Die Landesregierung ist immer der Auffassung gewesen, dass es nicht notwendig ist, aufgrund der Verwaltungsreform eine Kreisreform oder Gebietsreform durchzuführen. Die Aufgaben, die wir kommunalisiert haben - 72 an der Zahl -, sind in einer Größenordnung von etwa 11 bis 12 Millionen Euro jährlich abgegolten worden und haben nicht zur Folge gehabt, dass irgendein Landkreis das in der jetzigen Struktur nicht bewältigen kann. Das ist nachgewiesen und völlig eindeutig.
Richtig ist, dass Herr Professor Hesse grundsätzlich angeregt hat, dass, wenn man den einen Schritt macht, auch auf der kommunalen Ebene etwas passieren muss. Deshalb hat er jetzt, als er die Gelegenheit hatte, zu überprüfen, ob ein neues Leitbild überhaupt notwendig ist, anhand der Kriterien, die ich bereits dargestellt habe, festgestellt, dass eine Gebietsreform über das gesamte Land nicht notwendig ist. Wenn Sie sich die Landkreise
anschauen - Cloppenburg, Vechta, Bad Bentheim etc. -, dann stellen Sie fest, dass das Landkreise sind, bei denen das nicht notwendig ist, weil man hier hervorragend zukunftsfähig aufgestellt ist, teilweise sogar Vollbeschäftigung mit nur 3 bis 4 % Arbeitslosigkeit hat und man strukturell vorn ist.
Deshalb macht es keinen Sinn, dass wir, nur weil wir vielleicht der Auffassung sind, alle gleich behandeln zu müssen, überall Kästchen machen, die von der Fläche und Einwohnerzahl her gleich sind. Das macht keinen Sinn. In einem Flächenland wie Niedersachsen brauchen wir individuelle Lösungen. Genau das hat Herr Hesse herausgearbeitet. Das deckt sich mit dem, was die Landesregierung schon 2004/2005 gesagt hat, als wir die große Verwaltungsreform umgesetzt haben.
Herr Präsident! Schade, dass das eine Fragestunde und keine Debatte ist. Aber die Debatte werden wir ja irgendwann führen.
Ich möchte die erste Nachfrage von Herrn Briese und die Nachfrage von Frau Dr. Heinen-Kljajic etwas konkretisieren. Wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie auf die Frage von Herrn Briese geantwortet: Ja, wo in dem Denkszenario von Herrn Hesse die Fusion von kreisfreien Städten und Landkreisen als zum Handlungsbedarf gehörend vorgesehen ist, ist das auch über den Weg der „Einkreisung“ - das haben Sie wortwörtlich gesagt; ich werde es im Protokoll sehr genau nachlesen - denkbar.
Jetzt frage ich Sie sehr konkret - ich möchte den Oberbürgermeistern Klingebiel und Dr. Hoffmann schon sagen, was in den Beratungsgesprächen auf sie zukommt -: Wie machen Sie das in der Beratung - wenn es so käme - mit Goslar und Salzgitter?
- Ja natürlich! Das ist doch eine Frage. - Wie machen Sie das, wenn Sie da beraten? Wird Salzgitter als Stadt aufgelöst und dann Teil des Landkreises Goslar? Welche Struktur soll beim Beispiel Braunschweig, Peine, Wolfenbüttel herauskommen? Werden die Landkreise Teil der kreisfreien
Stadt? Wird die Stadt Braunschweig in diesen Landkreis eingekreist - das ist besonders charmant für die zweitgrößte Stadt -, oder wird das eine kleine Region, und die Stadt Braunschweig bekommt einen Status wie Hannover in der Region? - Das müssen Sie als Szenario schon darstellen; denn nur eine dieser Lösungen kommt ja infrage.
Herr Kollege Bachmann, Sie haben einiges zusammengefasst. Einigen wir uns darauf, dass es zwei Fragen waren. Es waren wesentlich mehr. - Herr Minister, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Professor Hesse hat u. a. für die Region Hannover verschiedene Vorschläge gemacht und hat bei drei kreisfreien Städten im Land Handlungs- bzw. Stabilisierungsbedarf gesehen. Unter anderem war das Salzgitter, wie Sie es auch dargestellt haben. Dass dort strukturell etwas passieren muss, ist, glaube ich, unstrittig. Er hat, was sicherlich auch zu Diskussionen führen wird, den Vorschlag gemacht, dass man sich auch eine kreisfreie Stadt Lüneburg vorstellen kann, was gerade auch in Lüneburg diskutiert wird. Sie können sich vorstellen, dass all das Diskussionsbedarf nach sich zieht.
