Hans Joachim Werner

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Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Staatsregierung im Hinblick auf die Belastungen für die in Oberdolling lebenden Menschen sowie die schützenswerte Natur in unmittelbarer Nachbarschaft des Landeplatzes den Versuch eines Oberdollinger Unternehmers, eine Genehmigung für die Durchführung von jährlich 1500 Flugbewegungen mit dem Hubschrauber zu erhalten, nachdem das Luftamt Südbayern erst vor vergleichsweise kurzer Zeit 60 Flugbewegungen pro Jahr genehmigt hat?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, dass man einen Unterschied zwischen dem eventuell notwendigen Transport von Waren und reinen touristischen Rundflügen machen sollte?
Herr Staatssekretär, angenommen, der Antrag wird genehmigt, wird es dann auch Bestandteil des Prüfungsverfahrens sein zu ermitteln, wie viel Flugbewegungen maximal genehmigt werden können, falls der Betreiber nach kurzer Zeit einen Mehrbedarf geltend macht?
Herr Staatssekretär, wird es denn auch Bestandteil der Prüfung sein, sich eventuell nach Standortalternativen umzuschauen? Es gibt Flugplätze, bei denen die in der Nachbarschaft wohnenden Menschen über die Umweltbedingungen klagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, Ihr Blick in die andere Richtung war schon richtig, denn eigentlich müsste dieses wichtige Gesetz vom Sozialministerium und nicht vom Kultusministerium federführend bearbeitet werden. Wenn diese Angelegenheit im Sozialministerium angesiedelt wäre, wo auch der Sachverstand für die Situation in der Altenpflege versammelt sein sollte, wären wir heute vielleicht einen Schritt weiter. Wir befinden uns nur drei Monate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2003.
Es wurde sehr viel Zeit verplempert, und jetzt sind noch mehr Fragen offen, als beantwortet wurden. Es ist doch nicht entscheidend, die Berufsbezeichnungen zu schützen oder Berufsbezeichnungen zu ändern. Vielmehr bewegt alle in der Szene, wie künftig die Finanzierung aussehen wird. Das ist die entscheidende Frage. In den vergangenen Tagen konnte man der Presse positive Signale entnehmen. Ich meine aber, dass das Parlament der richtige Ort wäre, das Gesetz zu debattieren. Dabei sollten wir, Frau Ministerin, die Schlachten von gestern heute nicht mehr schlagen. Ich erspare mir den Rückblick auf das Verfassungsgerichtsverfahren.
Die SPD-Landtagsfraktion hat nach Bekannt werden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen Dringlichkeitsantrag gestellt, und – oh Wunder –der Sozialpolitische Ausschuss hat zu unserer Freude dem Antrag mit geringfügigen Änderungen zugestimmt. Unsere Freude war groß. Allerdings waren wir dann umso enttäuschter, als Anfang April 2003 der Haushaltsausschuss den Beschluss des Sozialpolitischen Ausschusses wieder kassiert hat. Im Haushaltsausschuss haben offensichtlich die Blinden über die Farbe geredet. In völliger Unkenntnis der Situation der Altenpflege haben sie diesen Antrag abgelehnt mit der lapidaren Begründung, die dadurch möglicherweise entstehenden
Kosten seien nicht quantifizierbar. Nun muss sich der Sozialpolitische Ausschuss am Donnerstag noch einmal mit dem Thema beschäftigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, bleiben Sie bitte im Interesse der Altenpflege in Bayern standhaft.
Die Staatsregierung hat erfreulicherweise – das Wort „erfreulicherweise“ fällt mir nicht leicht – drei Wochen, nachdem der Haushaltsausschuss unseren Antrag kassiert hatte, angekündigt, dass Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden sollen und die Altenpflegeschüler in diesem und im nächsten Jahr mit einem zusätzlichen Schulgeldausgleich von 250 e pro Monat rechnen können. Das sollen immerhin 10 Millionen e sein.
Außerdem soll es Schulgeldersatz geben, da die Fördersätze für die Kosten in Berufsfachschulen nur 79% betragen im Gegensatz zu den 100% bei den bisherigen Fachschulen. An das Schulfinanzierungsgesetz will aber wohl niemand herangehen. Ich erinnere daran, dass die Ausbildung künftig drei Jahre dauern wird und es niemandem hilft, wenn er für das nächste Jahr Sicherheit hat und im zweiten und dritten Ausbildungsjahr nicht weiß, wie es weitergehen soll. Eine Regelung ist überfällig. Das Schulfinanzierungsgesetz bietet die richtige Basis. Eine weitere Hängepartie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Situation in den Altenpflegeheimen und ist insbesondere der Situation, in der sich die Pflegekräfte befinden, in keiner Weise angemessen.
Ich habe schon vermutet, dass sich die Staatsregierung an das Umlageverfahren nicht heranwagen wird. Ich räume ein, dass es auch bei den Trägern umstritten ist und Diskussionsbedarf gegeben ist. Umso bedauerlicher ist es, dass wegen der überflüssigen Verfassungsklage nach der Verabschiedung des Bundesgesetzes sehr viel Zeit ins Land gegangen ist. Wir werden die Situation sehr genau beobachten. Sollten sich Pflegeeinrichtungen zu hartnäckig weigern auszubilden und sollte dies in der Folge den bestehenden Pflegekräftemangel verschärfen, kommt das Thema wieder auf die Tagesordnung dieses Hauses. Dessen können Sie sich sicher sein.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Obermeier, ich muss jetzt die regionale Solidarität der Landtagsabgeordneten etwas verlassen, denn dass Sie hier offensichtlich ungetrübt von Fachkenntnis Behauptungen in die Welt setzen, ist eigentlich ungeheuerlich.
Sie tun so, als seien die Wohlfahrtsverbände überrascht worden. Im Dezember saß Bundesfamilienministerin Renate Schmidt mit den Wohlfahrtsverbänden zusammen, und beide erzielten eine freiwillige Vereinbarung, in diesem Jahr 2003 so vorzugehen, wie das jetzt hier beschlossen wurde. Deswegen ist es eine Ungeheuerlichkeit, zu behaupten, sie seien überrascht worden.
Schon bei der Lektüre des Antrags der CSU, aber noch mehr beim Vortrag kamen mir fast die Tränen – die CSU als Gralshüterin des Zivildienstes, als Fighterin für die Zivildienstleistenden. Herr Kollege Herrmann, das ist an Heuchelei nicht mehr zu überbieten. Jahrzehntelang haben Sie sie als Drückeberger diffamiert. Sie wollten sie vor Spruchkammern wie weiland bei McCarthy in den USA in den Fünfzigerjahren zitieren. Ich danke heute im Namen der SPD-Fraktion den Millionen von Zivildienstleistenden, die in den letzten Jahrzehnten eine ausgesprochen segensreiche Arbeit geleistet haben.
Wäre es nach Ihnen gegangen, gäbe es heute gar keine Zivildienstleistenden, denn Sie hätten alle zum Dienst mit der Waffe gezwungen und vielleicht auch noch in den Irak geschickt.
Dieser Antrag ist überflüssig wie ein Kropf. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen. Ihre Aussage zum Beispiel, das gehe zulasten der alten Menschen in den Altenheimen, ist eine Bankrotterklärung sondergleichen; wenn wir Zivildienstleistende brauchen, um die alten Menschen zu pflegen, können wir zusperren. Sorgen Sie lieber dafür, dass ausreichend gut qualifiziertes Personal in den Altenheimen vorhanden ist. Dann können Sie mit solchen Anträgen wieder kommen.
Dieses Zivildienständerungsgesetz hat eigentlich das Ziel, für das Jahr 2003 genau das zu erreichen, was Sie jetzt beklagen, nämlich dass wir das hohe Niveau von 100000 Zivildienststellen in unserem Land aufrechterhalten. Wie gesagt, die dafür notwendige Kostenbeteiligung der Träger zur Haushaltskonsolidierung ist notwendig geworden – das geben wir zu –, da werden 90 Millionen e eingespart. Das wäre vielleicht nicht notwendig gewesen, wenn Sie uns die 1500 Milliarden Schulden
mit jährlichen Zinszahlungen von 40 Milliarden e nicht hinterlassen hätten. Auch das hören Sie nicht gerne.
