Protokoll der Sitzung vom 19.09.2002

Sie wollten ja auch ältere Polizeibeamte, die bereits ausgeschieden sind, also über 60 Jahre sind, wieder in den Dienst freiwillig rekrutieren. Nehmen Sie jetzt aufgrund dieser positiven Entwicklung Abstand oder bleibt es dabei?

Die Polizei war vom Vorgängersenat personell kaputtgespart worden und kaum noch in der Lage, Sicherheitsbedürfnisse der Hamburger Bevölkerung zu gewährleisten. Diesen Zustand haben wir übernommen und es ging darum, durch einfallsreiche Möglichkeiten die Sicherheitspräsenz der Polizei auf der Straße zu gewährleisten.

Eine Möglichkeit, die wir ergriffen haben, war, durch kollegiale Unterstützung der bayerischen Kollegen 20 Polizeibeamte für jeweils zwei Monate in Hamburg Dienst tun zu lassen. Eine weitere Möglichkeit, an die wir gedacht haben und die wir auch schon angegangen sind, ist gewesen, den Polizeibeamten bei Erreichen des 60. Lebensjahres auf ausdrücklich eigenen Wunsch die Möglichkeit einzuräumen, länger Dienst zu tun, wenn die sonstigen Voraussetzungen, insbesondere gesundheitlicher Art, gewährleistet waren. Das verfolgen wir weiter, aber möglicherweise nicht mit einer derartig offensiven Strategie, wie das ursprünglich angedacht und auch notwendig gewesen wäre, um Sicherheit kurzfristig zu gewährleisten und nicht darauf zu warten, jetzt eingestellte Polizeibeamte erst einmal drei Jahre lang ausbilden zu lassen. Unter Umständen werden wir das etwas weniger offensiv als bisher betreiben, aber trotzdem werden wir natürlich aus kollegialen Gründen gegenüber Polizeibeamten, die den Wunsch haben, länger im Dienst zu bleiben, diese Möglichkeit offen halten.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Nächste Fragestellerin ist Frau Dr. Freudenberg.

Der Senat plant geschlossene Heime für die Unterbringung von delinquenten und gefährdeten Kindern und Jugendlichen. Die geschlossene Unterbringung soll in der Regel circa ein Jahr dauern und auf Grundlage eines Beschlusses des Familiengerichtes gemäß Paragraph 1631b BGB erfolgen. Vorgeschaltet werden erzieherische Maßnahmen durch das zu gründende Familieninterventionsteam und möglicherweise auch eine Übertragung des Sorgerechtes auf das Amt für Jugend.

Worauf begründet der Senat seine Annahme, dass Richterinnen und Richter geschlossene Heimunterbringungen für die Dauer eines Jahres anordnen werden?

Für den Senat antwortet Herr Staatsrat Meister.

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete! Eine geschlossene Heimunterbringung wird in solchen Fällen beantragt werden, in denen, manifestiert durch das Begehen von Straftaten in gravierenden beziehungsweise wiederholten Fällen, eine besonders schwere Beeinträchtigung des Kindeswohls gegeben ist. Da der beantragten Maßnahme ein solides und schlüssiges pädagogisches Konzept zugrunde liegt respektive liegen wird, das der Wiederherstellung des Kindeswohls dient, wird davon ausgegangen, dass das Gericht dem insoweit unvermeidlichen Freiheitsentzug gemäß Paragraph 1631 BGB zustimmen wird.

Frau Dr. Freudenberg.

Auf welcher Rechtsgrundlage soll den Eltern das Sorgerecht entzogen und dieses auf das Amt für Jugend übertragen werden, wenn die Eltern den Maßnahmen des FIT nicht zustimmen und mit ihm nicht kooperieren sollten?

(Karl-Heinz Ehlers CDU)

Rechtsgrundlagen sind die Paragraphen 1666 und 1666a BGB.

Frau Dr. Lappe.

Herr Staatsrat oder Frau Senatorin! Wie soll die Kooperation von Jugendhilfe, das heißt dem Familieninterventionsteam, mit der Justiz beziehungsweise Polizei aussehen?

Frau Abgeordnete! Das Familieninterventionsteam ist eine neue Einrichtung, die in dieser Art einmalig in der Bundesrepublik sein wird, nämlich dass alle hinlänglich delinquenten Jugendlichen einheitlich in einer Dienststelle aufgelistet und die pädagogischen Maßnahmen von dem FIT aus gesteuert werden. Dabei wird die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden wie bisher laufen, das heißt, dass die Behörden dort, wo zusammengearbeitet werden muss, selbstverständlich zusammenarbeiten.

(Krista Sager GAL: Die Frage war „wie“ und nicht „ob“!)

Frau Dr. Lappe.

Ich will da noch weiter nachfragen. Gibt es Prioritäten in dieser Zusammenarbeit zwischen diesen Einrichtungen, die den Erfolg der vorgesehenen Maßnahmen gewährleisten sollen?

Herr Staatsrat.

Frau Abgeordnete! Was das Interventionsteam anbelangt, so befindet es sich noch in der Aufbauphase, das heißt, jetzt wird erst einmal das Familieninterventionsteam zusammengestellt und das Konzept ausgearbeitet.

Frau Dr. Hilgers.

