondere den Lärmschutz. Hier muss die Deutsche Bahn nochmals Unterlagen nachbessern.

Für den zweiten Abschnitt – zwischen dem Schichauweg und der Landesgrenze, also im Ortsteil Lichtenrade – geschah die Erörterung bereits im März 2006. Da die Deutsche Bahn ihre Planungen seitdem mehrfach zulasten privater Grundstückseigentümer geändert hatte, bedurfte es jeweils nochmals der Anhörung der Betroffenen unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen praktisch in einer weiteren Runde. Die abschließende Stellungnahme der Anhörungsbehörde wurde im März 2007 dem Eisenbahnbundesamt übermittelt. Das heißt, das Anhörungsverfahren ist abgeschlossen, und das Eisenbahnbundesamt hat über die Einwendungen im Beschluss zu entscheiden. Wir rechnen mit einem solchen Beschluss im Jahr 2008.

Frau Hämmerling! Ich bin sehr froh darüber, Ihnen sagen zu können, dass sich alle Mitglieder des Senats immer – und zwar seit Jahren – für eine Führung der Bahn in Lichtenrade im Tunnel eingesetzt haben. Dies ist auch die Stellungnahme des Landes Berlin in dem jetzt von mir geschilderten Verfahren gewesen. Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir hier die Bürgerinnen und Bürger, die von Lärm in ganz besonderer Weise betroffen sind, auf eine solche Weise unterstützen und das durch eine öffentliche und politische Haltung darstellen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es ist nach meiner Einschätzung mit dem Vorliegen der Beschlüsse des Eisenbahnbundesamtes – wie gesagt – im Jahr 2008 zu rechnen. Die Deutsche Bahn hat bisher nichts anderes erklärt, als dass sie den Anschluss über die Dresdener Bahn zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Flughafens fertigstellen will. Ich habe im Augenblick keine Äußerung der Deutschen Bahn vorliegen, die mich etwas anderes annehmen lässt. Ich rechne damit, dass sich die Deutsche Bahn nach dem Beschluss des Eisenbahnbundesamtes entsprechend äußern wird.

Um – wenn es überhaupt erforderlich sein sollte, einen geringen Zeitraum zu überbrücken – zu klären, wie eine

solche Schienenanbindung so sicher, so umfangreich und vor allem so zügig wie möglich gestaltet werden kann, führen zurzeit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Gespräche mit der Deutschen Bahn. Sie wissen, welche Möglichkeiten es gibt. Es gibt die Möglichkeit, die Regionalbahn wie heute über die Stadtbahn vom Zoologischen Garten über Hauptbahnhof, Friedrichstraße, Alexanderplatz usw. zu führen, und die Möglichkeit, den Berliner Außenring neu in die Görlitzer Bahn und die neuzuschaffende, in der Planfeststellung befindliche Ostanbindung von der Görlitzer Bahn zum neuen Terminal zu führen.

Wir sind übrigens allerdings auch dabei, Bauabläufe der Deutschen Bahn miteinander zu besprechen. Ich lege großen Wert darauf, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt, so früh wie möglich, die Abläufe hinsichtlich der Baumaßnahmen am Ostkreuz mit der Deutschen Bahn auf die Gewährleistung eines möglichst zügigen S-Bahn-Verkehrs zum Flughafen abstimmen. Damit sind wir im Augenblick befasst.

Danke schön, Frau Senatorin! – Es gibt eine Nachfrage von Frau Kollegin Hämmerling. – Bitte schön!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Es ist schön, dass Sie so optimistisch sind. Allerdings pfeifen die Spatzen von den Dächern bei der Bahn zumindest intern, dass es für die Anbindung der Dresdner Bahn Zeitverschiebungen geben wird. Sie sprachen von der Anbindung über den Außenring. Wir haben jedoch die vertraglich vereinbarte Verpflichtung übernommen, auch die kurze Anbindung über die Dresdner Bahn zu realisieren. Haben Sie in Ihre Überlegungen einbezogen, dort über die vorhandenen Fernbahn- und S-Bahnschienen Fahrzeuge verkehren zu lassen, die mit beiden Antriebsarten – Gleichstrom und Wechselstrom – fahren können? Haben Sie gegenüber der Bahn angesprochen, das Projekt Duo-Bahn auf dieser Trasse – die später gleichzeitig auch für eine S-BahnAnbindung des Hauptbahnhofes sorgen könnte – zu realisieren, ohne den teuren S-Bahntunnel bauen zu müssen?