Wollen Sie eine namentliche Abstimmung beantragen, das können Sie dann machen, wenn Sie nochmals dran kommen. Jeder Zivildienstleistende kostet die Träger künftig im Monat 66 e mehr; das zu den gewaltigen Belastungen, die Sie in den Raum gestellt haben. Ich meine, diese 66 e sind die Leistungen der Zivildienstleistenden auch wert.
(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD)
Das Zivildienständerungsgesetz schafft in diesem Jahr übrigens auch für die jungen Leute selbst Planungssicherheit. Von Juli bis September suchen viele junge Leute, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, und vor allen Dingen Abiturienten einen Zivildienstplatz. Ohne dieses Gesetz bestünde kaum eine Chance, dass sie kurzfristig einen Platz bekommen. Das ist nun mit diesem Gesetz der Fall.
Den Trägern gibt das Gesetz genügend Zeit, sich konzeptionell auf geänderte Rahmenbedingungen einzustellen, und das sollten Sie auch einmal sehen. Diese Rahmenbedingungen werden künftig von mehr Gerechtigkeit und einer notwendigen zahlenmäßigen Angleichung von Zivildienst- und Wehrdienstleistenden gekennzeichnet sein. Dies ist der eigentliche Hintergrund für diese Gesetzesinitiative. Es geht nämlich nicht an, dass immer weniger Wehrpflichtige einberufen werden, dass aber die Zahl der Zivis immer und ewig auf dem derzeit hohen Niveau bleibt. Auch das hat mit Gerechtigkeit zu tun, für die wir eintreten. Die Träger haben also Zeit, sich konzeptionell darauf einzustellen, dass künftig die von Zivildienstleistenden erbrachten Leistungen und Arbeiten von regulären Arbeitskräften erbracht werden. Natürlich trägt die Änderung bei den 400-e-Jobs auch dazu bei, es den Trägern künftig zu erleichtern, diese wichtigen Tätigkeiten durch reguläre Arbeitskräfte zu erbringen. Ihrem Antrag werden wir die verdiente Würdigung zukommen lassen, ihn nämlich ablehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Behandlung dieser Petition im Plenum beantragt, weil das Verhalten der CSU im Eingabenausschuss ein Schlaglicht auf die Qualität ihrer Entscheidungen sowohl in rechtlicher als auch in menschlicher Hinsicht wirft.
Ich umreiße den Fall kurz. Eine junge Rumänin ist als Au-pair-Mädchen nach Deutschland eingereist und in eine Familie mit vier Kindern gekommen. Hier hat sich dann ein Verhältnis entwickelt, das weit über das Verhältnis eines Au-pair-Mädchens mit seiner Gastfamilie hinausgeht. Die Mutter hat ihr Au-pair-Mädchen adoptiert. Nun soll die Tochter dieser Familie das Land wieder verlassen müssen.
Dieser Fall hat zwei Aspekte, meine Damen und Herren: einen rechtlichen und einen menschlichen. Zunächst zum rechtlichen Aspekt. Sicher ist unstrittig, dass im Falle einer Erwachsenenadoption mit dieser Adoption nicht automatisch ein Bleiberecht verbunden ist. Das ist unstrittig. Ein Bleiberecht ist nur möglich, wenn es sich um eine außergewöhnliche Härte handelt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass es eine Beistandsgemeinschaft sein muss
und es sich nicht nur um eine normale Begegnungsgemeinschaft handeln darf. Die Staatsregierung und die CSU-Fraktion sind nun der Auffassung, dass es sich hier um eine reine Begegnungsgemeinschaft handelt, die auch per Telefon aufrechterhalten werden könnte – es ist hochinteressant, dass Sie einer Familie raten, dass Eltern mit ihren Kindern per Telefon kommunizieren sollen.
Das ist Ihre Vorstellung von Familienleben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Petentin hat – wie ich schon gesagt habe – vier Kinder und betreibt in Ingolstadt als Hebamme ein Geburtshaus. Sie braucht ihre Tochter zur Betreuung der Kinder und hat vorgesehen, dass die Tochter später das Geburtshaus als Hebamme übernehmen soll. Bei den Kindern der Petentin handelt es sich um Buben.
Sie sagen: Die Kinder könnten auch von jemand anderem betreut werden, zum Beispiel einem neuen Au-pairMädchen. Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang einmal einen Blick in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Erwachsenenadoptionen. Zu Beistandsgemeinschaften gibt es hier mehrere Entscheidungen. Dort heißt es ausdrücklich, dass es in derartigen Fällen nicht darauf ankommt, dass die Hilfe auch von einer anderen Person erbracht werden könnte. Selbstverständlich ist es das Recht der Tochter, ihrer Familie diese Hilfe anzubieten. Dafür ist natürlich ein Bleiberecht in Deutschland Voraussetzung. Das Bundesverfassungsgericht hat auch festgestellt, dass die Pflege dieser Beistandsgemeinschaft Vorrang vor einwanderungspolitischen Zielen des Staates hat. Wir geben uns natürlich hinsichtlich Ihrer einwanderungspolitischen Ziele keinen Illusionen hin. Unsere Ziele sind das jedenfalls nicht. Ich sage Ihnen: Wir brauchen in unserem Land eine junge Frau mit dieser Qualifikation. Deshalb wäre es die Pflicht des Landtags, bei dieser Eingabe für Berücksichtigung zu plädieren.
Ich möchte auch den menschlichen Aspekt dieses Falles ansprechen. Sie vertreten die Auffassung, das ginge auch per Telefon. Sie hatten einmal einen Kollegen, der meinte, man könnte über das Telefonieren Beziehungen pflegen. Dieser Kollege ist inzwischen nicht mehr im Landtag und hat den Landtag darüber hinaus 26000 DM gekostet. Ich habe einen Einblick in diese Familie erhalten und bin davon überzeugt, dass zwischen der Tochter und der Familie ganz enge Beziehungen bestehen. Hier kann keinesfalls davon gesprochen werden, dass sich jemand auf dem Umweg einer Adoption ein Aufenthaltsrecht in Deutschland erschleichen will. Ich weise auch vehement den Versuch zurück, diese junge Frau und ihre Familie mit dem unterschwelligen Vorwurf zu kriminalisieren, sie wolle sich ein Aufenthaltsrecht erschleichen.
Die CSU-Fraktion hat sich in dieser Sitzung des Petitionsausschusses, indem sie durchgesetzt hat, dass dieser Fall aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt erklärt wird, selbst entlarvt. Wir haben
nämlich zehn Minuten nach diesem Fall eine andere Petition behandelt. In diesem Fall ist eine Bolivianerin per Besuchervisum nach Deutschland eingereist. Sie ist von Beruf Haushälterin. Der Petent setzt sich dafür ein, dass sie in Deutschland bleiben kann, weil er keine andere Haushälterin findet. Dieser Fall ist rechtlich so glasklar, wie er nur sein kann. Trotzdem haben Sie gesagt, hier müsse nach rechtlichen Möglichkeiten gesucht werden, die Dame müsse bleiben dürfen. Wenn ich Ihnen sage, wer der Petent ist, kennen Sie auch den Hintergrund: Es handelt sich um einen katholischen Pfarrer. Für einen Pfarrer haben aber die Gesetze unseres Landes wie für jeden anderen Bürger zu gelten.
Wir geben Ihnen Recht. Wir müssen auch nach Wegen suchen, wie der Pfarrer seine Haushälterin behalten kann. Wir müssen aber erst recht nach Wegen suchen, wie wir der Tochter einer Familie den weiteren Aufenthalt in Deutschland ermöglichen können. Deshalb beantrage ich nochmals in aller Deutlichkeit, diese Petition zu berücksichtigen.
Frau Staatsministerin, wie beurteilt die Staatsregierung die Eignung und Kompetenz der personellen Neubesetzung der „Koordinationsstelle Pflege“ im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, nachdem der Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe (Landesarbeitsge- meinschaft Bayern) massive Bedenken gegen die Berufung vorgebracht und diese mit fehlender Erfahrung des Betroffenen im Berufsfeld begründet hat?
