Jens Böhrnsen
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gut, ich nehme das einmal als ein Zeichen, dass die CDU hier in Bremen nicht mehr viel zu sagen haben will!
Aber vielleicht ist das auch nur die Potenzierung dessen, was man gestern in einer Bemerkung in der „Nordsee-Zeitung“ lesen konnte, da hat ein anonym gebliebener Staatsrat gesagt, jedenfalls wird er so zitiert: „Einige Große Anfragen gingen ihm und anderen Staatsräten ziemlich auf den Geist.“ Einmal unabhängig davon, ob ein Staatsrat sich so äußern darf, aber ich vermute, er muss diese Anfrage der CDU gemeint haben.
Wenn Sie sich anschauen, was die zentrale Frage der CDU in dieser Großen Anfrage ist, dann lesen Sie: In welchem Umfang haben die Bremer und Bremerhavener von der Wirtschaftsstrukturpolitik pro––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
fitiert? Eigentlich hätten wir das etwas konkreter formulieren können, so nach dem Motto: Wie viel Gutes haben wir für die Bremer und Bremerhavener getan? Dann wäre das eine Anfrage gewesen, die, glaube ich, das getroffen hätte, wie Sie es mit dieser Einfachheit beantwortet haben.
Die SPD-Fraktion hat das, obwohl wir manches im Wahlkampf für zulässig und auch für möglich halten, für peinlich gehalten. Wir haben uns an dieser Peinlichkeit nicht beteiligt, und deswegen haben wir diese Große Anfrage nicht mit eingebracht.
Aber anders als Sie, Herr Eckhoff, will ich mich an der Debatte über diese Antwort des Senats beteiligen, zumal diese Große Anfrage doch weitgehend nichts anderes ist, als dass Sie den Versuch unternehmen, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, denn es war doch in den vergangenen vier Jahren die SPD, die immer wieder klar gemacht hat, dass die Sanierungspolitik eben kein technokratischer Vorgang ist, der nur an Zahlen zu messen ist, sondern der etwas mit den Menschen zu tun hat, eine Politik, die für die Menschen ist, vor allen Dingen auch mit den Menschen gemacht werden muss. Dass Sie augenscheinlich so ein bisschen zu dieser Einschätzung gekommen sind, das mag uns dann doch am Ende zusammenführen.
Meine Damen und Herren, wenn ich über Lebensqualität spreche, dann nicht zuerst über die Verschönerung in den Innenstädten Bremens und Bremerhavens. Das ist auch alles sehr hübsch, und das schätzen wir, aber die Grundlage von Lebensqualität ist, dass die Menschen Arbeit haben und nicht ausgegrenzt werden. Deswegen steht bei uns im Mittelpunkt, dass wir uns mit einer Arbeitslosigkeit von 40 500 im Lande Bremen nicht abfinden können und dass alle unsere Investitionsanstrengungen darauf gerichtet sind, mehr Beschäftigung für Bremen und Bremerhaven zu schaffen. Wir waren es, die am Anfang dieser Legislaturperiode letztlich mit einem einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft dafür gesorgt haben, dass die Beschäftigungseffekte das maßgebliche Kriterium sind, an dem wir die Notwendigkeit von Investitionen messen, und das wird auch in der nächsten Legislaturperiode unsere Politik sein, meine Damen und Herren.
Wenn man über Wirtschaftsstrukturpolitik und die Wirkungen spricht, dann kann man nicht umhin, Herr Senator Hattig, auf Ihre bemerkenswerten Äußerungen von gestern zu sprechen zu kommen. Jedenfalls wäre es unvollständig, wenn man es nicht täte, und deswegen will ich das vorweg auch gern tun. Das Stichwort Space-Park spielt sicher auch in diesem Zusammenhang eine nicht ganz unwesentliche Rolle.
Ich kann nicht beurteilen, ob das Einkaufszentrum im Space-Park, wie es Senator Hattig gesagt hat, tatsächlich gestorben ist. Ich würde es für bedauerlich halten, wenn Herr Senator Hattig Recht hätte. Er hat es aber gesagt, und er wird seine Gründe dafür haben. Ich spreche es deswegen an, weil Herr Senator Hattig noch etwas anderes gesagt hat, nämlich: Wir müssen uns etwas völlig Neues einfallen lassen. Da ist meine Frage: Wer sind in diesem Zusammenhang eigentlich wir? Sind das wir, die Politik? Sind das wir, der Senat?
So weit sind wir noch nicht, Herr Teiser!
Meine Damen und Herren, es muss doch völlig klar sein, dass die Frage eines neuen, gegebenenfalls anderen geschäftlichen Konzeptes für den Space-Park eine Sache der privaten Eigentümer und der privaten Betreiber ist.
Wir übernehmen doch – und da kann man ja fast Herrn Senator Hattig aus früheren Debatten zitieren – keine Verantwortung für den geschäftlichen Erfolg des Space-Parks und erst recht keine zusätzlichen Kosten. Der Space-Park war kein Staatsunternehmen, und er wird kein Staatsunternehmen werden, und das muss sicher sein.
Meine Damen und Herren, ich will aber gern noch hinzufügen, vermutlich muss das auch mit Blick auf die nachfolgenden Reden gesagt werden: Das alles, was wir darüber jetzt neu hören, ist doch kein Anlass für Häme, Schadenfreude oder rechthaberisches Gerede. Wer jemals auf dem Gelände des SpaceParks gewesen ist, der weiß, damit dürfen wir uns nicht abfinden. Wir dürfen uns erst recht nicht schadenfroh darüber hermachen, dass so große Gebäude irgendwann leer stehen werden oder könnten, sondern es muss auf diesem Gelände etwas passieren, es muss Leben herrschen, das alte AG-„Weser“Gelände war viel zu lange tot, deswegen brauchen wir Leben, und deswegen muss unsere Hoffnung dahin gehen, dass auf diesem Gelände auch etwas passiert, was gut für die Stadt, gut für Gröpelingen und gut für das Land ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte zur Großen Anfrage beziehungsweise zur Beantwortung durch den Senat kommen! Die CDU hat in ihrer Anfrage jenseits der Frage der Schlichtheit, auf die ich schon eingegangen bin, die Lebensqualität als eine
Art erfreuliches Nebenprodukt einer auf Haushaltssanierung gerichteten Wirtschaftspolitik betrachtet. Diese Sicht, das will ich hier ausdrücklich sagen, teilen wir nicht, weil diese Sicht falsch ist. Vielmehr ist es umgekehrt richtig. Alle Sanierungsanstrengungen ziehen ihre Berechtigung daraus, dass es um die Verbesserung der Lebensverhältnisse in Bremen und Bremerhaven geht. So müssen wir Sanierungspolitik verstehen, und genau das ist unsere Aufgabe, an der wir uns auch messen lassen müssen.
Ich verstehe die Antwort des Wirtschaftssenators so, dass er seine Parteifreunde durchaus darüber belehrt, dass Wirtschaftsentwicklung und Lebensqualität – so heißt es, glaube ich, ausdrücklich in der Antwort des Senats – die beiden Seiten der Sanierungsmedaille sind, und so ist es richtig, meine Damen und Herren.
Übrigens, die SPD vertritt diese Überzeugung schon lange, allerdings, auch darüber darf man hier einmal sprechen, anfangs unter dem durchaus manchmal sogar hämischen Widerspruch oder der hämischen Begleitung durch die CDU. Ich darf daran erinnern, dass wir ja geradezu als Abweichler, fast sogar als Verräter der Sanierungsidee beschimpft worden sind, als wir unter der Überschrift „Für Bremen und Bremerhaven begeistern“ gewisse Feinjustierungen der Sanierungspolitik gefordert und durchgesetzt haben. Das wird auch die Politik der nächsten vier Jahre bestimmen.
Meine Damen und Herren, es ist aber durchaus erfreulich, wenn man in der Antwort des Senats liest, dass wir uns am Ende dieser Legislaturperiode in der Koalition durchaus einig sind, dass das Sanierungsprogramm beide Aspekte beinhaltet, erstens, Unternehmen durch verbesserte Rahmenbedingungen an Bremen und Bremerhaven zu binden, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern, und zweitens, die Städte so zu entwickeln, dass wir Einwohner halten und gewinnen.
Ich lese die Antwort des Senats so, dass die Mitteilung des Senats uns in der Absicht unterstützt, das Thema der Lebensqualität und der Einwohnergewinnung noch stärker zu gewichten, und deshalb werden wir die Entwicklung der Stadtviertel in den nächsten vier Jahren zu einem Schwerpunkt unserer Politik, zu einem Schwerpunkt der Investitionspolitik machen müssen, meine Damen und Herren.
Das Investitionssonderprogramm, das ISP, ist ohne Zweifel ein Erfolgsmodell. Das gilt nahezu ohne Einschränkung, aber, auch darauf muss man immer hinweisen, das entbindet die Politik nicht von der Pflicht, das Programm und vor allem seine Schwerpunkte fortlaufend auf Zielerreichung und Effizienz zu über
prüfen, wo nötig, muss man Umsteuerungen vornehmen. Vor uns liegt ja auch als große Aufgabe, das Anschlussinvestitionsprogramm zu definieren und in seinen Schwerpunkten zu bestimmen.
Die Realisierung touristischer Großprojekte, davon ist in dieser Antwort des Senats ja sehr viel die Rede, hat ohne Zweifel zusätzliche Gäste in die Städte gezogen, allerdings, auch das muss man sagen, war ja nicht jedes touristische Großprojekt ein Erfolg. Auch darüber haben wir hier gesprochen, und das darf man nicht verschweigen. Umso mehr hat es mich gewundert, dass der Wirtschaftssenator kürzlich, offenbar unbeeindruckt von diesen Erfahrungen, neue, und ich darf es so offen sagen, Herr Senator Hattig, aus meiner Sicht durchaus obskure Tourismusprojekte in die Debatte geworfen hat. Ich denke, wir müssen doch, und das darf man auch einmal am Ende einer Legislaturperiode und vor neuen vier Jahren Legislaturperiode sagen, auch aus unseren Fehlern lernen, und wir müssen mit neuen Ideen und neuen Vorschlägen unsere Städte voranbringen, aber nicht krampfhaft an alten Konzepten festhalten wollen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir diese Debatte noch etwas weiterführen, dass die CDU vielleicht doch noch Lust bekommt, das eine oder andere zu sagen, dass sie sich aus dieser wichtigen Debatte nicht abmelden will. Deswegen will ich am Ende nur Folgendes zusammenfassend sagen: Ich glaube, dass das Investitionssonderprogramm dazu beigetragen hat, Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern und damit die Defizite bei der Wirtschaftsentwicklung und dem Wirtschaftswachstum in Bremen zu verringern. Ich glaube auch, dass die Verbesserungen für die Bremerinnen und Bremer und für die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener durchaus spürbar sind. Investitionen und unsere Anstrengungen in die Wirtschaftsstruktur und Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit dem Ziel von mehr Arbeitsplätzen bleiben wie bisher, einschließlich der Förderung von Mittelstand und Existenzgründern, auch ein Schwerpunkt unserer Sanierungspolitik.
