Sylvia Bretschneider

Sitzungen

3/34 3/35 3/36 3/37 3/38 3/39 3/40 3/41 3/42 3/48 3/49 3/52 3/53 3/58 3/63 3/66 3/72 3/75 3/77 3/82

Letzte Beiträge

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In jeder Legislaturperiode ist dem Landtag nach Paragraph 15 des Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches „Kinder- und Jugendhilfe“ vom 23. Februar 1993 ein Kinder- und Jugendbericht vorzulegen. Dieser soll eine Darstellung der wichtigsten Entwicklungstendenzen der Jugendhilfe im Lande unter Berücksichtigung allgemeiner Rahmenbedingungen sowie eine Zusammenfassung der landespolitischen Maßnahmen und Leistungen für Kinder und Jugendliche im Berichtszeitraum enthalten. Er soll darüber hinaus einen Überblick über die kinder- und jugendpolitischen Zielvorstellungen der Landesregierung geben. Ein solcher Bericht macht aber nur dann Sinn, wenn a) der Berichtsauftrag die aktuellen Problemlagen aufgreift und ein umfassendes Bild abgibt, b) der Bericht dem Parlament so rechtzeitig vorliegt, dass die Ergebnisse für parlamentarisches Handeln nutzbar sind, und c) die im Paragraphen 15 des oben genannten Gesetzes genannten Ziele und Aufgaben erfüllt werden.
Wie ist der uns vorgelegte Bericht diesbezüglich zu werten?
Bevor ich dazu komme, vielleicht einige Informationen zur Entstehungsgeschichte. Im Jahr 2000 hatten sich die Fraktionen der SPD und PDS über ihre Obleute an die Vorsitzende des Sozialausschusses Frau Dr. Margret Seemann gewandt. Ich zitiere aus dem Schreiben vom 19. Januar 2000, in dem der Sozialausschuss sich an die Landesregierung mit folgender Formulierung wenden sollte: „Der Sozialausschuss bittet darum, die Forderungen der UN-Kinderrechtskonvention bei der Erstellung des Kin
der- und Jugendberichts stärker zu beachten und den Bericht bis Mitte 2001 zu erstellen, damit dessen Beratung noch in der laufenden Legislaturperiode möglich ist.“
„Der Sozialausschuss empfiehlt, den Kinder- und Jugendbericht unter Einbeziehung von außerparlamentarischem Sachverstand zu erarbeiten.“
Nachdem in der zweiten Legislaturperiode die Lebenslagen der 14- bis 18-Jährigen Schwerpunkt der Berichterstattung waren, wurden nunmehr die Lebenslagen der 10- bis 14-Jährigen als Schwerpunkt bestimmt. In die empirischen Erhebungen wurden 1.200 Kinder und Jugendliche der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen in den Landkreisen Güstrow, Nordwestmecklenburg, UeckerRandow und in den Städten Greifswald und Schwerin sowie zu Vergleichszwecken in Rostock aufgenommen. Einbezogen wurden sieben Schulformen. Zielstellung des Berichtes ist es, aus der Kenntnis der Verhältnisse, in denen Kinder leben, wie sie diese empfinden und reflektieren, notwendige Schlussfolgerungen für eine Politik abzuleiten, die nicht nur Erwachsene zum Ausgangspunkt und Maßstab des Handelns macht. So steht es im so genannten 3. Kinder- und Jugendbericht.
Ich hatte bereits darauf verwiesen, dass sich der Sozialausschuss während der Beratungen zur Beteiligungskampagne bei der Landesregierung dafür ausgesprochen hatte, dass der Bericht die Forderungen der UN-Kinderrechtskonvention bei der Erstellung des Kinder- und Jugendberichts stärker beachtet. Diese Position haben die Abgeordneten der SPD und PDS auch in die Beratungen des Dritten Landesjugendhilfeausschusses eingebracht.
Nebenbei nur zur Information, der Dritte Landesjugendhilfeausschuss hat meines Wissens insgesamt zwanzigmal getagt. Ich habe mir mal die Protokolle und die Anwesenheitslisten angeschaut. Von der CDU waren nach meinem Kenntnisstand lediglich auf vier oder fünf Sitzungen Abgeordnete der CDU vertreten.
Das zu Ihrer Information, wie ernst die CDU die Aufgaben, die uns hier durch die Sozialministerin übertragen worden sind, genommen hat.
Im Protokoll der sechsten Sitzung des Dritten Landesjugendhilfeausschusses ist nachzulesen, wie die endgültige Festsetzung des Themas erfolgte und mit welcher Begründung. Und ich zitiere: „Die entsprechende Datenlage ist nicht vorhanden und bis zu dem Zeitpunkt nicht zu erreichen. Die finanziellen Mittel zu dieser Datenerhebung sind nicht ausreichend. Das Thema sollte eingegrenzt oder geändert werden oder sich mit notwendigen Indikatoren zur Datenerhebung auseinander setzen.“ So nachzulesen auf Seite 8 des Protokolls des Landesjugendhilfeausschusses.
Die Mitglieder des Dritten Landesjugendhilfeausschusses unterbreiten zum 3. Landesjugendbericht den folgen
den Vorschlag: „Das vorgeschlagene Thema ,Lebenslagen der 10- bis 14-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern unter Berücksichtigung der UN-Kinderrechtskonvention‘“
„sollte aufgrund der mangelnden Datenlage und der zur Verfügung stehenden Zeit eingeschränkt werden auf Freizeit und Beteiligung von 10- bis 14-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern.“ So das Zitat auf Seite 9 des eben genannten Protokolles.
Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Hinweise des Landesjugendhilfeausschusses bei der Erarbeitung des Berichtes vielleicht noch etwas umfassender berücksichtigt worden wären.
Der vorliegende Bericht beleuchtet unter anderem die Familienstrukturen und das Familienklima, ausgewählte materielle Lebensbedingungen, die Freizeit und die soziale Einbindung und stellt die Zufriedenheit, Werte und Zukunftsvorstellungen der 10- bis 14-Jährigen aufgrund einer wissenschaftlich bewerteten Befragung von 1.200 Kindern und Jugendlichen dieser Altersgruppe dar. Er greift also aktuelle Problemlagen auf, kann aufgrund der kleinen Zahl der Befragten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen – in dieser Altersgruppe und in Mecklenburg-Vorpommern leben immerhin 134.000 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren – auch nur Tendenzen aufzeigen, keineswegs aber gesicherte Aussagen für die gesamte Altersgruppe geben.
Sicherlich erfolgte die Vorlage des Berichtes mit der Stellungnahme der Landesregierung dazu formal gesehen rechtzeitig, da er innerhalb der Legislaturperiode den Landtag erreichte.
Zu bemängeln ist jedoch, dass nun kaum Zeit für das jetzige Parlament bleibt, die Ergebnisse für parlamentarisches Handeln in dieser Legislaturperiode zu nutzen. Ich gehe aber davon aus, dass dieser Bericht in zahlreichen Gremien des Landes, wie beispielsweise dem schon erwähnten Landesjugendhilfeausschuss, sehr eingehend beraten werden wird und die Ergebnisse Eingang in das parlamentarische Handeln des vierten Landtages und das Handeln der neuen Landesregierung finden werden.
Meine Damen und Herren, wie realisiert die Stellungnahme der Landesregierung die Aufgabe, einen Überblick über die kinder- und jugendpolitischen Zielvorstellungen der Landesregierung zu geben? Aufgrund des positiven Befundes zur Situation der Familien mit Kindern sieht die Landesregierung ihre bisherige Arbeit im Wesentlichen bestätigt. Diese Einschätzung teilt die Fraktion der SPD. Die Landesregierung sieht die fachpolitische Notwendigkeit, dass Jugendhilfe sich auch bei der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen ganzheitlich und lebensweltorientiert an den Umständen und Situationen von Kindern und Jugendlichen und deren Familien im Einzelfall orientieren muss,
um somit die Voraussetzungen zur Chancengleichheit bei der Teilhabe der gesellschaftlichen Entwicklungen zu verbessern.
Es ist deshalb richtig, dass die Schwerpunktsetzung auf Stärkung der Selbsthilfepotentiale, Prävention, Fortbildung und Praxisberatung sowie die modellhafte Weiterentwicklung der Jugendhilfe beibehalten werden soll. Natürlich ist eine noch stärkere Prioritätensetzung zugunsten präventiver Maßnahmen, zur Förderung der Erziehung in der Familie beispielsweise bei der Elternbildung, bei niederschwelligen Angeboten erzieherischer Hilfen und hinsichtlich der Beratungsangebote für Familien notwendig. Wir müssen deshalb gemeinsam mit der Landesregierung in der nächsten Legislaturperiode unsere Arbeit noch stärker auf Partizipation und Chancengleichheit, Integration benachteiligter Jugendlicher, Abbau von Vorurteilen und Beteiligung an Demokratieentscheidungen, Qualitätsentwicklung
und kooperative Erweiterung von Kriterien und deren Umsetzung, die Begrenzung rechtsextremistischer Entwicklung, die Ausweitung des Adressatenkreises und die Priorität für mehr Qualität ausrichten. Im Bereich der erzieherischen Hilfen sind die Rechte der Kinder zu stärken, die Prävention sowie der Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt zu intensivieren.
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist es notwendig, auch weiterhin Maßnahmen zu ergreifen, die die Verbesserung der Lebensverhältnisse und Perspektiven der Kinder und Jugendlichen zum Ziel haben.
Deshalb unterstützen wir die kinder- und jugendpolitischen Zielsetzungen der Landesregierung.
Kommen wir vielleicht zu einigen konkreten Aussagen der Studie. Erfreulich fand ich in der Studie die Aussagen der Kinder und Jugendlichen selbst, dass 91 Prozent mit ihrem Leben sehr zufrieden bis zufrieden sind und die familiäre Situation beziehungsweise das Familienklima als positiv eingeschätzt wird. Dies bedeutet, dass vieles häufig schlechter bewertet wird, als die Realität es hergibt. Ziel der SPD ist und bleibt es, insbesondere die Familien zu stärken sowie die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche weiter zu verbessern.
Ihre Wünsche haben sie ja, wenn ich daran erinnern darf, meine Damen und Herren von der CDU, bei der Veranstaltung „Jugend im Landtag“ klar und deutlich geäußert. Aufhorchen lassen sollte uns dabei, dass bei den Kindern, bei denen die Familie von Arbeitslosigkeit betroffen ist, auch das Klima in der Familie als schlechter erlebt wird.
Vorrangiges Ziel bleibt für uns der Abbau von Arbeitslosigkeit und die Ermöglichung von Rahmenbedingungen, die Arbeitsplätze erhalten und schaffen.
Und in Bezug auf Ihre Einlassung, Herr Albrecht, bezüglich des Erziehungsgeldes möchte ich nur noch mal darauf verweisen, und dabei bleiben wir auch, die SPD setzt weiterhin darauf, dass Familie und Beruf gerade für Frauen vereinbar bleiben sollen,
und dafür werden wir die Bedingungen weiter ausbauen.
Wir brauchen weiterhin Jugendförderprogramme, die mehr Angebote zur Bildung und Qualifizierung und vor allem mehr betriebliche Ausbildungsplätze schaffen.
Bestehende Programme wie zum Beispiel „Jugend, Arbeit, Zukunft“ sind dafür ein gutes Beispiel und müssen weiterentwickelt werden.
Es ist richtig, dass wir eine Neuorientierung in der Jugendpolitik brauchen, die die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen verstärkt in den Blick nimmt. Unser Ziel muss sein, den Kindern und Jugendlichen mehr Möglichkeiten anzubieten, damit junge Menschen in Mecklenburg-Vorpommern eine Perspektive finden und sich nach ihren Vorstellungen entwickeln können. Ein Schlechtreden des Landes, wie Sie das tun, meine Damen und Herren von der CDU, hilft uns dabei nicht.