Aber der konkrete Punkt ist doch, dass Herr Professor Hesse nicht den Auftrag gehabt hat, ein Konzept zu entwickeln, wie der Handlungs- oder Stabilisierungsbedarf 1 : 1 umgesetzt werden soll. Er hat anhand der Kriterien aufgezeigt, dass man etwas tun muss, und hat exemplarisch einige Vorschläge gemacht, die man jetzt im Detail mit der Region besprechen muss. Wir haben auch ganz bewusst gesagt, dass wir von ihm kein Rezept haben wollen, in dem steht, was wir machen müssen, sondern wir haben Wege aufgezeigt, die wir in der Region diskutieren müssen. Deshalb ist es zum jetzigen Zeitpunkt viel zu früh, irgendwelche Horrorszenarien aufzustellen und zu sagen, was dabei herauskäme, sondern das muss man jetzt anhand der Kriterien mit den Verantwortlichen vor Ort diskutieren. Wenn das gemacht worden ist, wird man zu vernünftigen Lösungen kommen. Davon bin ich fest überzeugt.
vielmehr mit denen vor Ort insgesamt diskutieren. Dann werden wir auch zu vernünftigen Lösungen kommen.
Das ist genau der entgegengesetzte Weg zu Ihrem. Sie haben, nachdem Sie es intern diskutiert haben, ein Gesetz zur Region Braunschweig vorgelegt.
Anschließend wollen Sie einen Zweckverband in einer Größenordnung, dass die bisherigen Räte dort kaum noch etwas zu sagen haben. Das haben Sie zu verantworten, aber das ist sicherlich nicht meine Lösung für die Region.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das stimmt doch nicht! Da ist keine Fusion drin!)
Die nächste Fragestellerin ist Frau Behrens für die SPD-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! - Geehrte Kolleginnen und Kollegen! In dem Hesse-Gutachten gibt es eine umfassende Analyse der Strukturschwächen, aber auch der Stärken der einzelnen Regionen. Für die Küstenregion wird eine enorme Unterfinanzierung der Kommunen, aber auch ein enormes Problem der Strukturschwäche beschrieben. Wir fokussieren uns in dieser Debatte sehr auf das Thema Entschuldungshilfe. Aber Hesse sagt auch, es gibt große Herausforderungen, z. B. in der Gestaltung des demografischen Wandels. Ich frage die Landesregierung: Welche Instrumente außer der Entschuldungshilfe gibt sie den Kommunen an die Hand, um solche Fragen wie den demografischen Wandel und andere für die Menschen in der Region wichtige Fragen zu lösen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zukunftsvertrag ist in den Kommunen durchaus bekannt. Ich muss allerdings feststellen, dass er hier im Landtag noch nicht ganz so bekannt ist. Aber ich will es gerne darstellen.
Wir haben nicht nur davon gesprochen, dass wir eine Entschuldungshilfe anbieten, sondern dass gerade in den Regionen mit Stabilisierungsbedarf - wie es jetzt heißt - gerade auch Strukturverbesserungen mit vorzusehen sind, weil man nur allein durch die Entschuldungshilfe in vielen Bereichen nichts erreichen kann.
Bei einigen Fusionen, die bereits beschlossen worden sind - ich glaube, das war bei Sankt Andreasberg und Braunlage der Fall -, haben wir parallel dazu auch Strukturhilfemaßnahmen mit vereinbart. Das ist in anderen Bereichen ganz genauso. Das ist also ein Gesamtpaket.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir uns sicherlich darüber einig sind, dass die Frage möglicher Fusionen von Kreisen oder Kommunen keine triviale Frage ist, dass wir uns sicherlich ebenfalls darüber einig sind, dass solche Entscheidungen nicht ausschließlich nach finanziellen Gesichtspunkten getroffen werden müssen, und vor dem Hintergrund, dass wir in Niedersachsen schon Kommunen und auch Kreise mit sehr großer Fläche haben, frage ich die Landesregierung, welchen Stellenwert sie der Frage einräumt, wie weit sich Menschen, die in diesen Gebietskörperschaften wohnen, noch mit dieser Gebietskörperschaft identifizieren, sie erleben und sich dort zu Hause und heimisch fühlen können, was sicherlich stark mit der Frage korreliert, wie weit sie bereit sind, sich z. B. in einem Ehrenamt oder auch in der kommunalen Selbstverwaltung zu engagieren, eben weil sie sich mit der Gebietskörperschaft, in der sie wohnen, identifizieren können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz wichtig, dass man sich da, wo man wohnt, heimisch fühlt, dass man sich dort geborgen und dass man sich da auch integriert fühlt. Deshalb ist es ein entscheidender Faktor, dass neben dem Arbeitsplatz dort auch ehrenamtliches Engagement möglich ist, dass man dort
Ich registriere schon seit einiger Zeit, dass gerade die Gemeindeebene ein entscheidender Faktor ist - ohne Frage -, dass allerdings die übergeordnete Gebietskörperschaft, der Landkreis, nicht mehr die Identitätsstiftungsfunktion hat, wie es vielleicht in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Das muss man insgesamt im Auge haben.