Frau Staatsministerin, sind denn Fachverbände im Rahmen des Auswahlverfahrens hinzugezogen worden?
Frau Staatsministerin, können die seit kurzem bestellten Sachverständigen für das Fachgebiet „Bewertung der Pflegequalität (Leistung und Durchfüh- rung) bei Einzelpersonen und Feststellung der Pflegestufen und deren Überprüfung“ im Rahmen von Widerspruchsverfahren Gutachten zur Feststellung der Pflegestufen erstellen, ohne dass zusätzlich der Medizinische Dienst der Kassen vor der Entscheidung über den Widerspruch hinzugezogen werden muss?
Frau Ministerin, welche Rolle können dann diese Sachverständigen Ihrer Auffassung nach bei der Qualitätssicherung in den Pflegeheimen spielen?
Frau Staatsministerin, denkt die Staatsregierung daran, über diese beiden bisher bestellten Sachverständigen hinaus – möglicherweise sogar flächendeckend in Bayern – derartige Sachverständige zu berufen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Schnappauf, wissen Sie, was mir eingefallen ist, als ich jetzt Ihren Beitrag hörte? – Einfallslos, hilflos und perspektivlos, nur wortreich war er.
Die Vergangenheit der GSB ist eine traurige Geschichte, meine Damen und Herren, und jetzt wird ein weiteres dunkles Kapitel hinzugefügt.
Niemand in Ebenhausen und Schwabach und in den umliegenden Gemeinden kann verstehen, dass ausgerechnet der Umweltminister in Sachen GSB so krass versagt. Ihnen ist offensichtlich das Ergebnis des Unternehmens in der Bilanz heilig – das Ergebnis gesundheitlicher Schädigungen der Menschen lässt Sie, so wird vielfach kritisiert, kalt. So sehen das jedenfalls die Menschen, die in Ebenhausen und in der Nachbarschaft der Sondermüllverbrennungsanlage wohnen. Eigentlich müsste doch der Umweltminister der Fürsprecher der Menschen sein, die sich Sorgen um die Umwelt und um ihre eigene Gesundheit und die ihrer Kinder machen.
Die Zahl der Störfälle in Ebenhausen allein ist Legion. Was ist da von den Verantwortlichen der GSB nicht alles vertuscht worden. Die haben nur zugegeben, was für jedermann am Himmel unschwer als Jod- oder Bromwolke sowieso zu erkennen war. Sie haben in letzter Zeit die Verschleierungstaktik allerdings etwas zurückgefahren. Das ist aber nicht etwa der Einsicht des Umweltministeriums oder gar des Managements der GSB zu verdanken – nein, das haben einzig und allein die Menschen in Ebenhausen und in der Nachbarschaft, vor allen Dingen die mehr als 3000 Mitglieder der Bürgerinitiative erreicht. Auf deren Druck, wenn überhaupt, sind die Verbesserungen zustande gekommen.
Herr Minister, wir bleiben dabei: Sie stehlen sich aus der Verantwortung – und ich füge ausdrücklich hinzu – als einer, der sich hier als Vertreter der dort lebenden Menschen fühlt: Sie versündigen sich an den Menschen, die in der Nachbarschaft der GSB wohnen. Es geht nicht nur darum, diese Anlage umweltfachlich zu beaufsichtigen. Der Freistaat muss auf die Geschäftspolitik Einfluss nehmen. Das wäre Ihre Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender gewesen. Dabei wäre das Vertrauen der Menschen in Sie als Aufsichtsratsvorsitzender gering genug.
Das Verfahren zur Auswahl des Neuen, das Sie gewählt haben – offensichtlich hat das in der Besenkammer der GSB stattgefunden –, hat dieses Vertrauen weiter erschüttert. Das Vertrauen in Herrn Prof. Kohl ist gleich Null – wie sollte es auch anders sein.
Er ist ein Vertreter der chemischen Industrie, und als solcher wird er wahrscheinlich noch mehr als der Umweltminister auf die wirtschaftliche Seite der Angelegenheit achten. Wir fordern: Nehmen Sie auch Ihre persönliche Verantwortung ernst. Stellen Sie sich dieser Verantwortung. Übernehmen Sie wenigstens den Vorsitz im Aufsichtsrat. Nehmen Sie Einfluss auf die Geschäftspolitik. Sorgen Sie vor allem dafür, dass sich die GSB auf die Aufgaben konzentriert und beschränkt, die auch die Bevölkerung akzeptieren würde, nämlich den Giftmüll, der in Bayern anfällt, zu entsorgen, und zwar so zu ent
sorgen, dass damit keine Gefährdung der Menschen verbunden ist.
Herr Staatssekretär, könnte es sein, dass Sie die Frage des Kollegen Wahnschaffe falsch verstanden haben? Er hat doch Sie gefragt, ob mit Ihrer Forderung eine Beitragserhöhung verbunden ist. Wir wollen das nicht. Wir haben die Beiträge in der Rentenversicherung um 1,2% gesenkt.
Es ist also die Aufgabe der Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass sie diese Probleme löst.
Ich sage schon noch etwas ganz konkret zur Pflegeversicherung; eines steht fest: Wenn der Kollege Wahnschaffe gemeint haben sollte, dass die Bayerische Staatsregierung einfach einer Erhöhung der Beiträge zustimmt, um alle Probleme der Welt zu lösen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir machen eine klare und durchsichtige Politik.
Das heißt, was wir gesagt haben, halten wir auch ein, nämlich, dass die Beiträge gesenkt und nicht erhöht werden. Sie aber machen genau das Gegenteil.
Jetzt komme ich zur Pflegeversicherung. Herr Kollege Wahnschaffe, wir haben in einer ersten Stufe ganz konkrete Vorschläge gemacht, ohne dass die Beiträge angehoben werden müssen. Sie kennen das doch. Wir wollten die Behandlungspflege herausnehmen und von den Pflegekassen zu den Krankenkassen verlagern. Wir haben konkrete Aussagen gemacht, welche Alternativen es gibt. Trotzdem haben Sie es nicht akzeptiert.
Jetzt frage ich Sie umgekehrt, Herr Kollege Wahnschaffe, und ich wäre dankbar, wenn Sie uns diese Frage irgendwann einmal beantworten könnten: Wenn nun diese zweite Stufe von uns in den Bundesrat eingebracht wird, werden Sie uns dann Ihre Zustimmung
geben? Ich bin gespannt, ob Sie es hier nicht nur bei Worten belassen, sondern auch Taten folgen lassen.
Ich darf noch einen weiteren Punkt ansprechen. Es ist fast nicht mehr mit anzuhören, Kollege Wahnschaffe, wenn Sie das Programm „Ausbilden und Wohnen“ ansprechen und die Situation aus Oberfranken schildern.
Liebe Frau Kollegin Biedefeld, ich war gestern zum letzten Mal in Coburg.
Gestern zum letzten Mal!
Keine Sorge; ich werde wieder hingehen. Machen Sie sich keine Sorgen. Aber den Unsinn, den Sie uns heute aufgetischt haben, dass wir die Lehrlinge von dort oben abzögen und in den Süden transferierten, das ist schon schlimm.
Frau Kollegin, ich übermittle Ihnen heute Nachmittag gerne noch die Zahlen. Bisher geht es um höchstens 20 bis 30 Lehrlinge, soweit ich es im Kopfe habe. Und da reden Sie vom Ausbluten Oberfrankens. Also so schlimm ist es in Oberfranken nicht bestellt, wie Sie versuchen es uns hier darzustellen.
Also bitte, Kollege. Es geht um 20 bis 30 Leute. Reden Sie doch einmal mit den betroffenen Lehrlingen. Ich habe das Programm in Nürnberg vorgestellt. Eine junge Dame aus Würzburg hatte dieses Programm höchst erfreut angenommen. Das ist nur ein Angebot.
Das weiß ich schon, Frau Kollegin, und ich weiß auch, wo die Arbeitsamtsbezirke sind, die keine ausgeglichenen Lehrstellenbilanz haben. Der Ministerpräsident hat mich im Oktober 1999 damit beauftragt, alle die Arbeitsamtsbezirke zu besuchen, in denen wir keine ausgeglichene Lehrstellenbilanz haben. Das ist zugegebenermaßen ein ernstes Thema. Wir haben uns gemeinsam sehr bemüht, eine ausgeglichene Bilanz in diesem Bereich zu schaffen. Dafür wird auch viel Geld eingesetzt.