Danke schön, Frau Kollegin! – Frau Senatorin JungeReyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Ich beantworte Ihre beiden Fragen gern wie folgt: Erstens glaube ich, dass wir weder optimistisch noch pessimistisch sein können, weil sich die Deutsche Bahn äußern muss. Die Deutsche Bahn ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Eisenbahnbundesamtes angewiesen und ist im weiteren Verfahren von rechtlichen Erörterungen

abhängig, die auch mit Privaten stattfinden können. Deshalb kommt es darauf an, dass die Deutsche Bahn, sobald eine solche Entscheidung vorliegt, einen realistischen Plan nicht nur zur Finanzierung, sondern einen realistischen Zeitplan vorlegt.

Zur der Frage der Einrichtung einer Duo-Bahn hat es bereits vor Jahren Gespräche mit der Deutschen Bahn gegeben. Die Deutsche Bahn hat damals erklärt, dass es auf diesem Weg – insbesondere in Bezug auf die Streckenführung Hauptbahnhof – keine Möglichkeit gibt, eine solche Duo-Bahn zu führen. Ich habe die Deutsche Bahn vor etwa drei Wochen noch einmal aufgefordert, ihre Einschätzung zu aktualisieren und warte diese ab.

Es gibt keine weitere Fragen. Dann hat die Fragestunde ihr Ende gefunden. Die weiteren nicht beantworteten Anfragen werden mit einer vor der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich durch den Senat beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in der Reihenfolge der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es hat sich Frau Kollegin Grosse gemeldet und hat das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin Grosse!

Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Frau Knake-Werner: Frau Senatorin, wie schätzen Sie die Situation in den zwölf Jobcentern in Berlin zum 31. Dezember dieses Jahres bezüglich der Weiterbeschäftigung des Personals ein? Mit wie vielen Personen rechnen Sie nach Ihrem heutigen Informationsstand, die wieder neu eingestellt werden müssen?

Frau Senatorin Dr. Knake-Werner hat das Wort. – Bitte schön, Frau Senatorin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr gehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Grosse! Wir haben nach mehrfachen Verhandlungen mit der Bundesregierung die Situation, dass die Beschäftigten in den Berliner Jobcentern nach dem 31. Dezember 2007 weiterbeschäftigt werden. Es gibt eine ganze Reihe an Entfristungen. Es gibt aber auch die Möglichkeit der Neueinstellung. Es geht um insgesamt etwa 1 900 Mitarbeiter, die das in den zwölf Jobcentern in Berlin betrifft.

Es gibt eine Nachfrage der Frau Kollegin Grosse. – Bitte schön, Frau Grosse, dann haben Sie das Wort!

Frau Senatorin, erst einmal vielen Dank für die Antwort! Ich frage noch einmal: Wie schätzen Sie die Situation ein? Mit wie vielen Neueinstellungen werden wir in Berlin rechnen müssen? Wie viele Personen werden ausgetauscht, sodass sie wieder ganz neu in den Jobcentern anfangen müssen?

Frau Senatorin, Dr. Knake-Werner, bitte!

Im Moment wird damit gerechnet, dass etwa 200 der insgesamt in den Jobcentern Beschäftigten nicht weiterbeschäftigt werden, weil sie als für diese Arbeit nicht geeignet angesehen werden. Für diese Mitarbeiter besteht die Möglichkeit, neu einzustellen und damit einen Ausgleich zu schaffen.

Was aber das Problem in Gänze angeht, sage ich auch, wir haben es mit eine Verschiebung auf das Jahr Ende 2008 zu tun. Wir haben das Problem immer noch nicht gelöst. Die Bundesregierung und auch die Bundesagentur halten sich durchaus offen, selbst Personal in dem Maß zu verschieben, wie in den Arbeitsagenturen weniger Mitarbeiter benötigt werden. Deshalb bleibt es weiterhin bei Befristungen bis Ende 2008. Dann werden wir über diese Frage erneut diskutieren.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Demirbüken-Wegner von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Frau Demirbüken!