Im Gegenteil, Sie jagen die Jugendlichen buchstäblich aus dem Lande.
Wir haben in unseren gestrigen Reden unsere Standpunkte dazu schon ausgetauscht und von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, habe ich dazu wenig Konkretes, wenig Positives und schon gar nichts Produktives gehört.
Drei Viertel der Kinder und Jugendlichen in unserem Land sind Mitglieder in einer Organisation oder in einem Verein. Auch das bezeugt die Verbundenheit mit unserem Land und den individuellen Wunsch, in der Gemeinschaft die Freizeit zu gestalten. Es zeigt auch, dass unsere Kinder aktiv an der Gesellschaft partizipieren wollen. Dies sollten wir auch in Zukunft unterstützen. Selbstbestimmungsrechte und Mitwirkungsmöglichkeiten bei politischen Entscheidungsprozessen von Kindern und Jugendlichen müssen deswegen meines Erachtens noch mehr berücksichtigt werden. Insbesondere in der Kommunalpolitik bieten sich hierfür vielfältige Möglichkeiten.
Ein Bereich, mit dem sich auch der Arbeitskreis Soziales der SPD schon lange und intensiv beschäftigt, ist der
Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen. Nach dem Bericht besitzen neun von zehn Kindern einen ausreichenden bis optimalen Impfschutz. Allerdings betrifft das nur die Gruppe der 10- bis 14-Jährigen. Der Arbeitskreis Soziales der SPD-Landtagsfraktion MecklenburgVorpommern hatte im Januar letzten Jahres eine Fachtagung mit dem Thema „Verbesserung der gesundheitlichen Situation im Kinder- und Jugendalter“ durchgeführt. Dabei wurde der Trend deutlich, dass der komplette Impfschutz, wie beispielsweise für Mumps, Masern, Polio, Tuberkulose und Keuchhusten, in sechs Jahren um circa fünf bis sieben Prozent gesunken ist – eigentlich ein Alarmzeichen. Noch scheint der Impfschutz zwar auszureichen und Grund für einen sorglosen Umgang zum Teil durch die Eltern und eine scheinbare Sicherheit in der Bevölkerung darzustellen. Aufklärung ist dabei aber weiterhin notwendig und dringend erforderlich.
Im Bericht geben sechs Prozent der Kinder an, schon einmal Drogen probiert zu haben. 3 von 100 bestätigen einen regelmäßigen Konsum, fast regelmäßig zu rauchen gaben 15 Prozent an sowie regelmäßig Alkohol zu trinken 12 Prozent. Dies bedeutet für mich, dass gerade die Sucht- und Drogenprävention indes auch prioritär im Sozialbereich zu behandeln ist und hier insbesondere im Bereich der legalen Süchte und Drogen. Das kann man leider nicht oft genug sagen. Zwar haben wir im Land schon einiges in diesem Bereich erreicht, ich erinnere nur an die Präventionskonzepte wie „Genussmobil“,
„Antidrogentour“, „Fifty-fifty-Taxi“, „Gesundheitsfördernde Schule“, „Europa gegen Krebs“, „Fit und stark fürs Leben“, „Eigenständig werden“, „Kurzintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“, „Landesprojekt Drogenberater“, integriert in Suchtberatungsstellen, „Designerdrogensprechstunde“,
um nur einige zu nennen, aber wir dürfen nicht nachlassen und müssen die Rahmenbedingungen im Bereich der Minimierung des Einstiegs bis hin zum Ausstieg aus der Abhängigkeit immer weiter verbessern. Insbesondere benötigen wir gute Behandlungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein anderer Bereich, den ich in der kurzen Zeit noch ansprechen möchte, ist der der Gewalt. Hier war ich positiv überrascht, dass 93 Prozent der Befragten noch keine Gewalt gegen die eigene Person erfahren haben. Auch dies bestätigt mir, dass die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche im Land so schlecht nicht sein können. Zu hinterfragen sind hier allerdings die Maßstäbe, die an die Definition von Gewalt gelegt werden. So empfinden Kinder und Jugendliche aufgrund der alltäglichen Gewalt eine hohe Hemmschwelle offensichtlich für das, was man unter Gewalt versteht. Deswegen wäre es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, wie durch die befragten Kinder und Jugendlichen Gewalt definiert wurde.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang bekanntermaßen auch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, wodurch Gewalt verhindert oder zumindest vermindert wird. Hinweisen möchte ich dabei auf das Landesprogramm „Jugend- und Schulsozialarbeit“, das den Gebietskörper
schaften hilft, gemeindeübergreifend für mehrere Jugendeinrichtungen qualifiziertes hauptamtliches Personal anzustellen. Und dieses Programm müssen wir auch deshalb weiterführen.
Für mich stellt die Stärkung der demokratisch geprägten Zivilgesellschaft unter Einbeziehung der jungen Menschen das langfristige Ziel unserer Jugendpolitik dar. Deshalb wird sich meine Fraktion für Initiativen, die diesem Ziel dienen, wie zum Beispiel selbstverwaltete Kinder- und Jugendprojekte, einsetzen. Für uns alle sollte der vorliegende Bericht eine gute Grundlage darstellen, um über weitere Verbesserungen im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik zu diskutieren. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Gesetz zur staatlichen Anerkennung von Berufsakademien öffnet auch in Mecklenburg-Vorpommern den Weg zur Gründung von solchen Einrichtungen, an denen junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung in unserem Land hochwertige Abschlüsse auch außerhalb der Hochschulen erwerben können.
Berufsakademien sind Einrichtungen des tertiären Bildungsbereiches neben den Hochschulen. Es gibt sie bereits in einer Reihe von Bundesländern, wie zum Beispiel Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Berlin. Die besondere Rolle der Berufsakademien besteht darin, dass sie noch stärker als zum Beispiel die Fachhochschulen an der Praxis orientiert sind. Die duale Ausbildung erfolgt im theoretischen Teil an der Bildungseinrichtung und im praktischen Teil bei einem Kooperationspartner aus dem jeweiligen Ausbildungsbereich. Für Mecklenburg-Vorpommern werden das insbesondere soziale Einrichtungen, Verwaltungsinstitutionen, aber eben auch Unternehmen sein.
Die Koalitionsfraktionen haben sich bei der Einbringung eines solchen Gesetzes vor allem von zwei Grundgedanken leiten lassen. Zum einen geht es darum, den Bildungsstandort Mecklenburg-Vorpommern auf hohem Niveau und in vielfältigen Facetten weiterzuentwickeln, zum anderen gibt es seit Jahren konkrete Bestrebungen im Land zur Gründung von Berufsakademien. Ihre fehlende staatliche Anerkennung erweist sich zunehmend als wesentliches Hindernis für die Weiterentwicklung von Ausbildungsangeboten mit einer hohen Akzeptanz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tragen die Koalitionsfraktionen dieser Situation politisch Rechnung.
Welche Kernaussagen werden getroffen?
Erstens. Das Land ermöglicht mit der staatlichen Anerkennung von Berufsakademien berufliche Abschlüsse auf hohem Niveau mit einem starken Praxisbezug. Hier kann vor allem der wachsenden Flexibilität in vielen Berufsfeldern und dem Bedarf an Fort- und Weiterbildung in besonderem Maße entsprochen werden.
Zweitens. Mit der Möglichkeit einer berufsbegleitenden Ausbildung wird in Mecklenburg-Vorpommern ein Novum für Berufsakademien eingeführt. Die Koalitionsfraktionen kommen damit vor allem den starken Nachfragen aus dem Sozialbereich entgegen. Hier besteht eine echte Ausbildungslücke, da vielen Berufstätigen in sozialen Einrichtungen oder Projekten in den neuen Bundesländern die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter fehlt. Diese ist gegenwärtig nur durch einen entsprechenden Altabschluss – hier waren die Möglichkeiten der DDR allerdings gering – oder durch einen Fachhochschulabschluss zu erlangen. Damit bleibt vielen erfahrenen Praktikerinnen und Praktikern der Aufstieg in gehobene Positionen und damit auch die Chance für ein gehobenes Einkommen verwehrt. Zudem werden die Arbeitsverhältnisse in diesen Berufsfeldern vorwiegend befristet abgeschlossen, so dass die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesichts der wachsenden Anzahl von Hochschulabsolventinnen und -absolventen bei Neubewerbungen zunehmend benachteiligt sind. Eine Resonanz für diese Art der Ausbildung wird auch aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Niedersachsen gemeldet.
Drittens. Die staatliche Anerkennung ist an die Umsetzung der von der KMK und vom Wissenschaftsrat aufgestellten Normen gebunden. Das heißt unter anderem, dass die Ausbildung mindestens drei Jahre in einem theoretischen und praktischen Teil zu absolvieren ist, die Hochschulzugangsvoraussetzungen erfüllt sein müssen, die Anmeldung über einen Ausbildungsbetrieb erfolgt und ein Vertrag mit diesem besteht. Der hauptberufliche Anteil des Lehrpersonals hat mindestens 40 Prozent zu betragen und die Lehrkräfte müssen den Qualitätsanforderungen für Lehrkräfte an Fachhochschulen entsprechen. Ausreichende Ressourcen für die mehrjährige Aufrechterhaltung des Ausbildungsangebotes sind nachzuweisen.
Viertens. Das Gesetz regelt darüber hinaus die Berufsbezeichnungen, die Möglichkeit des Weiterstudiums an einer Fachhochschule zum Erwerb des Fachhochschuldiploms, die Voraussetzungen, unter denen die Anerkennung erteilt oder widerrufen werden kann, die Kosten für die Evaluation und die Gutachten sowie die Verfahrensweise bei Verstößen und Ordnungswidrigkeiten.
Fünftens. Die staatliche Anerkennung kann nur widerrufen werden, wenn die Berufsakademie die Qualitätskriterien nicht mehr erfüllt oder nicht mehr in der Lage ist, den Studienbetrieb in der gesetzlich vorgesehenen Form durchzuführen oder wenn die dem Ministerium gegenüber bestehenden Verpflichtungen nicht eingehalten werden.
Sechstens. Im Gesetz wird eine Probezeit für drei Jahre festgelegt. Für eine Startphase können Ausnahmeregelungen zugelassen werden. Die unbefristete staatliche Anerkennung erfolgt nach einer Bewertung, die durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Auftrag gegeben wird.
Siebtens. Berufsakademien sollen in Mecklenburg-Vorpommern nur als nicht staatliche Einrichtungen anerkannt werden. Die Koalition bekennt sich eindeutig zu den staatlichen Hochschulen im Land, deren finanzielle Mittel in keiner Weise beschnitten werden dürfen. Sie haben für die Entwicklung des Hochschulstandortes Mecklenburg-Vorpommern und für die Wahrung der Chancengleichheit junger Menschen im Land oberste Priorität. Das Gesetz wird keine Benachteiligung der Fachhochschulen zur Folge haben. Dazu sind die Bedingungen und Schwerpunkte für beide Studieneinrichtungen zu verschieden. Berufsakademien werden aber – und das ist durchaus gewollt – den Wettbewerb zwischen den Einrichtungen befördern.
Das Gesetz schafft somit allein den rechtlichen Rahmen für gegenwärtige Initiativen aus dem Sozialbereich, aus der Wirtschaft und der Verwaltung zur Gründung von Berufsakademien. Hier bietet das Land seine Unterstützung an. Unter diesen Prämissen wird eingeschätzt, dass ein Berufsakademiegesetz die Chancengleichheit der Auszubildenden nicht aushebelt, sondern im Gegenteil zu einer wesentlichen Bereicherung der Bildungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern beiträgt. Die hierin liegenden Potenzen, auch Menschen aus anderen Bundesländern ins Land zu holen beziehungsweise Synergieeffekte durch länderübergreifende Kooperation mit Ausbildungsbetrieben zu erzielen, sind nicht zu unterschätzen. Mit diesem Gesetz kann im Bildungsbereich einerseits etwas für die demographische Entwicklung im Land und andererseits für die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung im Sozial-, Wirtschafts- und Verwaltungsbereich und der notwendigen Professionalisierung getan werden.
