Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Die Aufgaben, Herr Kollege Herzog, sind eigentlich klar. Wenn Sie in die Zukunft erkunden, dann müssen Sie bei zusätzlichen Aufgaben, die Sie wahrnehmen wollen, und auch bei dem ganzen Verfahren, wenn Sie in die praktische Erkundung gehen, die Begleitgruppe mitnehmen. Das ist der Unterschied zu der Asse-Begleitgruppe; denn dort muss im Grunde genommen die Aufarbeitung von Dingen erfolgen, an denen nichts mehr zu ändern ist. Hier ist es also ein genau umgekehrtes Verfahren. Der Bundesumweltminister, die Behörde, die das Verfahren durchführt, macht ein transparentes Verfahren. Die Öffentlichkeit muss daran beteiligt werden. Das, was dort geschehen muss, hat also einen ganz anderen Ansatz.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Wenzel. Das ist die vorletzte Frage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Welche Erkenntnisse zieht die Landesregierung aus der Tatsache, dass sich einst renommierte wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland wie die Gesellschaft für Strahlenforschung, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die Gesellschaft für Reaktorsicherheit oder auch das Landesamt für Bodenforschung des Landes Niedersachsen im Salzbergwerk Asse so fundamental irrten, als sie die Asse für trocken und sicher „für alle Zeiten“ erklärten?

Herr Minister Sander möchte antworten. Bitte sehr!

Herr Kollege Wenzel, wir alle hier im Hause haben festgestellt, dass bei der Asse vom Ansatz her erhebliche Fehler gemacht worden sind. Wir mussten auch zur Kenntnis nehmen, dass die Wissenschaftler die Entscheidungsträger zur damaligen

Zeit nicht ausreichend auf die eine oder andere Gefahr hingewiesen haben. Daher kann die Erkenntnis nur sein, dass wir diese Institute auch in Zukunft kritisch begleiten müssen und die Wissenschaftsgläubigkeit, die Sie ja sonst immer gerne zitieren, etwas herunterhängen.

Die letzte Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Frau Staudte. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vorhin hat der Ministerpräsident ausgeführt, dass nun ein Screening stattfinden soll, was die unterschiedlichen Gesteinsarten und Endlagermedien angeht. Warum setzen Sie, Herr Ministerpräsident, sich nicht dafür ein, dass vorher verpflichtend wissenschaftlich erprobt wird, welche Gesteinsarten geeignet sind, sondern dass einfach nur ein Screening durchgeführt wird, wobei man den Eindruck hat, das ist ein bisschen vorgeschoben und Scheinforschung?

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus denselben Gründen, aus denen die rot-grüne Bundesregierung das nicht gemacht hat. Wir glauben tatsächlich, dass hier eine solche Vorarbeit notwendig ist und dass dies offenkundig notwendig ist, um entscheidend weiterzukommen, falls sich Gorleben als ungeeignet erweisen würde.

(Beifall bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das Pferd von hinten auf- zäumen!)

Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Frage. Das ist die vorletzte Frage für Ihre Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie kommt die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass in norddeutschen Salzstöcken sogenannten Frostrisse und damit potenzielle Wasserwegsamkeiten bis in eine Tiefe von 700 m festgestellt worden sind, und in

Anbetracht der Tatsache, dass bei zufälligen Bohrungen Sandeinspülungen in den Salzstock hinein bis zu einer Tiefe von mindestens 500 m gefunden worden sind, die aber bei gezieltem Bohren durchaus auch weiter tiefer gefunden werden könnten, zu dem Schluss, es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass irgendetwas gegen Gorleben spreche, und dass damit die Einlagerung in Salz in 800 m Tiefe - sprich: maximal 100 m Abstand - ungefährlich sei?

Herr Minister Sander möchte antworten. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Kollege Herzog, es mag sein, dass es bei anderen Salzstöcken so ist, dass dort Risse festzustellen sind und dieser Tatbestand, den Sie beschrieben haben, eingetreten ist. Beim Salzstock Gorleben gibt es diese Risse aber nicht.

(Kurt Herzog [LINKE]: Doch!)

Würde es sie geben, so wäre dies auch ein Ausschlusskriterium.