Entschuldigung! Das war ein gemeinsamer Beschluss von Gewerkschaften und Arbeitgebern in unserem Bündnis für Arbeit, dem Beschäftigungspakt Bayern.
Ich kann Ihnen die Zahlen genau vorlegen, Herr Kollege Wahnschaffe.
Nun, dann ist es gut. Wir haben übrigens im Oktober vergangenen Jahres unseren Pakt für die jungen Menschen, die Arbeit suchen und Arbeit brauchen, wieder verlängert. Da waren auch die Gewerkschaften mit am Tisch, und es wird auch einheitlich von allen mitgetragen. Durch die Akquisiteure, die wir in die Unternehmen hinausgeschickt haben, konnten wir Großartiges erreichen.
Ich war im Herbst des vergangenen Jahres wieder unterwegs.
Frau Kollegin, ich komme schon noch auf das Thema zurück. Es geht um den Vorwurf, dass Oberfranken ausblutet. Das ist ein ausgemachter Schmarrn, wenn ich das auf gut Schwäbisch einmal so sagen darf.
Nein, wir reden jetzt darüber, Frau Kollegin Dr. Baumann, dass der Kollege Wahnschaffe gesagt hat, Oberfranken blute aus und die Bayerische Staatsregierung sei dafür verantwortlich. Das ist blanker Unsinn. Das sage ich noch einmal: Blanker Unsinn!
Deswegen hat die Bayerische Staatsregierung sehr viel dafür getan, lieber Kollege Wahnschaffe, dass es in diesem Jahr nur noch zwei Arbeitsamtsbezirke waren, in denen wir keine ausgeglichene Lehrstellenbilanz ausweisen konnten. Ich bin ganz sicher, dass wir in diesem Jahr eine noch bessere Situation vorweisen können. Deshalb seien Sie mit solchen Argumenten bitte vorsichtig. Es geht nicht an, hier pauschale Vorwürfe auf den Tisch zu legen, die so nicht gerechtfertigt sind.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Kobler.
Herr Staatssekretär, wie bewertet die Staatsregierung angesichts der anhaltenden Flaute in der Bauindustrie die Tatsache, dass in den vergangenen zwölf Monaten im Bundesausschreibungsblatt auffällig wenige Bauprojekte öffentlicher Träger aus Bayern angeboten wurden?
Herr Staatssekretär, wäre die Staatsregierung bereit, staatliche Bauprojekte im Bundesausschreibungsblatt zu veröffentlichen, auch wenn dazu keine Verpflichtung besteht?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vom Hau-ruck-Verfahren, Frau Kollegin Dodell, verstehen Sie neuerdings etwas. Wie schnell Sie Minister auswechseln, ist doch ungeheuerlich; da kann man wirklich von einem Hau-ruck-Verfahren sprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CSU hat heute den – allerdings untauglichen – Versuch unternommen, das neue Betriebsverfassungsgesetz vorzuführen. Aber es geht Ihnen eigentlich gar nicht um die konkrete Ausgestaltung dieses neuen Gesetzes, sondern Ihnen passt die ganze Richtung nicht. Sie wollen ganz einfach,
dass der Herr-im-Haus-Standpunkt wieder fröhliche Urständ feiert und die Unternehmer mit ihren Arbeitnehmern machen können, was sie wollen. Das ist aber alles andere als modern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Mitbestimmung ist einer der ganz großen Standortvorteile, die wir in Deutschland haben.
Wir haben das beste System der Mitbestimmung, und wir wollen es jetzt noch ein bisschen besser machen.
Dass Sie in diesen Fehler einstimmen, kann ich mir denken. Aber die Unternehmer sollten nicht in den Fehler der Neunzigerjahre verfallen und den Wirtschaftsstandort selber schlecht reden. Das hat Arbeitsplätze gekostet, und das war auch schlecht für den Unternehmenserfolg. Daraus sollte man die richtigen Lehren ziehen.
Was für einen Anspruch haben die Arbeitnehmer? Sie haben einen hohen Anspruch, der durch ein modernes Betriebsverfassungsgesetz erfüllt werden muss. Sie wollen Komanagement in den Unternehmen, und das ist ein absolut berechtigter Anspruch.
Ich kenne zahllose Unternehmen, die aufgrund des Missmanagement der Geschäftsführung Bankrott gegangen sind, und dabei sind auch Arbeitsplätze verloren gegangen. Ich kenne aber kein einziges Unternehmen, das aufgrund des Komanagements des Betriebsrats pPeite gegangen wäre.
Ich sage Ihnen: Der soziale Friede in unserem Land, der auch durch unser System der Betriebsverfassung bewerkstelligt wird,
ist bares Geld wert. Komanagement ist bares Geld. Beides sichert Arbeitsplätze und kann sogar welche schaffen.
Ich möchte auf einen Widerspruch im Arbeitgeberlager hinweisen. Wenn die Damen und Herren demonstrieren – was ihr gutes Recht ist, und dann kann man sich mit ihnen auch auf einer vernünftigen Ebene auseinander
setzen –, dann sollten sie Folgendes bedenken: Von bestimmter Seite im Unternehmerlager wird immer wieder gegen Flächentarifverträge gewettert. Es wird sich dafür eingesetzt, dass Öffnungsklauseln in die Tarifverträge aufgenommen werden, weil man sagt: Mit unseren Betriebsräten vor Ort kann man vernünftige Regelungen zustande bringen. Wir wollen bloß nicht, dass alle gleichbehandelt werden.
Um genau das zu erreichen, muss man die Betriebsräte stärken und darf sie nicht schwächen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, denken Sie bitte daran: Wir brauchen ein modernisiertes Betriebsverfassungsgesetz. Vorhin wurde gefragt, was denn daran modern sei. Meine Damen und Herren, die Trennung in Arbeiter und Angestellte ist so überkommen, dass es allerhöchste Zeit war, damit Schluss zu machen.
Wenn im Bayerischen Landtag über dieses Thema diskutiert wird, sollten Sie besser andere Redner aufbieten als solche, die versuchen, mit Kalauern oder Horrorgemälden einer vernünftigen Entwicklung entgegenzuwirken.
Diese Herrschaften sind nicht an einer vernünftigen Diskussion interessiert. Sie reden und verlassen dann den Saal, weil gute Gegenargumente die eigene Argumentationslinie stören könnten.
Zum Schluss will ich einen aus Ihrer Sicht sicher unverdächtigen Zeugen benennen. Der Papst, der bestimmt niemals die Chance hätte, Mitglied der SPD-Fraktion zu werden,
hat vor 20 Jahren eine Enzyklika herausgegeben: „Laborem exercens“. Darin hat er zu den Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital Stellung genommen
und etwas gesagt, wofür Sie uns aus dem Saal treiben würden, dass nämlich die Arbeit Vorrang vor dem Kapital hat. So etwas muss in einem christlich geprägten Land aber auch Eingang in die Betriebsverfassungsgesetzgebung finden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann nicht verstehen, Herr Minister Schnappauf, warum Sie auf Biegen und Brechen den Konflikt mit den in der Nachbarschaft der GSB wohnenden Menschen suchen und austragen wollen. – Offensichtlich bis hinauf in die höchsten gerichtlichen Instanzen.
Noch vor drei Jahren wurden die Grenzwerte 350-mal überschritten. Aufgrund der hochqualifizierten Tätigkeit und des Engagements der Bürgerinitiative mit ihren mehr als 3000 Mitgliedern, ist es gelungen, diese Zahl drastisch zu reduzieren. Im vergangen Jahr waren es Gott sei Dank gerade einmal 13. Warum Sie nicht bereit sind, eine ebenso besonnene Forderung der Bürgerinitiative zu erfüllen, kann ich nicht verstehen. Ich könnte Ihre Haltung verstehen, wenn die Bürgerinitiative fordern würde, den Laden dicht zu machen. Sie fordern aber lediglich, um eine Perspektive für eine bessere Zukunft zu haben, dass eine Mengenbegrenzung auf 100000 Tonnen vorgenommen wird. Das reicht allemal, um den bayerischen Sondermüll zu verbrennen. Das reicht allemal. Warum also tun Sie es nicht? Das werden Sie den Bürgern erklären müssen.