Aber, und das wiederhole ich noch einmal, das Sanierungsprogramm muss weiterentwickelt werden, dazu haben wir Gelegenheit, das in dieser Zäsur von zwei Legislaturperioden zu tun. Die SPDFraktion hat diese Aufgabe angenommen und das Programm „Vitale Stadtviertel“ entwickelt. Künftig werden Investitionen in die Stadtviertel deren Qualität als Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsräume verbessern und privates Kapital für die dezentralen Wirtschaftszentren akquirieren.
Unternehmen und Einwohner durch gutes Investitionsklima und Lebensqualität an die Städte zu binden ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen
Sanierungskurs. Das gilt für die Innenstädte und für die Stadtviertel, und dies umzusetzen wird die Aufgabe der kommenden Legislaturperiode sein. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, wir als SPDFraktion sind darauf vorbereitet, wir haben diese Aufgabe angenommen.
Herr Präsident, Herr Kollege Eckhoff, meine Damen und Herren! Zunächst bin ich einmal froh, dass wir heute von der CDU noch etwas gehört haben.
Wir hatten schon den Eindruck, sie würde sprachlos bleiben und unter dem Eindruck der gestrigen Erklärung des Wirtschaftssenators nichts mehr zu sagen haben.
Ich hätte auch gern von Ihnen, Herr Eckhoff, gehört, wie das denn nun mit der Zukunft des Wirtschaftssenators ist.
Vielleicht bekommen wir ja insofern eine Antwort auf diese Frage in dieser Debatte.
Meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Eckhoff, ich glaube, Sie haben immer noch nicht verstanden, was der Kern von Sanierungspolitik ist. Was meinen wir eigentlich damit, wenn wir Bremen sanieren wollen? Das können Sie übrigens schon in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1992 nachlesen, was wir damit meinen. Wir wollen auf der einen Seite unsere Haushaltslage verbessern. Wir wollen mit dem, was wir an laufenden Steuereinnahmen haben, auch unsere laufenden Ausgaben bestreiten können. Das ist die eine Aufgabe. Diese Aufgabe hängt mit der zweiten zusammen, dass wir davor so viel Steuerkraft in unserer Wirtschaftsstruktur generieren müssen, dass wir dazu in der Lage sind, das zu tun.
Weil das so ist, deswegen gehört die Zunahme von Beschäftigung, die Umstrukturierung unserer Wirtschaft zusammen mit der Entwicklung unserer Stadt und unserer Stadtteile und auch damit, dass wir uns wohl fühlen in unseren Stadtteilen, dass wir eine soziale, freizeitmäßige und kulturelle Infrastruktur in unseren Stadtteilen vorfinden. Das gehört zusammen.
Herr Kollege Eckhoff, ich bin doch weit davon entfernt, nicht das Erfolg nennen zu wollen, was auch ein Erfolg ist. Natürlich haben wir eine Menge erreicht in diesen letzten vier oder acht Jahren. Da braucht man doch nur durch unsere Stadt zu gehen vom Norden bis zum Süden, vom Osten bis zum Westen. Da ich aus Bremen-Nord komme, fange ich immer im Norden an. Sehen Sie sich an, was wir auf dem Vulkan-Gelände erreicht haben, auf dem vor sieben Jahren, als der Bremer Vulkan in Konkurs gegangen ist, zuletzt noch 1700 Menschen gearbeitet haben! Da haben ja einmal 5000, 6000 Menschen gearbeitet, Hasso Kulla weiß das von uns am besten. Jetzt arbeiten auf diesem Gelände wieder Menschen, 1200 Menschen, aber nicht in einem, sondern in 59 Unternehmen.
Das beschreibt den Erfolg, aber gleichzeitig auch die Aufgabe, nämlich die Aufgabe, dass wir Arbeitsplätze sehr kleinteilig, sehr mühsam schaffen müssen. Dass wir unsere Wirtschaftsstruktur verändern müssen, erlebt jeder, der in die alten Hafenreviere geht. Wer alter Bremer ist oder noch nicht so alt, aber hier geboren ist, dem kommen die Tränen, sagen manche, wenn er durch diese alten Hafenreviere geht und sich erinnert, was hier einmal war. Dort kann man sich doch die Notwendigkeit, aber auch die Ansätze und den Erfolg der Umsteuerung in unserer
Wirtschaftsstruktur ansehen. Technologiepark, Universität, darüber reden wir doch auch als Erfolg. Airport-City, darüber reden wir als Erfolg. Maritime Biotechnologie in Bremerhaven, ein Erfolg!
Wir machen doch zweierlei, und das ist auch richtig. Wir knüpfen an unsere Stärken an, die in Bremerhaven zum Beispiel darin liegen, dass wir Seehafen sind, dass wir Kreuzfahrtan- und -abreisestation sind, deswegen haben wir einen Kreuzfahrtterminal geschaffen, und wir arbeiten daran, dass wir, um unsere Strukturen zu verändern, City of Science werden. Deswegen IUB, deswegen Technologiepark!
Herr Eckhoff, worum es geht, ist, dass wir unsere Sanierungspolitik so weiterentwickeln, dass wir das Ziel erreichen, das ich beschrieben habe, mit den beiden Teilen Haushaltsnotlage überwinden und Wirtschaftsstruktur so gestalten, dass wir auf dieser Struktur eine gesicherte Grundlage haben. Darüber müssen wir nachdenken. Ich erwarte von Ihnen, Herr Eckhoff, nicht nur eine Aufzählung von Erfolgen, die da sind, sondern auch die Kreativität für neue Vorschläge für die Zukunft. Die fehlen bei Ihnen total!
Stichwort Gewerbeflächenpolitik: Ihnen fällt nur ein, hektarmäßig an dieses Problem heranzugehen. Gehen Sie doch einmal so heran, dass Sie sich ein Beispiel an uns nehmen, wenn ich das unbescheiden sagen darf, und entwickeln Sie ein Konzept, wie wir zum Beispiel den Technologiestandort Bremen und Bremerhaven so weiterentwickeln, dass die Menschen sich einerseits in der Stadt wohl fühlen, Arbeitsplätze finden und die Qualitäten dieser Stadt erhalten bleiben!
Dann werden Sie merken, hoffentlich jedenfalls, dass Ihr Verständnis von Wirtschaftspolitik antiquiert ist und dass das, was andere sagen, lasst uns vernetzte Strukturen in dieser Stadt schaffen, lasst uns auf die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft an verschiedenen Standorten in Bremen und Bremerhaven setzen, die moderne Wirtschaftspolitik ist, die dazu führt, die urbanen Qualitäten zusammenzubringen, die Leben, Wohnen, Arbeiten heißen und in einem solchen Konzept gegründet sind. Ich lade Sie ein mitzumachen, Herr Eckhoff!
Dann habe ich noch zwei Stichworte in Erinnerung, Hemelinger Tunnel und Sanierung Hemelin
gen. Herr Eckhoff, mit aller Zurückhaltung, das ist unverschämt, was Sie hier behauptet haben!
Es ist unverschämt, dass Sie sich diesen fraglosen Erfolg vor das Tor legen und sagen, das ist unserer gewesen. Soviel Souveränität muss bitte schön sein, daran haben wir gemeinsam gearbeitet.
Aber es gibt einen Erfolg, den hängen wir uns ganz allein ans Revers, das ist zum Beispiel die Linie vier.
Gut, wir nehmen die Grünen mit ins Boot, das wollen wir gern tun, meine Damen und Herren. Aber ich erinnere mich doch noch gut, was wir hier für Debatten hatten, dass diese große Koalition, wenn es nur nach der Meinung Einzelner gegangen wäre, beinahe nicht zustande gekommen wäre – ich mache dazu jetzt keine Fußnote, ob das gut oder schlecht gewesen wäre –, weil Sie die Linie vier nicht wollten und für eine Katastrophe gehalten haben. Sehen Sie sich an, was daraus geworden ist! Es ist eine tolle Sache. Gut, dass sie gebaut worden ist, gut, dass die Widerstände der CDU überwunden worden sind, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss meines zweiten Beitrages, vielleicht gibt es auch noch einen dritten Beitrag.
Meine Damen und Herren, ich glaube, um da noch einmal mit Herrn Senator Hattig zu sprechen, eine richtige Analyse aufgrund einer sorgfältigen Betrachtung der Fakten, nicht der Kommentare, zu machen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, aus Fehlern auch zu lernen, auch das ist selbstkritische Politik, und auch das gehört zu einer erfolgreichen Politik. Dann auf der Grundlage der Fakten und der gewonnenen Erfahrungen Sanierungspolitik weiterzuentwickeln, ich glaube, wir haben dafür gute Rezepte und sind bereit, sie nach dem 25. Mai auch umzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass sich die Bürokratie und ihre Vorschriften nicht immer zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger entwickelt haben und dass sich die Bürokratie gern mit sich selbst beschäftigt, das sind so fast unser aller Erfahrungen. Das findet man auch sehr schnell bestätigt, wenn man sich einmal in die Tiefen oder, besser gesagt, die Untiefen des bremischen Rechts begibt. Da findet man eine Menge schöner Beispiele dafür, wie die Bürokratie uns erschlägt.
Wem zum Beispiel leuchtet ein, dass man auf unseren Wochenmärkten Porzellan nicht verkaufen darf, dafür aber irdenes Geschirr, und wer kontrolliert das vor allem? Wer braucht – ein weiterer Fund – eine Bremische Verordnung über das Abfüllen, Aufbewahren und Verausgaben von Ballons in Geschäftshäusern aus dem Jahre 1925? Ich könnte die Reihe fortsetzen. Daran erkennen Sie jedenfalls, dass wir Initiativen zum Bürokratieabbau schon in dem Sinne brauchen, dass wir uns mit den Vorschriften beschäftigen, die wir im bremischen Recht vorfinden.
Nun gibt es solche Initiativen zum Abbau von Bürokratie schon so lange, wie es Bürokratie gibt. Die Erfolge waren häufig durchaus zweifelhaft, jedenfalls haben die Erfolge allenfalls so lange angehalten, bis der Gesetzgeber, das heißt, wir oder der Senat mit seinen Vorschriften, wieder einen neuen Berg an Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften produziert hatte. Es ist nicht ganz so sinnvoll, nur alte Initiativen zum Bürokratieabbau zu wiederholen, sondern wir müssen einen neuen Anlauf mit neuen Ideen und neuen Instrumenten machen, und das wollen wir mit unserer Initiative, die wir – alles muss einen schönen Namen haben – Entrümpelungsinitiative nennen.
