Michael Aggelidis
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Novellierung des Landesplanungsrechts für Nordrhein-Westfalen steht an. Es ist durchaus angebracht, SPD und Grüne an ihre Ankündigung zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass die Zuordnung der Zuständigkeit für dieses Vorhaben zur Staatskanzlei zeigt, wie viel Gewicht die Regierung Hannelore Kraft dieser Novelle beimisst.
Ebenso in Ordnung finde ich, dass die Oppositionsparteien ihre Vorstellungen einbringen, diese Novelle zu gestalten. Aber da unterscheiden sich die Vorstellungen der Linken natürlich ganz erheblich von denen der CDU, werte Kolleginnen und Kollegen.
Ein besonderes sinnfälliges Beispiel dafür finden Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Beschlussteil des CDU-Antrags unter Punkt 8, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, die Novelle so zu gestalten – ich zitiere das mit Erlaubnis des Präsidenten –, dass der „Abbau der Braunkohle, als einziger wettbewerbsfähiger heimischer Energieträger, im Rahmen der bestehenden Genehmigungen im jetzigen Umfang möglich bleibt“.
Daran, meine Damen und Herren, sehen wir wieder die ganze Doppelbödigkeit dieses CDU-Antrags: Vorher wird in epischer Breite auf die erneuerbaren Energien und die dafür notwendigen planungsrechtlichen Voraussetzungen Bezug genommen, dann wird die Katze aus dem Sack gelassen.
Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, was wollen Sie denn nun? Wollen Sie die erneuerbaren Energien, wollen Sie die Energiewende? Oder wollen Sie das Festhalten an einer überkommenen
Energiepolitik, die unser Klima weiter in die Katastrophe treibt? Das ist die entscheidende Frage, die Sie werden beantworten müssen.
Wir Linken sehen das ganz anders. Wir sind strikt gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke und ganz besonders gegen den Bau neuer Braunkohlekraftwerke. Wir wollen nicht, dass der Braunkohletagebau und die Kohleverstromung auf dem gegenwärtigen Niveau gehalten werden.
Wir Linken fordern den raschen Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien und das radikale Einsparen von Energie. Da geht es nicht, wie die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der Kollege Ellerbrock es eben dargestellt haben, um die Wettbewerbsfähigkeit, sondern ausschließlich um die ökologische und soziale Zukunftsfähigkeit unserer Energieproduktion und auch unserer Lebensweise.
Es geht nicht darum, ob wir andere niederkonkurrieren können, sondern darum, ob wir es schaffen, in Solidarität und ökologischer Verantwortlichkeit die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Und da haben – mit Verlaub – CO2Drecksschleudern keinen Platz.
Die fossile Energieerzeugung muss überwunden werden, und das so schnell wie möglich.
Unter Punkt 4 im Beschlussteil ihres Antrags fordert die CDU, den Netzausbau auf Landesebene sicherzustellen. – Wunderbar! Sehr schön! Nur, mit welchen Instrumenten wollen Sie das sichergestellt haben, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU?
Als wir Linken noch vor Kurzem an dieser Stelle gesagt haben, dass die – inzwischen damalige – RWE-Netztochter Amprion in Landeseigentum gehöre, waren Sie dagegen. Da hätten Sie ein Instrument der öffentlichen Hand für den Netzausbau in die Hand bekommen können. Aber Sie und leider auch die Fraktionen von SPD und Grünen haben billigend in Kauf genommen, dass ein privater Investor Amprion kauft – ein Investor, dem es naturgemäß nicht um die Zukunftsfähigkeit, sondern ausschließlich um den Profit geht.
Auch E.ON wird nicht vergesellschaftet. Damit nimmt man Exportorientierung und Arbeitsplatzabbau in Kauf. So kann eine lebenswerte Zukunft nicht gestaltet werden.
Wir haben andere Kriterien als Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Das Problem ist nicht, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen zu wenig Industrie- und Gewerbeflächen haben. Vielmehr stellt sich die Frage, welche Art von Industrie, welche Art von Gewerbe zur Zukunftsfähigkeit beitra
gen. Darüber muss politisch entschieden werden und nicht kommerziell. Dafür muss die öffentliche Hand, dafür muss das Land eine aktive und lenkende Rolle spielen.
Ein ganz wichtiges Ziel ist die Gleichheit der Lebensverhältnisse. Wir müssen der Tendenz entgegenwirken, dass die Unterschiede in der Lebensqualität zunehmen und nicht abnehmen.
Ich möchte auch anmerken, dass nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland dieses Verfassungsziel mit Blick auf die Abwicklung der DDR-Industrie und deren absehbare Folgen absichtlich und erheblich abgeschwächt wurde. Deshalb ist im Grundgesetz heute nur noch von gleichwertigen und nicht mehr von einheitlichen Lebensverhältnissen die Rede. Das ist juristisch ein großer Unterschied.
Wir brauchen eine Zukunftsplanung, die auf die Verkürzung der täglich aufgezwungenen Wege abzielt. In dieser Hinsicht müsste unser Planungsrecht novelliert werden. Das erfordert einen radikalen Umbau unserer Industriegesellschaft. Leben, Arbeiten, Versorgung, Freizeit und Kultur müssen allen Menschen zugänglich sein. Sie dürfen nicht gezwungen sein, jeden Tag Dutzende oder sogar Hunderte von Kilometern zurückzulegen – am schlimmsten noch mit dem Pkw. Nur das ist ökologisch und sozial zukunftsfähig. Und das erfordert ein umfangreiches Zukunftsinvestitionsprogramm.
Aber davon sind Sie alle, meine Damen und Herren von CDU und FDP, von SPD und Grünen, leider meilenwert entfernt. Sie stecken das Geld der Steuermehreinnahmen lieber in die Haushaltskonsolidierung. Ich finde das fatal. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wer auf der Homepage unseres Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
nachsieht, stößt auf eine Aussage des Umweltschutzministers Remmel von der Landesregierung, die ich – mit Ihrer Erlaubnis – gerne zitieren möchte: Die beschleunigte Energiewende braucht neue Speicherkapazitäten, und Pumpspeicherkraftwerke bieten Lösungen.
Diese Aussage des Ministers Remmel auf seiner Klimaschutztour scheint darauf hinzudeuten, dass die CDU-Fraktion zumindest bei ihm und der Landesregierung in dieser Frage offene Türen einrennt. In der Stellungnahme des Ministeriums wird zum Beispiel Stefan Prott vom Büro für Wasserkraft der EnergieAgentur NRW mit den Worten zitiert:
Pumpspeicherkraftwerke sind, verglichen mit anderen Speicherlösungen, etablierte Technik, verfügen über einen hohen Wirkungsrad und eine perspektivische Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus sind sie technisch ausgereift und seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt.
Nein wirklich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mir scheint, dass Sie dem Ministerium hier nichts Neues erzählen. Rege und muntere Opposition sieht anders aus, und da sind wohl eher mal wieder die Linken gefragt.
Ich muss sagen: Ich teile nicht die Vision, die aus dem CDU-Antrag sichtbar wird. Nein, es ist nicht das wirkliche Problem, dass es angeblich gewaltige Genehmigungshürden abzubauen gelte. Wenn ich so etwas höre, bekomme ich eher schon wieder Angst und Sorge; denn Pumpspeicherkraftwerke sind selbstverständlich auch immer höchst problematische Eingriffe in die Natur. Da würde ich eher dreimal als nur einmal prüfen und die Folgen abschätzen lassen, bevor ich so etwas bauen lasse – besonders, wenn es sich um ein großes Pumpspeicherkraftwerk handelt.