In diesem Sinne schlagen wir Ihnen eine Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und in den Wirtschaftsausschuss vor. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sagte es schon, wir befürworten ein solches Gesetz, weil es uns nämlich um Inhalte geht und nicht um Verfahrensfragen. Und ich kann mich meinem Vorredner an der Stelle nur anschließen. Wir werden, glaube ich, dafür nicht schlecht bezahlt, dass wir genau diese Arbeit hier erbringen, und notfalls eben auch durch entsprechende zusätzliche Zeitaufwendungen. Wenn es denn für dieses Land gut ist, werden wir das auch tun.
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf reiht sich ein in die wegweisenden bildungspolitischen Maßnahmen der Landesregierung in dieser Legislatur. Wir werden alles daransetzen, die Arbeit an einem neuen Hochschulgesetz, an der Schulgesetznovelle demnächst abzuschließen, und auch gegen die Verzögerungstaktik der CDU, Frau Schnoor, werden wir das tun.
SPD und PDS werden damit noch in diesem Sommer moderne und zukunftsweisende Bedingungen für den Bildungsstandort Mecklenburg-Vorpommern geschaffen haben, die unser Land braucht, um den aktuellen Herausforderungen an Schule und Hochschule und den regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Mit den letztgenannten Gesetzesvorhaben greifen wir ein in festgefahrene Strukturen und etablierte Standards. Sie sind ein Meilenstein und erlauben uns, für die nächsten Jahre ein wettbewerbsfähiges und international auf hohem Niveau anerkanntes Bildungssystem im Land auszubauen, und das trotz einer stark angespannten Haushaltslage, meine Damen und Herren. Das neue Gesetz, das heute auf Initiative der SPD durch die Koalitionsfraktionen eingebracht wurde, wird den Bildungsstandort Mecklenburg-Vorpommern weiter qualifizieren.
Berufsakademien sind anerkannte hochqualifizierte Ausbildungseinrichtungen neben den Hochschulen, die sich besonders durch ihre Praxisnähe auszeichnen. Sie ermöglichen Abiturienten ein berufsqualifizierendes Studium, das sich durch eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis auszeichnet. Ziel ist es, ihnen eine praxisorientierte und zugleich wissenschaftsbezogene Ausbildung als attraktive Alternative zum Hochschulstudium anzubieten. Im Unterschied zur Fachhochschule müssen die Studierenden hier mit einer Praxiseinrichtung oder einem
Unternehmen einen Ausbildungsvertrag abschließen und von diesen delegiert werden.
Bedarfsmeldungen auch über die Ländergrenzen hinweg liegen vor, Frau Schnoor. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie zuhören würden. Allein über tausend Interessentinnen und Interessenten gibt es für eine berufsbegleitende Ausbildung im sozialen Bereich. Im Oktober 2001 belief sich die Zahl der konkreten Nachfragen auf rund 430, wobei einige auch aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt kamen.
Ich weise nochmals darauf hin, dass die Arbeitsplatzsituation von Berufstätigen in der Sozialarbeit gerade in den neuen Bundesländern schwierig ist, da vielen von ihnen die staatliche Anerkennung fehlt. Damit sinken ihre Arbeits-, Aufstiegs- und Verdienstchancen weiter. Deshalb haben wir im Entwurf das Recht der berufsbegleitenden Ausbildung als Novum verankert.
Aus der Wirtschaft liegen seit mehreren Jahren positive Signale vor, wenn wir auch nicht verhehlen können, dass die potentielle Unternehmensbasis im Land eben noch nicht so üppig ist wie in anderen Bundesländern. Wir weisen aber noch mal darauf hin, dass hier die Entwicklung länderübergreifender Kooperationen möglich und denkbar ist. Aktuell wird die Idee geprüft, eine Berufsakademie an den Standorten Uecker-Randow und Neubrandenburg zu errichten, die in den Bereichen Automatisierung, Robotik, IT, Flugzeugbau, Ernährungstechnologie und Tourismus Ausbildungslehrgänge anbieten will – also ganz konkreter Bedarf aus der Wirtschaft, eben nicht nur im Sozialbereich.
Die wissenschaftliche Ausbildung soll in enger Zusammenarbeit mit der Universität Greifswald und den Fachhochschulen Stralsund und Neubrandenburg erfolgen. Das ist ein gutes Signal, wie ich meine, an unsere Hochschulen im Land. Denn eins ist für uns als SPD klar, und ich denke, da spreche ich auch für den Koalitionspartner: Wir wollen keine Beschneidung der Existenzgrundlagen für unsere Hochschulen im Land. Dahin gehend werden wir die Gesetzesvorlage eingehend im Bildungsausschuss und mit dem Sachverstand der Fachhochschulen und Universitäten prüfen.
Und, Frau Schnoor, über eins können Sie sicherlich gewiss sein: Der Gesetzentwurf wird mit Sicherheit nicht den Intentionen des Landes Baden-Württemberg entsprechen. Das war nämlich nicht die Grundlage für die Erarbeitung. Ich will Ihnen noch mal sagen, warum. Die Abschlüsse Baden-Württembergs sind nicht im gesamten Bundesgebiet anerkannt, obwohl diese Anerkennung beantragt wurde, und auch die europaweite Anerkennung ist nicht gegeben. Die Länder haben sich zwar mehrheitlich darauf geeinigt, die Abschlüsse der Berufsakademien anzurechnen, aber wir haben auch Probleme, wenn wir das in Bezug auf die Gleichwertigkeit mit den Fachhochschulen so festschreiben würden. Wir müssen an der Stelle auch noch mal darauf hinweisen, dass im Land Baden-Württemberg sicherlich das bestausgebaute und am dichtesten ausgebaute System von Berufsakademien vorhanden ist, aber dafür gibt es eben keine Fachhochschulen. Und das ist auch ein entscheidender Unterschied, Frau Schnoor, was die Finanzierung angeht. Wir wollen die Berufsakademien eben nicht mit Landesmitteln finanzieren, sondern hier geht es um rein private Initiativen.
Die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern sind festes Standbein unserer staatlich finanzierten Hochschullandschaft und sie finden auch als solche weiterhin unsere volle Unterstützung. Die SPD lehnt daher jeden Vorschlag zur staatlichen Mitfinanzierung von Berufsakademien konsequent ab. Aufgrund der angespannten Haushaltslage sieht der Gesetzentwurf deshalb ähnlich wie in SchleswigHolstein, Niedersachsen und Hessen keine staatliche Finanzierung derartiger Einrichtungen sowie keinen Anspruch der Träger von Berufsakademien auf Mittel für den Betrieb oder für Investitionsmaßnahmen vor.
Eins ist aber auch klar, wir können und wollen uns den aktuellen Entwicklungen auf dem Bildungsmarkt sowie den vorhandenen Defiziten im Ausbildungsbereich für Abiturientinnen und Abiturienten nicht verschließen. Wir brauchen den Wettbewerb unter gesicherten Rahmenbedingungen. Wir werden in jedem Fall weiterhin dafür Sorge tragen, dass alle Jugendlichen in MecklenburgVorpommern ohne Unterschied auf ihre soziale Herkunft die Möglichkeit haben werden, ein Studium ihrer Wahl ohne finanziell unüberwindbare Hürden aufnehmen zu können. So, wie wir die Chancengleichheit für den Schulbesuch absichern, werden wir das auch für die Hochschulausbildung tun.
Und dennoch, sage ich, gibt es gute Gründe, eine gesetzliche Grundlage für die Gründung von Berufsakademien im Land zu schaffen. Erwähnt habe ich die Praxisrelevanz und die Möglichkeit der berufsbegleitenden Ausbildung. Wir sind auch davon überzeugt, dass Berufsakademien wegen ihrer Praxisnähe und Flexibilität einen wertvollen Beitrag für die Fort- und Weiterbildung – das sage ich ausdrücklich, Fort- und Weiterbildung, Frau Schnoor, auch da unterscheiden wir uns offensichtlich erheblich in der Orientierung – gerade für Sozial-, Verwaltungs- und Wirtschaftsberufe leisten werden. Sie stellen mit ihrem dualen Ausbildungsprofil ein wichtiges Bindeglied zwischen einer Berufsausbildung und einem Studium dar und können sich für die Fachhochschulen im Land zu wichtigen Kooperationspartnern entwickeln. In diesem Sinne erneuere ich meine Bitte zur Überweisung des Gesetzentwurfes in die genannten Ausschüsse. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich zu denen gehören würde, die sich nicht mit diesem Bericht beschäftigt haben, dann würde sich mir ein sehr seltsamer Eindruck aufdrängen, nach dem Gehörten der beiden Vorredner. Auf der einen Seite die Darstellung, dass dieser Bericht eine sehr gute Grundlage gibt, eine sehr gute Einschätzung für notwendige Schlussfolgerungen bietet, auf der anderen Seite die Aussage, dass man ohnehin nur zwischen den Zeilen etwas entnehmen könne und eigentlich der Bericht an der Zielsetzung vorbeiginge, so Herr Rehberg von der CDU-Fraktion.
Nun wundert es mich wenig, da offensichtlich die Strategie der Opposition ohnehin darin zu bestehen scheint, das Land schlechtzureden, die Menschen schlechtzureden und die Situation so düster zu malen, dass man eigentlich meinen könnte, in diesem Land lohnt es sich nicht zu leben – vielleicht mit dem Hintergrund, darauf hinzuarbeiten: Reden wir alles nur schlecht genug, dann glauben es die Menschen eines Tages und werden uns schon wählen, um dieses angebliche Desaster zu beenden. Herr Rehberg, Sie schaden mit Ihren Aussagen diesem Land, Sie schaden den Menschen und Sie schaden der Zukunft gerade der jungen Leute in unserem Bundesland!
Wir haben unser Versprechen eingehalten, jedem Jugendlichen, der wollte, einen Ausbildungsplatz anbieten zu können. Und das ist auch gut so. In einem Land, in dem die Wirtschaftsstruktur von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt ist und wir keinen privaten Arbeitgeber mit mehr als 3.000 Beschäftigten vorzuweisen haben, ist die Ausbildungsbereitschaft außerordentlich hoch. Kein anderes Bundesland kann eine betriebliche Ausbildungsquote von sieben Prozent so wie Mecklenburg-Vorpommern vorweisen.
Dennoch dürfen wir künftig nicht nur darauf schauen, dass jeder Jugendliche die Chance auf einen Ausbildungsplatz und damit überhaupt den späteren Einstieg in das Berufsleben ermöglicht bekommt. Angesichts der demographischen Entwicklung, die uns einen Arbeitsund besonders Fachkräftemangel in naher Zukunft ankündigt, müssen auch verstärkt künftige Bedarfe unseres Arbeitsmarktes in das Angebot an betrieblicher und überbetrieblicher Ausbildung einbezogen werden. Es hilft nichts, vielen jungen Leuten einen Ausbildungsplatz in der Bauwirtschaft anzubieten, wenn wir jetzt schon wissen, dass aufgrund der derzeitig stattfindenden Marktanpassung in einigen Jahren viel weniger Nachwuchs in dieser Branche benötigt wird. Oder andersherum: Jugendliche, die heute nicht in modernen Berufsbildern ausgebildet werden, fehlen morgen als Fachkräfte den Unternehmen des Landes.