Meine Damen und Herren, der Koalitionsantrag enthält detaillierte Aufforderungen an den Senat, aber viel wichtiger noch ist, und deswegen will ich das vorweg sagen, dass wir auch selbst uns als Gesetzgeber in die Pflicht nehmen und uns selbst als Teil des Problems oder der Lösung zur Entbürokratisierung betrachten. Dafür vielleicht zwei Anregungen: erstens, dass wir als Parlament mehr als bisher danach fragen, was ist eigentlich aus dem, was wir beschlossen haben, geworden!
Was ist eigentlich in der Praxis die Wirkung von Gesetzen? Wir sind ja immer sehr stolz, wenn wir so etwas verabschiedet haben, und dann entschwindet das alles aus unserem Blick, und wir haben eigentlich nicht mehr richtig ein Interesse daran, was dann in der Praxis daraus geworden ist. Daraus folgt meine zweite Anregung, dass wir uns eben nicht nur ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
als Gesetzgeber, sondern eben auch als Gesetzeszurücknehmer verstehen sollten, das heißt, immer wieder danach fragen, was ist mittlerweile überflüssig, obsolet geworden. Das setzt eine regelmäßige Überprüfung voraus und dann auch, dass man die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zieht. Wir fordern in unserem Antrag den Senat auf, alle bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf ihre Notwendigkeit, Eignung und Angemessenheit sowie insbesondere auf ihre Belastungswirkung für den Mittelstand zu überprüfen. Wir fordern den Senat auf, Verwaltungsverfahren zu verkürzen, zu straffen und zu vereinfachen. Wir fordern, drittens, den Senat auf, auch im Bundesrat und bei der EU auf die Änderung nicht mehr zeitgemäßer oder im Übermaß reglementierender Vorschriften hinzuwirken. Das ist eher so das herkömmliche Instrumentarium. Das Neue ist, dass wir ein Instrument zum Bürokratieabbau vorschlagen, nämlich ein Verfallsdatum für alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften einzuführen. Das heißt, alle neuen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen auf fünf Jahre befristet werden. Das heißt nicht, dass wir wissen, nach fünf Jahren sind sie überflüssig, sondern diese Regelung zwingt uns dazu, spätestens alle fünf Jahre zu überprüfen, ob sie noch weiterhin Sinn machen. Wenn dann die Notwendigkeit, die Eignung und die Angemessenheit nachgewiesen sind, dann sollen sie eben auch weiter gelten. Das ist der Sinn dieser Idee, und ich glaube, damit kann man wirklich ein Stück mehr erreichen, als wir es mit den herkömmlichen Instrumenten geschafft haben.
Meine Damen und Herren, ein weiterer, hochinteressanter, neuer Ansatz beim Bürokratieabbau ist der vom Bundeswirtschaftsminister propagierte Vorschlag, Innovationszonen in Deutschland einzurichten. Nach diesem Vorschlag sollen für einen befristeten Zeitraum, gedacht ist an drei bis fünf Jahre, in bestimmten Modellregionen in Deutschland Öffnungsklauseln gegenüber dem geltenden Bundesrecht in Bezug auf Reformvorschläge zum Bürokratieabbau eingeführt werden. Dabei geht es darum zu zeigen, erstens, wie man Bürokratie abbauen kann, zweitens, wie Verfahren vereinfacht werden können und, drittens, auch wie man Kosten spart, wenn solche Ausnahmen vom Bundesrecht zugelassen werden. Dieser Vorschlag aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist in der Politik in Bremen, aber auch bei der Handelskammer auf großes Interesse gestoßen, denn darin besteht natürlich eine große Chance für das Bundesland Bremen, bürokratischen Aufwand zu mindern, hemmende Überregulierung, wo sie angezeigt ist, abzubauen und damit auch unsere Sanierungspolitik zu unterstützen.
Deswegen fordern wir in unserem Antrag den Senat auf, dass sich Bremen für die Ausweisung als Innovationszone bewirbt. Der Bundeswirtschaftsminister hat in einem Interview vor einigen Tagen darauf hingewiesen, wie weit wir in Bremen im Vergleich zu anderen Regionen schon sind, wie wir uns hier schon bereit machen, da mitzumachen. Jetzt kommt es darauf an, Vorschläge zu erarbeiten, in welchen Bereichen wir zum Testfeld für Bürokratieabbau werden wollen. Hierzu hat der Senat eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Handelskammer eingesetzt. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, Herr Dr. Schrörs, da sind wir uns sicherlich einig, dass unter anderem Vorschläge gemacht werden, um die Förderung von kleinen Unternehmern und Existenzgründern zu verbessern.
Es gibt, auch das will ich an dieser Stelle erwähnen, ein sehr konkretes Projekt, das der Bundestagsabgeordnete Volker Kröning dem Bundeswirtschaftsministerium bereits als ein mögliches Pilotprojekt einer solchen Innovationszone Bremen vorgestellt hat. Es geht um die Planungen für die Regionalstadtbahn Oldenburg–Nordenham–Bremen–Rotenburg. Wenn man sich diese Planungen ansieht, dann weiß man, dass nach geltender Rechtslage ein unglaublich kompliziertes Verwaltungsverfahren zu bewältigen ist, und zwar noch länderübergreifend. Anhand eines solchen Projektes lässt sich zeigen, dass es gelingen kann, Verfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und Kosten zu sparen. Ich glaube deswegen, dass dieses Regionalstadtbahnprojekt ein ganz hervorragender Anwendungsfall sein kann für den Abbau investitionshemmender Vorschriften.
Meine Damen und Herren, die Handelskammer hat auch eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht. Ich bin dafür, dass wir alles vorbehaltlos prüfen, was dann am Ende als unser Vorschlag für eine Innovationszone Bremen Richtung Bundeswirtschaftsministerium auf den Weg gebracht wird, aber eines muss man an dieser Stelle sagen: Man darf die Entbürokratisierung, den Bürokratieabbau nicht mit dem Abbau von Schutzrechten verwechseln.
Wir wollen einen Staat mit einem durchschaubaren, einem transparenten und einem effizienten Verwaltungsapparat, aber wir wollen auch einen Staat, der seinen Schutzpflichten gegenüber sozial Benachteiligten, gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, gegenüber der Umwelt, gegenüber Verbrauchern und so weiter auch wirkungsvoll nachkommen kann. Diesen Unterschied muss man bitte bei allen Debatten, die wir über den Bürokratieabbau führen, auch genau beachten, sonst ist man auf der falschen Spur! Wir sind aber, glaube ich, mit un
serem Antrag auf der richtigen Spur, und deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Kuhn hat die Kritik an Einzelpunkten dieses Resolutionsentwurfs in den Vordergrund gestellt. Ich teile sie weitgehend und komme darauf noch zurück, aber ich würde gern am Anfang doch den positiven Aspekt dieses Resolutionsentwurfs und insgesamt dieses Prozesses noch einmal ansprechen.
Ich habe bereits in unserer Debatte im September gesagt, dass ich es für einen guten Ansatz der Landtagspräsidenten gehalten habe, dass sie die Reform des Föderalismus eben auch zu einer Angelegenheit der Landesparlamente gemacht haben und mit diesem Konvent am 31. März 2003 eben dafür sorgen wollen, dass die Landesparlamente in dieser wichtigen Reformdebatte zu Wort kommen und möglichst dann auch mit einer Stimme sprechen sollen.
Ich glaube, man muss sagen, und da deckt sich sicherlich unsere Einschätzung, Herr Dr. Kuhn, dass der Weg zu einer solchen Reform erstens noch ein ganz weiter und zweitens noch ein ganz schwieriger ist, denn die Landesparlamente sind eben nur eine Stimme in diesem Diskussionsprozess. Die Ministerpräsidenten, auch davon haben Sie gesprochen, müssen und werden ihre Position festlegen. Die Bundesregierung und der Bundestag sind weitere maßgebliche Akteure in diesem Prozess, und das Ganze muss schließlich in die europäische Integration und in die europäische Verfassungsdiskussion eingebunden sein.
Der Föderalismuskonvent in Lübeck am 31. März 2003 wird durch eine Resolution, und das ist, glaube ich, schon ein Wert an sich, unterstreichen, dass sich die Landesparlamente an dieser Debatte auch weiterhin beteiligen werden. Diese Resolution wird die Richtung aufzeigen müssen, in die diese Debatte geht, aber sicherlich noch nicht in allen Einzelheiten diese Richtung beschreiben können.
Das Verfahren, in dem diese Resolution erarbeitet wird, ist durchaus ein kompliziertes. Wir reden hier im Landtag darüber, wie in allen anderen Landtagen darüber debattiert wird, die Präsidenten haben eine Runde, die Frage, wie wir zu Veränderungen kommen, wird sicherlich in den Fraktionsvorsitzendenkonferenzen von CDU, Grünen und SPD noch weiter bewegt werden. Ich kann Ihnen nur aus der letzten SPD-Fraktionsvorsitzendenkonferenz berichten, ohne die Vertraulichkeit aufzuheben, dass dort überwiegend nicht die Farbe des Parteibuches die Richtung bestimmt, sondern ähnlich, wie Sie es beschrieben haben, die einzelnen, die deutlich wahrgenommenen Interessen der Länder.
Das ist eine Diskussion aus Länderinteresse. Das ist aber auch nicht schlimm, denn wir nehmen hier ja auch bremische Interessen war. Unter dieser Überschrift, den Prozess im Grundsatz zu begrüßen, und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
richtig, aber wir nehmen auch bremische Interessen wahr, mache ich mich an diesen Resolutionsentwurf und frage, was da richtig beschrieben und was zu verändern ist. Ich halte zunächst einmal für richtig, dass der Resolutionsentwurf ein deutliches Bekenntnis zum Föderalismus abgibt und diese Reformnotwendigkeit, die er beschreibt, verknüpft mit der Forderung nach einer Stärkung der Landesparlamente, denn dabei geht es, ich habe es in der letzten Debatte schon gesagt, nicht um die Sicherung von Arbeitsplätzen der Abgeordneten, sondern dabei geht es um ein Grundprinzip des Parlamentarismus, und das ist die bürgernahe Aufgabenerledigung, und die ist insbesondere bei der Gesetzgebung gefragt.
Wenn man das teilt und unterstützt, dann folgt daraus natürlich eine Stärkung der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Ich habe Zweifel, ob das, was hier vorgeschlagen ist, also eine Vorranggesetzgebung der Länder, eine umgekehrte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz der Weisheit letzter Schluss ist. Darüber kann man sicherlich streiten.
