Protokoll der Sitzung vom 14.09.2017

Eine Nachfrage vom Kollegen Isenberg. – Bitte sehr!

Herr Senator! Ganz herzlichen Dank für diesen Zwischenstand! Nun ist die Exekutive schon seit über acht Monaten im Amt. Was bedeutet bei Ihnen „zeitnah“? Wann werden wir die Ergebnisse dessen sehen, was Sie gerade angekündigt haben?

[Mario Czaja (CDU: Ich finde auch: Da muss man Druck machen!) – Heiterkeit bei der CDU und der FDP]

Herr Senator!

Herr Kollege Isenberg! Ich habe Ihnen ja gesagt, dass das auf dem Weg ist. Das ist wieder eine gemeinsame Allgemeinverfügung von drei Senatsverwaltungen, die jetzt nicht mehr von Henkel, Heilmann und Czaja verantwortet werden. – Gott sei Dank, das ist ein Fortschritt!

[Heiko Melzer (CDU): Damit erschöpft sich Ihre Antwort! – Danny Freymark (CDU): Reicht uns!]

Ich habe Ihnen zum Ausdruck gebracht, dass in meinem Haus die notwendigen Arbeiten dafür erledigt sind. Von daher wird das zeitnah das Licht der Öffentlichkeit erblicken.

[Zurufe von der CDU]

Vielen Dank! – Dann hat für eine weitere Nachfrage der Kollege Krestel das Wort. – Bitte sehr!

Die Fragestellung des Kollegen Isenberg löst bei mir den Wunsch zu der Nachfrage aus: Glauben Sie denn, dass diese Freigabe unter Umständen am nächsten Sonntag, dem 24. September, zu einem größeren Wahlerfolg der SPD beitragen könnte?

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Herr Senator!

Ich glaube, ich vermute, ich fürchte, dass diese Frage den Rahmen der Fragestunde „Abgeordnete fragen den Senat“ sprengt. Es steht dem Senat nicht zu, die Wahlchancen einzelner Parteien zu beurteilen. Deswegen werde ich das auch nicht tun.

[Marcel Luthe (FDP): Dem Senat steht wenig zu, aber er macht es trotzdem!]

Sie hätten noch elf Minuten gehabt.

[Heiterkeit bei der FDP]

Dann kommen wir zur nächsten Frage des Kollegen Krestel. – Bitte schön!

Ich frage den Senat: Inwieweit treffen Informationen zu, dass es in der Berliner Polizeischule zu Auseinandersetzungen, unter Umständen auch körperlicher Natur, gekommen ist, bei denen sich Polizeiauszubildende unterschiedlicher ethnischer Herkunft zu Gruppen zusammengeschlossen und diese Auseinandersetzungen – Gott sei Dank nur in einem gewissen Rahmen – ausgetragen haben?

Herr Senator Geisel, bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krestel! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein solches Vorkommnis ist mir in der Tat bekannt. Es ist im Moment Gegenstand polizeiinterner Untersuchungen. Eine Bewertung kann ich an der Stelle noch nicht vornehmen, weil die Untersuchungen noch laufen.

Vielen Dank! – Weitere Nachfragen sehe ich nicht.

Dann kommen wir zur sechsten Wortmeldung. Da hat sich der Kollege Schatz eingedrückt. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie beurteilt der Senat aus europapolitischer Perspektive das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen für die Senatssitzung in Brüssel? Was fand außer der Senatssitzung noch statt, und sind solche Veranstaltungen sinnvoll?

[Zurufe von der SPD und der FDP]

Herr Senator Lederer, bitte!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schatz! Die Europäische Union und die Entwicklung der Europäischen Union befinden sich derzeit in einer relativ komplizierten, aber auch spannenden Phase. Anfang des Jahres ist von Kommissionspräsident Juncker ein Weißbuch zur Zukunft der EU vorgelegt worden, flankiert von fünf Reflexionspapieren, von denen sich drei auch mit der Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion, mit der sozialen Säule und der Perspektive der Kohäsionspolitik in der Europäischen Union befassen. Insofern sind wir nicht nur dem Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung nachgekommen, indem wir vergangene Woche Dienstag eine Senatssitzung in Brüssel durchgeführt haben, sondern wir haben die Gelegenheit auch gleich genutzt, uns dort in dieser Phase in wichtige politische Debatten einzumischen und das Gespräch mit Vertretern der Kommission zu suchen.