Ich möchte überhaupt nicht, dass es so läuft, wie es immer laufen soll, wenn es nach Ihnen ginge, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von den kapitalfreundlichen Parteien. Gegenüber Investoren lassen Sie ökologisch fünfe gerade sein, und „nach uns die Sintflut“. Das machen wir Linken nicht mit.
Wohlgemerkt: Pumpspeicherkraftwerke zur Aufnahme zeitweiser Überangebote an elektrischer Leistung sind ein Baustein, aber eben nur ein kleiner Baustein für die notwendige Energiewende. Das hat verschiedene Gründe. Wir haben in NRW weder die norwegischen Fjorde noch die Alpen. Die Nutzung der Höhenunterschiede ist möglich, aber in Grenzen, vor allem dann, wenn der Naturschutz nicht auf der Strecke bleiben soll.
Vor allem aber kommt es darauf an – das wird leider immer wieder vernachlässigt –, Energie einzusparen und unsere Industriegesellschaft so umzubauen, dass sehr viel dezentraler produziert und konsumiert wird. Energie eingespart wird vor allem auch – das habe ich Ihnen heute Morgen schon gesagt – durch die massive Verkürzung der täglich notwendigen Wege.
Aber auch bei der Produktion von Energie ist es völlig falsch, auf gigantische, zentrale Kraftwerke und Anlagen zu setzen. Vielmehr müssen wir auf eine möglichst dezentrale Energieproduktion
und -verteilung auf Grundlage erneuerbarer Energien setzen. Das bedeutet, dass auch keine riesigen Speicheranlagen notwendig sind. Zugleich sind dezentrale Kraftwerke und Anlagen zum Beispiel auf kommunaler Ebene sehr viel leichter demokratisch zu kontrollieren und zu verwalten. So kann die Energiewirtschaft dem Zugriff der Oligopolisten entzogen werden, ohne sie im Gegenzug staatlichbürokratischen Monsterapparaten auszuliefern, wie wir das aus der Geschichte kennen.
Unser Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger – leider ist er heute nicht anwesend, um sich dieses wichtige Thema anzuhören – hatte unlängst zu einem Vortrag zum Thema „Energiewende“ eingeladen. Besonders beeindruckend fand ich dort den Vortrag von Ernst Ulrich von Weizsäcker. Sie können das, meine sehr verehrten Damen und Herren,
nachvollziehen, wenn Sie möchten; denn die Vortragsfolien des Herrn von Weizsäcker finden sich im Internet unter seinem Namen.
Zukunft haben seiner Meinung nach intelligente Formen der energetischen Vernetzung. Zukunft hat eine Gesellschaft, die 65 % weniger Energie verbraucht als heute, 30 % weniger CO2 ausstößt und nur auf 5 % des heutigen Wohlstands verzichtet – wobei ich persönlich allerdings vorschlagen würde, dass wir uns die fehlenden 5 % von den oberen 100.000 in diesem Land holen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich mit einer versöhnlichen Note schließen. Zu loben ist, dass die CDU mit ihrem Antrag nun doch Verständnis für eine aktive und innovative Industriepolitik demonstriert. Die RAG Montan Immobilien prüft bereits Flächen – Kollegin Brems hat eben darauf zu Recht hingewiesen – auf ihre Eignung für solche Anlagen wie Pumpspeicherwerke. Vielleicht wäre es gar nicht verkehrt, wenn die CDU in Zukunft anders als in der Vergangenheit darauf verzichten würde, eine perspektivische Ausrichtung der RAG auf zukunftsträchtige Industriepolitik, so wie wir Linken es auch unterstützen, im Sinne der notwendigen Energiewende zu verteufeln. – Vielen Dank.
Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Gefahr der atomaren Verseuchung Deutschlands und Europas besteht fort. Die breite Ablehnung der Atomenergie in der Bevölkerung nach der Katastrophe von Fukushima hat zwar zu einem Allparteienkonsens für den Atomausstieg geführt, und auch die CDU/FDP-Regierung hat bekanntlich die Laufzeitverlängerung für die AKWs zurückgenommen und den Ausstieg beschlossen. Da dieser Ausstieg aber im Interesse der großen Energiekonzerne bis zum Jahr 2022 gestreckt ist, ist diese Gefahr noch lange nicht gebannt.
Auch SPD und Grüne tragen politische Mitverantwortung dafür, dass weitere zehn Jahre atomarer Müll produziert wird. Dieser wird jetzt durch die Republik und auch durch Nordrhein-Westfalen gefahren.
Wir Linken fordern die Landesregierung in diesem Haus nicht zum ersten Mal auf, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diese nach unserer Meinung unverantwortlichen Transporte zu verhindern.
Dies allein schon deshalb, weil der Katastrophenschutz absolut nicht auf die schlimmsten möglichen Unfälle vorbereitet ist. Ich hatte vor einiger Zeit an dieser Stelle Gelegenheit, den Innenminister dazu zu befragen. Aber eine befriedigende Antwort steht bis zum heutigen Tage aus.
Auch aus polizeilicher Sicht ist ein störungsfreier Ablauf der Transporte beim Ausmaß der zu erwartenden Proteste absolut nicht gewährleistet. Es ist nicht immer möglich, dass man vor Gericht mit allem durchdringt, auch wenn man stichhaltig argumentiert. Aber auch in diesem Falle bliebe genug zu tun.
Viele Bürgerinnen und Bürger werden sich auch diesmal querstellen – mit Demonstrationen und vielfältigen Formen des zivilen Widerstandes. An die Adresse unserer Law-and-order-Freunde von den bürgerlichen Parteien gerichtet sei daran erinnert: Friedliche Sitzblockaden gelten als Wahrnehmung des Rechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des Grundgesetzes.
Die Regierung muss, um ihrer Verantwortung für Leben und Gesundheit der Bevölkerung nachzukommen, möglichst früh über die Routen informieren und Menschen ermutigen, gegen die Atomtransporte zu protestieren und aktiv zu werden.
Während sich bei uns in Nordrhein-Westfalen die Landesvorsitzenden der Grünen, Monika Düker und Sven Lehmann, bloß beim Bundesumweltminister und CDU-Landeschef Norbert Röttgen brieflich beschweren und es dabei unterlassen, die SPD/Grüne-Landesregierung an ihre Verantwortung für Leben und Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger von Nordrhein-Westfalen zu erinnern, hat sich in Bremen gezeigt, dass es auch ganz anders geht.
Die Bürgerschaft in Bremen hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken das Hafenbetriebsgesetz so geändert, dass der Umschlag von nuklearen Brennstoffen in Bremerhaven nicht mehr erlaubt ist. Vergeblich hatte das Bundesumweltministerium versucht, die Bremer Bürgerschaft mit der Behauptung, das verstoße gegen Bundesrecht und europäisches Recht, von ihrem konsequenten Anti-CastorKurs abzubringen. Der Beschluss in der Bremer Bürgerschaft wurde mit einer Zweidrittelmehrheit gefasst.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen sollte diesen Beschluss begrüßen
und alle Städte und Gemeinden mit Hafenanlagen dazu auffordern, diesem Bremer Beispiel zu folgen. Das bedeutet, diese Anlagen ausdrücklich auf Nachhaltigkeit und auf erneuerbare Energien festzulegen und den Umschlag von Kernbrennstoffen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Atomgesetzes zu untersagen.
Natürlich gibt es auch auf Bundesebene einiges zu ändern. Die Landesregierung sollte vom Landtag dazu aufgefordert werden, entsprechende Initiativen im Bundesrat voranzubringen.
Dazu gehört Transparenz. Dazu gehört, dass endlich alle den Atomtransport betreffenden Richtlinien und Verwaltungsvorschriften öffentlich werden.