Notwendig ist bestimmt, dass die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes in einem gewissen Umfang aus der konkurrierenden und aus der Rahmenkompetenz überführt werden in Landeszuständigkeit. Ich teile aber, und da komme ich zu Ihrem ersten Kritikpunkt, Herr Dr. Kuhn, ganz ausdrücklich Ihre Auffassung, dass es falsch wäre, in erster Linie aus Kritik an den Inhalten jetzt schon einen Kompetenzkatalog zu beschreiben und zu übernehmen, wie er hier in diesem Resolutionsentwurf vorgesehen ist.
Meine Damen und Herren, wenn man sich anschaut, was da vorgeschlagen wird, dann darf man an der Sinnhaftigkeit schon sehr zweifeln. Dass das Versammlungsrecht nicht mehr bundeseinheitlich geregelt werden soll, sondern in die Länderkompetenz überführt werden soll, erschließt sich mir nicht als sinnvoll. Ich habe auch große Zweifel, nein, eigentlich keine Zweifel, eine ablehnende Haltung, dass wir eine Besoldungs- und Versorgungsregelung im Grundgesetz haben, die die Frage, wie im öffentlichen Dienst bezahlt werden soll, in die Kompetenz der Länder gelegt wird. Ich halte es im Übrigen auch für falsch, eine solche Öffnungsklausel für die Länder herbeizuführen.
Ich darf aber einmal hier zur Beruhigung aller darauf hinweisen, dass gewisse Diskussionen auch von der Realität eingeholt oder überholt werden. Die Ministerpräsidenten hatten Ende letzten Jahres einen heftigen Aufschlag in diese Richtung gemacht, aber damals war ja schon absehbar, dass das nicht lange halten würde. Mittlerweile ist das, glaube ich, von der politischen Tagesordnung verschwunden, und ich füge hinzu, das ist auch richtig so.
Der zweite Punkt, Herr Dr. Kuhn, den Sie angesprochen haben, die Rückführung von Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern: Da empfiehlt sich in der Tat, das sehe ich genauso, eine sorgfältige Prüfung, was das eigentlich für uns bedeutet. Hochschulbau, Wirtschaftsstruktur, Küstenschutz, das sind die wichtigen Bereiche, von denen Bremen profitiert hat. Solche Regelungen dürfen sicherlich nicht dazu führen, dass wir dort Einbußen hinzunehmen haben.
Der dritte Punkt, Sie sprachen dieses neue und etwas veränderte System der Bundesratsbeteiligung an: Ich teile auch dort Ihre Auffassung, überflüssig! Der vierte Punkt, die Kompetenzkammer auf europäischer Ebene: Das ist sicherlich eine bürokratische Fehlgeburt, das sehe ich ähnlich, die sollten wir nicht unterstützen.
Die Frage, die man stellen muss, Herr Dr. Kuhn, ist, wie dieser Prozess weitergeht. Ist mit dem 31. März, wenn in Lübeck kraftvoll eine Resolution beschlossen worden ist, der Prozess der Beteiligung der Länderparlamente beendet, oder wird er fortgesetzt?
Haben die Länderparlamente einmal die Fahne hochgehoben und beteiligen sich dann nicht mehr daran? Darüber, glaube ich, muss man im Einzelnen noch reden.
Ich würde im Übrigen vorschlagen, auch dem Kollegen Eckhoff vorschlagen, dass wir bis zum 28. Februar, wenn wir also die entsprechenden Änderungsvorschläge hier abgeben sollen, im Kreis der Fraktionsvorsitzenden oder Fraktionsbeauftragten noch einmal darüber reden, mit welchen Bitten wir den Präsidenten der Bürgerschaft in die nächste Abstimmungsrunde schicken, damit wir am Ende mit einer möglichst einheitlichen bremischen Position, die die bremischen Interessen nachdrücklich vertritt, dann auch auftreten können. Das ist, glaube ich, unsere Aufgabe in diesem ganzen Verfahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich mich eben gemeldet habe, bin ich von meiner Aggression geleitet worden, die ich entwickelt habe während der Rede. Jetzt stehe ich hier vorn und will mich von meiner freundlichen Seite leiten lassen. Wir hören Herrn Senator Hattig immer gern zu, und manchmal ist es ja auch sehr lehrreich, und unterhaltsam ist es im Regelfall, aber es entspricht nicht einer Aktuellen Stunde, was wir eben gehört haben.
Jetzt gibt es zwei Alternativen: Ich nutze die Redezeit aus, die wir wegen des Überziehens durch den Senat haben, oder aber ich beschränke mich auf die Bemerkung, ich möchte eigentlich nicht, dass sich so etwas wiederholt, sondern dass wir von dem Instrument der Aktuellen Stunde so Gebrauch machen, wie es in der Geschäftsordnung vorgesehen ist und wie es sinnvoll ist, und dabei will ich es belassen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die große Koalition ist 1995 als Sanierungskoalition angetreten. Bürgermeister Perschau hat in einem heute erschienenen Interview geäußert, das Sanierungsziel bleibt erreichbar. Ich würde dem gern erstens hinzufügen: Angesichts der dramatischen Einnahmeverluste aller öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik wird das ein äußerst anstrengender Weg, aber es lohnt sich, diese Anstrengung auf uns zunehmen.
Zweiter Punkt: Jenseits aller Faktoren auf dem Sanierungsweg, die wir von Bremen aus nur wenig oder etwa gar nicht beeinflussen können, bleibt es richtig und notwendig, dass wir unbeirrbar unseren Eigenbeitrag auf diesem Sanierungsweg leisten müssen. Über die Rezepte für diesen Eigenbeitrag kann man wetteifern und auch streiten, vielleicht auch heute, aber dass dieser Eigenbeitrag geleistet werden muss, das muss unbestreitbar sein. Im Übrigen entspricht das ja auch der Philosophie oder der Begründung, weshalb wir überhaupt Hilfe des Bundes bekommen, 1992, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angelegt. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe, also muss man diese Selbsthilfe auch leisten.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist doch völlig klar, dass Sparen und Investieren unsere Handlungsmaximen nicht nur waren, sondern auch bleiben werden, denn unser Ziel ist, so haben wir es gestern auch in der Debatte zum ISP ja doch nahezu einmütig festgestellt, die Wirtschafts- und Finanzkraft des Landes zu stärken, seine Eigenstaatlichkeit zu sichern und die Attraktivität der Städte Bremen und Bremerhaven zu festigen und zu erhöhen. Dieser Sanierungskurs ist erfolgreich. Ein Blick auf die Entwicklung des Wirtschaftswachstums und auch der Arbeitslosenzahlen zeigt, dass sich Bremen in den vergangenen Jahren deutlich positiver entwickelt hat als der Bundesdurchschnitt. Wir sind also auf dem richtigen Weg.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat schon 1999 den Blick darauf gelenkt und übrigens auch einen Beschluss der Bürgerschaft herbeigeführt, dass die Stärkung von Wirtschafts- und Finanzkraft und positive Wirkungen am Arbeitsmarkt gleichermaßen wichtige Kriterien für die Bewertung des Sanierungsergebnisses sind.
Meine Damen und Herren, wir stellen fest, dass inzwischen die Abschätzung von Arbeitsmarkteffekten ganz selbstverständlich zur Vorbereitung jeder Investitionsentscheidung gehört. Deshalb, und das sage ich aus gegebener Veranlassung, lassen wir uns von niemandem vorwerfen, wir würden die Bedeutung der Arbeitsplätze für die Sanierung Bremens und Bremerhavens unterschätzen.
Das Gegenteil ist richtig, übrigens auch deshalb, weil Sozialdemokraten wissen, dass Arbeitslosigkeit nicht allein eine ökonomische Größe ist, sondern dass es etwas mit Teilhabe am Erwerbsleben und Ausgrenzung von Menschen zu tun hat.
Meine Damen und Herren, aber neue Arbeitsplätze – –.
Darüber können wir gern streiten, Herr Pflugradt! Die Exegese des Textes, glaube ich, führt zu meinen Gunsten.
Neue Arbeitsplätze allein reichen nicht aus, um das Sanierungsziel zu erreichen, und weil das keine ganz neue Erkenntnis ist, hat sich die SPD-Fraktion Anfang 2001 für eine Neujustierung des Sanierungsprogramms zugunsten der Wohn- und Lebensqualität im Lande Bremen ausgesprochen. Die anfängliche Aufregung darüber hat sich weitgehend gelegt. Ich stelle fest, heute sind sich alle politischen Akteure einig, dass neue Einwohner für den angestrebten Sanierungserfolg ebenso entscheidend sind wie zusätzliche Arbeitsplätze.
Meine Damen und Herren, so sehen wir uns bestätigt und unterstreichen den Ausgangspunkt im Bericht der Steuerungsgruppe der Staatsräte, dass Arbeitsplätze und Einwohner über den Erfolg der Sanierung entscheiden. Die Ausgangszahlen sind bekannt, auch gestern genannt worden, aber ich will sie noch einmal erwähnen. Jeder neue Einwohner bedeutet rund 3000 Euro und jeder neue Arbeitsplatz rund 700 Euro steuerabhängige Mehreinnahmen für die bremischen Haushalte. Von daher ist es auch richtig, die zentrale Aufgabe der bremischen Politik darin zu sehen, Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen und Einwohner an Bremen zu binden und neue zu gewinnen.
Meine Damen und Herren, unsere Politik muss Bremen und Bremerhaven als Wirtschaftsstandorte stärken, für beide Städte ortsansässige und auswärtige neue Investoren gewinnen, Wissenschaftsinformation und Verkehrsinfrastrukturen optimieren, Wissenstransfer und Innovationen im Lande Bremen fördern und so Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen. Daran gibt es doch gar keinen Zweifel, dass das die Bedingungen für die Fortführung der erfolgreichen Sanierung sind.
Auch daran, dass neue Arbeitsplätze eine unverzichtbare Bedingung für eine positive Einwohnerentwicklung sind, kann es keinen Zweifel geben. Zuwanderungsgewinne aus anderen Regionen weisen nur die Großstädte auf, die wirtschaftsstark und dynamisch sind, Köln und Hamburg sind Beispiele. Arbeitsplätze sind also die Voraussetzung für die Gewinnung von Einwohnern, oder andersherum gesagt,
das wissen wir aus leidvoller Erfahrung, Arbeitsplatzverluste gehen einher mit Einwohnerverlusten.
Meine Damen und Herren, aber, und auch das ist eine wichtige Erkenntnis des Berichts, Arbeitsplatzgewinne bewirken nicht automatisch Einwohnergewinne. Die Wirkungszusammenhänge von Arbeitsplatz- und Einwohnerentwicklung beziehen sich eben nicht auf die engen Grenzen des Arbeitsortes, sondern auf die jeweilige Arbeitsmarktregion. Die reicht aufgrund der gestiegenen Mobilität weit über die Grenzen unserer Freien Hansestadt Bremen hinaus.