Dass das Fachkräftepotential ein Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung ist, wird zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. Der Erfolg zukunftsorientierter
Unternehmen und Netzwerke wie zum Beispiel BioCon Valley wird wesentlich davon abhängen, ob wir das Potential an Fachkräften im Land haben werden, das in der Lage ist, wettbewerbsfähige Produkte zu entwickeln, zu produzieren und zu vermarkten. Das heißt, wir müssen im Einklang mit unserer Wirtschaftspolitik, deren Schwerpunkt auch zukünftig die Ansiedlung von Zukunftsbranchen aus den Bereichen Bio-, Medizin- und Informationstechnologie ist, heute schon bedarfsgerechte Nachwuchsqualifizierung von morgen sichern. Mit der Multimedia-Verbundausbildung, denke ich, sind wir hier auf einem sehr gutem Weg. Die Schaffung neuer Ausbildungsberufe oder Ausbildungsinhalte entsprechend der Bedarfe der Unternehmen muss schnell und flexibel möglich sein. Hier müssen Unternehmen, Gewerkschaften und die Landesregierung Hand in Hand arbeiten.
Meine Damen und Herren, ein Ergebnis aus der derzeit intensiv geführten Diskussion über die demographische Entwicklung unseres Landes ist das deutlich negative Wanderungssaldo junger Frauen als junger Männer. Oder anders ausgedrückt: Die Zahl der jungen Frauen und Männer, die zur Berufsausbildung oder zum Studium das Land verlassen, ist noch etwa gleich hoch. Es kehren jedoch im Alter von 25 bis 30 Jahren, das heißt nach Abschluss ihrer Berufsausbildung, eine deutlich höhere Zahl junger Männer als Frauen nach MecklenburgVorpommern zurück, um hier den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu vollziehen. Daraus ergeben sich zwei Aufgabenstellungen: erstens eine weitere Verbesserung der Angebotsstruktur des Ausbildungsmarktes in Mecklenburg-Vorpommern und zweitens die Schaffung von Voraussetzungen und interessanten Angeboten, damit mehr junge Leute und darunter besonders junge Frauen nach der Ausbildung in das Land zurückkehren.
Mit Blick auf die Ausbildungssituation im Land zeigt der Berufsbildungsbericht sehr deutlich, dass 60 Prozent der Ausbildungsverträge mit jungen Männern und nur 40 Prozent mit jungen Frauen abgeschlossen werden. Das heißt, Mädchen müssen verstärkt Möglichkeiten zur Ausbildung erhalten. Besonders sollte auch mittels verschiedenster Maßnahmen erreicht werden, dass Mädchen nicht nur klassisch frauentypische Berufswege einschlagen, sondern stattdessen verstärkt auf die modernen Berufsbilder orientiert werden.
Die Zuschüsse, die Unternehmer im Rahmen des Ausbildungspaktes erhalten, sind hier schon ein Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig sollten jedoch die Aufklärung bei Arbeitgebern und die Berufsfrühorientierung bei jungen Frauen verstärkt werden. Denn es ist oft auch das überholte Rollenverständnis der Geschlechter, wenn Arbeitgeber lieber junge Männer einstellen oder sich junge Frauen noch immer zumeist auf frauentypische Ausbildungsplätze bewerben. Gerade Arbeitgeber sollte es jedoch interessieren, dass der Anteil weiblicher Azubis bei erfolgreich absolvierten Abschlussprüfungen höher ist als bei männlichen, die Abbrecherquote hingegen unter der der männlichen Azubis liegt.
Zum Zweiten, und das ist noch wichtiger, müssen wir ihnen – und da lege ich wieder ein Hauptaugenmerk auf die Frauen – nach Abschluss der Berufsausbildung den Einstieg auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Junge Menschen sollen nicht gezwungen sein, nach Ausbildungsbeendigung das Land zu verlassen, oder aber die,
die ihre Ausbildung außerhalb unseres Bundeslandes absolviert haben, sollen einen Grund haben zurückzukehren. Hier konkurriert Mecklenburg-Vorpommern gerade mit den westlichen Bundesländern, wo der Übergang für Jugendliche an der so genannten zweiten Schwelle zum Arbeitsmarkt leichter ist. Ein Grund dafür mag sicher die Wirtschaftsstruktur in unserem Land sein, denn die Fähigkeit gerade der kleinen Ausbildungsbetriebe, ihre Azubis nach dem Ausbildungsende zu übernehmen, ist eben nur begrenzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Berufsbildungsbericht macht deutlich, dass die Lage nach wie vor angespannt ist, aber in den vergangenen Jahren auch große Anstrengungen aller Beteiligten unternommen worden sind, um die Berufsausbildung der Jugend in Mecklenburg-Vorpommern abzusichern. Aufgrund der sich immer schneller verändernden Wirtschaftswelt sind ständige Anpassungen, Veränderungen und Verbesserungen notwendig. Wir werden uns nicht auf dem Erreichten ausruhen können, schon gar nicht vor dem Hintergrund der weiteren demographischen Entwicklung in MecklenburgVorpommern, aber auch in der gesamten Bundesrepublik. Der Bericht verdeutlicht zudem, dass Erfolge nur gemeinsam erreicht werden können. Der Ausbildungspakt, der im Rahmen des Bündnisses für Arbeit beschlossen wurde, ist dafür ein Beispiel. Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, die Landesregierung und natürlich auch die politischen Kräfte müssen dabei an einem Strang ziehen. Und, meine Damen und Herren von der Opposition, da hilft eben nur Schlechtreden wenig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Arbeitsminister hat zu Recht gesagt, wir haben keine Patentlösung anzubieten, aber Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben offensichtlich überhaupt nichts anzubieten.
Die Äußerungen des Kollegen Born hier vorne waren von Wörtern geprägt wie „hätte“, „wäre“, „wenn“. Das sind alles Dinge, die dem Konjunktiv zugerechnet werden. Konjunktiv ist Möglichkeitsform. Herr Born, Sie hätten die Möglichkeit gehabt, hier inhaltlich darzustellen, was Sie denn anzubieten haben.
Ich kann nur konstatieren, Ihr Beitrag war jämmerlich. Sie haben nichts angeboten.
Sie haben sich an Formalien festgehalten und haben zur Sache nichts, aber auch gar nichts gesagt.
Im Jahr 2020 wird das Land Mecklenburg-Vorpommern nach der von der Landesregierung erarbeiteten Bevölkerungsvorausberechnung nur noch circa 1.614.000 Einwohner haben. In den nächsten 20 Jahren werden Wanderungen lediglich mit 10 Prozent zu den Bevölkerungsverlusten beitragen. Circa 90 Prozent der Bevölkerungsverluste beruhen darauf, dass zu viele Menschen sterben aufgrund von fehlenden Geburten. Auch durch die inzwischen wieder ansteigenden Geburtenraten wird in absehbarer Zeit
kein ausgeglichenes Saldo zwischen Geburten und Gestorbenen erreicht werden. Infolge dieser Entwicklung wird bei insgesamt sinkender Bevölkerung der Anteil der älteren Menschen an der Bevölkerung langfristig deutlich ansteigen, der der jungen Menschen abnehmen.
Politik und Gesellschaft müssen sich auf diese Entwicklung einstellen, die nicht nur Folgen für die Alterssicherung und die sozialen Sicherungssysteme insgesamt hat, sondern fast alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft, die Bildungspolitik ebenso wie die Wohnungs-, Infrastruktur-, Wirtschafts- und Finanzpolitik, Senioren- sowie Jugendpolitik. Auf letztere möchte ich intensiver eingehen.
Meine Damen und Herren, die junge Generation trägt neue Ideen und Anregungen in unsere Gesellschaft. Mecklenburg-Vorpommern ist auf diesen Beitrag angewiesen, denn nur so bleibt das Land offen für die Zukunft und die kreative Gestaltung des Wandels. Die große Mehrheit der Jugendlichen ist heute in ihren Lebensplänen mobiler und flexibler als vorangegangene Generationen und das ist gut so. Die schnelle Entwicklung bringt aber auch ein verbreitetes Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit und nach sozialer Anerkennung mit sich. Familie und Beruf sind wieder zu zentralen Wertorientierungen geworden. Jugendliche wollen sich für den Beruf gut qualifizieren und vorbereiten. Gleichwertig neben dem
Beruf wünschen sie sich festen Halt in Partnerschaft und Familie. Von der Politik erwartet die junge Generation zu Recht gute Rahmenbedingungen, um ihre Interessen und Fähigkeiten eigenverantwortlich entwickeln und umsetzen zu können.
Meine Damen und Herren, für unsere Zukunft gilt es, die Chancen junger Menschen weiter zu verbessern. Die Jugendarbeitslosigkeit ist dabei eines der drängendsten Probleme in Mecklenburg-Vorpommern. Die Folge ist häufig der Wegzug der Jugendlichen. Wir dürfen nicht die Augen vor diesem Problem verschließen, sondern müssen alles daransetzen, der Jugend eine berufliche Perspektive in unserem Land zu bieten. Es geht deshalb darum, hier vor Ort Zukunftschancen zu eröffnen. Dabei muss das Land flankierende Maßnahmen unterstützen. Durch den Prozess des Wegzugs Jugendlicher verlassen vor allem kreative, flexible, sich selbst etwas zutrauende und zukunftsorientierte junge Menschen unser Land.
Notwendig ist es, junge, gut ausgebildete Fachkräfte im Land zu halten und jungen Menschen, die keine Ausbildung haben oder keinen Ausbildungsplatz finden, neue Zugangswege anzubieten. Neben einer Verbleibepolitik für junge Menschen benötigen wir aber auch eine Rückkehrpolitik, damit diese jungen Menschen hier ihre Lebensperspektive entwickeln. Hierzu gehört auch, dass Mecklenburg-Vorpommern ein familienfreundliches Land ist, denn die meisten jungen Leute wünschen sich stabile Beziehungen und Kinder.
Meine Damen und Herren, es ist bekannt, dass die Unternehmen zukünftig vor einem Arbeitskräfteproblem stehen werden.
Bereits ab 2005 wird die Zahl der Ausbildungsplätze vermutlich über der der aus den Schulen entlassenen Kinder und Jugendlichen liegen,
also wir werden wahrscheinlich in Zukunft mehr Ausbildungsplätze haben als Bewerber dafür.
Ja, Sie müssten mal Statistiken lesen, Herr Born.
Wenn Sie sich inhaltlich mal mit den Dingen befassen würden, dann hätten Sie diese Erkenntnis inzwischen auch schon.
Richtig sind in diesem Zusammenhang Überlegungen, Unternehmen dabei zu unterstützen, junge Fachleute einzustellen sowie Existenzgründungen junger Menschen zu fördern. Wichtig ist dabei, dass die Politik die laufenden Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit begleitet und sie an die realen Erfordernisse anpasst.
Gute Erfolge verzeichnet das Landesprogramm „Jugend baut“. Dieses wurde jetzt durch das Landesprogramm „Jugend, Arbeit, Zukunft“ erweitert. Durch gezielte Investitionszuschüsse des Landes an Kommunen und
Träger sollen für junge Fachkräfte nach der außerbetrieblichen Ausbildung Arbeitsplätze im IT-Bereich geschaffen werden. Das sichert jungen Fachkräften eine Beschäftigung in solchen Zukunftsbranchen wie der Informationsund Kommunikationstechnologie und schafft wirkliche und nachhaltige Perspektiven im Land. Ich will jetzt auf die Kernidee des Programms „Jugend, Arbeit, Zukunft“ nicht weiter eingehen,
dazu ist schon einiges gesagt worden. Wichtig ist vielleicht noch mal, dass das Programm finanziell ausgestattet wird mit über 10 Millionen DM aus dem Titel „Zukunft für die Jugend in Mecklenburg-Vorpommern“.
Für den Start stehen allein in diesem Jahr 2 Millionen Mark bereit, mit steigender Tendenz in den nächsten Jahren.
Herr Born, wir sind hier nicht in der Muppets-Show, sondern im Landtag, vielleicht hören Sie mir zu.
