Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Werden die im Landeshaushalt 2009 in Kapitel 08 30 verankerten Kompensationszahlungen in Höhe von 15 Millionen Euro als Ausgleich für die Kürzungen des Bundes im Bereich der Regionalisierungsmittel mit einem entsprechenden Baransatz im Haushaltsplanentwurf 2010 und dann entsprechend auch für die Jahre 2011, 2012 und 2013 verankert?

(Heinz Rolfes [CDU]: Haben wir hier schon Haushaltsberatungen?)

Herr Minister Möllring!

Das wird in der Kabinettsklausur zur Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs beraten, beschlossen und dann dem Landtag vorgelegt. Ich kann Ihnen diese Frage heute noch nicht beantworten.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat vorhin das Ziel ausgegeben, die Landesregierung wolle versuchen, mit der Nettoneuverschuldung unter 3 Milliarden Euro zu bleiben. Ich habe ein bisschen nachgerechnet. Seine eigenen Aussagen zu zusätzlichen Ausgaben im nächsten Jahr bedeuten fast 4 Milliarden Euro: Konjunkturprogramm, Anrechnung der Krankenversicherungsbeiträge, Pendlerpauschale. Allein die Steuerausfälle im nächsten Jahr werden auf 3,25 Milliarden Euro geschätzt. Dabei sind das Gesundheitsgesetz und eventuell steigende Sozialkosten infolge von steigenden Arbeitslosenzahlen noch nicht berücksichtigt. Damit sind wir schon bei 7 Milliarden Euro.

Mich interessiert: Wie geht diese Gleichung auf? Woher nehmen Sie die restlichen Milliarden zum Ausgleich, wenn Sie die Nettoneuverschuldung unter 3 Milliarden Euro halten wollen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Mit Steuersen- kungen!)

Herr Minister Möllring!

Herr Klein, die Punkte die Sie angesprochen haben, sind in der Steuerschätzung schon berücksichtigt.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Nicht die Mehrausgaben!)

- Nein, aber die Einnahmeausfälle beispielsweise durch die Anrechnung der Pflegeversicherung usw. im Rahmen der Einkommensteuer sind schon berücksichtigt. Ansonsten ist es das ganz normale Verfahren, dass wir jetzt in den Besprechungen zwischen den Ressorts auf der Beamtenebene sind. Demnächst werden die Ministergespräche stattfinden. Anschließend findet im Juni/Juli ganz normal die Haushaltsklausur des Kabinetts statt. Dann wird ein Haushaltsplanentwurf, so wie es die Verfassung vorsieht, beschlossen und anschließend dem Landtag zugeleitet.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Aber Sie bleiben beim Ziel von 3 Milliarden Euro?)

- Unsere Ziele waren sehr viel anspruchsvoller. Diese können wir im Moment aber leider nicht erreichen.

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung angesichts der zu erwartenden Steuermindereinnahmen: Beabsichtigt die Landesregierung für das Jahr 2010 und die folgenden Jahre, in Aussicht genommene Großprojekte, z. B. den Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Bremervörde, auf den Prüfstand zu stellen? Ist nicht auch zu überlegen, ob der Neubau des Plenarsaals angesichts dieser Haushaltslage eventuell geschoben werden sollte? Unserer Fraktion schlägt dazu bekanntermaßen ein Moratorium vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Ministerpräsident!

Herr Kollege, die Landesregierung legt auf zwei Dinge wert. Erstens legt sie darauf wert, dass sie die Haushaltsplanberatung im Kabinett in der bekannten Präzision führen und diese mit einer Haushaltsklausur abschließen kann. Dann wird der Haushaltsplanentwurf 2010 dem Parlament vorgelegt. Wir können diese Beratung jetzt nicht quasi vorziehen, sondern die parlamentarische Beratung steht danach mit dem Haushaltsplanentwurf an. Das ist das übliche Verfahren. Das haben wir immer vor Beginn des Haushaltsjahres bewältigt. Da waren wir wesentlich erfolgreicher als andere.

Zu der Frage des Neubaus des Plenarsaals gilt für die Landesregierung der Respekt vor dem Parlament. Diese Frage wird vom Parlament diskutiert und entschieden. Sie ist bereits in verschiedener Weise durch Beschlüsse unterlegt.

(Zuruf von Ralf Briese [GRÜNE]: - Das Verfahren ist Ihnen vielleicht nicht so ver- traut. Aber das Entscheidende in der Demokratie ist das Parlament. Es hat die Macht, unmittelbar abgeleitet vom Volk. Wir haben nur eine Macht auf Zeit, von Ihnen abgeleitet. Insofern haben wir Re- spekt vor dem Parlament und der Legislative. Wir haben es in der Vergangenheit so gehandhabt, dass wir den Haushaltsplanentwurf des Landtages 1 : 1 übernommen haben. Wenn der Landtag Stei- gerungen von Mitteln beantragt hat, dann haben wir dies in den Haushaltsplan eingestellt. Wenn er die Senkung von Mitteln vorgeschlagen hat, dann haben wir dies selbstverständlich auch gerne über- nommen. Das gilt auch für investive Maßnahmen des Landtages, weil es für das Verhältnis von Le- gislative und Exekutive nicht gut wäre, wenn wir bei einzelnen Positionen beim Landtag Absetzun- gen vornähmen. Diesem Konflikt möchten wir uns gerne in guter parlamentarischer und demokrati- scher Tradition entziehen. (Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sie zu Forderungen aus der FDP und Teilen der CSU steht, die Erbschaftsteuer vollständig abzuschaffen. Halten Sie angesichts der Haushaltslage solche Forderungen für seriös verantwortbar? Wie stehen Sie dazu?