Weiter muss das Atomrecht mit dem Ziel geändert werden, dass die betroffenen Bundesländer wesentlich mehr zu sagen haben. Sie müssen maßgeblich darauf Einfluss nehmen können, ob Kernbrennstoffe und anderer atomarer Müll transportiert werden dürfen oder nicht.
Außerdem müssen die Kosten für derartige Transporte, wenn sie denn schon nicht verhindert werden können, von den Verursachern, das heißt, von den Auftraggebern der Transporte getragen werden und nicht von den Steuerzahlern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich appelliere an Ihr Verantwortungsbewusstsein. Lassen Sie uns alle gemeinsam gegen diese unverantwortlichen Atomtransporte zu Felde ziehen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Motiv, das die CDUFraktion in ihrem Antrag angibt, stimme ich hundertprozentig überein, ja sogar hundertfünfzigprozentig, wenn das mathematisch möglich wäre. Dort steht – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Für den Landtag hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität.“
Ja, die Sicherheit der Menschen in NordrheinWestfalen, ihr Überleben, ihre Unversehrtheit, ihre Gesundheit müssen erste Priorität genießen.
Ich frage Sie allerdings, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, warum Sie dann nicht mit uns Linken gemeinsam gegen die unverantwortlichen und für Leben und Gesundheit so gefährlichen Atommülltransporte angehen und dementsprechend für unseren Antrag stimmen, die Castortransporte zu stoppen. Warum gehen Sie nicht mit uns gemeinsam gegen die weitere Produktion von Atommüll und gegen atomare Anlagen in unserem Bundesland wie etwa die Urananreicherungsanlage in Gronau an?
Irgendetwas stimmt da nicht. Sie sind nicht wirklich kohärent in Ihren Positionen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU.
Ich teile ein Anliegen, das in Ihrem Antrag zum Ausdruck kommt. Sie wünschen Klarheit darüber, was es mit den Brennelementekugeln im Forschungszentrum Jülich auf sich hat, wenn die Genehmigung für die Lagerung im Juni 2013 ausläuft. Das ist ein legitimes Anliegen. Auch ich halte es in der Tat für wichtig, dass die Landesregierung hier ein Maximum an Klarheit schafft.
Wir Linken sind gegen Atomtransporte, also logischerweise dafür, dass atomarer Müll in sicherheitstechnisch verantwortbaren Zwischenlagern verbleibt. Darum schließen wir uns dem im CDUAntrag ausgedrückten Anliegen an, dass die Landesregierung in dieser Hinsicht größtmögliche Klarheit schafft.
Dennoch können wir Ihren Antrag, wie Sie sich leicht denken können, nicht unterstützen. Wir werden im weiteren Verlauf gegen ihn stimmen, denn er zielt darauf ab – das ist nicht das erste Mal –, dass Sie von der Verantwortung der Bundesebene mit viel Theatralik, Herr Kollege Lienenkämper, aber mit wenig Substanz ablenken wollen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der CDU: Wer hat denn angesichts der Mehrheitsverhältnisse bei den Eignern den meisten Einfluss in Jülich? Ist das nicht die Bundesebene? Sie wollen mit Ihrem Antrag die Hauptverantwortung auf die Landesebene abschieben. Diesen Klamauk machen wir Linken nicht mit. Dieses Schwarze-PeterSpiel spielen wir nicht mit.
Darum geht es – es ist kaum kaschiert im Beschlussteil Ihres Antragstextes –: Es geht ums Geld. Die Landesregierung, so sagen Sie, soll die Bereitschaft erklären, dass das Land NRW die zusätzlichen Kosten für Bau und Betrieb übernimmt.
Ausnahmsweise scheint es Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, einmal nicht darum zu gehen, dass das Land NRW möglichst viel Geld einspart.
Normalerweise könnte man doch sagen: Die Bundesregierung aus CDU und FDP trägt die Hauptverantwortung dafür, dass weiter über Jahre hinweg Atommüll produziert wird, und das Versagen bei der Suche nach einem geeigneten Endlager verantwortet in erster Linie die Bundesregierung.
Wäre es denn dann nicht gerechter, so fragen wir, wenn der Bund die Kosten für ein neues Zwischenlager übernimmt? Diese Frage zu beantworten, haben Sie leider versäumt. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle müssen uns fragen und fragen lassen, auf wen, auf welche gesellschaftlichen Kräfte wir uns beziehen. CDU und FDP motivieren beide die Beantragung dieser Aktuellen
Stunde mit öffentlichen Verlautbarungen führender Handelsunternehmen, mit den Erklärungen der Kaufhof-, Real- und Rewe-Chefs. Diese feinen Herren singen das Hohelied der Deregulierung und maßen sich an, im Namen der Konsumentinnen und Konsumenten zu sprechen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, machen sich einmal mehr zum Sprachrohr der Chefs, zum Sprachrohr der Bosse, zum Sprachrohr des Kapitals.
Wir Linken beziehen uns auf die Interessen der abhängig Beschäftigten, auf die Gewerkschaften – die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, den DGB – und auch auf die Katholische Arbeitnehmerschaft, was die CDU sicherlich ein wenig schmerzt.
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie die Kirchen und die Allianz für einen freien Sonntag dazunehmen, dann haben Sie schon eine ganz schön breite Einheitsfront gegen sich, gegen die totale Deregulierung, die Sie im Jahr 2006 zusammen mit der FDP durchgesetzt hatten. Sie sollten vielleicht langsam das Lager wechseln und der FDP das zweifelhafte Vergnügen überlassen, für einen winzigen Teil der Bevölkerung zu sprechen. Der Kollege Brockes hat das eben demonstriert, als er gesagt hat, durch das Ladenöffnungsgesetz gäbe es zum Beispiel im familiären Bereich keine Einschränkungen.
Sie könnten mit der FDP brechen und sich zusammen mit der christlichen Arbeitnehmerschaft der eben genannten Einheitsfront anschließen und sie damit zur Volksfront machen.
Gut, Leo Trotzki war zu Lebzeiten gegen Volksfrontpolitik, aber das kann für Sie ja kein Grund sein, meinen Vorschlag abzulehnen. Sie riskieren nämlich sonst den Bruch in den eigenen Reihen. Wollen Sie uns hier nicht vortragen, was die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft, was die CDU-Sozialausschüsse zu den Ladenöffnungszeiten sagen? Halten Sie es vielleicht nicht für opportun, das einmal zu referieren? Dann will ich ein wenig nachhelfen. Der Landeschef der CDA im Saarland, Ulrich, hat jedenfalls seine Solidarität mit der Allianz für einen freien Sonntag erklärt. Er hat gesagt – ich habe das aus dem Internet und zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Die CDA hat immer wieder betont, dass eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten keinen Sinn mache. Lediglich kleinere und inhabergeführte Geschäfte werden durch den Konkurrenzdruck der Großen noch weiter ins Hintertreffen geraten.“
Die CDA fährt fort:
„Eine wohnortnahe Versorgung wird durch die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten gefährdet.“
Genau diesen Konkurrenzdruck der Großen gegen die Kleinen wollen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, weiter befördern. Sie haben doch „normale“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerade nicht in Ihrer Wählerschaft, sondern nur in Ihrer Mitgliedschaft. Passen Sie auf, dass Ihnen diese nicht eines Tages abhandenkommen, weil sie merken, dass die CDU doch nur Politik für die Großen und gegen die Kleinen macht.
Wenn es so weit kommt, dann denken Sie an meine Worte.