Es ist Ihnen am 1. Februar 2001 nicht gelungen, den Menschen, die voller Sorgen zu Ihnen ins Ministerium gekommen sind, dies zu erklären. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie weiterhin Misstrauen schüren. Das ist auch für dieses Hohe Haus schlecht. Deswegen habe ich die herzliche Bitte: Stimmen Sie dem Dringlichkeitsantrag zu und geben Sie den Menschen eine Perspektive.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Zeit hatten wir im Petitionsausschuss bald Woche für Woche mit Fällen zu tun, die von dem jüngsten Beschluss der Innenministerkonferenz betroffen waren. Nun wissen wir, dass in der Innenministerkonferenz mehr hätte beschlossen werden können, als letztlich auf Druck der von der CSU geführten Staatsregierung hin beschlossen worden ist. Dass dieser Beschluss dann aber auch noch so restriktiv in die Praxis umgesetzt worden ist, erstaunt uns schon sehr.
Ich halte die Unterscheidung des Innenministers Dr. Beckstein zwischen Ausländern, die uns nützen, und solchen, die uns ausnützen, für zynisch und unannehmbar.
In gewisser Weise habe ich daran die Hoffnung geknüpft, dass Ausnahmen bei den Menschen gemacht werden, die uns auch aus der Sicht der CSU nützen. Darin haben wir uns gründlich getäuscht.
Welche verheerende Folgen zeigt Ihre Einstellung? In den vergangenen Tagen wurde in München darüber diskutiert, dass zwei Kosovaren, die in der Altenpflege überaus verdienstvoll tätig sind, unser Land verlassen müssen. Welch ein Irrsinn! In München fehlen in allen Altenpflegeheimen Pflegekräfte. Da sind zwei Menschen, die ihre Arbeit überaus engagiert verrichten, und Ihnen fällt nichts anderes ein, als sie aus dem Land zu schicken. Hätten Sie denn nicht wenigstens aus Ihrer Verantwortung gegenüber den alten Menschen heraus in diesem Fall eine Ausnahme machen können?
Die Angelegenheit wird vollends absurd, wenn zum gleichen Zeitpunkt 25 Altenpflegekräfte zu uns ins Land geholt werden. Da verstehe ich die Welt wirklich nicht mehr.
Meine Damen und Herren von der CSU, Sie verweisen immer so gerne darauf, dass die Bayern-SPD in diesen Fragen völlig isoliert dastehe. Hoffentlich täuschen Sie sich da nicht. Die Hunderte von Petitionen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben, kommen von Arbeitgebern, kirchlichen Stellen und von Bürgermeistern, auch von CSU-Bürgermeistern.
Aber sicher.
Haben Sie mich jetzt gefragt, ob Sie mich fragen dürfen? Darauf müsste ich mit einem Ja antworten.
Kollege Peterke, selbstverständlich ist mir das bekannt. Mir ist auch bekannt, dass dieser Beschluss der Innenministerkonferenz in anderen Bundesländern weitaus großzügiger ausgelegt wird als in Bayern. In Bayern gilt kein anderes Bundesrecht als in anderen Bundesländern.
Im Übrigen handeln wir aus humanitären Gründen. Wir sehen, dass in bestimmten Berufen dringend Arbeitskräfte gebraucht werden, dass sich Bürgerkriegsflüchtlinge, die bei uns inzwischen heimisch geworden sind, in einem Ehrenamt engagieren. Für Sie zählt das alles nicht, sondern für Sie zählt einzig und allein Ihre durch nichts zu rechtfertigende restriktive Auslegung des Ausländerrechts ohne jeden Spielraum.
Auch im konservativen Lager kommt inzwischen Bewegung in diese Diskussion. Auf Ihrer Seite wird darüber diskutiert, dass wir Einwanderung sogar brauchen. Sie fordern die Einwanderung qualifizierter Menschen. Gut. Warum soll man dann die qualifizierten Menschen, die schon da sind und sich integriert haben, die perfekt Deutsch sprechen, wieder nach Hause schicken, wenn vielleicht in relativ kurzer Zeit ein Einwanderungsgesetz kommt, das genau diese Menschen zur Einwanderung berechtigen würde?
Im Verfassungsausschuss hat Kollege Kreuzer, wie auch gerade Sie, Herr Kollege Peterke, darauf hingewiesen, dass das Ausländerrecht in Bayern ebenso vollzogen werden muss wie in den anderen 15 Bundesländern.
Das ist zwar richtig, aber Sie liegen falsch, wenn Sie der Auffassung sind, dass Sie das Ausländerrecht genauso auslegen wie die anderen 15 Bundesländer. Ihre Auslegung ist wesentlich restriktiver.
Mit Ihrer Aussage, die bayerische SPD sei mit ihrer speziellen Auffassung isoliert, liegen Sie ebenfalls falsch. Hunderte von Bürgern stehen auf unserer Seite, die sich im Einzelfall für die betroffenen Bürgerkriegsflüchtlinge einsetzen, damit sie ein weiteres Bleiberecht in Deutschland bekommen. Auf unserer Seite stehen Arbeitgeber, die ihre bewährten Mitarbeiter nicht verlieren wollen. Auf unserer Seite stehen die Kirchen, denen humanitäre Überlegungen wichtiger sind als ein stumpfsinniger Gesetzesvollzug. Auf unserer Seite stehen die alten Menschen, die auf die Pflege jener angewiesen sind, die als Bürgerkriegsflüchtlinge zu uns gekommen sind. Auf unserer Seite – hören Sie gut zu! – steht CDU-Innenminister Schäuble von Baden-Württemberg, der die IMKBeschlüsse in Baden-Württemberg mit einem Minimum an Fantasie verantwortungsvoll umzusetzen bereit ist.
Es gibt also keinen Grund dafür, in Bayern weiterhin so restriktiv zu verfahren, vor allem angesichts des Verlaufs der aktuellen Diskussion über eine notwendige Zuwanderung. Meine Damen und Herren von der CSU, auch hier im Bayerischen Landtag ist man schon bereit, darüber nachzudenken. Ich wundere mich, dass Kollege Traublinger nicht da ist; ich hätte ihn gerne gefragt, wo der Dringlichkeitsantrag bleibt, den er angekündigt hat und der ungefähr in unsere Richtung geht. Er hätte unserem Antrag vielleicht zustimmen wollen. Sie betrachten es wohl als etwas ganz Verrücktes, wenn ein Einzelner einem SPD-Antrag zustimmen will. Letztlich zieht er es vor, gar nicht hierher zu kommen.
Obwohl ich vermute, dass es vergeblich sein wird, appelliere ich an Sie, endlich einmal über Ihren Schatten zu springen und wenigstens diesem Antrag zuzustimmen, der kein dauerhaftes Bleiberecht schaffen, sondern lediglich erreichen will, dass die Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Jugoslawien, die dringend benötigt werden, wenigstens noch bis zum Sommer bleiben können.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kobler hat in einem Recht: In den vergangenen Wochen und Monaten gab es derartige Schlagzeilen. Allerdings gibt es diese Schlagzeilen schon seit vielen, vielen Jahren. Die damalige Bundesregierung hat sie nicht zum Anlass genommen, die einschlägigen Gesetze weiter zu entwickeln. Das wurde erst von der neuen Bundesregierung in Angriff genommen. Die Ansätze sind gut. Sie werden den Menschen in den Pflegeheimen helfen.
Was wir den Zeitungen in den letzten Wochen und Monaten zu entnehmen hatten, lässt nur den Schluss zu, dass die Politik die Aufgabe hat, das zu Ende gehende Leben zu schützen. Darauf müssen die entsprechenden Maßnahmen ausgerichtet sein.
Offensichtlich haben Sie, Herr Kollege Kobler, das Heimgesetz nicht richtig gelesen. Sonst würden Sie wohl keinen Dringlichkeitsantrag stellen, in dem Sie beispielsweise unangemeldete Kontrollen fordern. Denn diese Kontrollen sind selbstverständlich auch in Zukunft möglich und geboten. Darauf wird im Entwurf des Heimgesetzes ausdrücklich hingewiesen.