Die Senatssitzung begann zunächst mit der regulären Tagesordnung. Dort war unter anderem die Stärkung der Europakompetenz der Berliner Verwaltung Gegenstand. Wir haben eine entsprechende Vorlage beschlossen, die Ihnen meines Wissens auch zur Kenntnis zugehen wird und von der ich hoffe, dass sie dann auch im zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt wird.

Wir haben danach einige Gespräche gehabt, unter anderem eins mit dem Kommissar für Haushaltsfragen, Herrn Oettinger, mit dem Generaldirektor der Generaldirektion für Regionalpolitik, Marc Lemaître, und mit dem Direktor der Generaldirektion Beschäftigung, Herrn Olsson. In all diesen Gesprächen waren jeweils die für Berlin ziemlich zentralen Fragen präsent.

Zukunft der Kohäsionspolitik: Wir werden ab 2020/2021 einen neuen mehrjährigen Finanzrahmen haben. Mitte nächsten Jahres ist damit zu rechnen, dass Herr Oettinger einen entsprechenden Vorschlag vorlegt. Durch den Brexit und das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union ist die Frage, wie die Kohäsionspolitik in den nächsten Jahren fortgesetzt werden kann, völlig offen. Es ist offen, ob Berlin – anders als jetzt; in der laufenden Förderperiode haben wir 850 Millionen Euro, von denen wir in den verschiedenen Fonds profitieren – ab 2020/2021 überhaupt noch solche Mittel zur Verfügung gestellt bekommt, ob städtische Schwerpunkte im Rahmen der Kohäsionspolitik gesetzt werden. Wir haben Herrn Kommissar Oettinger deutlich gemacht, dass wir die Erwartung haben, dass die Kohäsionspolitik flächendeckend in der gesamten Europäischen Union fortgesetzt wird. Sie bekommt sonst – zum einen – ein Legitimationsproblem. Zum Zweiten: Es geht nicht nur darum, soziale und wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Staaten im Zentrum und den Staaten im Süden der Europäischen Union zu kompensieren, sondern auch darum, soziale Disbalancen innerhalb der Gesellschaften zu kompensieren.

Herr Oettinger hat deutlich gemacht, dass er das nachvollziehen kann, dass er aber davon ausgeht, dass die entscheidenden Weichenstellungen zur Zukunft der Haushaltspolitik auf europäischer Ebene nach der Bundestagswahl und nicht zuletzt abhängig von deren Ergebnis verhandelt werden, weil – wie wir alle wissen – zentrale Akteure auf europäischer Ebene nicht das Parlament oder die Kommission sind, sondern die Mitgliedsstaaten. Dort stehen einige wichtige Wahlen an, nicht zuletzt die Bundestagswahl. Die Frage, wie und ob überhaupt das Ausscheiden Großbritanniens kompensiert wird, ist derzeit komplett offen.

Der zweite Punkt ist, dass sich Berlin – wie Sie vielleicht wissen – im Rahmen der Städte-Agenda und im Rahmen des Netzwerks Eurocities engagiert. Wir haben gegenüber der Kommission auch deutlich gemacht, dass wir uns perspektivisch eine stärkere Berücksichtigung der StädteAgenda auch in der Politik der Europäischen Union wünschen. Es gab dafür durchaus Offenheit und man hat uns mitgeteilt, dass man dem gern folgen würde, hat aber auch in diesem Punkt auf die Mitgliedstaaten verwiesen, hat darauf verwiesen, dass im Rahmen des Rates die entscheidenden Debatten geführt werden.

Ich möchte hinzufügen, dass derartige Gespräche – wir haben insgesamt viereinhalb Stunden im Kommissionsgebäude mit den verschiedenen Beteiligten Gespräche geführt – von anderen Bundesländern wie beispielsweise Bayern seit Jahren geführt werden. Berlin hat mit dieser Senatssitzung zum ersten Mal eine Kabinettssitzung in Brüssel durchgeführt. Ich glaube, dass ich im Namen aller Mitglieder des Senats spreche, wenn ich sage, dass das eine extrem eindrucksvolle Veranstaltung gewesen

und es von allen Beteiligten als sehr wichtig eingeschätzt worden ist, die Berliner Interessen direkt vor Ort zu vertreten. Es ist nicht so, dass wir uns selbst genügen dürfen. Es ist auch nicht so, dass Berlin, obwohl coole Stadt, mitten in Europa, wenn es europapolitisch etwas mitteilen will, von vornherein auf offene Ohren stößt. Die Bewegung nach Brüssel selbst und das Vorbringen der Berliner Anliegen in Brüssel, werden möglicherweise dazu führen, dass man uns künftig genauer zuhören und dass Berlin in Brüssel einen anderen Stellenwert genießen wird.