Notwendig ist meines Erachtens, die Eigeninitiative und den Unternehmergeist junger Menschen zu fördern. Vor dem Hintergrund der Tendenz des Wegzugs junger Menschen aus Mangel an Arbeitsplätzen hat die Schaffung innovativer Arbeitsplätze allergrößte Priorität auch in der Forschungs- und Technologiepolitik. Die Landesregierung hat dazu den schon erwähnten Zukunftsfonds eingerichtet. In den Mittelpunkt der Verwendung der Finanzmittel soll die Förderung der Jugend und junger Existenzgründer gerückt werden. Die Tendenz des anhaltenden Wegzugs, besonders von jungen qualifizierten Menschen, muss gestoppt und umgekehrt werden. Dazu kann der Zukunftsfonds einen Beitrag leisten. Zudem sollten europäische Wanderungs- und Freiwilligenjahre gefördert und ausgebaut werden, um für zeitbefristete Mobilität, Arbeitswelterfahrung im Ausland und damit verbundene Erhöhung der Fremdsprachenkompetenz Anreize zu schaffen.
Auch die Hochschulen, und hier besonders die Fachhochschulen, sind dabei, sich auf die neuen Herausforderungen in der Wirtschaft einzustellen. Vor allem in den Studiengängen der Informations- und Technologiebranche werden neue Studiengänge angeboten, die die Ausbildung einerseits erheblich verkürzen und andererseits den Praxisbezug verstärken. Damit wächst die Attraktivität unserer Hochschulen im nationalen, aber auch im internationalen Maßstab. Die Rahmenbedingungen für die Flexibilität und inhaltliche Ausrichtung der Studiengänge und Forschungsschwerpunkte werden in naher Zukunft mit dem zu verabschiedenden neuen Landeshochschulgesetz noch verbessert. Das stimmt mich angesichts der gegenwärtigen intensiven Bemühungen zur Modernisierung von Lehre und Forschung an unseren Hochschulen optimistisch sowohl für die künftigen Zahlen von Studentinnen und Studenten im Land als auch für qualitative Verbesserungen.
Zur Schaffung beruflicher Perspektiven gehört jedoch auch, besonders in den ländlichen Regionen die Lebensqualität für junge Menschen zu steigern.
Jugendtreffs, Kino und Theater, vor allem aber Möglichkeiten der kreativen Freizeitgestaltung und das ehrenamtliche Engagement
verdienen gesellschaftliche Anerkennung und Förderung.
Zudem, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung mit dem Programm „Chancen im Wandel“ als erste Bundesregierung überhaupt erstmals ein umfassendes, ressortübergreifendes Programm zur Jugendpolitik vorgelegt. Mit dem Regierungsprogramm wird unterstrichen, dass Jugendpolitik Querschnittspolitik ist, die einer klaren politischen Leitlinie folgt. Die zwei wesentlichen Ziele sind, der jungen Generation bessere und gerechtere Chancen auf Arbeit und Bildung zu ermöglichen und die Erziehung zu Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu verstärken. Die SPD-geführte Bundesregierung hat bereits in den ersten drei Regierungsjahren bewiesen, wie positiv sich eine koordinierte Politik für die Jugend auswirkt. Die Bündelung und Verzahnung der vorhandenen Jugendaktivitäten wird nun noch weiter verstärkt.
Jugendpolitik ist damit in allen zentralen Handlungsfeldern verankert und umfasst die ganze Palette von Themenbereichen.
Herr Glawe, Sie waren nicht mal bereit, die Beteiligung von Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen mit zu unterstützen
und sitzen hier und maulen und meckern nur an unseren Vorschlägen herum. Ich finde das unglaublich. Ich finde es unglaublich!
So erhalten Kinder und Jugendliche in benachteiligten Lebensverhältnissen noch bessere Unterstützung. Ein neues, auf fünf Jahre angelegtes Programm soll die Lebensbedingungen junger Menschen verbessern, die in sozial schwachen Regionen von fehlenden Bildungs-, Ausbildungs- und Unterstützungsmöglichkeiten betroffen sind. Im Rahmen des Kinder- und Jugendplans werden neue Initiativen gefördert, aus denen in Zusammenarbeit mit Kommunen und der Wirtschaft Projekte von Jugendlichen für Jugendliche hervorgehen. Die Chancen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung müssen allen Jugendlichen
offen stehen. Sie müssen die Chance haben, ihre Ideen zu realisieren, ihren eigenen Weg zu finden und aktiv am materiellen und ideellen Reichtum der Gesellschaft teilzuhaben.
In der Jugendpolitik haben soziale Gerechtigkeit und Sicherheit daher ebenso Gewicht wie Modernität und Individualität. Jugendliche brauchen Freiräume zur Entfaltung, sie brauchen aber auch Sicherheit in dreifacher Hinsicht: materielle Sicherheit, Sicherheit auf soziale Anerkennung und Sicherheit im gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Bilanz der ersten drei Regierungsjahre beweist deutlich, wie entschieden die Politik der gesamten Bundesregierung die Chancen junger Menschen fördert, und diesen Weg gilt es auf Bundes- wie auch auf Landesebene weiterzugehen. Wir werden deshalb dem vorliegenden Antrag zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Antrag der Koalitionsfraktionen beschäftigen wir uns in dieser Legislaturperiode bereits zum wiederholten Male mit Fragen, die speziell Probleme von Menschen mit Hörschädigungen betreffen. Das ist aus meiner Sicht auch erforderlich, denn trotz aller Maßnahmen, die gerade in den vergangenen drei Jahren sowohl von Seiten des Bundes als auch von Seiten des Landes zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen insgesamt getroffen wurden – ich erinnere nur an die Änderung der Landesbauordnung oder an das momentan im Entwurf diskutierte Gleichstellungsgesetz –, besteht unseres Erachtens in diesem Bereich ein hoher Handlungsbedarf. Zudem – und daran sollte vielleicht auch in diesem Hohen Hause erinnert werden – wurde vor 100 Jahren, genau gesagt am 26. Mai 1901, auf einem Gottesdienst in Berlin der Grundstein für die Gründung des Deutschen Schwerhörigenbundes gelegt. Gegründet wurde die Selbsthilfegruppe im Übrigen von einer Frau, von Margarethe von Witzleben. 1940 schlossen sich dann verschiedene Selbsthilfegruppen zum Hephata-Bund zusammen und 1949 wurde der uns heute allen bekannte Deutsche Schwerhörigenbund gegründet.
Wie vor 100 Jahren hat der DSB sich zum Ziel gesetzt, die Belange und Forderungen der Schwerhörigen und Ertaubten durchsetzen zu helfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, und es ist auch wichtig und richtig, dass die Menschen mit diesem Handicap – ob nun als ein
zelne Person oder über Vereine oder Verbände wie dem DSB oder dem Gehörlosenverband oder dem Elternverband – sich zu Wort melden, denn leider muss man feststellen, dass die Menschen mit einer nicht sichtbaren und nicht sofort bemerkbaren Behinderung bei der Durchsetzung ihrer Forderungen noch mehr zu kämpfen haben als andere. Das trifft auch und gerade auf Menschen mit Hörbehinderungen zu.
Auf Wunsch der SPD-Fraktion haben die Koalitionsfraktionen deshalb die Unterrichtung auf die Tagesordnung gesetzt. Wir erachten die Situation von Gehörlosen, Schwerhörigen und Ertaubten in Mecklenburg-Vorpommern als zu wichtig, um den Bericht unbeachtet in der Schublade verschwinden zu lassen.
Nach einem Bericht des Magazins des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sind mehr als 13 Millionen Bundesbürger hörbehindert. Das sind rund 16 Prozent der Bevölkerung. Davon gelten etwa 80.000 Menschen als gehörlos, das heißt, sie sind gehörlos geboren oder sie haben ihr Gehör bereits verloren, bevor sie sprechen gelernt haben. Fast doppelt so hoch ist die Zahl der spät Ertaubten, von den Schwerhörigen ganz zu schweigen.
Mit dem Berichtsersuchen der Koalitionsfraktionen vom 1. März 2001 auf Drucksache 3/1134 war die Absicht verbunden, die aktuelle Situation der Menschen mit Hörschädigungen in Mecklenburg-Vorpommern einer genauen Analyse zu unterziehen, damit einerseits zielgenauer und rechtzeitiger Ursachen von Hörschädigungen bekämpft und andererseits Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Betroffenen ergriffen werden können. Zudem sollten aktuell wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen, Folgen, Präventions- und Rehabilitationsmöglichkeiten berücksichtigt werden. In unseren damaligen Reden hatten wir darauf hingewiesen, wie bedeutsam uns Aufklärung und präventive Maßnahmen sind, um die Zunahme der Hörschädigungen vor allem bei jungen Menschen zu stoppen. Weiterhin hatten wir einen Schwerpunkt auf die Sicherung der gleichberechtigten Teilnahme schwerhöriger, gehörloser und ertaubter Menschen am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben gelegt. In der Begründung des Antrages hieß es deshalb: „Weiterhin soll der Bericht die Basis bieten, um weitere Verbesserungen für Präventionsmaßnahmen sowie die Integration Hörbehinderter in unserer Gesellschaft zu erreichen.“ Unter diesen Prämissen habe ich mir die Unterrichtung angeschaut.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei der Landesregierung und speziell beim Sozialministerium für die Erstellung des Berichtes bedanken, denn wir haben nun eine Vorlage, mit der wir arbeiten können. Die in den letzten Wochen vor allem im Sozialausschuss eingegangenen Stellungnahmen, zum Beispiel vom Gehörlosen Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., vom Deutschen Schwerhörigenbund, Landesverband der Schwerhörigen und Ertaubten Mecklenburg-Vorpommern e. V. oder vom Elternverband hörgeschädigter Kinder Mecklenburg-Vorpommern e. V., machen dieses sehr deutlich. Beim Lesen der Stellungnahmen ist mir noch einmal bewusst geworden, wie kompliziert die Problematik eigentlich ist und wie wichtig deshalb auch die Beachtung der Belange von Gehörlosen, Schwerhörigen und Ertaubten in der jeweiligen Spezifik ist. Dass es sich letztlich bei der Entscheidung für oder gegen bestimmte Maßnahmen auch um
einen Interessenausgleich handelt, dürfte jedem klar sein. Beispiele hierfür sind die unterschiedlichen Stellungnahmen zur Gebärdensprache – darauf komme ich aber nachher noch einmal zurück – und zu den Cochlear Implantaten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, laut Inhaltsverzeichnis sollen neben Begriffsbestimmungen und Zahlenangaben sowie Angaben zu allgemeinen Rechtsgrundlagen einige Maßnahmebereiche wie zum Beispiel Integration, Prävention, Früherkennung oder medizinische Versorgung, Verständigung, Beratungsangebote, Dolmetscherdienste oder Maßnahmen zur Eingliederung in die Arbeitswelt dargestellt werden.