Es liegen keine weiteren Fragen vor. Damit sind wir mit der Beantwortung zu diesem Punkt am Ende.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 26 b auf:

Mit welchen Maßnahmen stellt die Landesregierung sicher, trotz der angekündigten Mittelkürzungen des Bundes das Schienennetz für den Hinterlandverkehr auszubauen? Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2330

Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE wird die Anfrage einbringen. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Weisser-Roelle.

Danke, Herr Präsident. - Mit welchen Maßnahmen stellt die Landesregierung sicher, trotz der angekündigten Mittelkürzungen des Bundes das Schienennetz für den Hinterlandverkehr auszubauen?

Die Bahn müsse den Ausbau des Schienennetzes drastisch drosseln; so war am 4. März 2010 in der Süddeutschen Zeitung zu lesen.

Das Bundesverkehrsministerium hat erstmals eingeräumt, dass viele Neu- und Ausbauprojekte, die nach dem Bundesverkehrswegeplan zum vordringlichen Bedarf zählen, nicht gesichert sind. Bahnchef Grube erläuterte gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Bundestagsverkehrsauschusses, dass zentrale Projekte aus allen Bereichen des Schienenverkehrs betroffen seien.

Nach Berechnungen der Bahn müsste der Bund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr einsetzen, um die Projekte des vordringlichen Bedarfs bis 2025 umzusetzen. Es werden aber nur 1,2 Milliarden Euro vom Bund bereitgestellt. Fazit: Es fehlen mehr als 500 Millionen Euro jährlich.

Nach Meinung vieler Beobachter machen die angekündigten Mittelkürzungen für den Schienenausbau deutlich, dass die Realisierung des Projektes Y-Trasse obsolet geworden ist und sich die Landesregierung jetzt dringend alternativen, besseren und auch preisgünstigeren Ausbaumaßnahmen zuwenden müsse. Fast alle vorhandenen Gutachten bescheinigen den alternativen Ausbaumaßnahmen eine höhere Effektivität und eine schnellere Realisierbarkeit.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche alternativen und vor allem preisgünstigeren Ausbaumaßnahmen plant die Landesregierung, falls es nicht zum Bau der Y-Trasse kommen sollte?

2. Mit welchen kurzfristigen Maßnahmen will die Landesregierung gegebenenfalls den Hinterlandverkehr sichern?

3. Welche Maßnahmen leitet die Landesregierung ein, damit sich durch den Güterverkehr beanspruchte Trassenzeiten nicht negativ auf den regionalen Personenverkehr auswirken?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Bode, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab ganz deutlich klarstellen, dass es - anders als in der Überschrift Ihrer Anfrage behauptet - seitens des Bundes keine Ankündigungen von Mittelkürzungen gibt. Es gibt aktuell keine Verringerung der geplanten Investitionen. Es gibt schon lange Berechnungen, die an

geben, in wie viel Jahren bei Fortsetzung des bisherigen Finanzierungsniveaus alle im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgeführten Projekte umgesetzt sein werden. Ebenso kann man umgekehrt ausrechnen, wie hoch der Bedarf ist, um diese Maßnahmen kurzfristiger zu realisieren. Nichts anderes wird derzeit in den Medien thematisiert. Die Tatsache, dass der Bedarfsplan für alle Verkehrsträger chronisch unterfinanziert ist, dürfte für die hier Anwesenden schon seit Jahren keine Neuigkeit sein.

Hieraus allerdings abzuleiten, die Y-Strecke sei obsolet, ist nicht zutreffend. Die aktuellen Presseinformationen stehen in keinem Zusammenhang mit der planmäßigen Entwicklung des für Norddeutschland so wichtigen Projektes der Y-Trasse. Es ist eine Tatsache, dass der Bund zum Jahresende 20 Millionen Euro an Planungsmitteln für die Strecke freigegeben hat. Damit ist der Planungsbeginn bei der DB AG sichergestellt. Des Weiteren haben sich Bahnchef Grube, Bundesverkehrsminister Ramsauer und Bundesfinanzminister Schäuble schriftlich gegenüber der Landesregierung zu dem Projekt bekannt. Die eigentliche Finanzierung des Baus ist Bestandteil der zukünftigen Investitionsplanung des Bundes. Zurzeit geht es darum, die Planungsarbeiten zügig in Angriff zu nehmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Frage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Es gibt angesichts der eben beschriebenen Entwicklung keinen Anlass, eine Alternative zur Y-Strecke zu planen. Das Land hat untersuchen lassen, welche ergänzenden Maßnahmen neben der Y-Trasse sinnvoll sind, um sowohl des steigenden Hinterlandverkehrs Herr zu werden als auch die Bedürfnisse im Personennah- und Personenfernverkehr zu berücksichtigen. Als sinnvoll haben sich insbesondere kurzfristig wirkende Maßnahmen herauskristallisiert. Hier ist die Ertüchtigung der Strecke von Bremerhaven nach Rotenburg zu nennen. Hierdurch wird vor allem der Engpass Bremen entlastet. Das ist sehr wichtig, weil in Bremen alle Züge den ohnehin überlasteten Hauptbahnhof passieren müssen. Außerdem wird hierdurch auch die zurzeit überlastete Strecke Hannover—Bremen bis Verden entlastet. Diese Entlastung kommt vor allem Pendlern zugute.