Herr Ministerpräsident, bitte!

Zur Erbschaftsteuer haben die beiden Fraktionen, die diese Regierung tragen, unterschiedliche Meinungen. Zusätzlich gibt es auch noch in den beiden Fraktionen und Parteien unterschiedliche Meinungen, die hier auch bekannt sind. Ich selber halte die Erbschaftsteuer in einer sinnvollen Ausgestaltung für richtig, vor allem eine Differenzierung - daran habe ich auch mitgewirkt -, dass nämlich diejenigen, die erben und das Erbe sofort zu Geld machen, höhere Erbschaftsteuer zahlen, während diejenigen, die Betriebe erben und die Betriebe über zehn Jahre fortführen und damit etwas für die Gesellschaft, für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen tun, gar keine Erbschaftsteuer zahlen sollten. In diese Richtung sind ja auch die Bemühungen gegangen, während das Bundesver

fassungsgericht das ein bisschen verkompliziert hat.

Allgemein darf ich zur Steuerpolitik sagen, dass es die Überzeugung der Regierung von CDU und FDP ist: Wenn viele angemessen Steuern zahlen, dann kommt viel mehr herein, als wenn immer weniger immer mehr zahlen müssen und dazu immer weniger in der Lage sind. Das ist einfach die Philosophie, die unsere Steuerpolitik trägt. Denn die dümmste Steuerpolitik - so hat es Friedrich der Große in seinem politischen Testament gesagt - ist die, die die Steuerquellen erdrosselt. Das ist bei über 50 % Besteuerung regelmäßig der Fall. Wenn ich einem zu viel abverlange, dann kann ich das einmal tun, aber im nächsten Jahr nicht mehr. Wir sehen gerade eine Pleitewelle, eine Insolvenzwelle in Deutschland und in der Welt. Wir sehen gerade die Schwierigkeiten der Betriebe. Aus der Sicht der gemeinsam von CDU und FDP getragenen Regierung wäre es völlig absurd, in dieser Phase über Steuererhöhungen sozusagen den Overkill noch zu beschleunigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Steuern zahlt doch nur, wer Gewinn macht!)

Herr Kollege Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich interessiert, welche Auswirkungen die von Ihnen, Herr Möllring, geschilderten Zahlen für den kommunalen Finanzausgleich und für die kommunale Finanzsituation insgesamt haben und wie Sie sich auf diese zu erwartenden Auswirkungen planerisch vorbereiten.

Herr Minister Möllring, bitte!

Wie gesagt, wird das Ganze im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs 2010 passieren, Herr Dr. Sohn.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Finanzminister vorhin die mangelnde Vorsorge vor der letzten Steuerreform kritisiert hat, frage ich die Landesregierung, welche konkreten finanzpolitischen Vorsorgemaßnahmen sie für den Fall trifft, dass die Steuersenkungsforderungen der Herren Wulff und Rösler tatsächlich Wirklichkeit werden könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Möllring, bitte!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wenn man eine Steuerreform so vernünftig macht, dass sie Leistungsanreize bietet und nicht leistungsdämpfend wirkt, dann kommen auch zusätzliche Steuern herein, weil zusätzliche Leistungen entstehen. Darauf setzen wir.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir soeben auch von der Landesregierung gehört haben, dass uns die öffentlichen Haushalte um die Ohren fliegen, vor dem Hintergrund, dass wir soeben auch vom Ministerpräsidenten gehört haben, dass er Steuererhöhungen selbst für die Reichsten ablehnt, und auch in Anbetracht seiner Äußerung „Wer jetzt Steuererhöhungen fordert, ist ein Vollpfosten“ - sehr ministrabel - frage ich Sie, wo Sie denn dann Ausgaben kürzen möchten, also bei wem und wo Ausgaben im Bereich von Bildung, Sozialem und Kultur gekürzt werden sollen. Ganz kurz: Wer zahlt die Kosten für diese Krise des Kapitalismus?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring, bitte!

Leider niemand.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund des, wie ich finde, sehr richtigen Kernsatzes aus der Antwort des Finanzministers, dass nur ein prosperierender Staat steuerrechtlichen Handlungsspielraum hat, und vor dem Hintergrund der dramatischen Einnahme- und Ausgabenentwicklung, die für Niedersachsen vom Ministerpräsidenten und vom Finanzminister beschrieben worden sind, sowie in Anbetracht der Tatsache, dass in allen Zeitungen und Medien zu lesen ist, dass die Durststrecke laut Arbeitskreis Steuerschätzung mindestens bis 2013 dauern wird, wie das zu den Forderungen des Ministerpräsidenten passt, bereits in der nächsten Wahlperiode, also noch vor 2013, Steuern zu senken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, bitte!