In der Vorbemerkung des Berichts ist zu lesen, dass der Bericht entgegen der Erwartung des Landtages wissenschaftlichen Ansprüchen nicht zu entsprechen vermag. Herr Glawe hat schon darauf hingewiesen. Es heißt in der Vorbemerkung des Berichts weiter, dass externe landesspezifische wissenschaftliche Untersuchungen nicht vorlagen. Uns war von Anfang an klar, dass der vorliegende Bericht nicht bis ins Letzte wissenschaftlichen Untersuchungen entsprechen kann. Dann hätten wir den Auftrag für ein Gutachten an ein wissenschaftliches Institut erteilen müssen. Jedoch sind wir schon davon ausgegangen, dass wissenschaftliche Ergebnisse mit einbezogen werden. Der Bericht bezieht sich allerdings ausschließlich auf Sekundärliteratur. Im Antrag der Koalitionsfraktionen wurde die Landesregierung aufgefordert, aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen, Folgen, Präventions- und Rehabilitationsmöglichkeiten im Bereich der Hörschädigungen zu berücksichtigen. Es war nicht die Rede von externen landesspezifischen wissenschaftlichen Untersuchungen. Zu empfehlen wären nach einem Blick ins Internet beispielsweise die Forschungsberichte d es BMA zur Verbesserung der sprachlichen Kompetenz am Arbeitsplatz für schwerhörige und gehörlose Arbeitnehmer sowie zur Verbesserung der Sprecherfähigkeit durch Anwendung von Sprachfarbbildtransformation bei schwerhörigen und gehörlosen Jugendlichen, Forschungsberichte der Universität Halle, Wittenberg zur textoptimierten Prüfung, zur Sicherstellung der beruflichen Erstausbildung bei hör- und sprachbehinderten Menschen oder zur Zukunftssicherung hörbehinderter ArbeitnehmerInnen in kaufmännischen und technischen Berufen durch berufsfeldübergreifendes Lernen und, und, und – eine lange Liste.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erläuterungen beziehungsweise Bewertung der dürftig vorhandenen Zahlenangaben für Mecklenburg-Vorpommern hätten,
zumindest bezogen auf Tabelle 4 „Regionale Verteilung Schwerbehinderter nach der schwersten Behinderung/ Oberkategorien (1999)“ auf Seite 11, die Frage aufwerfen müssen, inwiefern erfasste Hörbehinderungen mit vorhandenen Erfassungs- und Betreuungsangeboten korrespondieren und inwieweit lokale Bedingungen, beispielsweise Unterschiede zwischen Landkreis und kreisfreier Stadt, eine Rolle bezüglich der erfassten Fälle spielen.
Im Bereich der Integration wird im Bericht auf die Darstellung der Situation der Betroffenen verzichtet und auf die allgemeine Broschüre des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange Behinderter hingewiesen. In dieser Broschüre kann ich allerdings keine aktuellen Integra
tionsinitiativen des Landes Mecklenburg-Vorpommern finden. Es ging allerdings auch um die Integration der Menschen mit Hörschädigungen und nicht um Menschen mit Behinderungen allgemein.
Bedauerlicherweise wurden keine Integrationsprojekte des Landes dargestellt. Zur Situation in integrativen Kindergärten unseres Bundeslandes erfährt man auf Seite 33 interessanterweise: „Gegebenenfalls kann eine Betreuung auch in integrativen Kindergärten erfolgen.“ Hier hätte vielleicht das Expertengespräch im Bildungsausschuss am 5. April 2001 weitergeholfen. Der Bereich der Integration in das allgemein bildende Bildungswesen wurde mit dem Hinweis auf die in Frage kommenden Paragraphen im Schulgesetz sowie die Angabe der Schülerzahlen an der Landesschule für Gehörlose Güstrow, der Landesschule für Schwerhörige Ludwigslust und im gemeinsamen Unterricht an den allgemein bildenden Schulen angesprochen. Sinnvoll wäre auch eine Problemdarstellung gewesen und es hätten sich sicherlich auch einige Worte zum geplanten und aus meiner Sicht bei entsprechender inhaltlicher und pädagogischer Umsetzung sehr sinnvollen Landesförderzentrum für Hörgeschädigte gelohnt, denn hier gibt es doch seit geraumer Zeit entsprechende Planungsschritte und Gespräche zwischen den Beteiligten, wie Schreiben an den Bildungsausschuss und an den Sozialausschuss des Landtages belegen.
Unter der Überschrift „Prävention“ finden wir Ausführungen zu Ursachen von Hörschädigungen und Präventionsmaßnahmen, allerdings in einem kaum zu differenzierenden Kontext. Auf das eigentliche Bindeglied, nämlich die Folgen für die Betroffenen, wird kaum eingegangen. Insofern werden dann auch konsequenterweise die Darstellung von Präventionsstrategien oder Projekten in unserem Bundesland nur kurz angerissen. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass in diesem Hohen Hause allen bekannt ist, dass es Träger der Unfallversicherung gibt und was deren Aufgabe ist. Selbiges trifft auf die Krankenkassen, die staatlichen Gewerbeaufsichtsämter und die Ämter für Arbeitsschutz zu. Auch die Rechtsvorschriften und Verordnungen sowie Gesetze sind uns bekannt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Referentenentwurf des Bundes für ein Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen beinhaltet, dass die Gebärdensprache im Verwaltungsverfahren mit den Bundesbehörden anerkannt werden soll. Hierfür tragen die Behörden die Kosten. Das wird für die Betroffenen eine wesentliche Erleichterung darstellen. Wir dürfen aber nicht bei diesem Schritt stehen bleiben. In einem nächsten Schritt muss endlich die Gebärdensprache als eigenständige und vollwertige Sprache bundeseinheitlich anerkannt werden.
Neben Informationen zum aktuellen Diskussionsstand auf Bundesebene wären Ausführungen über den Stand der Umsetzung unseres Landtagsantrages zur Anerkennung der Gebärdensprache auf Drucksache 3/1220 sehr hilfreich gewesen. Dabei wäre unter anderem auch von Interesse gewesen, welche Möglichkeiten der zweisprachigen Erziehung in den Sonderschulen und integrativen Schulen gesehen werden. Schulversuche laufen zum Beispiel in Hamburg und Niedersachsen.
In dem Bericht werden die umfangreichen Bemühungen des Bundes und des Landes zur beruflichen Einglie
derung von Menschen mit Hörschädigungen dargestellt. Und hiermit meine ich sowohl die verschiedenen Angebote als auch die dafür bereitgestellten Mittel. Die Erstausbildung der hörgeschädigten Jugendlichen erfolgt vor allem in Leipzig und Husum. Jugendliche, die die Hochschulreife erwerben wollen, müssen dazu nach Essen. Erfreulich ist unter anderem in diesem Zusammenhang, dass nach dem vorliegenden Entwurf des Haushaltsplanes 2002/03 wegen des beabsichtigten Ausbaus des Dolmetscherdienstes der Zuschuss des Gehörlosenverbandes von ehemals 78.000 DM auf 133.000 Euro erhöht werden soll. Leider liegen, wie auf Seite 61 ausgeführt, zur Berufssituation hörbehinderter Erwerbstätiger keine Untersuchungen vor. Ebenso wenig kann der Arbeitslosenstatistik eine Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Behinderungsarten entnommen werden. Warum eigentlich nicht? Beides sollte als Anregung aufgenommen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Kürze der Zeit ist es leider nicht möglich, alle Punkte mit der erforderlichen Tiefgründigkeit zu besprechen. Der Bericht gibt eine Vielzahl von Hinweisen, denen nachgegangen werden sollte. Mit einer vernetzten Betrachtung der verschiedenen Bereiche ließen sich dann auch stringente Schlussfolgerungen, gekoppelt mit entsprechenden Handlungsoptionen zur Verbesserung der Situation der Betroffenen ableiten. Stichworte hierfür wären beispielsweise Neugeborenen-Screening, Anerkennung der Gebärdensprache, Barrierefreiheit, Hörgeräteversorgung und vieles mehr. Mit der vorliegenden Drucksache wurde eine, wenn auch recht dürftige Basis geschaffen, auf der weitergearbeitet werden kann und muss, um in der Praxis Verbesserungen für die Menschen mit Hörschädigungen zu erreichen. Dringend notwendig ist die enge Zusammenarbeit mit den Vereinen und Verbänden. Die sich nicht unwesentlich unterscheidende Einschätzung der Vor- und Nachteile von Cochlear Implantaten von Seiten der Landesregierung und von Seiten des Gehörlosen Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. ist nur ein Hinweis hierauf. Ursachen und Folgen der Hörschädigungen müssen differenziert betrachtet werden, um Bewertungen zur Situation von Menschen mit Hörschädigungen in unserem Bundesland und damit auch konkrete Entscheidungshilfen für die Politik zu erhalten. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegt heute ein Antrag zur Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten von jungen Menschen vor. Nicht nur diejenigen, die vorgestern beim Parlamentarischen Abend da waren, sollten wissen, wie wichtig dies für Kinder und Jugendliche ist. Es ist heute nicht das erste und nach unseren Vorstellungen auch sicherlich nicht das letzte Mal, dass wir uns in diesem Hohen Hause mit dieser Thematik beschäftigen. Das ist auch gut so, da, gerade was die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in unserem Land betrifft, noch einiges getan werden muss.
In der viel zitierten UN-Kinderrechtskonvention heißt es in Artikel 4: „Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte treffen die Vertragsstaaten derartige Maßnahmen unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit.“ Wir stehen jedoch bei dieser Aufgabe noch am Anfang, was man unter anderem auch an der Beteiligung hier im Plenarsaal ablesen kann. Von vier anwesenden CDU-Abgeordneten auf den Bänken interessiert offensichtlich nur sehr wenige der Antrag inhaltlich.
Meine Damen und Herren! Wenn unser Handeln heute unsere Kinder nicht befähigt, die Welt von morgen zu gestalten, werden wir im Alter die schmerzlichen Folgen wohl auch selbst zu spüren bekommen. Je besser wir es verstehen, Mitwirkung und Teilhabe unserer Kinder zu fördern, desto größer ist die Chance, dass die kommende Generation verantwortungsbewusst handelt. Wir Erwachsenen haben die Pflicht und wir sollten auch den Verstand und das Gewissen dazu haben, unseren Egoismus, unsere Wünsche und Ziele zum Wohle der Kinder und zu ihrem Schutz zurückzustellen.
Idee und Herzstück einer modernen Politik sollte es sein, das Kind schützend in die Mitte unserer Gesellschaft zu nehmen, es als vollwertige Persönlichkeit zu achten und es durch Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Prozess gleichsam zu einem demokratischen Bewusstsein zu erziehen, ebenso zum Respekt vor der Meinung Andersdenkender und zu der Solidarität untereinander. Dies kann nicht durch Zwang erreicht werden, sondern durch das Recht und die Möglichkeit, sich selbst dorthin entwickeln zu dürfen. Sobald die Kinder verstanden haben, dass sie im demokratischen Zusammenschluss und in ernsthafter Tätigkeit miteinander für sich und ihre Rechte etwas tun können, werden sie diese Gestaltungsräume nutzen, freiwillig und ohne Zwang.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesem Wunsch der Kinder und Jugendlichen wieder einen Schritt näher zu kommen und die Möglichkeiten der Beteiligung zu erweitern, wollen wir mit diesem Antrag Rechnung tragen. Forderungen des Parlamentarischen Abends sind bereits darin aufgegriffen worden. Dies ist ein weiterer Baustein der kontinuierlichen Arbeit der SPD zur Stärkung der Beteiligungsrechte der Kinder und Jugendlichen.
Parlamentarische Unterstützung für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen haben wir bereits in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. So sollen Projekte zur Schaffung von Kinder- und Jugendparlamenten als Möglichkeit der frühzeitigen Einbindung in politische Entscheidungsprozesse auf kommunaler Ebene gefördert werden. Mittel hierzu sollen aus dem Landesjugendplan fließen. Weiterhin wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass Kindern und Jugendlichen ein Anspruch auf Mitwirkung in denjenigen kommunalen Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, zu eröffnen ist. Ein weiteres politisches Zeichen in unserem Land war die Herabsetzung des aktiven Wahlalters bei Kommunalwahlen von 18 auf 16 Jahre. Wir haben mehr Freiheit beim Verfassen von Schülerzeitungen umgesetzt. In einer landesweiten Aktion haben wir
die Rechte der Kinder gemäß UN-Kinderrechtskonvention in einer Broschüre veröffentlicht und Kinder der 5. und 6. Klassen aufgerufen, ihre Gedanken zu diesem Thema in einem Malwettbewerb darzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den Ihnen vorliegenden Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Gesetz zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches Kinder- und Jugendhilfe dahin gehend ändert, dass ein Vertreter der Kinder- und Jugendparlamente – soweit vorhanden – als beratendes Mitglied dem Jugendhilfeausschuss angehören kann. Bisher können zwar zu einzelnen Themen junge Menschen zu den Beratungen eingeladen und beteiligt werden, aber das wurde häufig nicht getan. Durch die von uns beabsichtigte Änderung des Gesetzes werden Kinder- und Jugendparlamente als beratende Mitglieder den Jugendhilfeausschüssen angehören.