Innerhalb der Arbeitsmarktregion Bremen ist erfreulicherweise ein Zuwachs an Arbeitsplätzen zu verzeichnen, wozu unser Wirtschaftspolitisches Aktionsprogramm, WAP, und auch das Investitionssonderprogramm, ISP, einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet haben. Dennoch, meine Damen und Herren, das belegt der Bericht, die Zahl der Einwohner ist auch in dieser Phase zurückgegangen. So schrumpfte die Bevölkerung der Stadt Bremen von 1994 bis 2001 um überdurchschnittliche 3,3 Prozent, und zugleich haben sich die Pendlerverflechtungen mit dem Umland intensiviert.
Meine Damen und Herren, jeden Morgen kommen allein nach Bremen rund 130 000 Menschen, die hier ihren Arbeitsplatz haben und nach der Arbeit wieder nach Hause fahren, vorzugsweise nach Niedersachsen. 130 000 Menschen, das ist die Dimension einer Großstadt. Bedenkt man, dass diese Frauen und Männer oft eine Familie haben, wird klar, dass es sich keineswegs um die Dimension einer kleinen Großstadt handelt. Diese Menschen zahlen ihre Steuern ganz überwiegend in Niedersachsen.
Vor diesem Hintergrund ist doch völlig eindeutig, dass es für Bremen und Bremerhaven eben nicht ausreicht, die Zahl der Arbeitsplätze zur alleinigen, ich betone zur alleinigen, und damit zur alles entscheidenden Größe zu machen, um unsere Einwohnerentwicklung positiv zu entwickeln. Ich bin fest davon überzeugt, wir müssen unsere Anstrengungen um Arbeitsplätze dadurch ergänzen und erweitern, dass wir einen ausdrücklichen Wettbewerb um Einwohner führen, meine Damen und Herren!
Das ist doch völlig klar, insofern stehen wir in direkter Konkurrenz zu den Umlandgemeinden, die immer noch Einwohnerzuwachs haben. Wir brauchen stärker als bisher, so ist meine Überzeugung, eine Gegenstrategie, die die urbanen Aspekte Bremens und Bremerhavens in den Mittelpunkt stellt, die auf die Attraktivität unserer Städte und des städtischen Lebens setzt. Man kann auch sagen, wir wollen für Bremen und Bremerhaven begeistern, meine Damen und Herren!
Unter dieser Überschrift, und das ist der Ansatz meiner Kritik, wobei ich immer davon ausgegangen
bin, ein solcher Bericht ist angelegt auf Debatte, auf Diskussion, auf Anregung und nicht nur auf sofortige handaufhebende Zustimmung,
stellt der Bericht zwar die Wichtigkeit attraktiver Wohnungsangebote heraus, begnügt sich aber im Übrigen mit einer bloßen Auflistung aller nur denkbaren Aufgaben von Stadt und Land! Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die Bereiche Umwelt, Natur, innere Sicherheit, Sport, Freizeit, Kultur, Kinderbetreuung werden auf nicht einmal drei Seiten des immerhin 74 Seiten umfassenden Berichts abgehandelt. Hier stellt sich – Aufgabe nach dem Vorwort des Berichts sollte die Prioritätensetzung sein – in der Tat die Frage nach der Prioritätensetzung.
Ich sage ganz offen, aus unserer Sicht ist das nicht die richtige Gewichtung.
Meine Damen und Herren, wenn man die Analyse des Berichts ernst nimmt, und das tue ich, ich halte die Analyse auch für verdienstvoll, dann brauchen wir mehr. Wir müssen einen ausdrücklichen Schwerpunkt setzen mit einer Politik für Lebens- und Wohnqualität,
für soziale Infrastruktur, für Bildung und Ausbildung, für kulturelle Vielfalt, also mit allem, was erst in der Summe die Attraktivität von Städten ausmacht.
Eines, meine Damen und Herren, muss doch nach diesem Bericht klar sein. Investitionen in die Qualität der Stadt sind keine Sahnehäubchen auf einem rigiden Sparkurs, sondern sind wichtige, notwendige integrale Bestandteile einer richtig verstandenen Sanierungsstrategie.
Deshalb sage ich, das Sanierungskonzept muss ergänzt werden, das Anschlussinvestitionsprogramm werden wir nach meiner Überzeugung so ausrichten müssen, dass öffentliche Investitionen gleichermaßen der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Gewinnung von Einwohnern dienen. Dabei ist für mich die Aufwertung unserer Stadtteile ein ganz zentrales Element im Konzept der Einwohnergewinnung.
Meine Damen und Herren, niemand kommt nur nach Bremen, sondern immer auch in einen konkreten Stadtteil mit spezifischem Profil und Image. Deshalb müssen wir ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der ganzen Stadt legen, auf City und
Stadtteile. Das wird nach meiner Überzeugung eine wichtige Aufgabe der nächsten Legislaturperiode sein.
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Sanierungskurs heißt nicht, stur geradeaus zu fahren, sondern Sanierungskurs bedeutet, das angepeilte Ziel im Auge zu behalten und die eingeschlagene Richtung, wo nötig, zielorientiert zu justieren. Das ist sicher keine leichte Aufgabe, aber ich glaube, wir brauchen den Mut, den Sanierungskurs und das Problem in diesem Sinn energisch anzugehen, denn es gibt für Bremen und Bremerhaven nach meiner Überzeugung keine Alternative.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Falls Herr Senator Lemke diese Debatte verfolgt, sollte man ihm allerdings auch mitteilen, dass die Verantwortung für diese Panne von der Senatskanzlei übernommen worden ist. Das wird ihn, glaube ich, erheitern.
Im Übrigen hat der Staatsrat diese technische Panne elegant behoben. Ich fand das schon spannend, dass man so erfährt, dass in der Nacht Opposition und Regierung miteinander telefonieren. Der Inhalt wäre auch noch interessant. Das Thema ist aber, glaube ich, zu wichtig, als dass wir uns jetzt mit der technischen Frage aufhalten sollten, sondern wir sollten zum Inhalt kommen.
Meine Damen und Herren, der Wissenschaftsstandort Bremen und Bremerhaven ist ein junger Standort. Die Hochschulen unseres Landes sind, gemessen an den Maßstäben der traditionsreichen Universitätsstädte, noch immer neu. Ihre Geschichte ist dennoch eine durchaus wechselvolle. Wie alles Neue mussten und müssen sie sich ihr Profil, ihre Nische im Wissenschaftsleben Deutschlands und im Zuge der Globalisierung natürlich auch in der weltweiten Science community erst erkämpfen. Sie haben sich bei diesen Kämpfen auch manch blutige Nase geholt, weil die Etablierten diese Räume nicht so ohne weiteres freimachen wollten oder weil sie zu Anfang vielleicht auch manchmal zu ungestüm waren. Das wollen wir durchaus auch sehen.
Bremen war und ist mutig. Es gilt, auch in der Wissenschaftspolitik neue Wege zu beschreiten, und dass man dabei auch einmal Umwege in Kauf nehmen muss, das liegt eben auch im Wesen von Pionierleistungen. Aber mutig ist Bremen gewesen, als unsere politischen Vorfahren 1971 beschlossen, die Universität zu gründen. Dass sie sich zunächst vor allem den Geistes- und Sozialwissenschaften wid––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
meten, ergab sich nicht zuletzt aus der Gründungsgeschichte, nämlich der Entwicklung der Universität aus der bestehenden Pädagogischen Hochschule heraus. Darin und auch im Zeitgeist begründet war sie als Reformuniversität geplant als bewusster Gegenentwurf zu den traditionellen Hochschulen.
Dass diese Ausrichtung der Universität das Label „Rote Kaderschmiede“ eingebracht hat, hat hierin seinen Ursprung. Ich bin aber davon überzeugt, auch ohne diese aus heutiger Sicht sicherlich in vielerlei Hinsicht überzogene Alternativausrichtung hätte der etablierte deutsche Wissenschaftsbetrieb die Bremer Neugründung nicht gerade mit Begeisterung begrüßt, denn wer freut sich schon über einen zusätzlichen Konkurrenten?
Ich habe über Umwege und Fehlentwicklung gesprochen. Zu unserer Verantwortung stehen wir auch hier, aber ich bin als Sozialdemokrat stolz darauf, dass wir es waren, die dann auch rechtzeitig die Kraft zur Umsteuerung gefunden und bewiesen haben. Dass wir diese Kraft, neue Wege zu gehen, immer noch haben, das beweist nicht zuletzt die Gründung der Internationalen Universität Bremen, meine Damen und Herren!
Ich glaube, wir können mit Fug und Recht sagen, wir und die für die und in den Hochschulen des Landes arbeitenden Menschen können stolz auf das bisher Erreichte sein.
Ich habe mir einmal die Meldungen nur des letzten Vierteljahres heraussuchen lassen, um deutlich zu machen, wo wir heute stehen. Nur beispielhaft möchte ich ein paar Überschriften, wie gesagt, des letzten Vierteljahres aus den Medien zitieren: „Bremer Wissenschaftler zum Honorarprofessor der TU Clausthal ernannt“, „Bremens Mangrovenforschung weiterhin auf Erfolgskurs“, „Internationaler Studiengang Steuer- und Wirtschaftsrecht zum Wintersemester erfolgreich gestartet“, „Hohe Auszeichnung: Professor Wolfgang Eichwede erhielt Ungarischen Staatspreis“, „Masterstudiengang zur Tropenökologie für fünf Jahre akkreditiert, als vorbildlich eingestuft“, „Mehr Studienbewerber an der Universität Bremen“, „Eine Woche Wissenschaftssommer und eine Nacht zum Staunen und Feiern“, „Professor Dr. Jürgen Timm erhält Senatsmedaille für Wissenschaft und Kunst“, „Technologiezentrum Informatik gewinnt internationalen Innovationspreis“, „Politikwissenschaft ein Bremer Aushängeschild“, „In der Forschung liegt Bremen unter deutschen Universitäten an der Spitze“, „Hochschul-Länder-Ranking: Bremen Spitze in der Forschung“.
Wie gesagt, meine Damen und Herren, das sind ausschließlich Meldungen des letzten Vierteljahres.
Ich denke, dies macht offenkundig, der Weg der großen Koalition unter Führung der sozialdemokratischen Wissenschaftssenatoren, für den Strukturwandel der bremischen Wirtschaft auf die Wissenschaft zu setzen, ist richtig, meine Damen und Herren.