Die Katholische Arbeitnehmerschaft mit ihrer Meinung zu den Ladenöffnungszeiten hatte ich Ihnen in diesem Haus schon einmal zitiert. Ich erlaube mir, das noch einmal zu tun, bis es Ihnen in den Ohren klingelt:
Eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nützt nur einer kleinen Gruppe von Multis, für die Angestellten bringt sie aber eine weitere Verschlechterung ihrer Lebensqualität.
Auf der Strecke bleiben neben den kleinen Nahversorgern die Konsumentinnen und Konsumenten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Auch für viele Konsumentinnen und Konsumenten ist die Deregulierung schlecht. Das ist in der gesellschaftlichen Wirklichkeit etwas ganz anderes als das, was man in der Boulevardpresse immer in irgendwelchen Kurzinterviews liest, wo irgendwelche Leute etwas zum Besten geben, wie toll es doch wäre, rund um die Uhr einkaufen zu gehen. Wer so spricht, denkt nicht an den Lebenszusammenhang insgesamt. Dafür hatte ich Ihnen bei anderer Gelegenheit schon einige Beispiele genannt.
Ich sage jetzt verkürzt: die Diktatur der Supermärkte auf der grünen Wiese und die Diktatur der Profitabilität. Wenn in einem ersten Anlauf die großen Supermarktketten sehr lange Öffnungszeiten anbieten und die kleineren Konkurrenten verdrängen, dann entscheiden sie in einem zweiten Schritt ganz souverän, wann es sich lohnt, zu öffnen und wann nicht. Sie werden ihr Geschäft keine unprofitable Stunde, ja nicht einmal eine Minute länger offen halten.
Die Konsumentinnen und Konsumenten sind nur scheinbar freier. In Wirklichkeit sind sie abhängig, wie es der unvergessene Kabarettist Hanns Dieter Hüsch einmal ausgedrückt hat: Sie sind in der Hand von Kaufleuten, die in der Hand von Kaufleuten sind, die wiederum in der Hand von Kaufleuten sind. – Mit der größeren Freiheit der Konsumentin
nen und Konsumenten ist es also nichts. Deregulierung heißt Wegnahme von Schutz in der Arbeitswelt wie in den anderen Lebenssphären, und das bedingt einander. Lassen Sie also die Kampfparole von der Freiheit der Konsumentinnen und Konsumenten endlich in der Mottenkiste, wo sie hingehört, und werden sie sachlich.
Sprechen wir dann lieber einmal über die Ergebnisse der Evaluation. Zwar stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der deregulierten Zeit von 2006 bis 2010 um 13.000, doch nahm auch die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um 7.000 und die der geringfügig Beschäftigten sogar um 12.000 zu.
10.000 dieser Jobs sind nach Angaben der Arbeitsmarktstatistik lediglich als Nebenjobs zu qualifizieren. Die Deregulierung der Ladenöffnungszeiten hat bestehende Trends zu prekären Beschäftigungsverhältnissen verstärkt. Tarifgebundene Konzerne wie Rewe und Edeka verstoßen bei Minijobbern penetrant und notorisch gegen Gesetz und Tarifvertrag. Das ist skandalös.
Die Konzentration im Einzelhandel hat deutlich zugenommen. Die sogenannte größere Freiheit führt in Wahrheit zu weniger Wettbewerb und nicht etwa zu mehr Wettbewerb. Bei diesem Spiel zahlen am Ende die Konsumentinnen und Konsumenten die Zeche.
Wie Sie, meine Damen und Herren von den bürgerlichen Parteien, bei einer so negativen, bei einer so schwarzen Bilanz bei Ihrer Befürwortung der totalen Liberalisierung bleiben können, kann ich mir nur mit Ihrer Rolle als Erfüllungsgehilfen von Kapitalinteressen erklären. Belehren Sie mich eines Besseren! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei dem, was Kollege Papke hier zelebriert hat – die Touristen, die vor verschlossenen Läden stehen –, kommen einem ja wirklich die Tränen. Ich bin ganz gerührt, Herr Kollege Papke, aber ich werde Ihnen gleich einige Dinge schildern, die wirklich erschütternd sind, aber die Sie wahrscheinlich nicht hören wollen.
Wir Linken fordern die Rücknahme der Deregulierung. Wir fordern, dass die Öffnungszeiten im Einzelhandel wieder reguliert werden. Wir hoffen, dass zumindest SPD und Grüne uns auf diesem Weg folgen werden, denn das entspricht den Ergebnissen der Evaluation.
Zwischen 2007 und 2009 sind die preisbereinigten Einzelhandelsumsätze trotz freigegebener und verlängerter Öffnungszeiten nämlich in Wahrheit gesunken. Die Konsumneigung ist bei stagnierenden oder gar rückläufigen Reallöhnen durch das Schlaraffenlandmärchen vom Konsum rund um die Uhr nicht gesteigert worden. Das überrascht auch überhaupt nicht, denn jeder Euro kann ja auch nur einmal ausgegeben werden; darauf ist eben bereits mehrfach hingewiesen worden.
Die Totalliberalisierung hat auch das Lohndumping verstärkt. Laut ver.di arbeiten inzwischen 12 % der Beschäftigten im Einzelhandel für weniger als 5 € die Stunde! Ich wiederhole: Für weniger als 5 € die Stunde!
Das ruft mittlerweile auch die Staatsanwaltschaften und die Polizei auf den Plan. Die haben in den letzten Tagen nämlich Razzien bei großen Ketten durchgeführt. Von diesen waren auch die Namen, die hier eben gefallen sind, betroffen, weil sie über Subunternehmer Werkverträge und alte Arbeitsverträge ausgehebelt haben.
So wird das Lohndumping weiter verschärft. Das ist der eigentliche Skandal in diesem Land, nicht aber die Frage, ob irgendwelche Leute nach 21 oder 22 Uhr nicht mehr einkaufen können. Das, werte Kolleginnen und Kollegen, ist aus meiner Sicht der springende Punkt.
Umso mehr Sorge bereitet mir der Umstand, dass sich SPD und Grüne diesbezüglich in keinerlei Richtung festlegen. Das bereitet mir wirklich große Sorge. Herr Kollege Eiskirch, Sie haben eben einiges dazu gesagt. Sie haben sich zu vielen Dingen geäußert, aber keine Uhrzeit genannt. – Ich sehe Sie gerade nicht.
Jetzt sehe ich Sie; Sie haben mir gewunken; aber das macht Ihre Rede auch nicht aufschlussreicher. – Die Beschäftigten im Einzelhandel drängen allerdings auf feste Uhrzeiten.
Auch Herr Minister Voigtsberger hat sich hier bedeckt gehalten und gibt keine Richtung vor. Ich mache mir also große Sorge, dass die SPD nur ein Minireförmchen will, und ich denke, das dürfen wir Linken nicht zulassen.
Wir haben bereits im Februar letzten Jahres den Antrag für ein neues Ladenschlussgesetz und arbeitsfreie Sonn- und Feiertage eingebracht. Wir fordern nicht nur verkaufsfreie Sonn- und Feiertage,
sondern wir fordern vor allen Dingen Öffnungszeiten von 7 bis 20 Uhr von Montag bis Freitag. Und wenn Sie das zu radikal finden, dann sei Ihnen Folgendes in Erinnerung gerufen: Früher galten Öffnungszeiten bis 18:30 Uhr, und auch damals ist das Abendland nicht untergegangen.
In einem Punkt gehen wir allerdings noch weiter als die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Ein SPDKollege und Minister hat uns Ende 2011 im Plenarsaal gemahnt, es müsse immer eine Vorhut geben. Sehr richtig!