Nicht so im Qualitätssicherungsgesetz. Ich räume ein, dass hier noch Ergänzungsbedarf besteht. Im Heimgesetz sind unangemeldete Kontrollen aber klipp und klar festgeschrieben, und es ermöglicht darüber hinaus, was Sie in ihrem Dringlichkeitsantrag fordern, Arbeitsgemeinschaften aus Heimaufsicht, medizinischem Dienst und anderen Institutionen zu bilden.
Im Übrigen kann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass ihre Ausführungen zur Heimaufsicht scheinheilig waren. Denn wäre Ihnen wirklich daran gelegen, durch regelmäßige, auch unangemeldete Kontrollen etwas zu bewegen,
würden Sie die Heimaufsicht nicht so jämmerlich besetzen, wie es der Fall ist.
In Oberbayern gibt es für 300 Heime nur vier Stellen. Auf Mannjahre umgerechnet, sind es vielleicht sogar noch weniger. Die Stelleninhaber können
nur alle Jubeljahre unangemeldete Kontrollen machen. Kollege Kobler hat kritisiert, im Gesetz sei vorgesehen, dass die Träger bei eigenen Einrichtungen selbst Kontrollen durchführen können. Was machen Sie denn anderes mit der Verlagerung der Heimaufsicht auf die kommunale Ebene?
Wissen Sie, wie viele Oberbürgermeister Vorsitzende von Aufsichtsräten in Heimen, wie viele Landräte Vorsitzende beim Roten Kreuz sind – auch bei der Arbeiterwohlfahrt – und sich dann selbst kontrollieren?
Sie haben eine ganz gefährliche Fehlentwicklung eingeleitet.
In einem Punkt Ihres Dringlichkeitsantrags fordern Sie, die Leistungen der Pflegeversicherung um 5% zu erhöhen. Jeder kleine Gemeinderat, der einen Antrag stellt, muss einen Deckungsvorschlag machen. Sie aber fordern locker und flockig Milliarden Mehrausgaben in der Pflegeversicherung und wissen doch ganz genau, dass die Zeiten der Überschüsse vorbei sind.
Wenn Sie bei Ihrer Forderung bleiben, gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens. Die Pflegeversicherung geht über kurz oder lang Pleite. Das werden auch Sie nicht wollen. Zweitens. Die Beitragssätze müssen erhöht werden. Das hätte wiederum gravierende Auswirkungen auf die Lohnnebenkosten und damit auf den Arbeitsmarkt. Wir erleben doch gerade, dass infolge der Senkung der Lohnnebenkosten die Arbeitslosenquote sinkt und
Arbeitsplätze geschaffen werden. Da können wir die Lohnnebenkosten doch nicht erhöhen wollen.
Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, den Höhepunkt Ihres nun vorliegenden glorreichen Dringlichkeitsantrags findet man unter Nummer 5. Dort sprechen Sie das Subsidiaritätsprinzip an und fordern die Verlagerung bestimmter Kompetenzen auf die Länderebene, so nach dem Motto: Wir auf Länderebene ordnen an, und die anderen sollen zahlen. Nach den Vorschlägen der Staatsregierung, nach ihren einschlägigen Bundesratsinitiativen – ich erinnere nur an den berühmten Drei-Stufen-Plan –, soll jeder zahlen, nur der Freistaat Bayern nicht.
Dabei brauchen wir 6000 zusätzliche Stellen für Pflegekräfte hier vor Ort, nirgendwo sonst. Hier brauchen wir sie. Alle sollen dafür zahlen, nur Bayern nicht. Unter Subsidiarität verstehen wir etwas anderes.
Meine Damen und Herren von der CSU, was Sie da geschaffen haben, diesen Drei-Stufen-Plan, kann man bestenfalls als Rohrkrepierer bezeichnen. Wenn es Ihnen wirklich ernst damit wäre, hier in Bayern die angesprochenen zusätzlichen Stellen zu schaffen, hätten Sie unseren Anträgen zugestimmt, die darauf abzielten, 200 Millionen DM aus dem kommunalen Finanzausgleich zur Schaffung der dringend benötigten Stellen für Pflegekräfte zur Verfügung zu stellen. Das haben Sie aber abgelehnt, meine Damen und Herren von der CSU. Deswegen bezeichne ich Ihre Initiativen in Richtung Bundesrat als scheinheilig. Erledigen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben. Dann kann man immer noch darüber sprechen, was andere Stellen in Deutschland an zusätzlichen finanziellen Leistungen erbringen sollten, um die Situation der Pflegebedürftigen überall in Deutschland zu verbessern.
Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, vor dem Hintergrund können wir Ihren Dringlichkeitsantrag nur ablehnen. Wir haben eine überzeugende Alternative dagegengesetzt. Was das Qualitätssicherungsgesetz angeht – das räume ich gerne ein –, besteht noch Handlungsbedarf. Doch im Rahmen des Heimgesetzes sind die entsprechenden Kontrollen zufriedenstellend geregelt.
Folgen Sie im Bundesrat unseren Vorschlägen. Dann wird sich die Situation verbessern. – Herr Präsident, damit wäre ich am Ende meiner Rede
angelangt. Doch freue ich mich jetzt schon auf die Zwischenfrage.
Herr Kollege Kobler, die Bezirke haben ihre Verpflichtung ernst genommen. Sie haben schon zusätzliche Mittel bereitgestellt. Aber Sie wollen, dass der Freistaat erst als Dritter tätig wird. Erst sollen alle anderen Stellen zahlen. Wenn dann noch Bedarf ist – so stellen Sie es sich vor –, soll der Freistaat zahlen. Aber so haben wir nicht gewettet. Folgen Sie dem Beispiel der bayerischen Bezirke. Dann wird die Situation in den Pflegeheimen besser werden.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, dass die §§ 15 und 20 des Heimgesetzes dem Medizinischen Dienst und der Heimaufsicht alle Möglichkeiten unangemeldeter Kontrollen offen lassen? Wenn das System der Heimaufsicht in Bayern so erfolgreich gewesen wäre, frage ich Sie, warum die Heimaufsicht immer wieder von Skandalen in Pflegeheimen aus der Zeitung erfährt.
Herr Staatssekretär, mit welchen Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung für eine Beseitigung der in Presseberichten geschilderten Zustände im Altenpflegeheim „Magdalenum“ in Germering zu sorgen, nachdem die im Frühjahr 1999 vom Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit angekündigte Aktion, noch 1999 alle rund 1200 bayerischen Altenpflegeheime zu kontrollieren, offensichtlich nicht zu einer Aufdeckung der Zustände im „Magdalenum“, geschweige denn zu deren Beseitigung geführt hat?
Herr Staatssekretär, wurde auch eine Schließung des Heimes in Germering in Erwägung gezogen?
Herr Staatssekretär, bei den diversen Skandalen in den letzten drei Jahren haben wir im konkreten Einzelfall öfter über die Schließung von Heimen diskutiert. Auch die zuständigen Behörden haben entsprechende Überlegungen angestellt. Eine Schließung dieser Heime scheitert oft am Widerstand der Angehörigen, weil es keine Alternativen gibt. Ich frage Sie deshalb, welche Vorsorge Sie für den Fall, dass ein Heim geschlossen werden muss, treffen, damit die Pflegebedürftigen relativ schnell in anderen Heimen untergebracht werden können.
Herr Staatssekretär, Sie haben Ihre ursprüngliche Antwort mit einer politischen Anmerkung beendet. Ich teile Ihre Einschätzung, dass unangemeldete Heimkontrollen weiterhin möglich sein sollten.
Darüber hinaus scheint es mir jedoch nötig zu sein, in ein Qualitätsmanagement die Angehörigen und die Pflegekräfte vor Ort einzubeziehen. Was halten Sie von der Möglichkeit, die Angehörigen unmittelbar am Qualitätsmanagement zu beteiligen?