Die Überschrift unserer Großen Anfrage „Wissenschaft in Bremen und Bremerhaven – Motor des wirtschaftlichen Strukturwandels“ ist eindeutig und eine unbestreitbare Feststellung. Die gewaltige Kraftanstrengung, die dahinter steht, machen aber erst die Zahlen deutlich, und deswegen will ich sie nennen. Die Ausgaben für den Wissenschaftssektor haben wir von zunächst 139,2 Millionen Euro im Jahr 1990 auf 222,7 Millionen im Jahr 2001 gesteigert. Das macht also einen Zuwachs von fast 60 Prozent aus. Sicherlich ist mit dem Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur und den sich daraus ergebenden Erfolgen auch ein nicht zu unterschätzender Imagegewinn für den Standort Bremen und Bremerhaven verbunden, der mit dem Fallturm und dem Universum im Technologiepark auch seine äußerlich sichtbaren Symbole vorweisen kann.
Meine Damen und Herren, die Investitionen in Wissenschaft, das belegt die Antwort des Senats in beiden Fassungen, rentieren sich für die Wirtschaft des Landes aber auch ganz unmittelbar. Nur dort, wo neues Wissen durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure entsteht, erhöhen sich das Forschungs- und Entwicklungspersonal und die regionale Wettbewerbsfähigkeit. Ich darf aus der Antwort des Senats zitieren: „Humankapital, Innovation und die Vernetzung der am Innovationsprozess beteiligten Akteure sind für die regionale wirtschaftliche Entwicklung entscheidend.“ Soweit der Senat in seiner Antwort!
Das, wofür der Technologiepark an der Universität steht, ist ohne Zweifel sichtbarer und erlebbarer wirtschaftlicher Strukturwandel, und das ist entgegen manch anderer Behauptung vor allem das Ergebnis sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik in Bremen.
Die Erfolgsgeschichte dieser Verknüpfung von Wissenschaft und von Wissenschaftlern initiierter wirtschaftlicher Tätigkeit setzt sich in Bremerhaven fort mit dem Alfred-Wegener-Institut, dem Technologietransferzentrum, dem künftigen Biotechnologiezentrum und dem Institut für Fischereiökologie, das, das
darf man an dieser Stelle auch erwähnen, dank des unermüdlichen Einsatzes der SPD-Bundestagsabgeordneten Ilse Janz nach Bremerhaven geholt werden konnte.
Herr Teiser, gewisse Wahrheiten muss man einfach aushalten können, das empfehle ich Ihnen!
Dass Sie nicht alles aushalten, das weiß ich auch!
Meine Damen und Herren, weil es mir ein Herzensanliegen ist, will ich hinzufügen, diese Erfolgsgeschichte wird und muss sich auch in Bremen-Nord mit der Internationalen Universität und dem SciencePark fortsetzen. Wir werden daran jedenfalls intensiv arbeiten.
Da eben die CDU so aufgeregt war,
vermute ich, dass Sie uns gleich in dieser Debatte erzählen werden, dass Sie diese Erfolgsgeschichte des Technologieparks unbedingt im Hollerland fortsetzen müssen, und ich antworte Ihnen darauf: Das ist Quatsch, meine Damen und Herren!
Erstens haben wir uns inzwischen ja auf eine Westerweiterung des Parks geeinigt. Zweitens macht es, wie die Beispiele Internationale Universität Bremen und Hochschule am Airport belegen, gerade ausgesprochen Sinn, hochwertige Wissenschaftseinrichtungen nicht nur an einem Standort zu bündeln, sondern sie als Impulsgeber an verschiedenen Standorten zu nutzen.
Das hat auch etwas mit dem neudeutschen Wort von der Clusterbildung zu tun, ein Ansatz, der bundesweit Beachtung findet und vielleicht auch von unserem Koalitionspartner noch etwas stärker ins Bewusstsein übernommen werden sollte.
Bevor ich auf einige besonders interessante Details der Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage eingehe, möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass es für diesen bremischen Erfolg auch der richtigen Rahmenbedingungen bedurfte und bedarf. Diese Rahmenbedingungen, und das gehört zu den weiteren Wahrheiten, wurden in Berlin von der rotgrünen Bundesregierung gesetzt, meine Damen und Herren.
Die Dynamik, die der Wissenstransfer aus den Hochschulen in die unmittelbare Schaffung von Arbeitsplätzen entfaltet hat, wäre ohne die ausgezeichnete Zukunfts- und Wissenschaftspolitik der rotgrünen Bundesregierung undenkbar gewesen.
Herr Teiser, ich rede jetzt nicht vom Dax oder vom Nemax,
sondern ich rede von dem, was die rotgrüne Bundesregierung in Bildung und Forschung investiert hat!
Diese großen Anstrengungen der Bundesregierung waren auch ein Signal für die Wirtschaft, ihrerseits ihre Anstrengungen zu verstärken.
Meine Damen und Herren, die Zahlen: Der Etat des Bundes für die Bildungs- und Forschungspolitik wurde seit 1998 um 21,5 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro in diesem Jahr erhöht.
Dies, nachdem die CDU-geführte Bundesregierung und ihr – ich glaube, so hieß es damals – Zukunftsminister zwischen 1993 und 1998 den Bildungs- und Forschungsetat um rund 360 Millionen Euro gekürzt hatten, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit!
Ebenso wichtig, wie zusätzliche Mittel bereitzustellen, war es, die überfälligen Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Jetzt können stärker Projekte und weniger Institutionen gefördert werden. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die Forschungser
gebnisse schneller in die Praxis umgesetzt werden können. Die Forschungspolitik der Bundesregierung verbessert ohne Zweifel damit die Rahmenbedingungen für Innovation und neue Arbeitsplätze entscheidend, und das soll auch in Zukunft so bleiben, meine Damen und Herren!
Die Bundesregierung hat 1998 nach der Bundestagswahl den erforderlichen Kurswechsel vorgenommen und die nötigen Reformen in Gang gesetzt. Damit gelingt es nun, die Kompetenzen in den zukunftsträchtigen Bereichen zu bündeln und durch eine stärkere Vernetzung und Arbeitsteilung zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen im In- und Ausland Synergien zu schaffen. Wir hier in Bremen und Bremerhaven spüren unmittelbar, dass dadurch die Kompetenzen bei den modernen Technologien gesteigert und die Marktchancen verbessert werden können.
Einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele stellt dabei auch die Umstellung der Forschungsförderung dar. Statt der bisherigen Förderung nach Gießkannenprinzip werden nun gezielt zukunftsfähige Schlüsselbereiche unterstützt, auch dies spüren die bremischen Einrichtungen unter anderem durch den erhöhten Zufluss von Drittmitteln ganz unmittelbar, meine Damen und Herren.
Es ist eine weitere Wahrheit, dass bei der Einwerbung von Drittmitteln die bremischen Einrichtungen Spitze sind, was, wie gesagt, ohne den Bund, der das Gros dieser Mittel zur Verfügung stellt, nicht möglich gewesen wäre.
Obwohl die regionalen Struktur- und Wachstumseffekte des Ausbaus der Forschungsentwicklungseinrichtungen nur sehr langfristig – man spricht von einem Timelag von sieben bis zehn Jahren – zu realisieren sind, verzeichnet die Wissenschaftspolitik doch bereits beachtliche Ergebnisse. Die Forschungseinrichtungen des Landes setzen zunehmend Impulse für den Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Hier sind beispielhaft zu nennen das MCB, Mikrosystem-Center Bremen, und das MeVisZentrum für medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung, das für Bremen den nach zahlreichen Prognosen weiter expandierenden Markt der Gesundheitswirtschaft erschließen könnte.
Hinzufügen muss man jedoch auch zahlreiche Forschungsbereiche, die für sich ökonomisch überaus sinnvoll Grundlagen- und Anwendungsforschung miteinander verknüpfen. Es ist vielfach selbstverständliches Alltagsgeschäft, in den Forschungsein
richtungen mit der Wirtschaft zu kooperieren. So kooperieren nach Angaben des Senats durchschnittlich 56 Prozent der Wissenschaftler aus bremischen Forschungsreinrichtungen mit Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen. 20 Prozent der Fördersumme der Bremer Innovationsagentur, BIA, gingen in Projekte mit wissenschaftlicher Beteiligung.
Um was es geht, möchte ich mit zwei Beispielen anschaulich machen: Die Wissenschaftsdeputation hat sich in der vergangenen Woche zum Beispiel mit der Investitionsmaßnahme Kapselkatapult für den Fallturm Bremen befasst. Der Laie staunt zunächst einmal und muss sich da kundig machen. Ich habe es getan. Es geht dabei darum, durch das Abschießen der Forschungskapsel die Zeit der Schwerelosigkeit gegenüber dem schlichten Fallenlassen zu verdoppeln. Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden, Herr Staatsrat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich halte es für außerordentlich verdienstvoll, dass die Präsidenten der Landtage die bereits auf Ministerpräsidentenebene geführte und begonnene Debatte zur Reform des Föderalismus aufgegriffen und auf die parlamentarische Ebene gehoben haben. Ich möchte ganz ausdrücklich unserem Präsidenten dafür danken, dass er dazu beigetragen hat.
Daraus folgt zugleich, dass die SPD-Fraktion selbstverständlich das Anliegen der Landtagspräsidenten unterstützt, eine solche Konferenz, von der hier schon mehrfach die Rede war, einen Konvent mit den Fraktionsvorsitzenden gemeinsam durchzuführen.
Herr Dr. Kuhn, es hatte schon eine besondere Art, dass der Vizepräsident der Bürgerschaft hier vor dem Plenum dem Präsidenten der Bürgerschaft Vorhaltungen macht in dieser Art wie geschehen. Ich sage Ihnen ganz offen und deutlich, ich halte das erstens für stillos und zweitens auch für ungerechtfertigt und weise das deswegen auch zurück.
Der Föderalismus ist, um einen berühmten Staatsund Verfassungsrechtler zu zitieren, Konrad Hesse, als Verfassungsprinzip Ausdruck der so genannten vertikalen Gewaltenteilung. Bei der Gewaltenteilung geht es immer um Machtbegrenzung. Dabei geht es nicht nur um das Verhältnis von Bund und Ländern. Wer sich die föderale Wirklichkeit in Deutschland in den letzten Jahren anschaut, weiß, dass der Föderalismus von einer ganzen Reihe von Akteuren bestimmt wird. Bund und Länder habe ich genannt, das ist selbstverständlich, aber natürlich Europa, die EU. Es gibt Leute, die sprechen von der Europäisierung des deutschen Föderalismus. Die Parlamente und Regierungen sind beteiligt, Flächenländer und Stadtstaaten haben sicher unterschiedliche Interessen, Geber- und Nehmerländer in den Finanzbeziehungen, die A- und die B-Länder und was man an Kategorien noch bilden kann. Wir erleben also ein sehr austariertes Kräfteverhältnis im Föderalismus, das aber auch immer wieder neu definiert werden muss.