Wir Linken fordern, dass die Öffnungszeit samstags auf 7 bis 16 Uhr beschränkt wird. Und Sie können gewiss sein, werte Kolleginnen und Kollegen gerade von der SPD: Eine substanzlose Minireform mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr werktags machen wir Linken nicht mit. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beziehen uns in unserem mit SPD und Grünen gemeinsam gestellten Antrag gegen den Bau des Atomkraftwerks Borssele 2 in den Niederlanden, keine 200 km von der Grenze zu Deutschland entfernt, auf den parteiübergreifenden Atomausstiegkonsens von 2011.
Wie weit trägt dieser Konsens? – Bislang reicht er offenbar nicht dazu aus, konsequent gegen die Anlagen hier in Nordrhein-Westfalen vorzugehen und gegen die zum Beispiel zur atomaren Produktionskette gehörende Urananreicherungsanlage in Gronau oder gegen die unverantwortlichen Castortransporte von Atommüll zu mobilisieren. Hoffentlich reicht der genannte Konsens wenigstens dafür aus, sich gemeinsam mit allen Fraktionen dieses Hauses gegen den geplanten Bau eines Atomkraftwerks im nahen Ausland auszusprechen – ein Atomkraftwerk, das bei einem Unfall oder bei einer extremen Wetterlage zur lebensbedrohlichen Gefahr insbesondere für die Menschen im dicht besiedelten Ruhrgebiet werden kann.
Nun hat der Stromkonzern Delta mitgeteilt, dass er den geplanten Bau des Atomkraftwerks Borssele 2 für drei Jahre aussetzt. Das begrüßen wir zwar ausdrücklich, obwohl die Sprecher von Delta zur Begründung alles Mögliche anführen, nur nicht das ökologische Verantwortungsbewusstsein. Sie verweisen auf die derzeit niedrigen Energiepreise – das ist für uns Linke allerdings schwer nachzuvollziehen –, auf Unsicherheiten in Sachen „Zukunft“ des Emissionshandels in der EU, auf die aktuelle Finanzkrise, die ein ungünstiges Investitionsklima befördere, und außerdem auf die Überkapazitäten der Stromproduktion, die durch die Rezession noch gestiegen seien.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde mir das alles merken und bei passender Gelegenheit meine Schlüsse daraus ziehen.
Klar ist aber auch: Mit dem Aussetzungsbeschluss von Delta ist das Thema „Borssele 2“ für uns nicht vom Tisch. Außer Borssele 1 gibt es in den Niederlanden bislang kein weiteres AKW. Dabei muss es auch bleiben. Die Forderung unseres gemeinsamen Antrags, dass sich die Bundesregierung gegenüber der Regierung der Niederlande für einen grundsätzlichen Verzicht auf den Bau von Borssele 2 und überhaupt auf den Bau neuer Atomkraftwerke starkmacht, bleibt bestehen.
Ich persönlich und die Linke als Fraktion gehen noch einen Schritt weiter. Wir sind für das Abschalten aller noch laufenden Atomkraftwerke in
Deutschland wie in den Niederlanden, in Europa und der ganzen Welt.
Die wirkliche und entscheidende Lehre aus
Tschernobyl und Fukushima ist: vollständiger Ausstieg aus dem atomaren Wahnsinn – jetzt. Wir Linken haben nicht auf die Katstrophe von Fukushima gewartet, um diese Lehre zu ziehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie erinnern sich: Wir Linken haben in diesem Haus seinerzeit den Antrag gestellt, für Amprion, die damalige Netztochter von RWE, ein Kaufangebot des Landes zu entwickeln oder das wenigstens zu prüfen. Dieser unser bescheidener Vorschlag ist von Ihnen in den Wind geschlagen worden. Das Land hat seine Chance verstreichen lassen. Die RWE-Tochter ist deshalb jetzt in den Händen eines privaten Finanzinvestors. Das RWE hält noch etwas über 25 %. Sein Ferngasnetz hat RWE schon 2010 an eine Investmentbank verkauft.
Die Landesregierung ist aufgefordert, darzulegen, was eigentlich gegen die Überführung des E.ONFerngasnetzes in Landeseigentum spricht. Die Landesregierung soll den E.ON-Konzern auffordern, die Verkaufsverhandlungen ruhen zu lassen, bis sie über ein mögliches Kaufangebot entschieden hat.
Außerdem stehen bei E.ON Tausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel. Wir möchten von der Landesregierung gerne wissen, was sie zur Sicherung dieser Arbeitsplätze zu tun gedenkt.
Die Energieversorgung gehört in die öffentliche Hand. Wir Linken fordern die Vergesellschaftung, Demokratisierung, Dezentralisierung und Rekommunalisierung der Energiewirtschaft,
damit sie nach ökologischen und sozialen Kriterien umgestaltet wird.
Es ist nicht hinnehmbar, dass die Energiewirtschaft, die für die Zukunft der ganzen Gesellschaft von herausragender Bedeutung ist, in der Hand von Oligopolisten und Shareholdern bleibt.
Jahrelang wurde die Trennung von Netz und Produktion hinausgezögert. So wurden den Oligopolisten Extraprofite eingeräumt. Auch die Atomverstromung brachte ihnen viele Jahre lang Extraprofite. Diese Extraprofite wurden nicht zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht zur Finanzierung des Umsteuerns auf erneuerbare Energien eingesetzt, sondern zum Beispiel für die Expansion ins Ausland. Insoweit die Konzerne damit auf die Nase gefallen sind, haben sie hohe Abschreibungen ihrer Auslandsinvestitionen zu tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier ums Gemeinwohl. Das Land kann sich günstiger refinanzieren als der Allianz-Konzern. Ich gehe davon aus, dass die Gesamtrendite des E.ONFerngasnetzes über den Zinskosten des aufzunehmenden Kredits liegen wird. Das ist also auch haushaltspolitisch positiv. Insofern kann ich nicht verstehen und nicht billigen, dass diejenigen, die immer eine Konsolidierung über alles schreien, eine solche Chance zugunsten der Landesfinanzen nicht nutzen.
Ich tue es nicht zum ersten Mal, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber ich habe versprochen, es immer wieder zu tun, bis Sie es alle auswendig können, und fordere nun eine Antwort. Ich verlese den Art. 27 unserer Landesverfassung. Abs. 1:
„Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden.“
Abs. 2 lautet:
„Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten.“
Es war dieser Tage viel vom Schutz unserer Verfassung die Rede. Ich frage Sie: Wie vereinbaren Sie die Missachtung eines ausdrücklichen Gebots unserer Landesverfassung mit dem Schutz unserer Verfassung? – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag von SPD und Grünen ist nur ein Appell an die Bundesregierung. Diesem Appell schließen wir uns natürlich an, haben aber nicht viel Hoffnung, dass das einen politischen Nährwert hätte.
Unverständlich erscheint mir, dass die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP diesem relativ harmlosen Antrag nicht zustimmen wollen. Herr Kollege Möbius, Sie haben einige Gründe angeführt, weswegen diese Finanztransaktionssteuer möglicherweise keinen Sinn macht. So führen Sie beispielsweise an, dass die USA sie nicht einführen wollen, dass Großbritannien sie nicht einführen will. Es verwundert mich schon ein bisschen: Sonst setzen die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich in der Eurozone alles Mögliche durch, was sie wollen. Das gilt auch für die Schuldenbremse in an
deren Ländern, die wir für ökonomisch und volkswirtschaftlich völlig unsinnig halten. Dabei gibt es auch kein großes Kasperletheater. Das, was Deutschland und Frankreich wollen, wird gemacht.
Ausgerechnet bei der Finanztransaktionssteuer führt man alle möglichen Gründe an, dass dieses oder jenes Land nicht will. Das alles ist doch pure Heuchelei.