Herr Staatssekretär, sieht die Staatsregierung nach der Entscheidung, die Opfer verseuchter Blutkonserven in Ostdeutschland zu entschädigen, einen Anlass, auch den bayerischen sowie den Opfern in den anderen westdeutschen Ländern, die durch den Blutskandal der achtziger Jahre mit HIV bzw. HCV infiziert wurden, eine die bisherige Regelung verbessernde angemessene Entschädigung zukommen zu lassen, und welche Möglichkeiten hierfür gibt es nach Ihrer Auffassung?
Der Entschluss, den durch eine Anti-D-Prophylaxe infizierten Frauen in Ostdeutschland finanzielle Hilfen zukommen zu lassen, wurde gefasst, weil die verwendeten Blutprodukte von der zuständigen Stelle in der damaligen DDR freigegeben worden waren, obwohl den Verantwortlichen bekannt war, dass die Präparate HCV-verseucht waren. Ich darf diese Passage wiederholen, weil
es darum auch essenziell geht: obwohl den Verantwortlichen bekannt war, dass die Präparate HCV-verseucht waren.
Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat sich im November 1996 im Übrigen einstimmig gegen finanzielle Hilfen bei durch Blutprodukte verursachten Hepatitis-C-Infektionen ausgesprochen. Nach dem Arzneimittelrecht hat grundsätzlich der pharmazeutische Unternehmer für die Schäden einzustehen, die durch ein von ihm in Verkehr gebrachtes Arzneimittel verursacht werden. Im Falle der in den achtziger Jahren durch Blutprodukte verursachten HIV-Infektionen wurde allerdings eine Ausnahme gemacht. Darauf möchte ich hinweisen. In Anbetracht des Ausmaßes dieser Arzneimittelkatastrophe sahen sich Bund und Länder veranlasst, aus humanitären Gründen den Betroffenen finanzielle Hilfen zukommen zu lassen.
Staatliche Entschädigungszahlungen für durch Blutprodukte HCV-infizierte Personen wurden wegen großer Abgrenzungsprobleme zu sonstigen Infektionsquellen schon in der damaligen Diskussion abgelehnt. Die Übertragungswege der Hepatitis C sind nicht genau geklärt. Außerdem ist der Anteil der HCV-Infizierten in der Bevölkerung relativ hoch, so dass nicht mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie bei HIV-Infektionen davon ausgegangen werden kann, dass ein Blutprodukt die HCV-Infektion verursacht hat und dafür kausal war. Eine Aufstokkung der Entschädigungsleistungen nach dem HIV-Hilfegesetz, das den in den achtziger Jahren durch Blutprodukte mit HIV-infizierten Personen finanzielle Leistungen gewährt, hält deshalb die Staatsregierung auch aus finanziellen Gründen für nicht realisierbar, Herr Kollege Werner.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die erste Zusatzfrage: Herr Werner.
Herr Staatssekretär, die Mittel, die in diesem Entschädigungsfonds, den Sie angesprochen haben, zur Verfügung stehen, gehen allmählich zur Neige. Wahrscheinlich wird der Topf im Jahr 2004 leer sein. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, Menschen, die diesen Zeitraum hoffentlich in großer Zahl überleben werden, auch dann noch zu helfen?
Richtig, wobei rechtliche Grundlage dieses HIV-Hilfegesetz aus dem Jahre 1995 ist. Dieses HIV-Hilfegesetz hat eine klare Regelung. Wir wollen nur diese Ausdehnung aus den von mir erwähnten Gründen nicht vornehmen. Die Gründe sind, glaube ich, Herr Kollege, insofern
auch nachvollziehbar, weil zum einen die Übertragungswege unterschiedlich und wesentlich umfangreicher sind und weil zum anderen der betroffene Bevölkerungsanteil sehr hoch ist.
Wenn die Mittel zur Hilfe für HIV-Infizierte ausgehen, muss man darüber sprechen, wobei das keine unmittelbare Regelung des Freistaates Bayern ist. Dieses Thema ist bisher auch noch nicht aufgetreten. Wenn es auftritt, muss man darüber reden, dass diese Hilfe einer Fortsetzung bedarf.
Aber ich darf noch einmal darum bitten, dass hier zwischen diesen drei Bereichen unterschieden wird; sie sind auch rechtlich unterschiedlich zu beurteilen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Zusatzfragen? – Herr Werner.
Herr Staatssekretär, Sie haben darauf hingewiesen, dass sich die Ansprüche der Betroffenen eigentlich gegen die Erzeuger dieser pharmazeutischen Produkte richten. Sehen Sie da Möglichkeiten, und sei es nur durch moralische Unterstützung in der Öffentlichkeit, die Betroffenen zu unterstützen bei ihren Bemühungen, eine Entschädigung vom pharmazeutischen Hersteller zu erstreiten?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Werner.
Sie haben darauf hingewiesen, dass man, wenn sich die Mittel im Jahre 2004 dem Ende zuneigen, dann darüber noch einmal über die HIV-Fälle reden müsse. Wäre denn die Staatsregierung bereit, sich am Zurverfügungstellen weiterer Mittel für diesen Fonds zu beteiligen?
Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Unterländer ist bedauerlicherweise über die Ausführungen des Kollegen Wahnschaffe enttäuscht. Allerdings ist es nicht die Aufgabe von Rednern
der Opposition, Sie zu befriedigen oder Sie nicht zu enttäuschen. Mit diesem Vorwurf können wir leben. Aber das, was gestern Frau Staatsministerin Stamm vorgelegt hat, enttäuscht die Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und die Pflegekräfte. Dies ist fatal für Menschen, die in das lange angekündigte Konzept eine große Hoffnung gesetzt haben. Das enttäuscht natürlich auch uns, aber das braucht Sie nicht zu beeindrucken.
Meine Damen und Herren, wir haben heute zwischen Kollegen Kobler und Frau Staatsministerin Stamm eine hübsche Arbeitsteilung erlebt. Die Frau Staatsministerin hat darauf hingewiesen, dass Sie im Zusammenhang mit der Entwicklung bei der häuslichen Pflege der Bundesregierung niemals einen Vorwurf gemacht hat.
Das hat zuvor Herr Kollege Kobler getan, aber auf eine, wie man auch im Bayerischen Landtag sagen darf, recht hinterfotzige Art. Herr Kollege Kobler, Sie wissen, dass der Bundesausschuss, in dem ja Ärzte und Krankenkassen vertreten sind, die Entscheidung getroffen hat.
Sie haben vom Bund gesprochen und die rot-grüne Bundesregierung gemeint. Das ist der Bedeutung der Sache nicht angemessen.
Weil wir diese Angelegenheiten für so bedeutend halten, beantrage ich im Namen der SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung über unseren Antrag auf Drucksache 14/2649.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war ein guter Tag im vergangenen Jahr, als der Landespflegeausschuss beschloss, eine Verbesserung des Pflegestellenschlüssels auf 1 : 2,2 zu empfehlen. Das war ein wirklich guter Tag für die Pflegebedürftigen. Dieser Tag hat gezeigt, dass sich bei einer wichtigen Frage durchaus auch die Opposition im Bayerischen Landtag durchsetzen kann.
Die Empfehlung entspricht nämlich genau dem, was wir in den letzten Jahren immer wieder beantragt haben, zuletzt über einen Dringlichkeitsantrag. Wir wollten diese Verbesserung des Pflegestellenschlüssels.
Herr Kollege Unterländer, die CSU-Fraktion hat unsere einschlägigen Anträge abgelehnt.
Es freut uns, dass Sie der Landespflegeausschuss eines Besseren belehrt und sich für die Verbesserung des Pflegestellenschlüssels ausgesprochen hat. Das ist ein großer Erfolg unserer Politik.
Man muss aber hinzufügen: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das ist eine alte Weisheit. So müssen wir die
Frage stellen: Wo soll denn das Geld herkommen? Auch hierzu haben wir, zuletzt im Rahmen der Haushaltsberatungen des vergangenen Jahres, einen Antrag gestellt, den Sie kurzerhand abgelehnt haben, meine Damen und Herren von der CSU.