Meine Frage geht an Herrn Senator Sarrazin. Wie bewerten Sie das Treffen der Finanzministerkonferenz vom 27. September, wo es um die einkommensteuerliche Behandlung von Geldleistungen für Kinder in der Tages- und Vollzeitpflege ging? Was das bedeutet das im Ergebnis für Berlin? Wie sieht der Stand in Berlin aus?

Herr Senator Dr. Sarrazin, bitte!

Danke! – Es ist eine komplizierte Frage, Frau Abgeordnete, weil die Dinge, die bisher relativ gut und pragmatisch geregelt wurden, nun formal geregelt werden müssen. Richtig ist, dass jede Arbeitsleistung, auch die der Pflege von Kindern in Kindertagespflege, grundsätzlich Sozialabgaben und Einkommensteuerpflichten nach sich zieht. Richtig ist auch, dass man andererseits nicht Leistung aus pragmatischen und tatsächlichen Gründen immer gleich mit Abgaben belegen sollte. Deshalb haben sich die Finanzminister, die über dieses Thema diskutiert haben, dafür entschieden, die Sozialminister einzuschalten. Schwerwiegender als die Frage der Einkommensteuerpflicht ist die Frage der Sozialabgabenpflicht. Die Einkommensteuerpflicht könnte man durch großzügige Freibetragsregelungen weitgehend entschärfen. Die Sozialabgabenpflicht kennt derartige Freibeträge nicht. Wenn man an das Thema in Gänze herangeht und nicht mit großer Vorsicht agiert, gerät man in Gefahr, viel Eigeninitiative und informelles Geschehen, das wir im Augenblick haben, zu gefährden.

Danke schön, Herr Senator! – Es gibt eine Nachfrage von Frau Demirbüken. – Dann haben Sie das Wort, bitte schön.

Welche Vorarbeit hat Berlin bei der einkommensteuerlichen Behandlung von Geldleistungen für Kinder in der Kindertages- und in der Vollzeitpflege geleistet? Wie werden Sie sich in Bezug auf die Sozialleistungen, die Sie als komplex aufgeführt haben, für Berlin positionieren?

Herr Senator Dr. Sarrazin, bitte schön!

Vorarbeiten gab es in Berlin insoweit, als ein Austausch zwischen den zuständigen Senatoren zu dem Thema stattgefunden hat. Wir wissen, dass es ein bei uns auch mengenmäßig durchaus bedeutendes Problem ist. Andererseits ist klar, dass wir hier nur eine bundeseinheitliche Lösung finden können. Nachdem das Bundesfinanzministerium das offiziell thematisiert hat, müssen wir irgendwann zu einer bundeseinheitlichen Lösung kommen und diese dann auch umsetzen. Wie diese aussehen wird, kann ich im Augenblick noch nicht sagen.

Danke schön, Herr Senator.

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Liebich von der Linksfraktion. – Bitte schön, Herr Liebich, Sie haben das Wort.

Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister, Klaus Wowereit. Der Senat von Berlin hat sich im Bundesrat mit großer Unterstützung einer Mehrheit hier im Abgeordnetenhaus für einen gesetzlichen Mindestlohn eingesetzt. Mich interessiert der Verlauf der Debatte. Wie sind die Erfolgsaussichten dieser Initiative in Zukunft?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön, Herr Wowereit!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Wir haben am letzten Freitag unseren Antrag in den Bundesrat eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, ein entsprechendes Gesetz mit einem Mindestlohn von mindestens 7,50 € vorzusehen. Es gab dazu eine Debatte, auch zu den Anträgen von Rheinland-Pfalz und Bremen. Die Debatte hat noch einmal unsere Position deutlich gemacht, dass Menschen, die den ganzen Tag arbeiten gehen, einen Mindestlohn bekommen müssen, von dem sie auch leben können, und dass ein Abstand zu den Sozialhilfe- oder den Hartz-IVLeistungen bestehen muss. Daraus ergibt sich die Summe von mindestens 7,50 €. Das haben wir auch schlüssig vorgetragen. Die Anträge wurden in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.