Frau Kollegin Freimuth, Sie führen die City of London an. Es ist schon ganz interessant, dass Sie ein solches Argument anführen. Die City of London ist kein demokratisches Gremium. Die City of London beschreibt Wikipedia mit einem überproportionalen Einfluss der Wirtschaftsvertreter. So nennen sie das ein bisschen verniedlichend. In Wahrheit aber ist es so, dass die Unternehmen dort die politische Führung der City of London wählen. Wenn die City of London der Londoner Regierung irgendetwas sagt, tanzt die nach ihrer Pfeife. So sind dort die Kräfteverhältnisse. Es ist schon interessant, dass sich die FDP wieder darauf beruft.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich will Sie nicht mit Marx und Lenin langweilen, sondern zitiere lieber einmal Herrn Kauder und Herrn Lammert. Herr Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat in der „Leipziger Volkszeitung“ vom 14. Januar gesagt – mit Erlaubnis des Präsidiums zitiere ich –: Einführung der Finanztransaktionssteuer in der Eurozone. Die Politik darf sich nicht mehr von den Märkten treiben lassen.
Ich finde das, was Herr Kauder da gesagt hat, sehr vernünftig. – Herr Norbert Lammert von der CDU, Bundestagspräsident, hält die Finanztransaktionssteuer für so dringlich, dass sie in einer möglichst großen Anzahl von Ländern eingeführt werden soll. Damit hat Herr Lammert von der CDU recht.
Der Einwand der Wettbewerbsverzerrung zieht aus unserer Sicht eindeutig nicht. Das Verbot von Leerverkäufen ist von Deutschland im Alleingang beschlossen worden. Die Durchsetzung des Ansässigkeitsprinzips – darauf hat Herr Kollege Börschel eben hingewiesen –, also die Besteuerung nach dem Sitz des Händlers und nicht nach Handelsplatz, dämmt Wettbewerbsverzerrungen ein.
Der FDP sei es noch einmal ins Stammbuch geschrieben: Auch bei der FDP gibt es Stimmen, die die Finanztransaktionssteuer für sinnvoll halten. So hat Michael Theurer von der FDP Baden-Württemberg laut „Tagesspiegel“ schon davor gewarnt, diese Steuer in Bausch in Bogen abzulehnen.
Guy Verhofstadt, der Fraktionschef der europäischen Liberalen, wirbt sogar für diese Steuer. Vielleicht sollten Sie sich innerhalb der liberalen Familie in Europa einmal einigen.
Manche behaupten heuchlerisch, das könnte Kleinanleger und Altersvorsorgeprodukte treffen. Ich finde dieses Argument ziemlich schäbig: Erst macht man Altersvorsorge zur Privatsache, und dann kommt man mit solch scheinheiligen Argumenten und erbarmt sich der Kleinsparer? – Das passt doch hinten und vorne nicht.
Abgesehen davon stimmt das auch inhaltlich nicht. Till van Treeck vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung IMK sagt völlig richtig: Die Finanztransaktionssteuer ist eine Bagatellsteuer, die nur bei sehr hohen und kurzfristigen Umsätzen ins Gewicht fällt.
Ich finde, dass wir uns danach richten sollten. Werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, seien Sie nicht ewig gestrig, stimmen Sie für diesen bescheidenen Antrag! – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Präsident. – Ist dem Innenminister bekannt, dass das Landesamt für Verfassungsschutz und der Staatsschutz in letzter Zeit die politisch aktiven, kurdischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürger zunehmend als V-Leute anzuwerben versuchen?
Ist dies nach Einschätzung der Landesregierung zulässig?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolle
ginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion wendet sich gegen das Klimaschutzgesetz, gegen das Wasserentnahmeentgeltgesetz und gegen das Tariftreue- und Vergabegesetz. Das ist ein Rundumschlag, der, wie ich finde, ziemlich unseriös ist, werte Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege Brockes, ich weiß nicht, auf welcher Anhörung Sie gewesen sind. Aber wenn Sie behaupten, dass das Klimaschutzgesetz sozusagen der Beginn der Deindustrialisierung von NordrheinWestfalen ist, fehlt eigentlich nur noch Ihre Bewertung, es handele sich um einen neuen MorgenthauPlan. Soweit werden Sie wahrscheinlich auch noch gehen. Ich kann Sie nur fragen: In welchem Universum sind Sie eigentlich unterwegs?
Sie meinen das ernst, ich meine es satirisch. Das ist das Problem, mit dem Sie es zu tun haben.
Unter der poetischen Überschrift „Nordrhein
Westfalens Wirtschaft braucht Freiräume statt neuer Abgaben und mehr Bürokratie“ kommt als nüchterne Prosa unterm Strich bei Ihnen nur eines heraus: Alle, die Kapital oder ein Unternehmen haben, sollen möglichst wenig Abgaben zahlen und zum Nulltarif Ressourcen verbrauchen, als seien diese unbegrenzt verfügbar. Unter der Jakobinermütze des Freiheitskämpfers lugen bei Ihnen die Eselsohren des Kapitalistenknechts hervor.
Insoweit ist es auch verständlich, dass Sie nicht nur uns Linke, sondern auch die Parteien der Minderheitsregierung als industriefeindlich beschimpfen. „Industrie“ ist bei Ihnen nur ein Tarnname für Kapitalinteressen.
Wenn wir die Inhalte ernst nehmen, um die hier im Landtag gerungen wird, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Nehmen wir zum Beispiel den Klimaschutz. Zum geplanten Klimaschutzgesetz schreiben Sie in Ihrem Antrag:
„Für ein regionalisiertes Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Schutzzielen besteht nach wesentlichen juristischen Meinungen keine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz.“
Sie fügen mit Bezug auf den Entwurf von SPD und Grünen hinzu:
„Manches kommt bei oberflächlicher Betrachtung zunächst abstrakt daher.“
Trotzdem wettern Sie gegen den noch gar nicht vorhandenen Klimaschutzplan, der industriefeindlich sei. Trotzdem wettern Sie gegen Staatsdirigismus.
Wie wollen Sie das begründen?
Frau Prof. Dr. Sabine Schlacke, Leiterin der Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht, hat für die Universität Bremen ein Gutachten zum Entwurf der Landesregierung vorgelegt. Sie zieht ein doppeltes Fazit. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Bislang ist keine Regelung im Klimaschutzgesetz NRW derart konkret gefasst, dass sie eine Kollision mit bundesrechtlichen Vorschriften verursacht.“
Weiter heißt es: Damit die Klimaschutzziele nicht leerlaufen und es sich nicht lediglich um symbolische Gesetzgebung handele, solle bereits jetzt geprüft werden, welche Handlungsspielräume dem Land NRW vor dem Hintergrund abschließender bundesrechtlicher Regelungen im Klimaschutzbereich noch eröffnet sind, um die gesetzlich festgeschriebenen Klimaschutzziele noch zu erreichen.
Nur – so heißt es dort weiter – wenn dieses rechtlich und tatsächlich möglich erscheint, ist der Erlass eines Klimaschutzgesetzes sinnvoll. Ansonsten wäre ein Klimaschutzgesetz nicht mehr als eine symbolische Gesetzgebung.
Der Entwurf ist nicht verfassungsrechtlich bedenklich, wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU, behaupten. Es besteht auch nicht die Gefahr, dass staatlicher Dirigismus auf uns zukommt. Die Gefahr ist vielmehr, dass das Klimaschutzgesetz symbolisch bleibt, vielleicht für Wahlkämpfe nützlich ist, aber nicht für den Klimaschutz selber.