Dr. Andrea Hilgers: Glaubt der Senat, für sein Konzept ausreichende rechtliche Grundlagen zu haben, oder plant er eventuell Bundesratsinitiativen? Wenn ja, mit welcher Zielrichtung?

Frau Abgeordnete, die Frage kann ich kurz und knapp mit Ja beantworten. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind ausreichend.

Zweite Frage, Frau Dr. Hilgers.

Welche gesetzliche Grundlage ist dann bei der Einweisung für die Dauer eines Jahres anzuwenden?

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete! Ich hatte vorhin schon auf diese Frage geantwortet, dass Rechtsgrundlagen die Paragraphen 1666 und 1666a BGB sind.

Frau Goetsch.

Herr Staatsrat! Gibt es denn eine Aufsichtskommission, einen Aufsichtsrat und wann und wie wird der eingesetzt und wie soll diese Aufsichtskommission ein- und umgesetzt werden?

Herr Staatsrat.

Frau Abgeordnete! Ich bin gerade am Überlegen, was Sie damit meinen könnten. Im Landesjugendhilfeausschuss ist beantragt worden, ein solches Gremium, dem zu berichten sei, einzurichten. Wir sind dabei zu prüfen, ob und wieweit wir solch ein Gremium mit einrichten wollen.

Frau Dr. Stöckl.

Frau Senatorin, Herr Staatsrat! Ist Ihnen bewusst, dass in Tatenberg die durchschnittliche Verweildauer der Jugendlichen bei 40 Tagen lag? Ja oder nein?

Herr Staatsrat.

Ich möchte auf Ihre Frage eher indirekt antworten. Wir orientieren uns, was die geschlossene Unterbringung anbelangt, an den Einrichtungen, die in der Bundesrepublik bereits existieren, zum Beispiel der Einrichtung des Diakonischen Werks in Rummelsberg oder der Caritas in Gauting und da sind Zeiten, die über ein Jahr hinausgehen, durchaus gang und gäbe. Wir orientieren uns an pädagogischen Maßnahmen.

Als nächste hat Frau Möller das Wort.

Wenn mit dem Beginn der Maßnahmen zum 1. Dezember zu rechnen ist, was passiert dann mit dem Kinder- und Jugendnotdienst in der Feuerbergstraße?

Herr Staatsrat.

Die Einrichtung zum 1. Dezember wird an der räumlichen Zuordnung des Kinder- und Jugendnotdienstes nichts verändern. Wir planen aber durchaus auf längere Sicht eine Veränderung.

Frau Möller, bitte.

Was bedeutet das konkret für die Einrichtung in Bezug auf die Mitarbeiter, auf Umbauten, entstehende Kosten und so weiter?

Frau Abgeordnete, Sie können sich vorstellen, dass wir im Moment fieberhaft daran arbeiten, um diese Einrichtung betreiben zu können. Insofern kann ich Ihnen das detailliert nicht beantworten, ich müsste die Unterlagen hinzuziehen, um sagen zu können, wo wir uns gerade befinden.

Herr Dose.

Herr Staatsrat, wenn es richtig ist, dass ein überzeugendes Konzept vorliegen wird, was liegt denn bisher überhaupt vor?

Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass der Senat eine Drucksache beschlossen hat, und dazu gibt es eine Presseäußerung des Präses der Behörde für Soziales und Familie, sodass den Abgeordneten jedenfalls die Grundzüge vorliegen. Zurzeit wird in der Behörde die Feinarbeit gemacht, die selbstverständlich nach einer

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solchen Grundsatzarbeit geleistet werden muss, sodass ich Ihnen jetzt noch nicht beantworten kann, wie das Konzept konkret aussehen wird. Aber ich will Ihnen gerne auszugsweise Folgendes sagen:

Geschlossene Unterbringung bedeutet, dass die Minderjährigen entsprechend dem richterlichen Beschluss und den pädagogischen Erfordernissen geschlossen untergebracht werden, ein strukturierter Tagesablauf besteht, es verbindliche Regeln gibt und bei Zuwiderhandlung konsequent reagiert wird, der Anspruch der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen auf schulische Bildung angemessen realisiert wird und die nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen an Maßnahmen der beruflichen Orientierung und Ausbildungsvorbereitung teilnehmen, ihnen die soziale Integration über eine berufliche Perspektive erleichtert wird, die Minderjährigen mit den Folgen ihrer Taten für die Opfer konfrontiert werden und durch Verhaltenstraining lernen, sich in Zukunft in Konfliktsituationen gewaltfrei und sozial angemessen zu verhalten, die Minderjährigen innerhalb der Einrichtung Pflichten übernehmen, eine Rundum-die-Uhr-Betreuung stattfindet, die eine besondere persönliche Betreuungsdichte erlaubt, die Betreuer eine einfühlende, aber gleichzeitig klare und deutlich grenzziehende Haltung gegenüber den Minderjährigen zeigen, therapeutische Maßnahmen zur Verfügung stehen, um persönliche Probleme zu bearbeiten und Defizite im Sozialverhalten auszugleichen, intensive Elternarbeit stattfindet und in psychischen Ausnahmesituationen zur Deeskalation von Konflikten eine besonders intensive Betreuung erfolgen kann.

Das sind Grundzüge, die jetzt ausgearbeitet werden in ein richtiges erzieherisches Konzept.

Eine zweite Frage, Herr Dose.