Ich will darüber hinaus darauf hinweisen, dass der Senat und der Regierende Bürgermeister im Anschluss an die Senatssitzung am Denkmal für die Opfer des Terroranschlags vom 22. März 2016 ein Gedenken durchgeführt haben. Der Regierende Bürgermeister und der Ministerpräsident der Hauptstadtregion Brüssel, Herr Vervoort, haben dort einen Kranz niedergelegt. Der Regierende Bürgermeister hat im Anschluss auch noch ein Gespräch mit dem Forschungskommissar der EU-Kommission geführt und hat sich mit Herrn Vervoort und dessen Kabinett getroffen. Am Abend hat der Regierende Bürgermeister anlässlich der 25-jährigen Städtepartnerschaft an der Veranstaltung „#Freiheit Berlin“ beim Berlin Lab in Brüssel teilgenommen. Ich selbst habe mich am Abend im Anschluss an unsere Kabinettsitzung mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus Berlin getroffen. Wir hatten dort eine durchaus umfangreiche Sitzung.

Ich kann deshalb auch nicht so ganz nachvollziehen, warum in der Berliner Presse die Frage gestellt worden ist, ob 23 000 Euro Flug-, Veranstaltungs- und Übernachtungskosten zu viel wären, um die Berliner Interessen in Brüssel zu vertreten. Ich finde, man kann eher die Frage stellen, ob zwei Regierungssitze in Deutschland noch auf der Höhe der Zeit sind oder ob der Wanderzirkus des Europäischen Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel noch zeitgemäß sind.

Eine Nachfrage gibt es vom Kollegen Friederici. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Nach Ihrem sehr umfangreichen inhaltlichen Reisebericht wollte ich zur Abrundung nur noch aus verkehrlicher Sicht fragen: Sind Sie klimaschonend mit Senatoren, Regierendem Bürgermeister und Ihren Stäben mit der Bahn oder dem Flugzeug nach Brüssel geeilt?

[Torsten Schneider (SPD): Mit dem Lastenfahrrad!]

Herr Senator!

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

[Oliver Friederici (CDU): Er kann sich nicht erinnern!]

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Abgeordneter Friederici! Die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen hat aus Zeitgründen das Flugzeug benutzt. Wir haben aber die Klimaschutzabgabe bezahlt.

Dann hat als Letzter der heutigen Fragestunde Herr Wild die Möglichkeit zu einer Frage.

Verehrte Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste! In einer Anfrage, die ich gestellt habe, wollte ich wissen, wie viele muslimische Kinder in Berlin geboren werden. Die Antwort des Senats darauf lautete: Es ist nicht bekannt. – Ich frage den Senat: Beabsichtigt der Senat aufgrund der gewissen Schwierigkeiten, die bestimmte Muslime mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung haben, die Anzahl der muslimischen Geburten zu erfassen,

[Unruhe]

und wenn ja, wie?

[Zurufe von der SPD und der LINKEN]

Offenbar antwortet Frau Senatorin Kolat.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, was die Statistik angeht, gibt es zwei Aspekte zu beachten, einmal den Aspekt der Herkunft des geborenen Kindes und den der Staatsbürgerschaft. Was die Staatsbürgerschaft angeht, gibt es Statistiken. Was die Herkunft der Kinder angeht, gibt es keine Statistik. Ich muss an dieser Stelle aber auch unterstreichen: aus gutem Grunde nicht. Aufgrund unserer Geschichte wissen wir, dass es nicht immer angebracht ist, bei der Statistik die Ethnie von Menschen abzufragen.

[Marcel Luthe (FDP): Es ist nach der Religion gefragt worden!]

In diesem Sinne kann ich die Antwort wiederholen: Was die Staatsbürgerschaft angeht, gibt es die Statistik, aber die Erfassung nach Herkunft existiert in diesem Zusammenhang nicht.