Wie ich schon im Januar diesen Jahres zur Beteiligungskampagne gesagt habe, müssen junge Menschen die Möglichkeit bekommen, sich an der Gesellschaft zu beteiligen, um ernst genommen zu werden, um mündige selbständige und sozial verantwortlich handelnde Bürgerinnen und Bürger werden zu können, und dies nicht von oben herab, wie Erwachsene es gerne tun, sondern als gleichwertige Partner.
Der Landesjugendring hat auf seiner Jahreshauptversammlung im März 2000 beschlossen, das Jahr 2000 zum Jahr der Beteiligung zu machen. Normen internationalen und nationalen Rechts fordern Kommunen und Länder dazu auf, junge Menschen zumindest in den sie betreffenden Angelegenheiten an Entscheidungsfindungen zu beteiligen und ihre Belange angemessen zu berücksichtigen. Die Umsetzung dieser Normen in der Praxis ist jedoch nicht selbstverständlich und bereitet auch Schwierigkeiten, denen durch Erhöhung der Kompetenz bei Verwaltung, Politikern und Jugendlichen entgegengewirkt werden kann und muss. Ergebnis der Kampagne soll sein, dass die Beteiligung junger Menschen ein Stück Normalität im Land und damit das Land Mecklenburg-Vorpommern kinder- und jugendfreundlicher wird. Ich denke, dass wir durch diesen Antrag in der Sache ein Stück vorankommen. Aus diesem Grund bitte ich um Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Antrag. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist aber sehr schade, dass Herr Caffier offensichtlich nicht mehr im Raume weilt, weil mich schon seine Begründungshandstände, weshalb man nun unserem Vorschlag hier heute nicht zustimmen kann, doch sehr verwundern. Aber vielleicht hört er das ja draußen im Foyer beim Kaffee oder wo auch immer.
Es gibt nicht nur den Landtag Mecklenburg-Vorpommern, der sich sehr intensiv mit einer Novellierung des entsprechenden Ausführungsgesetzes befasst, sondern diese Befassung läuft auf mehreren Ebenen, bis hin zum großen Kinder- und Jugendhilfegesetz auf Bundesebene, wo derzeit sehr intensiv daran gearbeitet wird, hier mit neuen Maßstäben und mit neuer Elle zu messen.
Und genauso ist es auf Landesebene. Da gibt es nämlich einen Landesjugendhilfeausschuss. Als dieses Parlament seine Arbeit aufgenommen hat, da ist der Landesjugendhilfeausschuss durch eine neue Besetzung zustande gekommen. Und zwar hat man sich dazu entschlossen, Vertreter der im Landtag vertretenen Parteien in dieses Gremium mit einzubinden, um mehr Sachkompetenz, mehr Sachverstand und auch politische Entscheidungen wahrscheinlich schneller zu transportieren.
Wenn denn die CDU ihre Mitgliedschaft in diesem Ausschuss auch wahrnehmen täte, dann wüsste sie, dass in diesem Gremium sehr intensiv diskutiert und am entsprechenden Ausführungsgesetz gearbeitet wird, und dann wäre ihr vielleicht auch klar, dass man diese Novelle – unser Antrag bietet ja eine Chance, das dann auch so zu tun – dann auch gleich unter diesem Gesichtspunkt machen könnte, dass man eventuell zusätzliche Veränderungen, die sich aus dieser sachlichen Arbeit ergeben, dann dort mit einbeziehen könnte. Aber wie gesagt, das kann die CDU ja nicht wissen, weil ich sie dort bis auf ein einziges Mal nie gesehen habe. Nun gut, vielleicht ändert sich das ja dann für die Zukunft. So viel zu den Begründungshandständen der CDU, um hier unserem Antrag nicht folgen zu müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen hat seit den 90er Jahren zu einer großen Vielfalt von Beteiligungsmodellen geführt. Das Spektrum reicht von einer nach wie vor ausgeprägten Skepsis bezüglich des Vertrauens in die kindliche beziehungsweise jugendliche Entscheidungskompetenz über die Ansicht, die Interessen würden in bestehenden Institutionen hinreichend berücksichtigt, bis hin zu der Überzeugung, Beteiligung sei ein Allheilmittel bei gesamtgesellschaftlichen Problemen. Ich glaube, dieses breite Spektrum ist hier zumindest unterschwellig deutlich geworden. Ich würde nach wie vor dafür werben,
wenn man denn ganz klare inhaltliche Vorbehalte hat – und das scheint die CDU zu haben, sie hat die Beteiligungskampagne seinerzeit auch abgelehnt –, dann sollten Sie es auch so klar und deutlich hier formulieren und, wie gesagt, nicht durch Begründungshandstände versuchen, Ihre eigentlichen Positionen zu verdecken. Das ist wenig hilfreich und, ich glaube, hilft auch gerade in dem Prozess, den wir eigentlich anstreben, wenig, denn Kinder und Jugendliche nehmen das auch sehr wohl wahr.
Gerade die UN-Kinderrechtskonvention ist zu einer Basis bei allen Diskussionen um Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen geworden. In Artikel 12 betont sie das Recht der Kinder auf eine eigene Meinung und auf freie Meinungsäußerung. Auch das KJHG durchzieht der Beteiligungsgedanke. Die Rechte von Kindern sind von ihrem Wesen her zu fördernde Rechte. Das bedeutet die Verpflichtung und auch die Verantwortung, Kinder bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen. Das gilt auch für die Verwirklichung ihrer Beteiligungsrechte.
Wir Erwachsenen sehen die Welt mit anderen Augen als Kinder und Jugendliche. Unsere Erfahrungen aus der eigenen Kindheit helfen uns kaum weiter und die Kindheit früherer Generationen ist fern von der Lebenswelt der heutigen Kinder und Jugendlichen. Das ist seit jeher so gewesen. Aber ich denke, in einer Demokratie müssen deshalb die politisch verantwortlichen Erwachsenen den Dialog mit Kindern und Jugendlichen suchen und Wege finden, deren Interessen in politische Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen.
Das in einer Demokratie allen Bürgerinnen und Bürgern garantierte Mitwirkungsrecht wird auch für Kinder und Jugendliche am ehesten realisiert, wenn eigene Partizipationsmöglichkeiten für sie geschaffen werden. Wer die Demokratie als Staatsform ernst nimmt, muss sich darüber hinaus auch die Frage stellen, wie junge Menschen ab dem 18. Geburtstag beziehungsweise auf kommunaler Ebene mit 16 Jahren plötzlich eine Demokratie mitgestalten sollen, wenn sie zuvor damit keine Erfahrungen machen konnten. Demokratie fängt klein an und am besten lernen Kinder, wenn das, was sie lernen sollen, übereinstimmt mit dem, was sie erleben und was die Erwachsenen ihnen vorleben.
Die Demokratie braucht ihre Kinder und sie braucht sie von klein auf. Aber so, wie wir Erwachsenen uns anstrengen müssen, uns in die meist bereits vergessene Gedankenwelt und die Phantasien der Kinder hineinzuversetzen und insbesondere ihre Wünsche und Bedürfnisse mehr zu beachten, müssen die Kinder sich mit unserer Hilfestellung in einen demokratischen Prozess selbst einbringen, um ernsthaft zur Verbesserung ihrer eigenen Lage beizutragen. So können sie sich selbst eine Lobby erarbeiten, welche es ihnen erlaubt, sich ausreichend Gehör zu verschaffen, um mit ihrer Umwelt in einen vielfachen Dialog treten zu können, um ihre verbrieften Rechte auch erreichen und sichern zu können. Dass die Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern dies aktiv tun und verstärkt tun wollen, haben sie uns durch die Veranstaltung „Jugend im Landtag“ deutlich gezeigt. Ich kann Ihnen allen hier versichern, dass sie auch nicht locker lassen werden, uns ständig an die Umsetzung ihrer Forderungen zu erinnern, und das ist auch richtig so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einbindung von Kinder- und Jugendparlamenten als beratende Mitglieder in die Jugendhilfeausschüsse schafft wiederum einen Anreiz für die Beteiligung auf kommunaler Ebene.
Ziel ist es, Kinder und Jugendliche frühzeitig bei allen Planungen und Entscheidungen der für sie relevanten Lebenswelt zu beteiligen. Dies gilt für vielfältige Bereiche, also von der Wohnumfeldgestaltung, der Verkehrsplanung, der Umweltpolitik über Schule und Kindergärten bis hin zur Bildung, Freizeit und Kultur. Beteiligung muss Folgen haben. Kinder und Jugendliche sollen erleben und erfahren können, dass ihre Ideen und ihr Engagement nicht unbeachtet bleiben. Dies ist gerade auf kommunaler Ebene am besten gegeben.
Die Jugendlichen selbst sagen, und da zitiere ich aus einem Schreiben einer Aktionsgemeinschaft junger Leute zur Änderung des besagten Gesetzes: „Wir bemerken in unserer alltäglichen Arbeit immer wieder, dass die bisherigen Regelungen des Ausführungsgesetzes zum Kinderund Jugendhilfegesetz uns die Beteiligung an den Entscheidungen in der kommunalen Ebene schwer machen. Wir haben keine verbrieften und gesetzlichen Beteiligungsrechte und müssen uns die Beteiligung an den realen Entscheidungen der Erwachsenen immer wieder schwer erkämpfen über Stellvertreter, die unsere Forderungen vertreten. Wir denken, dass wir unsere Forderungen und Meinungen gut genug alleine präsentieren, verteidigen und auch umsetzen können.“ So weit das Zitat.
Dafür wollen wir ihnen durch diesen Antrag eine weitere Basis schaffen und unsere kontinuierliche Arbeit der Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen fortsetzen.
Meine Damen und Herren von der CDU – ja, ich kann das noch in der Mehrzahl sagen, drei sitzen noch da –,
wenn Sie sich nicht nur mit Worten für die Rechte der Kinder und Jugendlichen einsetzen wollen, sondern auch mit Taten, zeigen Sie dies hier und heute. Nachdem Sie allerdings schon in diesem Hohen Haus am 31. Januar 2001 auf der 52. Landtagssitzung die Beteiligungskampagne abgelehnt haben, glaube ich allerdings nicht, dass wir Sie bekehren können. Herr Caffier hat das ja auch schon angedeutet. Im Namen unserer Kinder und Jugendlichen bitte ich Sie trotzdem, sich nun endlich zu den Beteiligungsrechten zu bekennen und unserem Antrag zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im heutigen „Nordkurier“ war unter der Überschrift „Aktuelle Stunde soll wieder aktueller werden“ unter anderem zu lesen – und das hat Frau Schnoor hier auch noch mal vorgetragen: „Beantragten die Koalitionsparteien SPD und PDS eine Aktuelle Stunde, würden zudem regelmäßig keine aktuellen Themen behandelt. So werde heute auf Antrag der SPD über Rechte für Kinder und Jugendliche debattiert.“ Hört, hört! Rechte von Kindern und Jugendlichen sind also nicht aktuell in diesem Land für die CDU. Äußerst bemerkenswert.
Vielleicht sollte die Überschrift des heutigen „Nordkurier“ eher heißen: Aktuelle Stunde soll wieder Tummelplatz der CDU für Populismus, für Aktionismus und für unsachliche Debatten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht war es auch nur die Angst der CDU davor, hier heute hören oder sich damit befassen zu müssen, dass unter anderem das, was hier so theoretisch von der CDU geäußert wurde, in der Praxis ganz anders aussieht.