Ökologische Kriterien und das Kriterium der Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Auftrage schaden angeblich dem Standort, der Industrie und der Wettbewerbsfähigkeit. Sagen Sie es doch gerade heraus, meine Damen und Herren von der CDU: Anständige Löhne und Umweltschutz sind industriefeindlich! – Mag – wie es Greenpeace prophezeit – das Klima 2017 kippen: Das ist egal. Wir müssen unbedingt neue CO2-Dreckschleudern bauen! Nach mir die Sintflut! – Das ist unverantwortlich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU!
Wir Linken fordern den sozialökologischen Umbau unserer Industriegesellschaft, eine veränderte Industrie. Dazu brauchen wir einen regelrechten Marshall-Plan für Zukunftsfähigkeit. Wir gewinnen an Lebensqualität und schaffen viele neue und sinnvolle Arbeitsplätze. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Druck der Gewerkschaften, der Frauen- und Umweltschutzverbände und der Druck, den wir Linken gemeinsam mit diesen Gruppen gemacht haben, hat gewirkt. Deshalb haben wir den Entwurf eines Tariftreue- und Vergabegesetzes vorliegen, der unzweifelhaft einen Fortschritt darstellt und deshalb auch von uns Linken unterstützt wird.
Vom Himmel gefallen wie Manna ist dieser Fortschritt allerdings nicht. Bereits im November letzten Jahres haben wir Linke in einem Antrag Mindestanforderungen an ein Tariftreue- und Vergabegesetz formuliert. Dabei haben wir wesentliche Eckpunkte des DGB mit berücksichtigt. Die im März dieses Jahres vorgestellten Eckpunkte des Ministeriums waren enttäuschend. Erst auf unseren Druck und auf massiven Druck der Gewerkschaften wurde im Gesetzentwurf deutlich nachgebessert. Wir begrüßen daher ausdrücklich diesen Fortschritt. Der
vergabespezifische Mindestlohn für alle Beschäftigten ist nun ebenso enthalten wie die Equal-PayRegelung für Leiharbeiterinnen. Hervorzuheben ist auch die von uns von Anfang an geforderte Vorgabe eines repräsentativen Tarifvertrages mit einer tariffähigen Gewerkschaft im Verkehrsbereich.
Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, Ihr Entwurf hat aber auch seine Mängel und Unzulänglichkeiten.
Dazu zählt, dass die Vergabekriterien erst ab einer Obergrenze von 20.000 € greifen und der vergabespezifische Mindestlohn nicht von der Vergabeschwelle ausgenommen wird.
Im Ausschuss haben wir Linken daher acht Änderungsanträge zum Gesetzentwurf eingebracht. So fordern wir auch die Einrichtung eines zentralen Service- und Kompetenzzentrums, damit sichergestellt wird, dass die Umsetzung überall im Land einheitlich und rechtskonform erfolgen kann. Gerade kleinere Kommunen bedürfen bei der Umsetzung der Unterstützung des Landes.
Dieser Vorschlag hat übrigens auch in der Sachverständigenanhörung großen Zuspruch erhalten.
Sie haben einmal mehr Ihren schlechten Willen gezeigt, indem Sie nur einen einzigen Vorschlag übernommen haben. Sie vertrauen bauernschlau auf uns Linke; denn Sie wissen, wir Linke stimmen jedem Fortschritt zugunsten der Beschäftigten, der Gleichstellung und des Umweltschutzes zu.
Wir brauchen einen Mindestlohn von 10 €. Wir brauchen auch die automatische Anpassung des Mindestlohns an die Preisentwicklung. Für Abgeordnetenbezüge genehmigen sich die Abgeordneten selbst mit beeindruckender Großzügigkeit die Scala mobile.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich frage Sie, mit welchem Recht Sie denjenigen, die am wenigsten verdienen, diese Scala mobile verweigern,
wenn Sie uns, den Privilegierten, den weit über dem Durchschnitt Verdienenden, diese automatische Anpassung zugestehen.
Sie können sich drehen und wenden, wie Sie wollen. Aus diesem ethisch-moralischen Widersinn können Sie sich nicht herauswinden.
Herr Präsident, meine werten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen abschließend einen praktischen Vorschlag machen. Mein Ausgangspunkt da
für ist, dass nahezu alle philosophischen Denkrichtungen zwischen Erkenntnis und Erfahrung einen wie auch immer gearteten Zusammenhang sehen. Beschäftigte, die 8,62 € verdienen, kommen auf ein Bruttogehalt von 1.422,30 €. Unterstellen wir alleinstehende Beschäftigte, ergibt sich ziemlich genau ein Nettoverdienst von 1.000 €. Ich schlage Ihnen zur Weihnachtszeit Folgendes vor: Wir alle, wir 181 Abgeordneten des Landtags von NordrheinWestfalen, leben wenigstens einmal einen einzigen Monat von 1.000 € und spenden den Rest unserer Diäten an Bedürftige.
Dann kommen wir zusammen und diskutieren noch einmal über den Mindestlohn. Ich bin fest davon überzeugt: Nach dieser praktischen Erfahrung werden Sie die Forderung der Linken nach 10 € Mindestlohn immer noch nicht unterstützen, sondern Sie werden sagen, dass auch 10 € viel zu wenig und 8,62 € jedenfalls unzumutbar sind.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen beschauliche Feiertage.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann diesen Vorwurf der unnötigen Demokratie, Kollegen Kamieth und Brockes, bald wirklich nicht mehr hören. Es geht doch um die Inhalte, die mit diesem Gesetz befördert werden sollen. Wenn diese Inhalte sachgerecht sind, sei es in Sachen Klimaschutz, sei es in Sachen Mindestlohn, dann ist natürlich Bürokratie in diesem Maße gerechtfertigt, um diese Dinge zu überprüfen.
Ich habe hier das Schreiben von Gabriele Schmidt, der Landesbezirksleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Nordrhein-Westfalen an unseren Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger zum Thema Tariftreue- und Vergabegesetz. Ich will heute Briefträger spielen, Herr Minister, und Ihnen dieses Schreiben noch einmal öffentlich zur Kenntnis geben. Denn entweder hat Sie dieses Schreiben nicht erreicht, oder es ist aus Versehen in der beliebten Grundablage, populär auch Papierkorb genannt, gelandet, oder Sie haben nach dem ersten Absatz aufgehört, zu lesen.
Kollegin Schmidt schreibt darin nämlich – so sehen wir Linke das ja auch –, dass ver.di Ihren Gesetzentwurf grundsätzlich befürwortet. Ich unterstreiche: grundsätzlich. Dann kommen aber eine ganze Reihe von Änderungs- und Verbesserungsvorschlägen. Wir Linken sind die einzige Fraktion in diesem Hause, die diese Vorschläge der Gewerkschaften aufgreift und in Anträge umsetzt.
Was haben Sie davon aufgegriffen, Herr Voigtsberger? – Nichts oder so gut wie nichts. Tun Sie etwas dafür, das Verhältnis der Sozialdemokratie zu den Gewerkschaften des DGB halbwegs wieder ins Lot zu bringen. Hören Sie endlich auf, in den Wind zu schlagen, was Ihnen die Organisationen der Beschäftigten vorschlagen.
Machen Sie hier und heute dazu einen ersten Schritt und stimmen Sie für die Änderungsvorschläge der Linken! Wir Linken artikulieren nämlich die Interessen der Beschäftigten wie auch der Erwerbslosen, der Frauen und der Umweltbewegten in der Sphäre der Politik. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Antrag der CDU-Fraktion heißt es: Polizisten im Wendland seien mit – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin – „mit nägelgespickten Golfbällen beworfen worden“. Weiterhin ist die Rede von Feuerwerkskörpern, die mit Steinen und Scherben gefüllt würden.