Meine Damen und Herren, man kann sagen, dass es eigentlich kein demokratisches Land auf dieser Welt gibt, jedenfalls mir so nicht bewusst, das ein so verfeinertes, so ein hochziseliertes System von Machtteilung und Machtverschränkung aufweist wie Deutschland. Aber natürlich muss in einer solchen Debatte auch die Rede davon sein, dass das nicht nur ein Strukturprinzip ist, sondern dass genauso wichtig für den Föderalismus die Vielfalt, die Bürgernähe und die enge demokratische Beteiligung sind, die der Föderalismus ermöglicht und die ihn auszeichnen. Gerade wir in Bremen, wie wir immer sagen, als eine der ältesten Stadtrepubliken wissen diese Nähe doch zu schätzen. Wer wie ich einmal in einem anderen Bundesland während meines Studiums fünf, sechs Jahre gelebt hat, der weiß es doch zu schätzen, welche Nähe an Beteiligung wir hier haben.
Meine Damen und Herren, man muss darauf zu sprechen kommen, dass natürlich auch die Solidarität zwischen den Ländern, zwischen dem Bund und den Ländern zum Föderalismus gehört, und Bremen profitiert von dieser Solidarität. Wir haben doch mit unseren Sanierungsleistungen, die wir zugesprochen bekommen haben durch das Bundesverfassungsgericht 1992 aufgrund des so genannten bündischen Prinzips, das ist das der gegenseitigen Hilfeleistung oder ein Synonym für Solidarität, erfahren, was praktischer Föderalismus auch für uns bedeutet.
Übrigens, mit Solidarität, weil schon der Name eines Kandidaten hier gefallen ist, verträgt sich natürlich nicht, wenn ein Land wie Bayern einerseits über Jahrzehnte finanzielle Hilfen der Ländergemeinschaft in Anspruch nimmt, aber, wie dann 1999 geschehen, zur Attacke auf den Länderfinanzausgleich und damit auch auf Bremen ansetzt, wenn dieses Land Bayern aufgrund der Unterstützung und nachdem es die Unterstützung der anderen Länder über so viele Jahre gegeben hat, dann zum Geberland geworden ist. Das ist das Gegenteil von Solidarität. Das ist Eigennutz!
Aber, meine Damen und Herren, es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht 1999 diesen Anschlag des bayerischen Ministerpräsidenten auch auf Bremen abgewehrt hat, und gut ist auch, dass die Bremer wissen, was sie von dem bayerischen Ministerpräsidenten zu erwarten hätten.
Meine Damen und Herren, das föderale System hat Deutschland gut getan und eben auch Bremen als zwar kleinen, aber wichtigen Teil der bundesstaatlichen Ordnung. Ich teile deswegen ganz ausdrücklich die Einschätzung, die in der Entschließung der Landtagspräsidenten enthalten ist, die da lautet, ich zitiere: „Der Föderalismus ist ein solch hohes Gut, dass es der Anstrengung aller politisch Verant
wortlichen in der Bundesrepublik Deutschland wert ist, ihn zu erhalten, zu stärken und fortzuentwickeln.“
Was nicht unerwähnt bleiben darf, Herr Dr. Kuhn, Sie haben gesagt, wir reden in dieser Debatte im Wesentlichen über uns. Ich glaube das eigentlich nicht. Die Architektur des föderalen Systems in der Bundesrepublik Deutschland, wozu eben auch die Kompetenzen von Länderparlamenten gehören, beschreibt nicht nur die Arbeitsweise von Politik und Verwaltung, sondern in ihren Auswirkungen hat das natürlich etwas mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zu tun, denn selbstverständlich steht doch über allem der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger, dass überall im Bundesgebiet die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse gewahrt bleibt. So steht es im Grundgesetz, und so muss es auch Verpflichtung aller Politik sein, meine Damen und Herren.
Die Landtagspräsidenten sehen in ihrer Entschließung erheblichen Reformbedarf im Wesentlichen in drei Punkten, ich nenne sie noch einmal: erstens bei der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern im Bereich der Gesetzgebung, zweitens bei der Mischverwaltung und Mischfinanzierung von Bund und Ländern und drittens bei den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Auch insoweit, glaube ich, kann man den Landtagspräsidenten zustimmen.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier als Abgeordnete ehrlich sind, erfahren wir doch eigentlich in jeder Bürgerschaftssitzung den schwindenden Einfluss der Länderparlamente. Wenn wir uns auf unsere rein legislative Funktion beschränkten, also auf die Gesetzgebung, dann wären wir, so sage ich einmal voraus, in knapp einem Sitzungstag jeden Monat mit der Tagesordnung durch. Wenn ich richtig gezählt habe, so finden sich auf der Tagesordnung unserer heutigen und der morgigen Sitzung der Bürgerschaft von den etwa 25 Punkten drei, die die Gesetzgebung zum Gegenstand haben. Ich will damit nicht sagen, dass die übrigen Tagesordnungspunkte überflüssig oder unwichtig sind. Parlamentarismus ist nicht nur Gesetzgebung, aber dieser Hinweis auf die Tagesordnung beschreibt doch, glaube ich, wie sich die Schwerpunkte verändert haben, denn das war sicher einmal anders.
Ich glaube, man muss es so analysieren, dass die Landesparlamente, ich rede ausdrücklich von den Parlamenten, nicht von den Landesregierungen, sondern dass die Landesparlamente ohne Zweifel die Hauptverlierer der Strukturveränderungen im Föderalismus sind. Ich glaube, man kann sogar sagen, es gibt eine Erosion der Aufgaben und Kompetenzen der Länderparlamente. Das hat natürlich vielfältige Ursachen, die allerdings auch nicht immer ohne die Länderparlamente, sondern überwiegend auch mit den Länderparlamenten entstanden sind.
Der Bund hat auch aus guten Gründen immer mehr die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz ausgeschöpft und macht auch von seiner Rahmenkompetenz ausgiebigen Gebrauch. Auch dafür gibt es natürlich Gründe. Überdies kann man zunehmende vielfältige Verflechtungen zwischen dem Bund und den Ländern beobachten. Hier ist schon die Institution der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern genannt worden, aber wer will denn bestreiten, dass das, was dort der Gegenstand ist, auch wichtige Gemeinschaftsaufgaben sind? Hochschulbau zum Beispiel, regionale Wirtschafts- und Agrarstruktur oder etwa der Küstenschutz! Natürlich sind es Gemeinschaftsaufgaben.
Es gibt natürlich auch überhaupt keinen Zweifel, dass die europäische Einigung, übrigens nicht seit neuestem, sondern schon seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957, aber erst recht natürlich durch die weiteren Integrationsschritte in besonderem Maße Auswirkungen auf die föderale Struktur der Bundesrepublik hatte, und, da muss man kein Hellseher sein, auch in Zukunft weiter haben wird.
Auch das lässt sich sehr leicht illustrieren. Wenn man sich anschaut, dass zu den Aufgaben, die nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung ausschließlich oder vorwiegend den Bundesländern vorbehalten sind, die Bereiche Kultur, Medien, Bildung, Ausbildung, Umwelt, Gesundheit, Forschungs- und Technologiepolitik, die regionale Strukturpolitik, wenn man sich diese Bereiche anschaut und sieht zugleich, dass die EU auf allen diesen Feldern eigene Maßnahmen zumindest ergreifen kann, dann führt das dazu, dass der Handlungsspielraum der Bundesländer natürlich deutlich eingeschränkt ist und auch noch eingeschränkt werden kann. Ich denke, auch das erleben wir tagtäglich.
Meine Damen und Herren, wenn wir nach diesem Befund sagen, die Kompetenzen der Landesparlamente müssen gestärkt werden, dann ist das weder gegen Europa gerichtet noch geht es darum, die Arbeitsplätze von Landtagsabgeordneten zu sichern. Es geht vielmehr darum, ein wichtiges Grundprinzip des Föderalismus neu zu beleben und in den Vordergrund zu rücken, und das ist, jenseits der Architekturfragen unserer Republik, die bürgernahe Aufgabenerfüllung, die dem Föderalismus als Prinzip zugrunde liegt.
Dazu gehört natürlich selbstverständlich auch die Gesetzgebung als Regelfall.
Ich glaube, dem Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland als Bundesstaat, auch Bremen, wäre nicht gedient, wenn die Bundesländer lediglich ein dichtes Netz nationaler und europäischer Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zu vollziehen hätten, ohne eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielraum zu haben. Dann, glaube ich, stellt sich die Frage nach
der Existenz dieser bundesstaatlichen Ordnung, wenn das der Fall wäre. Deshalb wollen wir dagegensteuern. Ich finde es vernünftig, was die Landtagspräsidenten angeregt haben. Wir unterstützen das mit unserem Koalitionsantrag, über den Herr Neumeyer schon gesprochen hat.
Zusammenfassend: Ich glaube, wir brauchen eine Stärkungskur für den Föderalismus. Dafür haben die Landtagspräsidenten einen guten, einen vernünftigen Weg gewiesen.
Einen Hinweis möchte ich mir noch erlauben. Ich glaube, als Bremer sollten wir keine akademischen Debatten über den Föderalismus führen, sondern es muss darum gehen, das ist kein Vorwurf, sondern ich denke, wir sind da recht nahe beieinander, eine ganz konkrete bremisch-parlamentarische Sicht zu entwickeln, die wir dann möglichst auch mit einer Stimme auf diesem Konvent Ende März 2003 in Lübeck vortragen können.
Ich sehe es ähnlich wie Herr Dr. Kuhn, bei solchen Fragen wie Mischfinanzierung, Gemeinschaftsaufgaben, da muss man nun wirklich sehr genau schauen, was ist vernünftig und was ist veränderungsbedürftig. Ich denke, das Ergebnis all der Diskussionen um die Reform des Föderalismus muss aus Bremer Sicht sein, dass die Eigenstaatlichkeit Bremens untermauert wird und die Rechte der Bürgerschaft gestärkt werden. Ich bin sicher, das ist im Interesse des Föderalismus, im Interesse Bremens, aber letztlich, was das Wichtigste ist, im Interesse der Menschen, die wir vertreten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Röwekamp hat mich mit ein paar Bemerkungen zur Frage der Zusammenlegung der Präsidentenämter von Oberverwaltungsgericht und Finanzgericht herausgefordert. Ich möchte diese Herausforderung gern annehmen. Wenn Herr Röwekamp nicht rechtspolitischer Sprecher des kleineren Koalitionspartners wäre, dann würde ich sagen, seine Rede war in weiten Teilen Polemik, und zwar der untersten Schublade, Herr Röwekamp.
Da Sie aber rechtspolitischer Sprecher des Koalitionspartners sind, sage ich, Ihre Rede war weitgehend schlichte Agitation, versetzt – und das fand ich auch vom Stil her unangenehm – mit falschem Pathos.
Es ist hier schon gesagt worden, und ich unterstreiche das: Wer in einer solchen Debatte hier Namen – –.