Zur gleichen Zeit, Ende November vergangenen Jahres, kündigte Frau Staatsministerin Stamm in der Münchner Olympiahalle vor 9000 Menschen an, dass das bayerische Kabinett noch im Dezember eine Initiative zur Bereitstellung von Mitteln aus dem Kommunalen Finanzausgleich verabschieden werde, damit die Empfehlungen des Landespersonalausschusses umgesetzt und neue Stellen geschaffen werden könnten.
Mir klingt es noch im Ohr, als wäre es gestern gewesen. Dann haben wir den Dezember erlebt, aber nichts von einer entsprechenden Initiative der Staatsregierung gehört. „Nun gut“, wird man sich denken, „sie haben eben ein wenig länger gebraucht.“ Zum Jahreswechsel haben Sozialverbände gefordert, den Beschluss des Landespflegeausschusses dadurch umzusetzen, dass mehr Geld bereitgestellt werde. Dies geschah wiederum mit dem Hinweis auf den Kommunalen Finanzausgleich. Daraufhin war aus dem Sozialministerium zu hören, es werde im Januar ein Konzept vorgelegt werden. Nun ist der Januar ins Land gegangen, und wieder war von einem Konzept nichts zu hören, bis es gestern, am 1. Februar, veröffentlicht wurde. Nun gut, wegen dieses einen Tages wollen wir uns nicht streiten.
Aber was ist denn jetzt an Konzept herausgekommen? Dazu muss man sagen: Der Berg kreißte und gebar nicht einmal ein Mäuslein. Alle anderen sollen zuerst etwas tun, bloß die Staatsregierung nicht. Diese wird erst dann tätig werden, wenn alle anderen ihren Beitrag geleistet haben. Als ich in den Bayerischen Landtag gewählt wurde, hätte ich es mir wirklich nicht träumen lassen, dass ich schon so bald ausgerechnet aus dem „Münchner Merkur“ zitieren würde. Aber es ist interessant, wie dort das gestern vorgelegte Konzept bewertet wird: „Blumige Worte, denen sie keine Taten folgen lässt.“ Oder: „Die Chance für eine schnelle Hilfe hat Stamm verpasst“. Ich überlege jetzt, ob ich den „Münchner Merkur“ nicht abonnieren sollte.
Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, auch in der dritten Stufe Ihres Konzepts erschöpfen Sie sich in mehr oder weniger vagen Andeutungen. Dort ist zu lesen, dass sich der Freistaat in angemessenem Umfang beteilige, aber eben nicht, auf welche Weise das geschehen soll. Auch das hat der „Münchner Merkur“ kommentiert. Er sieht voraus, was passieren wird, nämlich „möglichst wenig und wahrscheinlich gar nichts“. So ist dort zu lesen.
Meine Damen und Herren von der CSU, man könnte durchaus über einen Stufenplan zur Verbesserung der Situation der Menschen sprechen, die in den Pflegehei
men betreut werden. Das könnte man, wenn dem vorliegenden Dreistufenplan eine Stufe Null vorangestellt worden wäre, nämlich ein Sofortprogramm nach der Devise: Wir halten die Situation für so ernst, dass wir einen namhaften Betrag zur Verfügung stellen, der sich an dem orientiert, was der Bezirk Oberbayern bereitgestellt hat. Aber davon ist nicht die Rede.
Frau Stamm, ich kann nur unterstreichen, was Sie in einer Ihrer jüngsten Pressemitteilungen geschrieben haben:
Die Sicherheit für unsere älteren Mitmenschen, ihren Lebensabend in Würde verbringen zu können, muss uns auch Mehrausgaben wert sein. Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich in hohem Maße am Umgang mit ihren älteren Mitmenschen.
Ich glaube Ihnen, dass es Ihnen ernst ist. Aber die Glaubwürdigkeit wird etwas unterminiert, wenn diesen hehren Worten keine Taten folgen. Ich formuliere es etwas drastischer: Die Würde der Menschen, die in den Altenpflegeheimen betreut werden, ist mir genauso wichtig wie die Unterstützung der Wirtschaft durch eine Hightech-Offensive.
Deshalb müssen den eben zitierten Worten Taten folgen.
Ich komme jetzt zu einer Bewertung des Stufenplans. Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, ich sage ausdrücklich – das ist jetzt noch etwas ungeschützt, weil in dem Zusammenhang Berliner Gremien zu entscheiden haben werden –: Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man über eine interne Umschichtung innerhalb der Pflegeversicherung von der Stufe I zur Stufe III reden kann. Ich habe es nicht von gestern auf heute prüfen können, ob das möglich ist. Wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich sehr ernsthaft damit auseinander setzen.
Doch, wie bereits gesagt: Es fehlt das entscheidende Signal an die betroffenen Menschen, nämlich eine Stufe Null, also ein Sofortprogramm, die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel, um zumindest einen großen Teil der in den Altenpflegeheimen benötigten 6000 Stellen schaffen zu können.
Noch ein paar Worte zur häuslichen Krankenpflege. Ich kann die Kritik an der Entscheidung des Bundespflegeausschusses nachvollziehen, also des Gremiums, in dem Ärzte und Krankenkassen vertreten sind. Allerdings muss ich hinzufügen: Die Bundesregierung hat gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt.
Da ist etwas in Bewegung gekommen. Ich habe allerdings auch gehört bzw. gelesen, dass die bayerische Sozialministerin angekündigt habe, in dieser Angelegenheit rechtsaufsichtlich tätig zu werden. Frau Stamm, wenn dies zutrifft, sollten Sie uns sagen, inwiefern Sie in
der Zwischenzeit tätig geworden sind und welches Ergebnis das erbracht hat.
Wenn jetzt geklagt wird, dass bestimmte Gruppen nicht mehr in den Genuss der Leistungen der Krankenkassen kommen sollen, muss ich darauf hinweisen: Schon im Vorfeld hätte man sich sehr viel Ärger ersparen können.
Wir hatten doch seinerzeit gefordert, im Ausführungsgesetz so genannte Pflegekonferenzen einzuführen. Meine Damen und Herren, an diese Pflegekonferenzen hätten sich die Betroffenen wenden können, dort hätte man dann nach Wegen suchen können, auf denen das Problem in den Griff zu bekommen ist.
Sie versuchen jetzt sozusagen dieses Problem durch die Hintertür zu bewältigen. Auch das ist der Sache nicht angemessen. Wir haben in unserem Antrag
den Sie jetzt für erledigt betrachten – eine ganze Reihe von konkreten Maßnahmen vorgeschlagen, über die wir Sie bitten,
genauso ernsthaft zu diskutieren wie Sie das von uns verlangen. Ich habe ja den einen oder anderen Punkt aus Ihrem Konzept genannt, über den wir ernsthaft zu diskutieren bereit sind. Wir müssen noch in diesem Jahr dafür sorgen, dass zusätzliche Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich bereitgestellt werden, um einen Großteil der 6000 benötigten Stellen schaffen zu können. Das muss aus dem kommunalen Finanzausgleich geschehen.
Selbstverständlich müssen wir – darüber werden wir uns auch morgen im Sozialpolitischen Ausschuss unterhalten – dafür sorgen, dass die Fachkraftquote eingehalten wird. Wir brauchen ein besseres Weiterbildungskonzept für das Personal. Neben den Pflegekonferenzen, die ich schon angesprochen habe, brauchen wir auch Beschwerdestellen für Menschen, die Probleme haben, sich zu artikulieren, Gesprächspartner zu finden, jemand zu finden, der ihre Probleme aufgreift, der sie ernst nimmt. Deswegen ist auch ein Bestandteil unseres Konzeptes, Beschwerdestellen einzurichten, an die sich die Betroffenen wenden können.
Ich bitte heute um Zustimmung zu unserem Konzept und fordere Sie auf, darüber genauso ernsthaft nachzudenken und zu diskutieren, wie Sie das von uns verlangen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/2644 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/2657 – das ist der nachgezogene Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Nun kommen wir zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/2649 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Über ihn soll namentlich abgestimmt werden. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der CSU-Seite im Bereich der Eingangstüren aufgestellt; die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.
Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen. Wir fahren zwischenzeitlich mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge fort.
Ich rufe auf:
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Maget, Hoderlein und Fraktion (SPD)
Anzeigen von Firmen mit Staatsbeteiligungen in Parteiorganen (Drucksache 14/2645)
Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Hoderlein.