Aber in der Bilanzpressemitteilung der Polizeipressestelle zum Castortransport werden mit Steinen und Scherben gefüllte Feuerwerkskörper nicht erwähnt. Neutrale Beobachterinnen und Beobachter erwähnen die von Ihnen mit Berufung auf ein einziges Zitat angeführten Gegenstände nicht. Dafür gibt
es aber ganz andere Aussagen zu Polizeiübergriffen im Wendland.
Lassen Sie mich vorab erwähnen, was ich selbst vor Ort erlebt habe. Ich war nicht nur bei der großen Demonstration, sondern auch als Beobachter bei vielen Aktionen des zivilen Widerstands. Da muss ich sagen: Ich persönlich habe weder irgendwelche Gewaltakte seitens der Protestierenden erlebt noch auffällige Polizeiübergriffe. Nun, niemand kann überall sein. Ich bin aber sicher: Auch diesmal war die Gewaltfreiheit im Wendland wieder die Regel, und zwar für die überwältigende Mehrheit der Protestierenden und die große Mehrheit der eingesetzten Polizeikräfte.
In den großen Medien wird immer ein Bild gezeichnet, das allenfalls auf kleine Minderheiten zutrifft, die im Übrigen sehr wohl mit Provokateuren durchsetzt gewesen sein mögen. Selbstverständlich distanziert sich die Linke von Gewalt gegen Personen, ganz gleich, von wem sie ausgeht.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die Sie nicht vor Ort waren, sich hier auf ein einziges Zitat stützen, dann frage ich: Wieso erwähnen Sie nicht, was zum Beispiel die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg berichtet? Oder werden Sie es wagen, diese in der Bevölkerung hoch angesehene Bürgerinitiative auch als anarchochaotisch zu diffamieren?
Sehen Sie hier, was die BI berichtet: Ein Journalist, ein Pressefotograf werden von einem Polizisten mit Pfefferspray und Schlagstock angegriffen. Der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion liegen mehrere Gedächtnisprotokolle vor, in denen die Details von Polizeiübergriffen geschildert werden.
Oder – ebenfalls mitgeteilt von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg – Folgendes: Eine junge Frau, Nina Hensel, 23 Jahre alt, ist von einem Polizisten, der auf ihr gekniet hat, mit Faustschlägen traktiert worden, obwohl sie keinerlei Gegenwehr geleistet hat. Ich finde das sehr skandalös.
Natürlich können Sie jetzt auch sagen, das sind Einzelfälle. Es gibt aber auch das Zeugnis der Ärztinnen und Ärzte, der Rettungssanitäterinnen
und -sanitäter und der anderen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Sani-Zentrale, die sich die Aufgabe gestellt haben, Verletzungen zu verhindern und Verletzten zu helfen. Diese Sani-Zentrale spricht von 416 ärztlich versorgten Demonstrantinnen und Demonstranten. Darunter waren acht Schwerverletzte. Ein Drittel der Verletzungen sei auf den Einsatz von Pfefferspray, die Mehrheit auf Schlagstockeinsatz zurückzuführen. Einer Person wurde ein Zahn ausgeschlagen. Eine Person wurde von einem Polizeipferd überrannt.
Das war übrigens auch etwas, was ich selbst beobachten konnte: Eine Kette von Polizeipferden hat versucht, Demonstranten, die sich zum Bahngleis bewegen wollten, daran zu hindern, indem sie sich mit den Polizeipferden dort – ich sage einmal: robust –
so verhalten hat, dass es hätte zu Verletzungen kommen können. Ich halte den Einsatz von Polizeipferden für sehr gefährlich, weil man nie weiß, wie Pferde reagieren, wenn sie Angst haben. Ich glaube, das kann man hier gar nicht ausschließen.
Das müsste untersagt werden. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Die Helferinnen und Helfer selbst wurden vielfältig in ihrer Arbeit behindert. Zwar war die Polizeiführung durchaus bemüht, den Sanitäterinnen und Sanitätern ihre Arbeit zu ermöglichen und ihnen überall Zugang zu verschaffen, doch gab es offenbar Einheiten der Einsatzkräfte, zu denen diese Anweisungen nicht vorgedrungen waren oder die autonom operierten, ohne sich um diese Anweisungen zu scheren.
Wir können, meine sehr verehrten Damen und Herren von den bürgerlichen Parteien, zu einer Maßnahme greifen, die unsere jeweilige Sichtweise auf diese Ereignisse drastisch aneinander annähern wird. Sie kennen doch das Instrument der Expertenanhörung. Meiner bescheidenen Meinung nach gibt es Experten für das Wendland und für das, was im Wendland geschieht: Das sind die Menschen, die im Wendland leben. Laden wir sie ein zum Thema „Gewalt im Wendland bei Castortransporten“.
Damit es nicht zu teuer wird, beschränken wir uns exemplarisch auf sechs Damen und Herren, nämlich von der CDU, von der SPD, von den Grünen, von der FDP, von der Bauernschaft und von der Schülerschaft. Die Linke verzichtet.
Sie sollen uns hier sagen, wie es ausgesehen hat mit der Gewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten und gegen Polizeikräfte im Wendland. Aber Sie werden sich nicht trauen, einer solchen Anhörung zuzustimmen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP. Sie werden sich nicht trauen, weil Sie wissen, dass alle Menschen im Wendland, auch Ihre Parteifreunde, die Dinge eher so sehen wie die Linke. Sie sind jedenfalls weit davon entfernt, die Dinge so zu sehen, wie Sie sie hier schildern. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir Linken die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zitieren, hören Sie von den Christdemokraten nicht zu. Aber hören Sie doch bitte auf die katholische Arbeitnehmerschaft! Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren, was die von der Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten hält:
Eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nützt nur einer kleinen Gruppe von Multis, für die Angestellten bringt sie aber eine weitere Verschlechterung ihrer Lebensqualität. Auf der Strecke bleiben neben den kleinen Nahversorgern die Konsumentinnen und Konsumenten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Ja, auch für viele Konsumentinnen und Konsumenten ist diese Liberalisierung, die Sie in Ihrem Antrag so loben, herzlich schlecht.
Ich hatte schon Gelegenheit, Ihnen das Folgende in diesem Hause zu sagen: Ich kenne viele Menschen, die auf dem Lande leben. Die Supermärkte mit ihren langen Öffnungszeiten werden auf der grünen Wiese hochgezogen und machen alle kleinen Läden platt. Man kann nur noch mit dem Auto einkaufen. Manche haben aber kein Auto. Manche sind schon älter und nicht mehr so mobil. Sie können gar nicht mehr einkaufen gehen.
Und auch in den Städten ernähren sich die Leute, für deren niedrige Löhne und minimalen Arbeitslosengeldbezüge die Herren vom Kapital und deren politische Erfüllungsgehilfen so gerne sorgen, nur noch von den Billigangeboten der Discounter. Das ist grauer kapitalistischer Einheitsbrei.
Es geht aber nicht nur um eine Branche. Den Superliberalisierern von der FDP sei ins Stammbuch geschrieben: Wehret den Anfängen! Wenn die Verkäuferinnen und Lageristinnen spät am Abend und nachts oder gar noch an Sonntagen arbeiten, wa
rum dann nicht auch Postzusteller, Handwerker, Bankangestellte? Warum nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeiter im Maschinenbau? – Man wird ihnen sagen: Die Konkurrenz schläft nicht. Also arbeiten wir doch sieben Tage die Woche rund um die Uhr – „auf ganz freiwilliger Basis“ natürlich. Und wer nicht mitmacht, muss sich nicht wundern, wenn er nicht mehr lange im Boot ist.