Diese Diskussion haben wir ja auch in anderen Bundesländern. Wenn man zu große Einheiten macht, es zu anonym macht, dann wird es schwierig.
Deshalb lehne ich genauso wie auch Herr Professor Hesse und auch die Fraktionen von CDU und FDP die Bildung von acht Regionen über das gesamte Land in Niedersachsen schlichtweg ab, weil dann genau das passieren würde, was Sie gerade beschrieben haben, dass nämlich die Identifikation mit der jeweiligen Region nicht mehr gegeben wäre und wir anschließend wieder Mammutbehörden hätten, die wir, Gott sei Dank, gerade abgeschafft haben. Deshalb ist das mit uns nicht zu machen.
Dass es so etwas bei der SPD in der Schublade gibt, damals noch von Herrn Gabriel mit erarbeitet, ist bekannt. Ich weiß, dass mein Vorgänger das nicht unterstützt - auch jetzt schütteln Sie den Kopf -, aber wer sich letztlich tatsächlich durchsetzen wird, wenn Sie Ihr Wahlprogramm aufstellen, interessiert mich schon sehr. Wir werden sehen, wie das dann tatsächlich vonstatten gehen wird.
Also, wichtig ist die Identität direkt vor Ort, und da spielt insbesondere die Gemeinde eine ganz entscheidende Rolle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben jetzt das HesseGutachten. Darin ist für einige Bereiche deutlicher Handlungsbedarf skizziert worden, aber Sie sagen hier: alles freiwillig - außer dem Zukunftsvertrag. Nun hoffe ich nicht, dass Sie so lange warten, bis
Von daher meine Frage: Welche Frühwarnkriterien haben Sie denn hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit, der Kassenkredite oder der wirtschaftlichfinanziellen Struktur einer Gemeinde oder eines Landkreises, die sicherstellen, dass im Zweifel die Politik handelt und nicht die Bank?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hesse-Gutachten hat klar dargelegt, dass nicht die Landesregierung Handlungsbedarf hat, sondern dass es eine Bringschuld der Kommunen gibt. So hat es Professor Dr. Hesse formuliert. Ich glaube, dass das genau der richtige Ansatz ist.
Die Landesregierung hat hier Diskussionsmöglichkeiten geschaffen. Wir haben mehr Informationsmaterial geliefert, haben einen Instrumentenkoffer bereitgestellt, wie man dann auch als Land Hilfe zur Verfügung stellt. Aber die Bringschuld in diesem Bereich hat nun eindeutig die kommunale Ebene. Wir werden allerdings diesen Diskussionsprozess aktiv begleiten, was aus meiner Sicht in einigen Regionen dringend nötig ist.
Wie wir insgesamt die Finanzsituation der Kommunen beurteilen, ist völlig klar. Gerade was die Landkreise und die kreisfreien Städte angeht, haben wir - über die Genehmigung der Haushalte - ja einen hervorragenden Überblick über diesen Bereich. Dort können wir sehr schnell erkennen, wenn es zu einer Verschuldungssituation kommt, die kritisch ist. Ich habe anhand eines Beispiels - ich gebe zu, ich habe ein krasses Beispiel gewählt - dargestellt, wie diese Bringschuld in Handlungsbedarf der Landesregierung umschlägt. Spätestens dann muss gehandelt werden.
Aber ich gebe Ihnen recht: Eigentlich darf man nicht so lange warten, sondern muss dann tatsächlich erst mal aktiv daran erinnern, dass man dort eine Bringschuld hat, und bevor es zu einer - ich sage es einmal so - Crash-Situation kommt, muss man als Landesregierung handeln. Da bleibt überhaupt keine andere Wahl.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Eines ist mir aus den Antworten der Landesregierung, respektive des Innenministers, noch nicht klargeworden. Wir sind uns also einig in diesem Haus - jedenfalls sagt das Hesse-Gutachten das -: Es gibt partiell Handlungsbedarf, was die kommunale Gebietsstruktur angeht, nicht überall, aber eben partiell in Niedersachsen. Jetzt sagt der Innenminister hier in seiner Antwort, wie dieses Gutachten zu bewerten ist oder welche Schlüsse wir daraus ziehen: Ja, wir gehen in die Regionen und führen einen intensiven Dialog mit den entsprechenden Kreisen oder mit den Regionen, welche Schlüsse aus dem Gutachten zu ziehen sind.