Ich will dafür ein Beispiel anführen: Wir haben in der Stadt Neubrandenburg ein Kinder- und Jugendparlament. Und wir waren im Stadtparlament der Auffassung, dass es durchaus legitim ist, dass ein Mitglied dieses Kinder- und Jugendparlamentes als beratendes Mitglied an den Sitzungen des Jugendhilfeausschusses der Stadt Neubrandenburg teilnehmen sollte. Verhindert wurde das durch Intervention der CDU.
So viel zum Thema, wie die CDU sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzt, nur mal als Beispiel am Rande.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vom 19. bis 21. September 2001
führen die Vereinten Nationen in New York eine große Konferenz durch,
um darüber zu beraten, wie die Lage aller Kinder auf der Welt verbessert werden kann. Grundlage ist die UN-Kinderrechtskonvention, die weltweit für alle Kinder im Alter von 0 bis 18 Jahren gilt und von 191 Staaten ratifiziert wurde. Ziel ist es, zu überprüfen, inwieweit der Aktionsplan, der 1990 auf dem Weltkindergipfel verabschiedet wurde, erfüllt wurde. Zum ersten Mal sollen Kinder und Jugendliche aus der ganzen Welt die Möglichkeit haben, sich an der Konferenz zu beteiligen und ihre Meinung einzubringen. Auch aus Deutschland werden vier Kinder und Jugendliche als Mitglieder der Regierungsdelegation nach New York fliegen. Ebenso in unserem Bundesland sollen aufgrund der UN-Kinderrechtskonvention, der Agenda 21 sowie der Aussagen des SGB VIII Grundsätze und Methoden der Beteiligung bekannt und erlebbar gemacht werden. Dies war und ist Ziel der Beteiligungskampagne.
Einen triftigen und aktuellen Grund, das Thema „Mehr Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern“ auf die Aktuelle Stunde zu setzen, sieht meine Fraktion darin, dass die Veranstalter von „Jugend im Landtag“ uns Politiker gebeten hatten, innerhalb von sechs Monaten eine Stellungnahme zu ihren Beschlüssen zu erarbeiten. Die Frist ist abgelaufen und deshalb ist es wichtig, dass der Landtag sich nun auch damit befasst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Jugend ist unser wichtigstes Zukunftspotential.
Ich finde es überhaupt nicht witzig, Herr Glawe,
dass Sie sich über Kinder und Jugendliche mokieren.
Das finde ich unanständig von Ihnen und ich bitte Sie, sich zurückzuhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Jugend ist unser wichtigstes Zukunftspotential. Es ist daher zentrale Aufgabe der Kinder- und Jugendpolitik, Zukunftsperspektiven zu entwickeln und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich alle Kinder und Jugendlichen entfalten können. Mehr denn je sehe ich es als erforderlich an, Kinder- und Jugendpolitik im Sinne einer querschnittartigen Zielsetzung in den verschiedenen Politikfeldern zu verankern. Nur durch eine Bündelung unter gemeinsamen Zielen können die Interessen von Kindern und Jugendlichen wirkungsvoll vertreten werden.
Durch die Veranstaltung „Jugend im Landtag“ ist deutlich geworden, dass für Kinder und Jugendliche nur etwas sinnvoll getan werden kann, wenn diese selbst beteiligt sind. Das hat sich auch in der „Kinderkarawane“ sowie in der „Shell-Studie“ gezeigt. Und es ist endlich an der Zeit, dies auch umzusetzen. Es muss uns klar sein, dass die Jugendlichen nicht nur schöne Worte von uns hören, sondern auch Taten sehen wollen. Wir müssen den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten geben und sie befähigen mitzuwirken. Glaubwürdigkeit der Politik spielt als Voraussetzung dafür eine große Rolle und somit auch die Beschäftigung mit den Forderungen der Kinder und Jugendlichen in unserem Land. Und diesen Satz, meine Damen und Herren von der CDU, sollten Sie sich vielleicht mal hinter Ihre Ohren schreiben.
Jugendliche wollen sich aktiv und qualifiziert in die Politik einmischen. Hierzu müssen wir ihnen Raum, Gelegenheit und Anreize bieten.
Ich habe nachher, glaube ich, noch mal Gelegenheit zu sprechen, deshalb werde ich später meine Rede fortsetzen. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Partizipation sollte nicht nur Mittel zum Zweck sein. Gerade die UN-Kinderrechtskonvention betont das Recht der Kinder auf eine eigene Meinung und auf freie Meinungsäußerung. Durch das KJHG zieht sich der Partizipationsgedanke wie ein roter Faden. Die Beteiligungskampagne ist eine folgerichtige Konsequenz daraus. Gerade das Thema Schule und Bildung hatte einen großen Zulauf bei den Jugendlichen. Sicherlich lag das auch daran, dass die meisten Teilnehmer von „Jugend im Landtag“ selbst noch Schüler waren. Der Wunsch nach Mitgestaltung in der Schule ist an der langen Liste der Forderungen erkennbar. Ich nenne hier zum Beispiel die Öffnung der Schulen für die Arbeit der Jugendverbände. Dazu bietet auch zukünftig die regionale Schule verstärkt Chancen wie auch die Einführung eines dreiwöchigen Praktikums in sozialen oder karitativen Einrichtungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als besonders wichtig erachte ich die Forderung im Bereich der Gewalt und des Extremismus. Die Jugendlichen haben uns viele Anregungen gegeben, wie man diese Probleme minimieren kann, denn gerade unsere Kinder erleben diese Gewalt täglich in der Schule, in der Freizeit und vor allen Dingen in der Familie. Dabei stellen Lösungsansätze der Jugendlichen in der Schule als Lebensraum einen Schwerpunkt dar, unter anderem durch praxisnahe Gestaltung in der Schule, altersgerechte Aufklärung sowie die Aus- und Fortbildung von Pädagogen. Ich sehe hier richtige und unterstützenswerte Anregungen, die wir unbedingt weiterverfolgen müssen.
Im Themenfeld Sucht und Drogen finden wir neben der Forderung nach mehr Aufklärung und Prävention auch den Wunsch, dass das Jugendschutzgesetz konsequenter angewandt wird. Ich verweise an der Stelle noch einmal auf den Beschluss des Kinder- und Jugendparlamentes aus Neubrandenburg, wo das auch unterlegt wurde – für mich eine erstaunliche, aber vollkommen zu Recht aufgemachte Forderung. Das Anliegen, dass Nikotin und Alkohol als Drogen und somit als Problem anerkannt und identifiziert werden, ist jedoch meines Erachtens sowohl in der Landesregierung als auch in den Fraktionen von SPD und PDS zumindest schon realisiert. Auch im Bereich der Aufklärung über Risiken und Auswirkungen von Sucht und Drogen muss sich MecklenburgVorpommern nicht verstecken, wie aus der entsprechenden Unterrichtung der Landesregierung ersichtlich ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Zukunftsperspektive ist das Wichtigste, was wir unseren Kindern und Jugendlichen mitgeben können. Aus diesem Grund ist der Bereich Ausbildung und Arbeit sehr wichtig. Unser Ziel ist es, jedem Jugendlichen, der einen Ausbildungsplatz möchte, auch eine Ausbildung zu ermöglichen.
Zu der Forderung nach staatlichen Förderprogrammen zur Schaffung und Sicherung einer konstanten Anzahl von
Ausbildungsplätzen kann ich sagen, dass dies im Rahmen von Programmen auf Bundes- und auch auf Landesebene mit einem hohen Einsatz finanzieller Mittel jedes Jahr geschieht. Zudem stellen die Betriebe im Land trotz der geringen Wirtschaftskraft doppelt so viele Lehrstellen pro tausend Einwohner zur Verfügung wie zum Beispiel Hamburg. Auch das muss einmal gesagt werden.
Weiterhin sollen der „Ausbildungspakt 2000 +“ zwischen Wirtschaft, Gewerkschaft und Landesregierung sowie Bundesprogramme die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze steigern. Dabei wird das Augenmerk besonders auf zukunftsträchtige Branchen beziehungsweise Branchen mit derzeitigem Fachkräftemangel gelegt. Natürlich spielen die Freizeit sowie die Jugendarbeit im Landtag eine große Rolle. Bezüglich des Wunsches nach der Vereinfachung der Förderbedingungen hoffe ich, dass die neuen Richtlinien des Sozialministeriums dazu ihren Beitrag leisten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Punkte, die ich hier nenne, sind natürlich nicht vollständig. Das würde auch den Rahmen einer Aktuellen Stunde sprengen. Die CDU scheint ohnehin damit überfordert zu sein. Aber jeder Politiker, ob auf Landes- oder kommunaler Ebene, sollte sich dieser Forderungen annehmen. Ich zitiere an dieser Stelle Herrn Dichans, der aus dem Bundesjugendministerium an der Veranstaltung teilgenommen hat und in der Zeitung des Landesjugendringes über „Jugend im Landtag“ Folgendes sagte: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Politiker morgen ihre Politik ändern. Aber damit, dass sie sich in den Dialog mit den Jugendlichen begeben wie hier, gehen sie auch nicht unverändert wieder hinaus. Ich habe die Hoffnung, dass sich die Politik längerfristig ändert, denn nur durch diese Nachhaltigkeit hat das auch Auswirkungen auf zukünftige Generationen.“
Ich hoffe, dass „Jugend im Landtag“ wenigstens bei den Kolleginnen und Kollegen, die daran teilgenommen haben, eine Veränderung bewirkt hat. Beim Parlamentarischen Abend haben wir dann sicherlich die Gelegenheit, uns noch mal intensiv mit den Jugendlichen über die Beschlüsse und das weitere Vorgehen auszutauschen. Ich hoffe, wir werden dabei alle an einem Strang ziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Veranstaltung „Jugend im Landtag“ wurde Handeln und Engagement landesweit erlebbar gemacht. Durch die uns allen vorliegenden Ergebnisse wird ersichtlich, dass Jugendliche sich für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens interessieren. Für die Jugendlichen steht im Vordergrund, dass die benannten Themen – und ich habe hier einige von ihnen auch direkt noch mal angeführt – jetzt auch kontinuierlich von den Fraktionen bearbeitet werden. Teilweise wurden Aufforderungen aufgemacht, die nur die kommunale Ebene umsetzen kann. Aus diesem Grund sollten diese auch an die zuständigen Kommunalvertreter weitergeleitet werden.
Der Dialog ist nicht abgeschlossen, er ist aus meiner Sicht noch nicht mal eröffnet. Wir setzen vor allem auch auf das Gespräch, auf die Zusammenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen. In diesem Sinne hoffe ich auf konstruktives Vorgehen in den nächsten Wochen, Monaten und vor allen Dingen auch Jahren. – Danke schön.
Ich möchte gern Frau Dr. Seemann zuhören und bitte, dass Sie dafür sorgen, dass die Herren der CDU-Riege sich etwas leiser verhalten. Man kann das nicht verstehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Herr Born, der Beifall wird Ihnen gleich vergehen,
weil ich natürlich als Erstes die Frage stellen muss, ob die CDU nicht mehr bis zehn zählen kann, denn die Schüler, die jetzt die Schule verlassen
und über deren Ergebnisse hier so heftig von Frau Schnoor debattiert wurde,
das sind genau diejenigen, Frau Schnoor und meine Damen und Herren von der CDU,
die die Stundentafelkürzungen im vollen Umfang abbekommen haben.
Das sind die Ergebnisse Ihrer verfehlten Politik, die Sie damals betrieben haben. Und ob Sie das nun hören wollen oder nicht, es ist so.
Nun haben Sie ja auch schon zugegeben, dass Sie lange danach gesucht haben, ein Thema für diese Aktuelle Stunde zu finden, weil Ihnen inhaltlich ja auch nicht allzu viel einfällt, und haben sich deshalb den Monat Januar ausgeguckt, der ja nicht nur im Bereich der Schulen von einem besonders hohen Krankenstand geprägt ist. Und deshalb war das natürlich ein willkommener Anlass, hier noch einmal draufzuhauen.