Das Gutachten zeigt außerdem auf, welche Maßnahmen sinnvoll sind, wenn es bei Vorhaben der DB zeitliche Verzögerungen geben sollte bzw. was bei weiter zunehmenden Güterverkehren ratsam

ist. Hierauf wird bei Bedarf zurückgegriffen. Allerdings müssen für weitere Maßnahmen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Hierüber müssen wir mit dem Bund, aber auch in diesem Hause zu gegebener Zeit beraten.

Zu 3: Das Gutachten hat als Prämisse die Bedürfnisse aller Verkehre auf dem Schienennetz berücksichtigt. Es ist nicht im Interesse der Landesregierung, hier die Interessen gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sind alle Maßnahmen darauf gerichtet, die Infrastruktur für alle Nutzungen zu optimieren. Das zeigt schon die genannte Maßnahme zur Entlastung des Knotens Bremen. Auf Bundes- und EU-Ebene setzt sich das Land dafür ein, das Netz bedarfsgerecht auszubauen und die Verkehrsplanung unter Berücksichtigung aller Interessen zu gestalten. So hat sich das Land z. B. konsequent gegen die Einführung von bevorrechtigten Nutzungsrechten für den internationalen Güterverkehr ausgesprochen. Zudem hat Niedersachsen die Bundesratsinitiative „Zukunft der Bahn sichern“ mitgetragen, die zu besseren Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr führen soll.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die erste Frage stellt Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bode, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie sich bei Ihrem hunderttägigen Dienstjubiläum selbst als standhaften Niedersachsen deklariert haben und wir ja beide wissen, dass Standhaftigkeit und Sturheit eng beieinander liegen, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie eben, wenn ich es richtig verstanden habe, klipp und klar erklärt haben, was dann, wie ich finde, mehr in Richtung Sturheit als in Richtung Standhaftigkeit geht, Sie betrieben für den Fall, dass die Y-Trasse nicht komme, keine Alternativplanung - ich bitte das noch einmal zu bestätigen -, habe ich eine Nachfrage dazu, dass Sie, wenn ich es eben richtig verstanden habe, gesagt haben, der Bund habe sich gegenüber der Landesregierung schriftlich zur Y-Trasse bekannt. Ich würde gerne wissen, wie dieses Bekenntnis aussieht, ob es ein allgemeines, prinzipielles Bekenntnis oder ob es ein rechtsverbindliches Bekenntnis ist, das definitiv Planungssicherheit für die Y-Trasse gibt, und ob die Landes

regierung vielleicht bereit wäre, dem Plenum dieses schriftliche Bekenntnis zur Prüfung der Frage der Rechtsverbindlichkeit des Bekenntnisschreibens des Bundes zur Kenntnis zu bringen.

Das waren inhaltlich zwei Fragen, Herr Dr. Sohn. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Sohn, die Antwort, die ich gegeben habe, lautete, dass es aufgrund der Vorbemerkung, der Sachverhaltsschilderung, nämlich weil wir gerade die Planung der Y-Trasse starten, derzeit keinen Anlass gibt, eine Alternative zu planen. In diesem Stadium und wegen aller Bekenntnisse zu der Realisierung der Y-Trasse gibt es keinen Anlass, eine Alternative zu planen.

Wir haben ein Bekenntnis der Bundesregierung; das ist völlig richtig. Ihre Frage war ja, wie rechtsverbindlich das ist. Am rechtsverbindlichsten ist es ja immer dann, wenn das Geld überwiesen wird,

(Widerspruch von Dr. Manfred Sohn [LINKE])