Seien Sie einmal ruhig, Herr Eckhoff!
Bravo! Vielen Dank, Herr Präsident!
Herr Röwekamp, wer in einer solchen Debatte hier Namen von Justizangehörigen nennt, die sich hier dazu nicht äußern können, der muss sich, glaube ich, sagen lassen, das ist nicht nur unparlamentarischer Stil, ich halte das auch für unanständig, so vorzugehen.
Stichwort Unanständigkeit! Herr Röwekamp, ich bitte Sie in aller Form zurückzunehmen, wenn Sie hier davon sprechen, es gäbe eine Zusage, die Herr Bürgermeister Scherf und ich jemandem gegeben haben sollten, dass ein bestimmtes Richteramt ihm übertragen werde. Diese Behauptung ist absurd, falsch, sie ist überhaupt nicht zu rechtfertigen, und deswegen nehmen Sie diese Behauptung bitte zurück! Sie wissen ganz genau, dass eine solche Zusage, und Sie kennen meinen Beruf – –.
Sie können unterstellen, dass ich weiß, Herr Borttscheller, dass man eine solche Zusage rechtlich gar nicht geben kann und dass sie auch nicht gegeben
wird. Also, was soll der Quatsch, hier so etwas zu behaupten!
Nächster Punkt! Ich gehe an Projekte im Bereich der Justiz oder im Übrigen jedweder Art nicht nach dem Motto „Augen zu und durch“ heran, sondern nehme in Anspruch, dass wir Projekte von der Planung bis zur Realisierung sorgfältig prüfen und immer wieder darauf untersuchen, ob sie Sinn machen, ob sie verantwortlich sind, ob sie vernünftig sind. Das ist doch der entscheidende Punkt, dass wir am Ende zu vernünftigen Entscheidungen kommen!
Zum konkreten Punkt der Zusammenlegung der Präsidentenämter! Es war eine vernünftige Idee am Anfang, darüber nachzudenken, ob man die Präsidentenämter des Finanzgerichts und des Oberverwaltungsgerichts zusammenlegt, weil der Hintergrund war, Synergieeffekte, Effizienzsteigerung im Bereich der Gerichtsverwaltungen zu erzeugen. Das ist unter den Verhältnissen in Bremen, unserer finanzpolitischen Verhältnisse, aber auch mit Blick auf die Größe beziehungsweise Kleinheit dieser beiden Gerichte eine vernünftige Idee gewesen. Ich sage deshalb gewesen, weil es so etwas wie eine überholende Kausalität gibt.
Herr Röwekamp, Sie wissen doch, wir haben uns entschieden, ein Justizzentrum zu organisieren, in dem wir die Fachgerichtsbarkeiten zusammenfassen wollen mit Ausnahme der Arbeitsgerichte. Das ist eine großartige, eine gute, eine wichtige Entscheidung für die bremische Justiz. Damit erzeugen wir diese Synergieeffekte, diese Effizienzsteigerung, und es kommt eben nicht mehr darauf an, ob an einem Punkt ein Etikett darauf klebt Oberverwaltungsgericht, Finanzgericht oder ob man diese Etiketten zusammenlegt. Entscheidend ist, dass wir diese Effizienzsteigerung organisieren können. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt! Herr Röwekamp, ich jedenfalls nehme für mich in Anspruch, dass ich nicht immer schon am Anfang alle Argumente in der nötigen Form so übersehe oder abgeprüft habe, dass ich nicht noch klüger werden kann im Laufe der Zeit. Ich finde, das sollten wir alle für uns in Anspruch nehmen, dass wir so an Projekte herangehen. Ich halte das für den richtigen Politikstil und nicht zu sagen, wir haben es einmal so überlegt und müssen es am Ende auch so machen.
Da ist Ihnen doch wie mir eine Reihe von wichtigen, ernst zu nehmenden Argumenten zugegangen, rechtlich nicht ohne weiteres und möglicherweise gar nicht von der Hand zu weisenden Argumenten, die dagegen gesprochen haben. Wollen Sie das Risiko eingehen, dass diese Argumente dazu führen,
dass bremische Gerichtsentscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und des Finanzgerichts wegen einer Besetzungsrüge möglicherweise aufgehoben werden? Ich bin in Abwägung der Vor- und der Nachteile zu der Überzeugung gekommen, dass wir dieses Risiko nicht eingehen sollten.
Ein weiterer Punkt! Vielleicht bin ich da als früherer Justizangehöriger ein bisschen befangen. Ich denke, der sensible Umgang der besonderen Gewalt der Judikative in diesem Staat gebietet es, von Seiten der Politik auch eine besondere Sensibilität zu entwickeln, die zum Beispiel bedeutet, dass man deren Argumente ernst nimmt und dass man sich bemüht, im Rahmen des Möglichen, des Zulässigen im Konsens mit den Beteiligten zu agieren. Ich halte das auch für ein wichtiges Ziel von Politik und bremischer Politik zumal.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst, Justizpolitik, und ich glaube, das hat die Debatte heute wieder bewiesen, ist völlig ungeeignet, zum Feld von Polemik und platten Sprüchen zu werden. Ich bitte Sie dringend, sich Ihrer Verantwortung insoweit auch bewusst zu werden!
Herr Teiser, ich weise das, was Sie eben gesagt haben, zurück!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin einmal gespannt, ob der Kollege Teiser morgen vielleicht doch das eine oder andere seiner Rede zurücknehmen muss, nachdem dann im Bundesrat beraten und entschieden worden ist, und nachdem wir wissen, wie sich Bremen dann letztlich verhalten hat. Ich hoffe darauf, dass Sie einiges revidieren müssen, Herr Teiser!
Meine Damen und Herren, die Reform des Zuwanderungsrechts ist ein zentrales Reformwerk. Ich sage nicht nur, zwar auch, aber nicht nur, ein zentrales Reformwerk von Rotgrün in Berlin, sondern ein gesellschaftlich nötiges Reformwerk, das wir schon viel früher auf die Beine hätten bringen müssen!
Wie ist es denn, wie war es denn, wie ist es bis heute? Wir haben eine völlig ungesteuerte, eine ungeregelte Zuwanderung. Wir haben ein unübersichtliches Recht mit Kategorien, das der tatsächlichen Lage überhaupt nicht mehr gerecht wird. Das wissen alle, die sich damit beschäftigen. Ich könnte viel aus meiner beruflichen Vergangenheit dazu erzählen, das will ich nicht machen. Ich will Ihnen nur sagen: Das, was wir bisher an Rechtszustand haben, ist etwas, was wir nicht aufrechterhalten können, was auch auf Ihrer Seite überhaupt nicht bestritten wird, Herr Teiser!
Wir müssen verbinden, und das ist die große Leistung dieses Reformwerks, die Fragen der Zuwanderung, der Steuerung, der Begrenzung von Zuwanderung und der Integration. Dies alles müssen wir verbinden. Natürlich heißt es doch nicht, wenn wir über Zuwanderungsrecht reden, die Türen aufzumachen, eine ungeregelte Zuwanderung zu ermög––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lichen. Zuwanderung heißt, klare Regeln zu formulieren, unter welchen Bedingungen jemand in dieses Land kommen kann, unter welchen Bedingungen er in diesem Land bleiben darf und unter welchen Bedingungen er möglicherweise auch dieses Land verlassen muss. Das heißt Zuwanderungsrecht!
All das wird in diesem Reformwerk geregelt.
Herr Teiser, Nachzugsalter! Darf ich einmal ganz unverblümt sagen: eine irre Diskussion, die darüber geführt wird, eine wirklich irre Diskussion! Ich sage Ihnen, das ist blanke Ideologie, was von Ihrer Seite dazu kommt!
Sehen Sie sich bitte einmal an, um welche Zahlen es da überhaupt geht! Da müsste Ihnen doch die Bundestagsdebatte einmal die Augen geöffnet haben. Es geht da um ganz, ganz geringe Zahlen, denn wir haben es doch nicht mehr mit der ersten Zuwanderungsgeneration zu tun, deren Kinder jetzt noch in der Heimat sind und die hier hereinkommen wollen. Das ist doch nicht mehr die Situation, das wissen Sie doch genau. Deswegen lassen Sie doch diese ideologische Debatte um das Alter von Zuwanderung und ermöglichen Sie eine Regelung, die wirklich schwierige humanitäre Fälle zu einem vernünftigen Ergebnis bringen kann! Darauf kommt es an!
Meine Damen und Herren, genau das Gleiche unter dem Stichwort geschlechtsspezifische Verfolgung! Auch da geht es um wirklich wenige Fälle, aber um wichtige Fälle. Ich glaube, es ist ein ganz, ganz wichtiges, ein unverzichtbares humanitäres Signal dieser Bundesrepublik Deutschland, dass sie den Frauen, die unter entsetzlicher Folter leiden oder davon bedroht sind, Schutz hier in der Bundesrepublik Deutschland bietet.
Mir ist es absolut unverständlich, dass man wirklich angesichts dieser geringen Zahlen, um die es da geht, eine derartige ideologische Debatte um diese Frage führt.
Jetzt komme ich zur Begrenzung! Herr Teiser, was Sie hier vorgetragen haben zur Notwendigkeit oder Nicht-Notwendigkeit von Zuwanderung, da fragen Sie doch einmal die Leute, die Ihnen üblicherweise etwas näher stehen als uns, Arbeitgeberverbände, Wirtschaftsverbände, was die Ihnen denn sagen! Was sagen die Ihnen denn? Die sagen Ihnen doch: Wir brauchen eine gesteuerte, eine geregelte Zuwanderung, weil wir in der Perspektive und zum Teil auch jetzt einen Mangel an Fachkräften in bestimmten Bereichen haben.
Diese Zuwanderung muss natürlich in einer Weise geregelt werden, dass sie nicht die viel zu große Zahl von Arbeitslosen vermehrt, sondern dass sie natürlich in einer Weise erfolgt, dass die Menschen, die aus Gründen der demographischen Entwicklung und Arbeitsmarktentwicklung hierher kommen, auch solche sind, die gebraucht werden, und ich sage auch, die nicht als Ersatz für Deutsche gebraucht werden, sondern zusätzlich gebraucht werden. Darum geht es!
Es ist eine richtig falsche Gegenüberstellung: hier arbeitslose Deutsche und dort Zuwanderer, die vor der Tür stehen! Das ist falsch!
Härtefallregelung! Darüber haben wir ja in anderem Zusammenhang hier im Parlament auch schon geredet. Ich habe Herrn Senator Böse so verstanden, auch als wir über verschiedene Einzelfälle geredet haben, dass Sie gesagt haben: Ja, wenn es denn bundesgesetzlich eine solche Regelung gibt, dann wären auch wir in Bremen in der Lage, schwierige humanitäre Fälle so zu lösen.